Protokoll der Sitzung vom 17.09.2008

All diese Dinge befinden sich also auf einem guten Weg. Eines darf aber nicht passieren, nämlich das, was ich heute in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in einem kleinen Artikel gelesen habe: Kürzungen im Schienennetz. Ich habe schon heute Morgen darauf hingewiesen, dass der Verband Allianz pro Schiene davon berichtet, der Bundesfinanzminister wolle der Bahn eventuell nur 2 Milliarden statt 2,5 Milliarden Euro für das Bestandsnetz zur Verfügung stellen, und den Rest solle die Bahn mit Darlehen finanzieren. Meine Damen und Herren, für solche Darlehen müssen natürlich Zinsen gezahlt werden. Der entsprechende Betrag geht dann von dem ab, was ins Netz investiert werden soll. Wir als Länder werden aber auf keinen Fall akzeptieren, dass der Bund seine Finanz- und Haushaltsprobleme auf dem Rücken der Infrastruktur zu lösen versucht. Das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben die Mittel für den Ausbau der ICEStrecke Hildesheim-Braunschweig gesichert. Ich freue mich auch darüber, dass es gelungen ist, im Landeshaushalt Planungskosten für die Y-Trasse einzustellen.

Ich denke, dass das alles wichtige Ergebnisse sind. Wir haben hier ein entscheidendes Feld für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Niedersachsen vor uns. Ich glaube, hinsichtlich der Beurteilung liegt zwischen den Fraktionen hier im Landtag nichts Trennendes. Es geht jetzt darum, wie in diesem Zusammenhang sowohl auf Feldern, für die das Land zuständig ist, als auch auf Feldern, für die der Bund zuständig ist, das erforderliche Geld mobilisiert werden kann. Hierbei muss es eine enge Zusammenarbeit auch mit den jeweiligen Bundestagsfraktionen geben. Dann werden wir die Ergebnisse erzielen können, die wir alle wollen.

Meine Damen und Herren, am Schluss meiner Ausführungen sage ich gerne: Es ist Schnee von gestern, über Prioritäten zwischen Straße, Schiene und Wasserwegen zu diskutieren. Wir müssen alle drei Verkehrsträger ausbauen; denn sonst werden wir die Transportvolumina nicht bewältigen. Wenn dann noch hinzukäme, dass alle Fraktionen mit ihren örtlichen Gliederungen überall dort, wo neue Bahntrassen geplant sind, den Bau dieser Trassen unterstützen, wäre ich hochzufrieden, meine Damen und Herren. Dann könnten wir uns so manches Scheingefecht hier im Landtag ersparen. Ich hoffe sehr, dass wir in diesem Zusammenhang in Zukunft stärker an einem Strang ziehen werden als in der Vergangenheit. Die Landesregierung jedenfalls misst diesem Feld hohe Priorität bei.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister Hirche. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin WeisserRoelle zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Geht das nicht nach der Reihenfolge der Abga- be der Zettel?)

- Herr Kollege Klare, Sie können in der Geschäftsordnung nachlesen, dass das Präsidium über die Reihenfolge entscheidet. Ich glaube nicht, dass Sie im Blick haben, in welcher Reihenfolge die Wortmeldezettel bei uns abgegeben worden sind. Wir können das am Ende zwar gern ausdiskutieren. Hier bestimmen letztendlich aber wir. - Frau Kollegin Weisser-Roelle!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal Herrn Minister Hirche zustimmen, der gesagt hat, dass es besser sei, die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten, als die Unterschiede in den Vordergrund zu stellen. Das können wir absolut unterstützen. „Gemeinsam an einem Strang ziehen“ wurde eben gesagt. Bei diesem Thema hatten wir die Möglichkeit, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Wir haben im Ausschuss unseren Ursprungsantrag beraten. In der betreffenden Ausschusssitzung wurde durchgängig von allen Fraktionen gesagt, „die Punkte sind richtig“ bis hin zu „die Punkte sind nicht so falsch“. Es wurde gesagt, dass es nach dem Beschluss der Teilprivatisierung der Deutschen Bahn nun vor allem darauf ankomme, dass die Interessen der Länder in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Deutschen Bahn berücksichtigt werden müssten. Ich zitiere das jetzt aus dem Protokoll der letzten Sitzung. Des Weiteren wurde gesagt - ich zitiere fraktionsübergreifend, also ohne Namen zu nennen; das kann jeder nachlesen -, die im Antrag enthaltenen Forderungen seien zu unterstützen.

(Zurufe von der CDU: Die Protokolle sind nicht öffentlich! Das dürfen Sie nicht!)

- Das Protokoll ist unter den Drucksachen nachzulesen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Die sind vertraulich! - Weitere Zurufe von der CDU)

- Ich kann hier doch aus den Protokollen zitieren.

Mit Genehmigung darf Frau Kollegin WeisserRoelle das durchaus. Sie hat jetzt nicht um Genehmigung nachgesucht; aber sie hat auch keine Namen genannt. Da es noch um den Inhalt geht, lasse ich dies noch zu, Herr Kollege Hoppenbrock.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Nein! - Gegenruf von der LINKEN: Na- türlich!)

Sie haben das Wort, Frau Kollegin Weisser-Roelle.

Ich werde mich danach richten. - Ich bin immer noch dabei, dass Herr Minister Hirche richtigerweise gesagt hat, wir sollten das Gemeinsame her

ausarbeiten. In diesem Ausschuss wurde sehr wohl das Gemeinsame herausgearbeitet. Darum zitiere ich fraktionsübergreifende Aussagen. Es wurde auch gesagt, dass die Landesregierung ihren Einfluss beim Bund geltend machen müsse usw. Vieles ist schon gesagt worden. Es wäre auch für dieses Haus eine große Chance gewesen, bei diesem Thema, das, wie von der rechten Seite des Hauses immer wieder gesagt wird, Priorität hat und das die Menschen im Land sehr bewegt, die gemeinsam herausgearbeiteten Aspekte in einem gemeinsam getragenen Antrag zu beschließen. Damit hätte man ein Signal dafür setzen können, dass wir hier mit Inhalten arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns wird oftmals gerade vonseiten der CDU und der FDP Polemik vorgehalten. Aber um Ihre Worte zu gebrauchen: Die ideologische Verbohrtheit, die Sie bei diesem Thema mit Ihrem zweiten Antrag, der fast wortgleich ist, an den Tag gelegt haben, sprengt alle Grenzen und ist überhaupt nicht zu verstehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach diesen sehr wichtigen Vorbemerkungen komme ich zu ein paar inhaltlichen Aussagen.

Auch wenn es nicht von allen Anwesenden so gesehen wird, sagen wir immer wieder: Der Privatisierungskurs der Deutschen Bahn erweist sich nach wie vor als Irrweg.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt sich darauf zu konzentrieren, Verkehr in sozialer und umweltverträglicher Weise von der Straße auf die Schiene zu bringen, wird nur daran gedacht, wie die Bahn ihren Profit erhöhen kann, um mehr Rendite an der Börse zu erlangen. Ganz in diesem Sinne besteht die Gefahr, dass sich die Bahn AG gerade in Zeiten wachsender Mobilität weiterhin aus der Fläche zurückzieht. Das aber ist unverantwortlich.

Die Antworten der Landesregierung auf die Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machen doch deutlich, dass ein enormer Handlungsbedarf besteht, um nicht nur die Qualität der Bahn zu sichern, wie es in dem Antrag steht, sondern auch um diese Qualität zu verbessern. Das geht eindeutig aus der Antwort der Landesregierung hervor; Herr Hagenah hat schon einige Sachpunkte genannt. Auf der Grundlage dieser Antwort werden wir sicherlich in den nächsten Wochen und Mona

ten viel Mühe haben, dies aufzuarbeiten, und wir werden hier noch häufig darüber diskutieren.

Auf eines möchte ich noch kurz eingehen. Die Landesregierung hat ausgeführt, dass dann, wenn sie als Besteller von Nahverkehrszügen der Deutschen Bahn die Frage beantwortet, ob ein Haltepunkt neu eröffnet wird bzw. erhalten bleibt, von einer KostenNutzen-Analyse gesprochen wird und überhaupt nicht die Bedeutung der Anbindung der Fläche in den Vordergrund gestellt wird. Solche Punkte aber kommen häufiger vor, und gegen sie werden wir uns wehren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Länderinteressen werden vom Bahnvorstand und von der Bundesregierung grob missachtet.

Ich komme zum Ende. Hier wurde schon gesagt, dass gerade bei der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und der DB AG eine weitere Kürzung um 500 Millionen Euro auf 2,5 Milliarden Euro vorgesehen ist, wobei die bisher zur Verfügung stehenden Summen gerade einmal ausgereicht haben, um den Bestandsschutz zu sichern, nicht aber dafür, neue Projekte in Angriff zu nehmen. Auch dagegen muss man sich wehren.

Und jetzt kommen Sie bitte tatsächlich zum Schluss.

Aus all dem von mir hier Gesagten - einiges konnte ich aus Zeitgründen nicht mehr sagen - bedauern wir sehr, dass der gemeinsame Antrag, der ein Kompromiss war, nicht als Chance genutzt wurde. Selbstverständlich werden wir den Antrag von CDU und FDP ablehnen. Ich bedauere es sehr. Herr Hirche, vielleicht können Sie an die Regierungsfraktion appellieren, dass hier wirklich an einem Strang gezogen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion erhält Herr Kollege Heineking das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschäftigt sich mit der Zukunft und dem Zustand des Bahnverkehrs in Niedersachsen. Die Landesregierung kommt in ihrer Antwort zu dem Ergebnis,

dass die Anbindung aller Wirtschaftsräume eine hohe Bedeutung hat. Eine maßgebliche Rolle spielt dabei die Deutsche Bahn AG sowohl beim Erhalt und Ausbau des Schienennetzes als auch bei der Verkehrsabwicklung im Bereich der Eisenbahnen. Seit der Bahnreform im Jahre 1994 ist die Deutsche Bahn AG als privatrechtlich organisiertes Unternehmen Eigentümerin und Betreiberin der Schieneninfrastruktur, der Schienenwege des Bundes. Die Mitwirkungsrechte der Länder sind stark eingegrenzt. Neben der DB AG betreiben nicht bundeseigene Eisenbahnen eigene Schienennetze ebenfalls in eigener Verantwortung.

Das Land stößt primär durch vertragliche Regelungen oder durch Zuwendungen bedeutende Infrastrukturvorhaben an. In der Drucksache 422 der laufenden Legislaturperiode geht die Landesregierung näher darauf ein. Des Weiteren leistet das Land Vorfinanzierungen von Planungskosten z. B. für das Ausbauvorhaben Stelle–Lüneburg und für die Anbindung des JadeWeserPorts. Dies sind Anstöße zur Realisierung der wichtigen Vorhaben in unserem Land. Aufgrund der Rahmenbedingungen im Bund und im Land liegen der Erhalt und der Ausbau des Schienennetzes dennoch bei den jeweiligen Infrastrukturunternehmen.

In ihrer ausführlichen und kenntnisreichen Antwort geht die Landesregierung auf den Netzzustand der Eisenbahnen ein. Es werden Aussagen über Geschwindigkeit, Zweigleisigkeit, Elektrifizierung und Ausnutzung getroffen. Bei der Untersuchung der Mängel wird deutlich, dass auf 95 % unseres 4 475 km langen Schienennetzes keine Einschränkungen bestehen. Im Bereich der nicht bundeseigenen Eisenbahnen sind in den letzten fünf Jahren über 44 Millionen Euro aufgewendet worden.

Untersucht wurden auch die Umsteigeknoten. Zusätzliche Umsteigeknoten sind u. a. in Braunschweig und Hannover geplant. Es liegen keine Hinweise über einen Wegfall von Umsteigeknoten vor.

Im zurzeit geltenden Fahrplan 2008 bestehen nach Kenntnis der Landesregierung keine Fehlanschlüsse. Auf allen niedersächsischen Eisenbahnstrecken, auf denen Leistungen im Schienenpersonennahverkehr angeboten werden, gilt mit wenigen Ausnahmen ein Taktfahrplan. Diese Einführung von Taktfahrplänen sowohl im Personenfernverkehr als auch im Personennahverkehr hat zu einer deutlichen Attraktivitätssteigerung geführt.

(Zustimmung bei der CDU)

Beim Personenverkehrswachstum gibt es zum Teil Engpässe im Schienennahverkehr. Entsprechende Maßnahmen sind eingeleitet worden, um für Entlastung zu sorgen.

Beim Güterverkehrswachstum erwartet die Landesregierung eine deutliche Zunahme. Dies gilt insbesondere für den Zu- und Ablauf zu und von den Seehäfen. Durch die Fertigstellung der Ausbaumaßnahmen Stelle–Lüneburg und Oldenburg– Wilhelmshaven sowie die im Sofortprogramm „Seehafenhinterlandverkehr“ vorgesehenen Maßnahmen wird eine Basis für die Bewältigung der prognostizierten Verkehre geschaffen.

Um kurzfristig realisierbare Ausbaumaßnahmen identifizieren zu können, die speziell im Bereich der nicht bundeseigenen Eisenbahnen zusätzliche Infrastrukturkapazitäten schaffen könnten, hat die Landesregierung eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Blickt man in das Jahr 2025, kann nach Einschätzung der Landesregierung das im Masterplan „Güterverkehr und Logistik“ aufgezeigte Maßnahmenbündel die Grundlage für die Bewältigung der prognostizierten Güterverkehre sein.

Ausbaubedarf sieht die Landesregierung im Zulauf auf die Eisenbahnknoten Hannover, Bremen und Hamburg sowie auf der Strecke Oldenburg–Leer. Der Realisierung der Y-Trasse misst die Landesregierung höchste Priorität bei.

Um zeitnah zusätzliche Kapazitäten auf der Schiene zu schaffen, ist es sinnvoll und richtig, Strecken, die heute nicht oder nur in geringem Umfang genutzt werden, zu ertüchtigen.

(Beifall bei der CDU)

Die Kürzung der Regionalisierungsmittel durch den Bund, der nach wie vor bestehende Investitionsbedarf im vorhandenen Schienennetz und die bisherigen Erfahrungen gebieten eine Bündelung der verfügbaren Ressourcen auf die Verbesserung des bestehenden Verkehrsangebotes. Die Landesregierung hat eine Untersuchung in Auftrag gegeben, um zu erfahren, ob und unter welchen Voraussetzungen die prognostizierten Güterverkehre, insbesondere aus den Seehäfen, abgewickelt werden können.

Herr Kollege Heineking, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Flauger?