Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

Eine solche Diffamierung des Ministers ist aus meiner Sicht gar nicht angezeigt; sie schreckt auch die Menschen ab.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, mit der NTH wird die Attraktivität der Universitäten im internationalen Wettbewerb gesteigert. Profilbildung ohne Verlust der Breite habe ich bereits genannt. Zu nennen sind ferner bessere Chancen bei den Berufungen,

weil man international besser wahrgenommen wird, bei dem Kampf um Drittmittel, bei Bewerbungen im nationalen Wettbewerb, beispielsweise bei der Exzellenzinitiative. Wir werden die Studienbedingungen verbessern, und zwar für 21 983 Studentinnen und Studenten. Die Abstimmung der Studiengänge, die Chance, erst einmal in einem Grundstudium zu beginnen, und das Wissen, dass dort alles aufeinander abgestimmt ist, sodass man, wenn man sich irgendwann für einen bestimmten Bereich entscheiden will, nach Braunschweig, nach Clausthal oder nach Hannover gehen und dort weiterstudieren kann, weil diese Universitäten miteinander kooperieren - dies alles ist doch super für die Studenten, das kann man doch nicht einfach vom Tisch wischen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dies hier ist ein Gesetzgebungsverfahren. Dies bedeutet, dass wir eine Anhörung durchführen werden, wobei wir uns bereits locker auf den Zeitraum Ende Oktober/Anfang November verständigt haben. Dann werden natürlich die Hochschulleitungen, die Senate, die Studierendenvertretungen, die Personalvertretungen, die Hochschulräte und die Wissenschaftliche Kommission Gelegenheit haben, ihre Anregungen schriftlich oder mündlich bei uns in einer ganztägigen Anhörung vorzutragen. Anschließend werden wir abwägen und prüfen, was dort eingebracht wird. Aber ein bisschen können wir schon ahnen, was dort an Kritikpunkten kommen wird; dies durften wir zum Teil schon lesen.

Ein strittiger Punkt ist die Sitzfrage. Daran ist deutlich geworden, was das Problem dieser Geschichte ist. Frau Heinen-Kljajić, Sie müssen sich nur einmal umdrehen und mit dem Kollegen aus Hannover sprechen, der sich zu dieser Frage schon eingelassen hat. Sie werden feststellen, dass Sie sich schon in dieser kleinen Konstellation mit dem Kollegen nicht darüber einig werden, wer den Sitz bekommen soll.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Was?)

- Herr Hagenah, Sie haben sich dazu, soweit ich es gelesen habe, geäußert.

Frau Dr. Andretta, Gleiches gilt bei Ihnen, wenn Sie sich mit Herrn Schostock und Herrn Bachmann zusammensetzen. Wenn Sie sagen, die Sitzfrage dürfe die NTH nicht gefährden, dann ist es doch gerade klug, möglicherweise auf einen Kompromiss zu setzen, bei dem alle gleich behandelt werden, weil es gleichberechtigte Partner sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Hier würde ich dem Minister nicht vorwerfen, dass er sich nicht entschieden hat; denn das ist ein Kompromiss, mit dem alle leben können.

Beim Berufungsrecht, Frau Dr. Andretta, bin ich schon entsetzt. Dass einige andere nicht genau wissen, wie es mit der Berufung funktioniert, das mag man ihnen nachsehen. Bei Ihnen kann ich das nicht. Wenigstens dem Minister hätten Sie zuhören sollen, der Ihnen ausdrücklich erklärt hat, dass es nicht bei den Hochschulen bleiben kann, weil sie es nicht haben. Er hat es, und er muss es abgeben, oder die Hochschulen müssen beantragen, dass es abgegeben wird. Dies haben sie bisher nicht getan.

Auch über Fragen der Bauherreneigenschaft und vielleicht über manches andere werden wir noch diskutieren können.

Ich habe Verständnis für die Lage der Präsidenten. Sie müssen jetzt natürlich die Vereinbarung vom 16. April 2007, die ich mitgebracht habe, verteidigen. Da kommt nun die Frage: Warum habt ihr euch für diese Form der Kooperation und für diese Partner entschieden? Warum habt ihr euch - das ist ja für einen Präsidenten ein weitreichender Schritt - für die Aufgabe eines Stücks Autonomie der eigenen Hochschule zugunsten der anderen Hochschulen entschieden, und warum habt Ihr dafür etwas Mitspracherecht bei den anderen und etwas weniger Autonomie bei den anderen eingekauft? - Das muss man verteidigen, da Veränderungen immer zu Verunsicherungen führen: Was wird mit meinem Fachbereich? Was wird mit meinen Forschungsmöglichkeiten? Was wird mit meinen Mitarbeitern? Kann ich weiter mit dem Fahrrad zur Uni fahren? Insbesondere stellt sich die Frage: Bin ich gut genug, mit den anderen mitzuhalten, die jetzt dazukommen? - Es ist doch klar, dass das die Menschen bewegt. Eine Sorge, die recht schnell geäußert worden war, lautete, ob es sich möglicherweise um ein Sparprogramm handele. Diese Sorge konnte man mit dem Hinweis schnell aus der Welt räumen, dass wir in den nächsten fünf Jahren 25 Millionen Euro in den Haushalt einstellen werden.

Ich bin den Präsidenten besonders dankbar dafür, dass sie nie einen Zweifel an ihrer Unterstützung für das Grundkonzept der NTH gelassen haben. Ich möchte, da ich nicht mehr allzu viel Redezeit habe, jetzt noch etwas vorlesen. Ich beschränke mich auf das Zitat von Herrn Barke. Am 17. April, also einen Tag nachdem die Vereinbarung getroffen wurde, heißt es in der Neuen Presse aus Hannover:

„,Viele reden darüber, Niedersachsen tut etwas.’ Wo andere schon zufrieden seien, wenn zwei oder drei Unis miteinander ins Gespräch kämen, seien Hannover, Braunschweig und Clausthal einen Schritt weiter.

Die drei Hochschulen hätten sich verbindlich entschlossen, ihre Arbeit in zentralen Bereichen miteinander zu verzahnen. Das sei wirklich ein Paradigmenwechsel, der sich da abspiele, so Barke.

‚Wir wollen raus aus der Konkurrenz untereinander. Wir müssen weg von der Diskussion. ‚Wir wollen das Beste für Hannover, oder wir wollen das Beste für Braunschweig’. Was ist das Beste für die NTH - das müssen wir uns jetzt fragen’, so Barke über den Gedankensprung, …“

Diese Aufbruchstimmung müssen wir bei denen zurückgewinnen, die sie verloren haben, und bei denen erhalten, die sie noch haben. Der Mut, diese Veränderung anzugehen, das ist es, worauf es jetzt ankommt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Ende dieses Gesetzgebungsprozesses muss eine neue Kooperation der Hochschulen in der Region stehen. In fünf oder sechs Jahren werden alle Beteiligten froh sein, dass wir diesen mutigen Schritt gegangen sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es hat sich jetzt noch einmal der Herr Minister zu Wort gemeldet. Herr Stratmann, bitte schön!

Es gibt schon ein paar Dinge, die von mir richtiggestellt werden müssen.

Liebe Frau Andretta, erstens: Da ich beispielsweise Herrn Heckmann sehr schätze, aber auch Herrn Seidel und Herrn von Vietinghoff und andere sehr schätze, lege ich gesteigerten Wert darauf, dass diese Menschen aus meinem Haus von keiner Seite im diskreditierenden Sinne als „Rentner“ bezeichnet worden sind. Sie sind von Haus aus Wissenschaftlerin. Sie müssten gelernt haben, dass

man für eine solche Behauptung auch eine Fundstelle abzuliefern hat. Das können Sie nicht; denn Ihre Fundstelle ist ein Kommentar von Herrn Neufert. Da wird gesagt: Wenn man auf Seidel und die anderen angesprochen werde, dann höre man aus der Landesregierung, das sei eine Rentnertruppe. - Herr Neufert hat einen Kommentar geschrieben. Er braucht keine Fundstellen zu nennen. Insoweit ist das in Ordnung - oder auch nicht; das kann jeder für sich selbst bewerten. Aber wenn Sie sich darauf beziehen und hier behaupten, ich hätte behauptet, das seien alles Rentner,

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Das ha- be ich nicht gesagt!)

dann ist das kein seriöses Vorgehen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das hier zurücknehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wenn Sie uns etwas unterstellen, sind Sie nicht so zimperlich!)

Dann wird hier gesagt

(Zuruf von Wolfgang Jüttner [SPD])

- nein, das ist schon wichtig, weil ich vorhin auch auf Stilfragen abgestellt habe; denn das, was hier gesagt wird, ist ja nichts anderes als das Werfen von Nebelkerzen -: Auch wir wollen das große Ziel der NTH, aber ist eben sehr schlecht gemacht.

(Zustimmung von Wolfgang Jüttner [SPD])

Dann werden ein paar Beispiele genannt, etwa das Mehrheitsprinzip. Liebe Frau Dr. Andretta und auch Frau Dr. Heinen-Kljajić, ich darf Sie darauf hinweisen, dass das Mehrheitsprinzip, das wir einführen wollen, einer Forderung der drei Präsidenten entspricht. Alle drei Präsidenten waren außerordentlich stolz darauf - das kann man auch in dem Zitat nachlesen, das hier gerade von meinem Kollegen Nacke erwähnt worden ist -, dass sie sich zu einer so paradigmatischen Lösung haben durchringen können. Wir haben seitens des Ministeriums gesagt: Wenn ihr, liebe Präsidenten, auf dem Mehrheitsprinzip besteht, dann halten wir es für politisch klug, dass in Fällen, in denen zwei einen überstimmen, das Ministerium das Letztentscheidungsrecht an sich zieht, damit dann nicht verbrannte Erde entsteht. - Darauf haben sich die Präsidenten dann auch eingelassen.

Ein weiterer Punkt ist die Sitzfrage. Ich stelle fest: Frau Heinen-Kljajić ist für Braunschweig, sie hat

ihren Wahlkreis dort. Herr Jüttner ist für Hannover, weil er seinen Wahlkreis dort hat.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich habe mich dazu nicht geäußert! Ich bin es leid, dass man hier so vereinnahmt wird! Ich finde das unerhört, was Sie hier machen! - Detlef Tanke [SPD]: Fundstelle!)

Frau Andretta ist mit Sicherheit für Clausthal, weil das näher an Göttingen liegt. Dann sagen Sie - - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich habe mich in keiner Weise dazu geäußert!)

- Wofür sind Sie denn dann? Dann sagen Sie es mir doch! Wofür sind Sie? Sind Sie für Hannover?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich kann Ih- nen gerne etwas dazu sagen!)

Sind Sie für Braunschweig? Sind Sie für Clausthal? Sagen Sie’s! Sie sagen es nicht, weil Sie die Hosen voll haben - im Sinne von Herrn Müntefering!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wissen genau, dass Sie sich mit einer konkreten Festlegung einen Riesenärger ins Haus holen. Deshalb sagen Sie es nicht!

Sie sagen uns: Wenn ich erst einmal Ministerin bin, dann entscheide ich das. - So wie übrigens auch bei der Verwaltungsreform, kommunale Gebietskörperschaften: Da soll erst dann, wenn die Wahl gelaufen ist, gesagt werden, wie Sie es vorhaben.

(David McAllister [CDU]: Richtig!)

So können Sie mit den Leuten nicht umgehen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, entschuldigen Sie bitte. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Jüttner?

Nein, das gestatte ich nicht. - Dann wird hier von einem bürokratischen Monster geredet und werden weitere Nebelkerzen geworfen.