(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Genau deswegen sollen doch keine mehr angeliefert werden! Thema ver- fehlt!)
Hinzu kommt die Anordnung des Landesbergamtes, die die Fortführung der Arbeiten in Gorleben sicherstellt. Sie ist vor zwei Tagen ergangen, Herr Minister Birkner. Hier hätte doch die Chance, die Möglichkeit bestanden, diese Arbeiten zwar vielleicht nicht einzustellen, aber zumindest einzuschränken. Nein, das Landesbergamt hat angeordnet, dass die Arbeiten weitergehen. Das kann kein Vertrauen erzeugen. Das erzeugt Misstrauen.
Um all dem noch die Krone aufzusetzen, ist in dieser Anordnung nicht nur von technischen Maßnahmen - völlig okay - und Sanierungsmaßnahmen die Rede, sondern vor allem auch von der - hier zitiere ich - Weiterführung aller geotechnischen Messarbeiten unter Tage im Rahmen der Beweissicherung. Noch deutlicher braucht man an dieser Stelle doch nicht zu werden!
Wir Sozialdemokraten wollen auch kein neues Institut, das Gorleben wieder neu untersucht. Wir wollen kein Institut - wir wollen Ruhe im Schacht, meine Damen und Herren!
Die Koalition spricht in ihrem Änderungsvorschlag auch den Endlagersuchprozess an, geht aber mit keinem Wort auf mögliche Sicherheitskriterien ein. Das lässt natürlich breiten Spielraum für Spekulation. Die Koalition fordert aber wiederum, Gorleben im Endlagersuchprozess zu lassen. Das beißt sich. Im Übrigen werden auch die Arbeiten zur vorläufigen Sicherheitsanalyse munter fortgesetzt. Sie machen sich hier unglaubwürdig. Das, was Sie hier betreiben, ist reine Augenwischerei.
Keine weiteren Castortransporte nach Gorleben - das ist mit Sicherheit ein guter, wohlgemeinter erster Schritt. In der Folge darf Gorleben aber nun nicht mehr als möglicher Standort betrachtet werden. Es wäre konsequent, Gorleben an dieser Stelle auszuschließen. Dann könnten Sie sich rühmen. Dann würden wir Sie mit Sicherheit auch bauchpinseln, Herr Minister Birkner. Dann hätten Sie möglicherweise auch unsere Unterstützung - an dieser Stelle leider Gottes nicht. Es tut mir leid.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie oft wir in diesem Hohen Hause schon das Thema der Castortransporte nach Gorleben diskutiert haben. Tenor der Grünen-Fraktion war immer: Jeder zusätzliche Castortransport nach Gorleben wäre eine Vorfestlegung auf Gorleben als Endlagerstandort.
Genau diese Argumentation hat Stefan Birkner aufgenommen und gesagt: Wir in Niedersachsen tragen jetzt schon die Hauptverantwortung in der Frage der Endlagerung. Wie haben die Asse - wir haben gerade vorhin das Ende des Untersuchungsausschusses auf den Weg gebracht -, wir erkunden Gorleben. Da ist es doch das Mindeste, dass das alljährliche Räuber-und-Gendarm-Spielchen, wenn Castortransporte nach Lüchow-Dan
nenberg kommen, aufhört. Deswegen haben wir gesagt: Keine weiteren Castortransporte nach Lüchow-Dannenberg, keine weiteren Castortransporte nach Gorleben.
Unser Umweltminister hat da mehr Initiative gezeigt, als es Rot oder Grün in Zeiten, als Sie die Landesregierung gestellt haben, als Sie die Bundesregierung gestellt haben, jemals gezeigt hätten, und noch sehr viel mehr Initiative gezeigt, als Sie zeigen, wenn Sie vor Ort die Demonstranten anstacheln, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Hocker, sagen Sie einmal etwas zu dem Satz in dem An- trag!)
Aber Ihr Manöver ist ebenso durchschaubar wie plump, Herr Kollege Wenzel. Die Energiewende ist auf dem Weg, die Asse ist beendet, und der Untersuchungsausschuss zur Asse ist beendet. Wenn Sie die Castor- und Endlagerfrage nicht hätten, dann würde Ihnen ein für Sie maßgebliches Thema für den bevorstehenden Landtagswahlkampf fehlen. Deswegen versuchen Sie krampfhaft, das Thema am Leben zu halten. Das ist Ihr Kalkül. So sieht es aus. Das wird nicht funktionieren.
Wenn Sie das Thema Castortransporte immer mit der Frage der Endlagersuche in Verbindung bringen wollen: In Ihrer Partei, lieber Kollege Wenzel, sind Sie fast der Einzige, der die Fahne noch hochhält und sagt, Gorleben dürfe nicht zu Ende erkundet werden. Gucken Sie einmal, was Ihre Landesvorsitzende, Frau Piel, sagt, und drehen Sie sich einmal um:
(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Seien Sie mal sicher, dass wir uns da gut ab- stimmen! - Jens Nacke [CDU]: Das hat sie in Hildesheim ganz anders ge- sagt! Ich war ja dabei!)
Die anderen Truppen sind schon längst desertiert. Sie sind der Einzige, der die Fahne noch hochhält. Das werden Ihnen die Wählerinnen und Wähler am 20. Januar nicht honorieren.
Meine Damen und Herren, ich würde jetzt gerne wieder die Wortmeldungen verteilen. Da ist jetzt der Kollege Herzog mit einer Kurzintervention an der Reihe.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Hocker, ich weiß nicht, ob Sie im Bilde sind - ich gehe aber davon aus -, dass sich Stefan Birkner, obwohl es nicht ganz einfach ist, in Lüchow-Dannenberg mit den FDP-Kollegen zu konferieren, dort kürzlich mit ihnen getroffen hat. Darüber gibt es einen Zeitungsartikel in der ElbeJeetzel-Zeitung vom 6. Oktober 2012. In diesem Zeitungsartikel wird ausgeführt, Stefan Birkner habe dort gesagt: Derzeit könne nur in Gorleben dieser Müll aufgenommen werden, weil die Alternative, nämlich eine Einlagerung der zurückkehrenden Castoren in den Zwischenlagern an den AKW-Standorten, gar keine sei; dort fehle nämlich eine „heiße Zelle“, um den Behälterinhalt im Schadensfall zu handhaben. - Das ist das eine.
Das Zweite ist: Er habe bereits bei allen Umweltministerkollegen angefragt, aber erst eine einzige Antwort bekommen, erläuterte Birkner. - Er hat nicht einmal ausgeführt, welche Antwort das ist. Wir können es uns aber vorstellen. Vielleicht sagt er noch einmal etwas dazu, wer von den Kollegen als Einziger von allen geantwortet hat und mit welchen Worten er diese Sache sozusagen abgelehnt hat. Dann würden wir nämlich wissen, worüber wir reden, dass Sie schlicht und einfach vorhaben, hier einen Kuhhandel in die Welt zu setzen, nämlich dergestalt: Gorleben soll im Topf bleiben, und dagegen wird jetzt sozusagen ausgehandelt, ein paar Castoren woandershin zu fahren. Diesen Kuhhandel wollen Sie kurz vor der Wahl noch installieren.
Es ist auch aufschlussreich, dass Sie bei Ihrem Antrag die Begründung gestrichen haben. In der Begründung stand nämlich dieser Kuhhandel noch explizit drin.
Verehrter Herr Kollege Herzog, Sie haben recht: Stefan Birkner ist vor Ort bei den Parteifreundinnen und Parteifreunden gewesen. Es ist auch richtig, dass da der Dialog auch innerhalb der Partei geführt wird. Das werden wir auch in Zukunft so handhaben.
Aber Ihr Wortbeitrag hat eines gezeigt: Sie wollen da einen Kuhhandel in die Welt setzen und eine Mär erzählen. Das zeigt doch nur, wie wichtig es ist, dass wir endlich auch bei der Suche nach einem Endlager vorankommen. Das werden wir nicht hinkriegen, wenn wir Gorleben von vornherein herausnehmen würden, weil es doch klar ist, dass auch andere Ministerpräsidenten sagen: Wenn ihr in Niedersachsen noch nicht einmal Gorleben weiter erkundet, wieso sollten wir dann potenzielle Standorte benennen? - So funktioniert das in der Politik nun einmal. Das sind ja nicht alles liberale Ministerpräsidenten, die sich auf diesen Standpunkt stellen. Deswegen ist es sinnvoll, dass Gorleben im Topf bleibt, damit auch andere die Bereitschaft zeigen, bei sich suchen zu lassen.
Ich habe jetzt noch eine Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt: Herr Dr. Deneke-Jöhrens von der CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, ich kann mir für Herrn Minister Birkner beim besten Willen etwas Angenehmeres vorstellen, als von Ihnen gebauchpinselt zu werden. Ich glaube, er legt darauf wenig Wert.
CDU und FDP unterstützen, dass die Landesregierung weitere Castortransporte nach Gorleben vermeiden will. Wir wollen gemäß dem Verursacherprinzip auch Standorte in den Bundesländern in Betracht ziehen, aus denen die radioaktiven Abfälle ursprünglich stammen. Wir begrüßen, dass die Landesregierung an Bund und Länder herangetre
ten ist und um politische Unterstützung hinsichtlich einer gerechteren Lastenverteilung gebeten hat.
Dazu muss zunächst politisch entschieden werden, ob und, wenn ja, welche Standorte für eine Zwischenlagerung von hoch radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung infrage kommen. Auf dieser Grundlage muss sich mit den Energieversorgern darauf verständigt werden, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
In den Beratungen hatte ich ebenfalls wie Herr Wenzel den Eindruck, dass wir uns in diesen Kernfragen eigentlich fraktionsübergreifend einig waren. Daher appelliere ich noch einmal an die Oppositionsfraktionen - ich bin da allerdings wenig hoffnungsfroh -, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zu folgen und dem uns vorgelegten Änderungsvorschlag dann auch zuzustimmen.
Seitens der Koalition versuchen wir, in den hier angesprochenen Fragen zu einem echten, breiten gesellschaftspolitischen und auch parteiübergreifenden Konsens zu kommen. Leider wird seitens der Opposition immer wieder Sand ins Getriebe gestreut.
Das sieht man auch an Ihrem aktuellen Änderungsvorschlag. Er weist einen nicht zum Thema gehörenden Punkt auf. Sie vermischen nämlich die Zwischenlagerfrage mit der Endlagerfrage. Sie wissen genau, dass wir die Variante Gorleben nicht von vornherein ausschließen wollen. Sie unterstellen uns Vorfestlegungen, wenn wir uns weigern, auf Ihre Verschwörungstheorien einzugehen und diese auch noch in Beschlussempfehlungen umzusetzen.