Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

Herr Kollege, jetzt kommt bitte die Frage!

Ja, jetzt kommt die Frage. Aber ich glaube, ich musste hier erst einmal ein bisschen für Aufklärung sorgen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nein, das brauchen Sie nicht. Das lasse ich gar nicht zu.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Bitte fragen!

(Olaf Lies [SPD]: Sie sollten einmal bei Ihnen für Erleuchtung sorgen!)

Welche Chancen sieht die Landesregierung im Bereich der Offshorewindkraftanlagen für die Stromversorgung in Deutschland und auch im Hinblick auf die zukünftige Schaffung von Arbeitsplätzen in diesem Bereich?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Habt ihr ein halbes Jahr geschlafen? Arbeitet ihr bei euch nicht?)

Herr Minister!

(Jens Nacke [CDU]: Ihr dürft nicht draußen alles schlechtreden! - Olaf Lies [SPD]: Das müssen wir wissen! Denn dann müssen wir hier gar keine aktuellen Diskussionen mehr führen!)

- Jetzt beenden wir einmal den Dialog der Fraktionen und einzelner, die ich auch noch mit Namen benennen kann. Ich bitte jetzt, dass das eingestellt wird.

Das Wort hat der Herr Minister.

Herr Präsident! Herr Miesner! Meine Damen und Herren! Zu den Chancen des Offshorebereichs für Energiewende und Arbeitsplätze und insbesondere für Niedersachsen: Aus meiner Sicht ist die Offshoreindustrie insbesondere für die Küstenregion ein deutlicher Gewinn, weil die Wirtschaftsstrukturen vor Ort nachhaltig gestärkt werden. Wir sehen ja tagtäglich, dass im Küstenbereich mehrere Tausend Arbeitsplätze entstanden sind. Davon profitiert diese Region natürlich in besonderem Maße.

Davon profitiert darüber hinaus ganz Niedersachsen und ganz Deutschland und sicherlich auch Europa, weil dort Investitionen getätigt werden, deren Wertschöpfungskette - die Produktion der

Anlagen, Maschinenbauteile usw. - über ganz Deutschland verteilt ist. Im Übrigen wird davon auch der Südwesten deutlich profitieren, weil dort der Maschinenbau eine besondere Stärke hat. Insofern ist das eine positive wirtschaftliche Wirkung weit über Niedersachsen hinaus. Von daher ist das auch aus diesem Gesichtspunkt heraus - und nicht nur aus dem Gesichtspunkt heraus, dass wir die Energiewende zum Erfolg führen wollen - unser Ziel. Die Energiewende ist ja mit vielen Chancen, aber auch mit Risiken verbunden. In der Offshorewindindustrie liegen für Niedersachsen aber auch viele Chancen. Diese Chancen wollen wir konsequent nutzen,

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

weil es am Ende um die nachhaltige Stärkung der Wirtschaftsstrukturen und um Arbeitsplätze geht und weil es damit um Wohlstand für Niedersachsen geht. Dafür werden wir uns auch künftig einsetzen.

Für die Energiewende ist die Offshoreenergie aus meiner Sicht auch weiterhin unerlässlich. Bis 2020 will man 10 000 MW installiert haben. Das zeigt, welche Dimensionen das hat und dass das zum Gelingen der Energiewende unerlässlich ist. Insofern warne ich weiterhin ausdrücklich davor, auch nur ansatzweise zu versuchen, Windenergie im Binnenland und andere Formen der erneuerbaren Energien im Binnenland gegen Offshore auszuspielen. Wir werden beides brauchen.

(Olaf Lies [SPD]: Wer macht das denn?)

- Ich kann Ihnen sagen, wer das macht: Das sind süddeutsche Länder, etwa Baden-Württemberg. Dort gibt es immer wieder Anmerkungen, dass man eigentlich gar nicht so viel Offshore wolle, sondern im Binnenland ausbauen möchte. Dort gibt es diese Tendenzen. Auch in dem Interview, das angesprochen wurde, sehe ich solche Tendenzen. Die sind hier von Ihnen ja wiederholt revidiert worden.

(Ulf Thiele [CDU]: Aber nicht von dem, der es gesagt hat!)

Es ist ja eine positive Entwicklung, dass Sie sich zu Offshore bekennen und damit auch zu den Interessen Niedersachsens.

Es bleibt dabei: Offshore wird ein wesentlicher Bestandteil der Energiewende sein. Insofern kommt es zentral auf Offshore und auf ein klares Bekenntnis zu Offshore für Niedersachsen an, weil

es eine Riesenchance ist. Jeder, der das nicht erkennt, gefährdet erstens die Energiewende und verfolgt zweitens nicht die Interessen Niedersachsens.

Danke.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt die Kollegin Körtner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben auf die Wichtigkeit, aber auch auf die Probleme der Offshorewindenergie hingewiesen. Ich frage: Mit welchen Kosten ist für den Ausbau der Offshorewindenergie zu rechnen? Kann man das quantifizieren? Für viele ist das anscheinend überhaupt nicht wichtig. Es wäre schön, wenn Sie das noch einmal darstellen könnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Körtner, die Kosten lassen sich weder für die Energiewende insgesamt noch ganz konkret für die Offshorewindenergie belastbar voraussagen. Wir bewegen uns in einem sehr breiten Korridor, zumal sich die Offshoreindustrie und die Offshorewindenergie noch in einer Pionierphase befinden und damit zu rechnen ist, dass durch eine Standardisierung der Geräte und Anlagen, durch eine stärkere Routine und durch eine Zunahme der Anlagenzahl die Kosten pro Stück sinken werden. Das gilt insbesondere für die Netzanschlussstrukturen, wo man dabei ist, entsprechende Standardisierungen zu erarbeiten.

Man geht bislang von Kosten in Höhe von 3 bis 4 Millionen Euro pro Megawatt in der Nordsee aus. Im Binnenland rechnet man mit ca. 1 Million Euro pro Megawatt installierter Leistung. Offshore kostet zurzeit aber eben 3 bis 4 Millionen Euro pro Megawatt. Wir gehen jedoch davon aus, dass diese Kosten mit der Zeit und mit der Etablierung der Offshorewindenergie auch trotz den schweren Rahmenbedingungen, die wir angesichts der Tiefe

und der Witterungsverhältnisse in der deutschen Bucht haben, sinken. Wenn man jedoch die Kosten von 3 bis 4 Millionen Euro pro Megawatt zugrunde legte, käme man auf einen Investitionsbedarf von etwa 24 bis 32 Milliarden Euro für die Anlagen, die über Niedersachsen angebunden werden sollen.

Wir legen 8 000 MW zugrunde, weil wir zum einen 3 000 MW durch das Leerrohrbauwerk über Norderney und zum anderen 5 000 MW, die durch die Emstrasse geführt werden sollen, anbinden können. Wenn man das zugrunde legt, kommt man auf eine Kostenhöhe von 24 bis 32 Milliarden Euro für die Leistung, die über Niedersachsen angeschlossen würde. Damit können die Anlagen installiert werden.

Dann kommt aber der nächste Schritt; denn das muss noch angeschlossen werden. Bei der Netzanbindung belaufen sich die Kosten auf rund 1 Million Euro je Megawatt, das angebunden wird. 8 000 MW sollen angebunden werden, jeweils für 1 Million Euro. Da kommen also gewaltige Summen zustande.

Außerdem stellt sich noch die Haftungsfrage, also die Frage, was passiert, wenn diese Verbindungen ausfallen und es zu der gesonderten Haftungsumlage kommen sollte. Deren Höhe lässt sich nicht genau beziffern. Wir gehen davon aus, dass die Haftungsfälle möglichst gering ausfallen und selten eintreten.

So viel können wir zu den ungefähren Kosten sagen. Das zeigt aber schon, dass der Investitionsbedarf gewaltig ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Dr. Hocker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihres deutlichen Bekenntnisses zugunsten der Offshorewindenergie, das Sie eben wiederholt haben, frage ich Sie, welche Initiative die Landesregierung in Berlin auf den Weg gebracht hat, um die Offshorewindenergie zu fördern.

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hocker,

(Olaf Lies [SPD]: „Vielen Dank für die Frage“!)

wir haben uns auf Bundesebene in vielfältiger Weise zur Unterstützung der Offshorewindenergie eingebracht. Wir haben die verschiedenen Problemfelder, wenn sie sich ergeben haben, immer wieder sofort aufgegriffen, um die Chancen, die wir mit der Offshoreentwicklung für Niedersachsen und die Küstenregion sehen, konsequent zu nutzen und die Hemmnisse aus dem Weg zu räumen.

Das betrifft das Feld der Finanzierungsfragen, das ich gerade angesprochen habe. Hierzu gibt es eine konkrete Initiative aus Niedersachsen, um die Finanzierungshemmnisse und die fehlende Kapitalausstattung zu bewältigen und hierbei voranzukommen. Das betrifft auch die damit zusammenhängende Frage der Netzanbindung sowie offene Haftungsfragen, die mit dem Eckpunktepapier durch die beiden Bundesminister aufgegriffen wurden. Letztlich haben wir und hat auch der Herr Ministerpräsident sehr frühzeitig einen Masterplan Offshore eingefordert, um diese Entwicklungen mit dem nötigen Nachdruck voranzubringen.

Auf unsere Initiative hin sind die Förderbedingungen im Rahmen des Erneuerbare-EnergienGesetzes, wie es zum 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, so gestaltet worden, wie es für den künftigen und konsequenten Ausbau der Offshorewindenergie nötig ist. Dazu gehören z. B. die Verlängerung des sogenannten Frühstarterbonus, die Verschiebung des Degressionsbeginns und die Einführung des sogenannten Stauchungsmodells. Das alles sind konkrete Positionen, die wir erfolgreich in die Beratung eingebracht haben und womit wir die Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Offshoreindustrie so gesetzt haben, wie es notwendig ist.

Darüber hinaus haben wir uns, wie gesagt, für die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen für den Offshorebereich eingesetzt. So haben wir die Einrichtung eines Sonderkreditprogramms Offshorewindenergie frühzeitig angestoßen. Auch das ist aufgegriffen worden.

Die Niedersächsische Landesregierung ist - so wird es auch wahrgenommen - ein permanent ansprechbarer Partner für die Investoren und Akteure im Bereich der Offshorewindenergie, die

wissen, dass diese Landesregierung die Interessen Niedersachsens erkannt hat und sie auch gegenüber der Bundesregierung konsequent vertritt. Das werden wir auch künftig so handhaben.

Herzlichen Dank.