Protokoll der Sitzung vom 19.07.2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir sind damit am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Federführend ist der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, mitberatend der Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“. Spricht jemand dagegen, dass so verfahren wird? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 38 auf:

Abschließende Beratung: Zinsbegrenzung für Dispokredite, kostenloses Girokonto für Finanzschwache - Landesregierung soll nachhaltige Impulse setzen für die Stärkung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/4729 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/4949 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/5049

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag anzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD hat eine Annahme des Antrages in einer geänderten Fassung zum Ziel.

Wir kommen zur Beratung. Zunächst hat sich die Fraktion zu Wort gemeldet, die den Antrag eingebracht hat, die Fraktion DIE LINKE. Herr Dr. Sohn, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie ich den Wortmeldungen entnehmen konnte, wird die Diskussion gleich in ungefähr der gleichen personellen Konstellation wie bei der ersten Beratung stattfinden. Da ging es vor allem um den Kernpunkt des Antrags, die Zinsbegrenzung für Dispokredite. Ich glaube, es hat bisher kaum einen Antrag der Fraktion DIE LINKE gegeben, für den wir zu einem Kernpunkt nach der Einbringung so viel Zustimmung in der Öffentlichkeit geerntet haben.

Das ging am 3. Juli 2012 los. Da wurde gefordert - ich zitiere aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung -:

„Die Zinsen für das Überziehen des Girokontos müssen nach Ansicht von Verbraucherschützern rasch deutlich sinken.“

Angesichts der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt seien die „‚Dispozinsen in Deutschland … immer noch viel zu hoch’, sagt Stefanie Pallasch, Bankenexpertin der Stiftung Warentest.“

Das ging am 7. Juli in der Nordwest-Zeitung weiter. Die Nordwest-Zeitung kommentiert:

„In Deutschland herrschen griechische Verhältnisse - zumindest beim Dispozins. Beide Länder gehören zu einem überschaubaren Kreis, in dem die Bürger im Schnitt mehr als 10 % Dispozinsen zahlen müssen. Einen vernünftigen Grund dafür gibt es nicht.“

Am Schluss heißt es:

„Nun sollte man bei vermeintlichen Ungerechtigkeiten zwar nicht immer gleich reflexhaft nach dem Staat rufen. Wenn der Markt bei den Überziehungszinsen allerdings offenkundig versagt, sollte man durchaus über staatliche Regelungen, wie eine Obergrenze, nachdenken.“

Das war extra für Herrn Grascha geschrieben, nehme ich an.

Das geht dann am 16. Juli in der HAZ unter dem Titel „Geldhäuser melken Kreditkunden“ weiter. Andreas Gernt von der Verbraucherzentrale Niedersachsen fordert, man brauche „Schritte des Gesetzgebers“. Das ziele - das ist in anderer Kommentar - gerade auf die ländlichen Gebiete, weil dort Volksbanken und Sparkassen ein Monopol hätten. Deshalb müsse man dort gesetzlich eingreifen.

Aber den Höhepunkt in dieser Zustimmungsserie hat Herr Busemann am 6. Juli unter der Überschrift „Beschränkung des Zinssatzes für Überziehungskredite nötig - Rechtssicherheit tut Not!“ unter dem Stichwort „Senkung des Leitzinses“ geliefert. Und jetzt Zitat Busemann, also Landesregierung - er schreibt das hier nämlich als Justizminister Bernd Busemann, nicht als Privatmann oder MdL; die Pressemitteilung auf seiner Website ist vom Niedersächsischen Justizminister Bernd Busemann. herausgegeben -:

„Jeder Verbraucher sollte nun erwarten dürfen, dass die Banken diesen niedrigen Zinssatz zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben. Kre

dite müssten somit also billiger werden.“

Das argumentiert er dann in einer Art und Weise aus, die sich direkt gegen Herrn Grascha richtet. Er sagt nämlich auch, dieses Argument, die könnten auch andere Kredite bekommen, ist natürlich hinfällig, weil gerade solche Leute, die mit dem Pfennig rechnen müssen, häufig gar nicht über die Sicherheiten für einen normalen Kreditvertrag verfügen. Das kritisiert Busemann, Landesregierung also. Dann sagt er:

„Vor diesem Hintergrund sollten wir darüber nachdenken, wie wir diese Situation für die Verbraucher verbessern können.“

Er sagt dann, man brauche ein rechtliches Instrumentarium, und zwar auch auf der gesetzlichen Ebene. Das richtet sich dann an die SPD, die wieder einen furiosen Änderungsantrag nach der alten SPD-Masche geschrieben hat, nämlich kräftige Worte und keine Taten.

(Zuruf von der SPD: Das war aber gemein!)

Darin stehen nur Appelle an die Bundesebene, aber keinerlei Handlungen in der Richtung, in der wir handeln können, nämlich als Gesetzgeber beim Sparkassengesetz. Das fordern wir. Ich bin sehr gespannt, wie Herr Busemann jetzt abstimmen wird. Wenn er seinen Worten Taten folgen lassen will, müsste er eigentlich jetzt einmal Butter bei die Fische tun und für den Antrag der Linken stimmen. Das wäre doch einmal was.

Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Reihenfolge der Wortmeldungen spricht Herr Klein von Bündnis 90/Die Grünen. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bleiben bei unserer ursprünglichen Entscheidung, dass wir uns in der Abstimmung über diesen Antrag der Stimme enthalten, aus den folgenden Gründen:

Wir sagen: Die Problemlage ist richtig analysiert, die Höhe der Überziehungszinsen in Deutschland ist absolut und auch im europäischen Vergleich überhaupt nicht nachvollziehbar. Das ist fast skan

dalös; das kann man in der Tat so sagen. Es ist in der Tat ein Verbraucherschutzproblem, das entsprechend bearbeitet werden muss.

Die weltweit notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung und Regulierung der Banken und des Finanzmarktes - der zweite Punkt - dürfen natürlich nicht einseitig Sparkassen und Genossenschaftsbanken belasten und damit die Wettbewerbssituation im deutschen Dreisäulenmodell beeinträchtigen. Aber - deshalb bleibt es nur bei einer Stimmenthaltung - Ihre Lösungsvorschläge, Herr Dr. Sohn, liegen so weit daneben, dass es uns schon schwerfällt, bei der Stimmenthaltung zu bleiben und den Antrag nicht abzulehnen.

Bei aller Unterstützung, die Sie eben angeführt haben, ein Verbraucherschutzproblem mit überhöhten Preisen löst Mensch in der Marktwirtschaft nun einmal nicht mit staatlichen Preisdiktaten. Das haben Sie bisher nicht einmal bei den Spritpreisen gefordert.

(Zustimmung bei der FDP)

Ordnungspolitische Eingriffe sind nur dort erlaubt, wo es grundlegende Bedürfnisse der Daseinsvorsorge gibt. Das gilt heute zweifellos dafür, überhaupt über ein Konto zu verfügen. Ohne ein Konto ist gesellschaftliche Teilhabe heute nicht mehr möglich. Deshalb müssen wir uns kritisch anschauen, ob die freiwillige Verpflichtung auf das Konto für jedermann tatsächlich eingehalten wird. Sollte das nicht der Fall sein - dafür gibt es klare Anhaltspunkte -, dann müssen wir hier die staatlichen Zügel anziehen. Das umfasst aber nicht das Recht auf ein kostenfreies Konto, ebenso wenig wie es einen kostenlosen Strom- und Wasserbezug gibt. Das betrifft erst recht nicht ein Recht auf kostengedeckelte Kontoüberziehung.

Die Alternative ist eben: Beim Verbraucherschutz muss im Wettbewerbssystem über gute Verbraucherinformationen und klare Transparenz des Angebots gehandelt und müssen die Probleme gelöst werden. Dabei ist natürlich auch der mündige und flexible Verbraucher gefragt.

Keinesfalls darf es aber zu Sonderpflichten speziell für Sparkassen und Genossenschaftsbanken kommen. Wenn wir Regelungen treffen, müssen sie für alle Banken gelten. Das gilt natürlich auch für Sonderrechte, wenn es um die Bankenregulierung geht.

(Glocke des Präsidenten)

Besonderheiten und Vorteile des deutschen Dreisäulenmodells sind auf der EU-Ebene gerade erst registriert und positiv gewürdigt worden. Die Stimmung könnte schnell kippen, wenn ständig eine Lex Sparkasse gefordert würde. Das böte damit den Konkurrenten die leichte Möglichkeit, sich bei europäischen Behörden und Gerichten über diese Ungleichbehandlung zu beschweren.

Die notwendige Regulierung muss also institutsneutral sein, aber sie darf - ich füge hinzu: sie muss - risikoorientiert differenziert werden. Um ein Beispiel aus dem Antrag der Linken zu nehmen: Kommunalkredite werden mit null Risiko bewertet und nicht mit Eigenkapital unterlegt, weil für die Kreditgeber eben kein Ausfallrisiko besteht. Sollte sich daran etwas ändern und ein Risiko eintreten, dann muss es auch bewertet werden; sonst macht das Ganze keinen Sinn. Das ist zwar derzeit kaum vorstellbar. Aber das war es für europäische Staatsanleihen bisher auch nicht, und es ist trotzdem eingetreten.

(Glocke des Präsidenten)

Bevor wir jedenfalls anfangen, die Sparkassen zu gängeln, sollten wir unsere Kraft darauf verwenden, die fehlenden Regulierungsschritte einzufordern. Da geht es eben um die Einbeziehung des grauen Marktes, - - -

Den letzten Satz, bitte!

- - - der Schattenbanken, der Hedgefonds und vieler anderer Dinge mehr.

Wenn ich nur einen Satz zum Änderungsantrag der SPD sagen soll: Ich könnte ihn zu 100 % unterstreichen, bis auf den ersten Spiegelstrich. Der umfasst nämlich auch staatliche Preisbindung, und die machen wir nicht mit. Deswegen können wir uns dabei auch nur der Stimme enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Grascha das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Antrag der Fraktion DIE LINKE haben wir hier bei der ersten Beratung schon ausführlich gesprochen. Auch im Ausschuss wurde noch einmal das eine oder andere Argument ausgetauscht. Insofern