Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

Nein, das gestatte ich nicht. - Dann wird hier von einem bürokratischen Monster geredet und werden weitere Nebelkerzen geworfen.

Herr Minister, entschuldigen Sie bitte - - -

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie war das mit dem Stil? - Zuruf von der CDU: Lassen Sie ihn doch reden!)

Dann wird gesagt: Wir wollen einen Zweckverband. - Meine Damen und Herren, glauben Sie denn nicht, dass wir auch einen solchen Zweckverband gemeinsam mit den Präsidenten durchdacht hätten? Wissen Sie, was ein Zweckverband ist? - Ein Zweckverband ist genau das, was wir jetzt machen, es heißt nur anders. In der Kommunalpolitik werden Zweckverbände sozusagen als Körperschaft verwendet, um andere Körperschaften miteinander zu koordinieren. Nichts anderes machen wir hier. Das nennt sich nur „NTH“, weil wir uns mit „Zweckverband“ in der Scientific Community lächerlich gemacht hätten, weil die uns bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen Vogel gezeigt hätten, wenn wir mit einem Zweckverband angekommen wären.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dann wird gesagt: Eine Stiftung! - Sie haben doch damals unter dem Kollegen Oppermann die Stiftungsfragen mitdiskutiert. Dann müssten Sie doch wissen, dass Stiftungen mit erheblich mehr Bürokratie verbunden sind, als es in diesem Fall bei der NTH möglich ist. Das heißt, Sie würden ein noch größeres bürokratisches Monster aufbauen - was hier natürlich nicht der Fall ist. Wir haben einen Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, mit ganzen acht Paragrafen. Schlanker geht es nicht! Das war sozusagen das Mindeste, was gemacht werden musste, um die Schlagkraft einer solchen NTH überhaupt herzustellen.

Dann wird gesagt: Berufungen, alles Blödsinn, wir wollen das anders.

Herr Minister, entschuldigen Sie noch einmal!

Nein, keine Zwischenfrage. - Alles, was Sie vorhaben, führt im Ergebnis dazu, dass Sie wieder unterhalb der Schwelle der NTH landen, nämlich in Richtung Consortium Technicum. Dazu habe ich Ihnen gesagt: Das hat nicht funktioniert. - Das sagen alle. Wir brauchen ein scharfes Schwert. Wir brauchen eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die auch gegenüber der DFG antragsberechtigt ist.

Letzte Bemerkung. Da Sie keine guten Argumente haben, da der Zweckverband nicht funktioniert, da die Stiftung nicht funktioniert, da Sie mir nicht sagen können, wie Sie es wirklich besser machen wollen, werfen Sie mir vor, ich hätte schlecht kommuniziert. Meine Damen und Herren, ich kann mich an keinen Gesetzentwurf erinnern, bei dem wir alle Betroffenen von Anfang an so intensiv beteiligt hätten, wie das hier der Fall war.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die lachen sich kaputt!)

Immer dann, wenn es Kritik gab - ich erinnere mich an ein Schreiben des Hochschulrates vom März dieses Jahres -, habe ich die Mitglieder des Hochschulrates zu mir ins Haus eingeladen und habe mit denen diskutiert und die Frage gestellt: Wollt ihr das Ziel erreichen? Seid ihr bereit, dafür auch Kompromisse zu akzeptieren? - Sie haben mir damals noch einmal gesagt: Jawohl, dazu sind wir bereit. - Der Staatssekretär ist im Hochschulrat der Uni Hannover gewesen. Dort gab es das gleiche Szenario. Immer ist uns gesagt worden: Wir wollen dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren. Natürlich haben wir an der einen oder anderen Stelle Bedenken; deshalb brauchen wir Kompromisse. Aber lasst uns das Ziel nicht aus den Augen verlieren, lasst uns so weitermachen wie bisher. - Wenn sich dann zwei oder drei Tage, bevor das Kabinett den Gesetzentwurf beschließen und einbringen will, plötzlich der eine oder andere nicht mehr an schriftlich gegebene Versprechen hält, dann hat das nichts mit schlechter Kommunikation zu tun, sondern das ist eine Stilfrage, mit der ich Probleme habe zurechtzukommen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mir liegen jetzt zwei Wünsche zur Erteilung zusätzlicher Redezeit vor, zunächst von Frau Dr. Andretta. Frau Andretta, Sie haben drei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Stratmann, Ihr Stuhl muss ordentlich wackeln, wenn Sie sich hier so in Rage reden. Anders kann man diesen Auftritt nicht erklären.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben mich als Wissenschaftlerin angesprochen. Ich habe Sie nicht als Minister zitiert; denn

ich weiß, wie das geht. Ich habe in der Tat auf Herrn Neufert Bezug genommen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass der Chefredakteur der HAZ hier als seriöse Quelle gilt, und habe mich auf diesen Kommentar bezogen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Karl- Heinz Klare [CDU]: Nein, nein, Sie ha- ben nicht Herrn Neufert genannt! Das ist das Falsche, das Gemeine!)

Meine Damen und Herren, die zusätzliche Redezeit beträgt pro Fraktion drei Minuten. Da diese Redezeit nicht aufgebraucht ist, erteile ich nun Herrn Jüttner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stratmann hat hier eine Unwahrheit gesagt. Er hat behauptet, ich hätte mich für Hannover ausgesprochen. Das stimmt nicht! Ich habe mich für überhaupt keinen Standort ausgesprochen.

(Zurufe von der CDU)

- Ja. Die SPD-Fraktion ist der Meinung, dass das Rotationsprinzip grundfalsch ist und dass es notwendig ist - wie es im Hochschulgesetz steht -, eine Entscheidung herbeizuführen.

Meine Damen und Herren, ich habe fünf Jahre lang einem Landeskabinett angehört. Ich habe in diesen fünf Jahren viele Dinge entscheiden müssen, die problemlos waren. Dann habe ich einige Dinge entscheiden müssen, die richtig wehgetan haben, die mir mit Teilen meiner eigenen Fraktion und mit Teilen der Öffentlichkeit Ärger bereitet haben. Ich habe z. B. in meiner Regierungszeit die Genehmigung für den Schacht Konrad erteilen müssen. Jeder von Ihnen weiß, wie schwer mir das gefallen ist. Aber es war meine verdammte Pflicht. Die Rechtslage war so, und es war an mir, zu entscheiden.

Dieser Minister ist ein Angsthase erster Güte und unfähig, überhaupt eine Entscheidung zu treffen!

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie möchten direkt antworten? - Bitte schön!

Sie haben es nicht verstanden. Sie haben eben selbst zugegeben, Sie seien damals durch die Rechtslage gleichsam gezwungen worden, so zu entscheiden. Hier haben wir ein anderes Verfahren. Hier geht es bottom up. In diesem Fall sind die Hochschulen auf uns zugekommen und haben uns gebeten, uns in einer bestimmten Art und Weise einzulassen, nämlich indem wir einen Gesetzentwurf fertigen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das Protokoll werden wir rumschicken!)

Wenn sich die Hochschulen dann an dieser Frage zerstreiten, lieber Herr Jüttner, wäre es politisch falsch, von oben, vom grünen Ministeriumstisch, eine Vorgabe zu machen. Denn dann wäre dieses Paradigmatische, dieses Schlüsselprojekt für die Zukunft Niedersachsens von vornherein mit einer solchen Belastung versehen worden, dass es aus meiner Sicht - Sie können von mir aus die Beteiligten fragen; die sehen das genauso - - -

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich ziehe die Meldung zur Zwischenfrage zurück; ich melde mich gleich zu Wort!)

- - - nicht erfolgreich würde verlaufen können.

Ich stelle fest: In diesem Haus hat bisher niemand von der Opposition - bis auf Frau Heinen-Kljajić - den Mut gehabt zu sagen: Der Sitz soll in Braunschweig, Hannover oder Clausthal eingerichtet werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Sie sind zustän- dig!)

Meine Damen und Herren, jetzt erhalten erst die Vertreter der anderen Fraktionen das Wort, die um zusätzliche Redezeit gebeten haben. Zunächst hat Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben in Ihrer Rede mehrfach das Thema Stil angesprochen. Sie haben eingefordert,

dass Zitate, die bestimmten Leuten zugeordnet werden, mit Fundstellen belegt werden.

Nach der Show, die Sie hier eben abgeliefert haben, nach dem, was Sie hier gerade an Stil gezeigt haben, würde ich gerne von Ihnen wissen - ich hätte Ihnen eine Zwischenfrage gestellt, wenn Sie sich getraut hätten, eine zuzulassen -: Gilt das, was Sie einfordern, eigentlich nur für die Oppositionsfraktionen oder auch für Sie?

(Zustimmung bei der LINKEN - Karl- Heinz Klare [CDU]: Was war das denn jetzt?)

Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist Frau Heinen-Kljajić von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie erhält ebenfalls eine zusätzliche Redezeit von drei Minuten. Aber vielleicht brauchen Sie ja gar nicht volle drei Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu zwei Punkten möchte ich noch etwas sagen. Zum einen zu dem Thema Kommunikationsfähigkeit: Mit „mangelnder Kommunikationsfähigkeit“ meine ich, dass man sich in einer Situation, in der eine Welle von Kritik auf einen zurollt, schlicht wegduckt.

Im März haben Senat und Hochschulrat erstmals in den zentralen Fragen „Wohin kommt der Sitz? Wie ist es mit den Berufungen durch die NTH? Wie ist es mit der Bauherreneigenschaft?“ Kritik formuliert. - Keine Reaktion! Spätestens seit dem 14. Juli liegt dem MWK ein entsprechendes Schreiben der Universitätsleitung vor, nämlich die schriftliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf. Die Antwort des Ministers auf die Frage, ob er darauf reagiert hat oder nicht - er hat gesagt, das sei nicht üblich -, haben wir eben schon zitiert.

Eine Woche später erschien eine Pressemeldung, die jeden, der von der Materie ein bisschen Ahnung hat, hat aufmerken lassen: Hoppla, da stimmt etwas nicht. - Die Leibniz-Universität hat darin nämlich angekündigt, dass sie sich gemeinsam mit der MHH und der TiHo für ein Zukunftskonzept bei der Exzellenzinitiative bewerben möchte. Ich habe daraufhin in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen: Vorsicht! Attacke vonseiten der Universität Hannover. - Der Minister hat - ebenfalls in einer Pressemitteilung - geantwortet, es bestehe weiterhin größtenteils Einvernehmen. Er könne das Problem nicht erkennen. - Und selbst nachdem das

Thema NTH in der Presse hochkochte und es tagtäglich Schlagzeilen gab, sind Sie völlig unberührt geblieben und haben nichts unternommen. Der Ministerpräsident musste das Thema dann, weil es ihm zu heikel wurde, letztendlich von der Tagesordnung des Kabinetts herunternehmen. Das, lieber Herr Minister Stratmann, meine ich mit „Kommunikationsunfähigkeit“.

Nun zu der Frage des Sitzes der NTH. Regieren hat ja schöne und nicht ganz so schöne Seiten.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Harte Seiten! - Jens Nacke [CDU]: Woher wissen Sie das denn? - Gegenruf von Wolf- gang Jüttner [SPD]: Wo sie recht hat, hat sie recht!)

Zu den nicht ganz so schönen Seiten gehört, dass man strittige Entscheidungen treffen muss. Wenn Sie jetzt sagen „Huch, das ist uns aber zu heikel! Liebe Opposition, bitte übernehmen Sie!“, dann ist das genau die Art von Politikunfähigkeit, die ich eben meinte.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, es ist noch nicht alles gesagt. Mir liegen zwei weitere Wortmeldungen verbunden mit dem Antrag auf zusätzliche Redezeit vor. Zunächst Herr McAllister von der CDU-Fraktion.