Sie wollten nicht wahrhaben, was uns die OECD noch 2009 wieder ins Stammbuch geschrieben hat. Ich zitiere:
„Je früher die erste Aufteilung auf die jeweiligen Zweige erfolgt, desto größer sind bei den 15-Jährigen die Leistungsunterschiede nach sozioökonomischem Hintergrund - ohne“
Es hat also überhaupt nichts mit Leistung zu tun, was Sie der Schulpolitik in Niedersachsen schon seit zehn Jahren aufzwingen. Die Schulstruktur, die Sie der Schulpolitik aufgezwungen haben, hat nichts mit Leistung zu tun, sondern mit Auslese und mit Klientelpolitik.
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie behaupten ja gerne, Ihnen gehe es in erster Linie um die Schülerinnen und Schüler, nicht aber um die Schulstruktur oder die Schulformen.
Worum es Ihnen wirklich geht, zeigt der Kollege Försterling mit seinem Slogan, den er jetzt ganz schamlos auf allen seinen Pressemitteilungen abdruckt: Gymnasium gestärkt. - So heißt es dort jedes Mal: Gymnasium gestärkt. - Abgesehen davon, dass dies gar nicht stimmt - mit dem Turbostress an den Gymnasien haben Sie nämlich keine Stärkung, sondern eher eine Schwächung verursacht -, frage ich Sie: Wo bleiben bei Ihnen die anderen Schülerinnen und Schüler, die nicht auf ein Gymnasien gehen oder abgeschult werden? - Das ist mehr als die Hälfte in Niedersachsen. Die kommen bei Ihnen gar nicht vor. Wissen Sie, Herr Kollege Försterling, woran mich das erinnert?
- Die Hälfte der Schülerinnen und Schüler, die nicht zum Gymnasium gehen. Sie müssen ein bisschen aufpassen und rechnen. Dann kriegen Sie es auch mit, Herr Möllring. Man muss doch von einem Finanzminister erwarten, dass er auch rechnen kann.
Wissen Sie, Herr Kollege Försterling, woran mich Ihr Slogan „Gymnasium gestärkt“ auf Ihren Pressemitteilungen erinnert? - An Mitt Romney. Mitt Romney hat im Wahlkampf erklärt, die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger interessiere ihn sowieso nicht, weil sie ihn gar nicht wählten. Der Unterschied zwischen Mitt Romney und Ihnen, Herr Försterling, besteht aber darin, dass wir bei Ihnen von einem viel größeren Anteil ausgehen müssen. Dann müssen Sie auch gar keine Angst mehr vor den Damen der Opposition haben, weil Sie dem nächsten Landtag nicht mehr angehören werden. So einfach ist das.
(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Was wollen Sie mit den Gymnasien?)
Meine Damen und Herren, uns Grünen sind alle Kinder gleich viel wert. Die Gymnasiasten sind uns nicht mehr wert als alle anderen. Uns sind alle gleich viel wert. Wir wollen sie von Anfang an in guten Krippen und Kitas fördern, statt 1,2 Milliarden Euro pro Jahr dafür zu zahlen, dass sie zu Hause bleiben.
Wir stellen in der Schulpolitik die Kinder und ihre Bildungschancen, und zwar die Bildungschancen aller Kinder und nicht nur der Kinder der Hälfte der Bevölkerung, in den Mittelpunkt. Wir machen Schluss mit der Ausleseschule und Schluss mit der Bevormundung von Eltern, die eine Gesamtschule wollen.
Wir wollen an unseren Schulen statt Turbostress genügend Zeit für nachhaltiges Lernen, und wir werden mit guten Ganztagsschulen für bessere Bildungschancen sorgen.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Ich stelle fest: Sie haben nichts zu den Gymnasien ge- sagt! - Hartmut Möllring [CDU]: Sie haben gar nichts zu den grünen Leh- rerstreichungen gesagt!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So richtig Angst machen mir die drei Damen als meine Vorrednerinnen in Sachen Bildungspolitik nun wirklich nicht.
Man muss auch nicht wirklich Angst haben, weil alle drei durchgängig relativ veraltete bildungspolitische Debatten alleine über die Schulstruktur geführt haben.
Dass ausgerechnet die Fraktion eine Aktuelle Stunde für mehr Bildung und Chancengleichheit beantragt, die immer dann, wenn sie in Regierungsverantwortung gelangt, zeigt, dass sie es nicht kann, entbehrt nicht einer gewissen Tragik - oder Komik.
Erklären Sie uns und auch den Wählerinnen und Wählern in Niedersachsen doch bitte, warum es bei allen seriösen Bildungsvergleichen zwischen den Ländern in Deutschland gerade die von SPD und Grünen regierten Bundesländer sind - ob es sich um Bremen handelt, ob es sich um RheinlandPfalz handelt, ob es sich um Berlin handelt, ob es sich um Nordrhein-Westfalen handelt, ob es sich um Hamburg handelt -, die am Ende der Bildungsvergleichsstudien stehen und nicht am Anfang!
Erklären Sie doch bitte den Niedersachsen endlich einmal, warum es in Bayern, obwohl es dort gar keine Gesamtschulen gibt, dem dortigen Schulsystem viel besser gelingt, auch Kindern aus benachteiligten Familien Chancen zu vermitteln! Erklären Sie das bitte den Niedersachsen, wenn Sie nach wie vor auf eine einzige Schulform setzen!
Und erklären Sie auch den Wählerinnen und Wählern, dass alles das, was Sie heute versprechen, spätestens am 21. Januar Schnee von gestern ist, so wie wir es bei allen zurückliegenden Landtagswahlen in den verschiedenen Bundesländern gesehen haben, ob nun in Baden-Württemberg oder in Nordrhein-Westfalen!
Wissen Sie, warum ich einfach hoffe, dass Sie auch nicht nur in die Nähe einer Regierungsmehrheit kommen? - Nicht nur, weil meine eigenen Kinder noch zur Schule gehen, sondern auch, weil Sie es überhaupt nicht ernst meinen mit Chancengerechtigkeit und Bildungsgerechtigkeit in Niedersachsen.
Ich will Ihnen auch sagen warum, Herr Jüttner. Sie verwechseln Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit am Anfang mit Ihrem Ziel der Bildungsgleichmacherei. Sie wollen, dass am Ende einer Bildungskarriere alle irgendwie gleich werden.
Sie blenden völlig aus, dass Kinder in Niedersachsen wie in Deutschland unterschiedlichste Begabungen haben, dass sie am Ende unterschiedlichste Möglichkeiten haben.
(Johanne Modder [SPD]: Manno- mann! Ein bisschen mehr Niveau, bit- te! - Weitere Zurufe von der SPD und von der LINKEN - Glocke des Präsi- denten)
Sie reden den Eltern ein, dass durch längeres gemeinsames Lernen, dass durch das Abschaffen des Sitzenbleibens, dass durch die Abschaffung von Grundschullaufbahnempfehlungen, dass womöglich durch eine Integrierte Gesamtschule allen alles ermöglicht wird, nach Möglichkeit auch das Abitur. Das ist es, was Sie tun: Sie streuen den Menschen Sand in die Augen.
Ich will einmal zitieren, wohin Sie eigentlich wollen. Elbe-Jeetzel-Zeitung, 26. September 2012. Überschrift: „Schulpolitik nach Wunsch“. Frau Heiligenstadt wird dort mit einer entlarvenden Äußerung zitiert:
„Die SPD wolle weder die Oberschulen noch die Gymnasien abschaffen. ‚Wenn gewünscht, sollte man sie arbeiten lassen’...“
Meine Damen und Herren, es geht noch weiter: Der ebenfalls anwesende SPD-Kandidat im Osten des Landkreises Lüneburg erklärte, dass man an einer Schließung von kleinen Grundschulen überhaupt nicht vorbeikomme. Die schulpolitische Sprecherin Heiligenstadt stimmte grundsätzlich zu.
Meine Damen und Herren, wissen Sie was? Wenn das Ihre Zukunft der Bildungspolitik in Niedersachsen ist, kann ich Ihnen nur sagen: Ich werde bis zum 20. Januar jeden Tag dafür kämpfen, dass Sie auch nicht den Hauch einer Chance bekommen, hier in Niedersachsen Bildungspolitik zu machen, weil wir für den ländlichen Raum da sind, weil wir auch den Kindern im ländlichen Raum eine echte Chance auf Bildung geben.
Meine Damen und Herren, mit rot-grüner Sozialromantik nach dem Motto: „Allen alles, und im Himmel ist Jahrmarkt“ schaffen Sie keinem einzigen Kind in Niedersachsen mehr Bildungschancen. Im Gegenteil!