Protokoll der Sitzung vom 06.12.2012

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau König, es ist halt so. Ich kann ja das darstellen, was wir geleistet haben. Die Zahlen und die Maßnahmen sprechen für sich.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir sind Vorreiter. Wir sind in der Pflege gut aufgestellt. Es nützt überhaupt nichts, dass Sie jedes Mal versuchen, hier die Pflege schlechtzureden, und den Menschen draußen Angst machen wollen, wenn ich Ihnen gerade darstelle, dass wir ausreichend Nachwuchskräfte gewinnen, dass es ausreichend Pflegekräfte gibt, dass es einen größeren Zuwachs bei den Pflegekräften gab als bei den Pflegebedürftigen, dass die Menschen hier auf eine gute Pflege zurückblicken können. Das ist nun einmal so.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen gerne auf die Frage antworten, was wir zusätzlich machen werden. Es gilt immer noch die Devise bzw. das Motto, das wir auch vorantreiben: „Ambulant vor stationär“. Denn alle Menschen sagen uns: Wir wollen so lange wie möglich in der gewohnten Umgebung, in den eigenen vier Wänden leben. - Deshalb wird die Zukunft auch darin liegen, dass wir die Pflege im Quartier fördern. Dazu hat auch das Pflege-NeuausrichtungsGesetz einige - - -

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich warte einmal. Diejenigen, die es nicht interessiert, können ja hinausgehen.

Frau Ministerin, Sie haben völlig recht. Wir hatten hier oben gerade etwas auszutragen. Deswegen konnten wir Ihnen in der Tat nicht folgen. - Bitte schön, Frau Ministerin!

Danke. Ich wollte auch Ihnen Gelegenheit geben, das zu hören.

Auch das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz enthält ab 1. Januar 2013 Leistungsverbesserungen für die häusliche Pflege und für die Pflege der Demenzkranken. Ich habe vorhin in meiner Antwort deutlich gemacht, dass jetzt auch die Pflegedienste mit den Kassen verhandeln.

Am 30. Januar wird die nächste Runde sein. Da geht es um die neue Leistung, die in Anspruch genommen werden kann, nämlich Zeitkontingente statt Komplexe. Statt wie bisher, wo man ein Paket geschnürt hat und der Pflegebedürftige nicht beeinflussen kann, wie viel Zeit der Pflegeaufwand in Anspruch nimmt, wird es in Zukunft möglich sein, über Zeitkontingente, die einem zustehen, zu entscheiden, welche Pflegeleistung man einkauft. Das ist für Angehörige auch wichtig; denn es wird gerade in der ambulanten Pflege dafür sorgen, dass man den Pflegebedürftigen gezielt pflegen kann.

(Unruhe)

Frau Ministerin, ich unterbreche jetzt noch einmal, weil es eine grundsätzliche Unruhe gibt. - Ich bitte das Haus dringend um Aufmerksamkeit bei diesem Thema.

Darüber, wie der Begriff der Pflegebedürftigkeit darüber hinaus für die Zukunft geregelt wird, berät der Expertenbeirat beim Bundesgesundheitsministerium. Das werden wir abwarten. Aber was tun wir so lange? - Wir haben uns natürlich auch das Thema „Pflege im Quartier“ angesehen, das wir vorantreiben. Pflege im Quartier bedeutet: Im einzelnen Wohnviertel, Stadtteil oder Dorf kommen alle verantwortlichen Partner zusammen. Dazu gehören die Kommunen. Dazu gehören die Wohnungsbauunternehmen. Dazu gehören Pflegedienste und Ehrenamtliche. Sie alle gemeinsam müssen zur Erreichung des Ziels beitragen: Ältere Menschen sollen eigenverantwortlich und vor allen Dingen selbstbestimmt im vertrauten Quartier wohnen können.

Das können wir erreichen, indem wir z. B. in unserem Wohnungsbauförderungsprogramm ganz gezielt auch altersgerechtes Bauen ermöglichen. Wir haben pflegegerechte Wohnungsumbauten. Wir

haben in Niedersachsen mittlerweile Besuchs- und Fahrdienste. Wir haben Pflegeberatung. Ich will nur die Pflegestützpunkte erwähnen, die eine ganz wichtige Aufgabe leisten. Wir haben natürlich auch die Seniorenservicebüros, in denen ehrenamtlich ganz viel Beratung im Sinne der Pflege oder der Angehörigen von Pflegebedürftigen geleistet wird. Übrigens gibt es Seniorenservicebüros mit einer solchen flächendeckenden Leistung oder auch Leistung der Ehrenamtlichen in keinem anderen Bundesland. Da haben wir früh vorgesorgt und auch entsprechend gefördert.

Idealerweise würde ich mir wünschen, dass das Quartiermanagement auch professionelle und ehrenamtliche Unterstützungsangebote koordiniert. Auch darüber muss man nachdenken.

Was haben wir gemacht? Wir haben im Juli 2012 den Wettbewerb „Pflege im Quartier“ ausgeschrieben. Am 27. November 2012 wurden die elf Preisträgerinnen und Preisträger aus ganz Niedersachsen vorgestellt, die genau solche wegweisenden Projekte für Niedersachsen umsetzen. Wir werden sie jetzt drei Jahre lang unterstützen. Jedes dieser Projekte wird mit 26 000 Euro prämiert. Das sind insgesamt 286 000 Euro.

Darüber hinaus werden wir natürlich auch die Kurzzeitpflege, die Sie eben angesprochen haben, im Blick haben. Ich habe mir die Zahlen noch einmal angesehen, weil immer wieder in den Raum gestellt wird, die Kurzzeitpflege sei schlechter geworden.

Wie ich eben gesagt habe, haben wir uns die Zahlen - Stand 2. Februar 2011 und Stand 12. Oktober 2012 - angeschaut. Danach sieht es wie folgt aus: Kurz bevor wir die Förderung der solitären Kurzzeitpflege eingeführt haben, haben wir im Jahr 2011 den Stand gemessen. Damals gab es 19 solitäre Einrichtungen. Mittlerweile haben wir 55. In Plätzen gesprochen: 2011 gab es 299 solitäre Plätze; jetzt sind es 737. Geplant sind noch insgesamt 62 Einrichtungen zusätzlich, sodass wir dann eine Gesamtzahl von 841 solitären Kurzzeitpflegeplätzen hätten.

Von einem Rückgang und einer Verschlechterung kann hier also nicht gesprochen werden. Es ist eine Verbesserung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Frau Tiemann das Wort. Bitte stellen Sie Ihre Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Özkan, vorhin haben Sie sehr schön ausgeführt, dass Sie eine, wie Sie es nannten, Anpassung der Investitionskosten - wir nennen es im Übrigen Streichung - in der ambulanten und stationären Pflege sowie in der Kurzzeitpflege vorgenommen haben. Wie hat sich das auf die Betroffenen ausgewirkt? Und wie viele Menschen wurden dadurch zu Sozialhilfeempfängern gemacht?

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile der Frau Ministerin das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie ich eben ausgeführt habe, haben wir im Jahr 2003 eine Investitionsförderung in vollstationären Pflegeeinrichtungen in Höhe von 94,8 Millionen Euro gehabt. Das ist ja der Erstattungsbetrag, der dann auf die Kommunen übergegangen ist.

(Petra Tiemann [SPD]: Das war nicht die Frage!)

In 2012 waren es 109 Millionen Euro. Das entspricht einer Steigerung von 14,4 Millionen Euro. Wenn vorher bezogen auf die Einrichtung gezahlt wurde und später an die Kommune erstattet wird, verschiebt sich das System nur. Wir zahlen diesen Erstattungsbetrag jetzt auch an die Kommunen als Ausgleich der erhöhten Ausgaben der Sozialhilfeträger.

(Petra Tiemann [SPD]: Das ist nicht die Antwort auf meine Frage!)

Daran, dass nichts gestrichen wurde, sondern es eher noch gesteigert wurde, sehen Sie, dass wir der Verantwortung nachkommen.

(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Sie haben mehr Sozialhilfe! - Petra Tiemann [SPD]: Das ist doch nicht die Frage gewesen!)

Als Nächster hat sich Herr Kollege Herzog zu Wort gemeldet. Sie stellen die nächste Zusatzfrage für die Fraktion DIE LINKE. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie bewertet die Landesregierung angesichts des Ausmaßes des künftigen Pflegebedarfes die Idee einer solidarischen Bürgerversicherung für die Pflege, in die alle Einkommensarten zur Beitragsleistung einbezogen werden und somit das massive Einnahmeproblem der Kassen gelöst werden könnte?

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Ministerin, bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir halten davon gar nichts.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion stellt Herr Schwarz die nächste Zusatzfrage. Bitte sehr!

Frau Ministerin, wie viele Pflegefachkräfte fehlen gegenwärtig in der Altenpflege in Niedersachsen nach Ihrem eigenen Landespflegebericht, und wie viele werden es danach 2020 und 2030 - auch unter Berücksichtigung der aktuellen BertelsmannStudie - sein?

(Beifall bei der SPD)

Bitte sehr, Frau Ministerin!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist eben die Krux, Herr Schwarz. Die Pflegekräfte sind nicht da, wo die Jobs vielleicht sind. Über alles gesehen, haben wir keinen Mangel. Wir haben nur nicht dort, wo die Arbeitsplätze zu besetzen sind, die Fachkräfte. Aber wir müssen uns die Gesamtzahl angucken. Das macht ja auch die Studie und viele Hochrechnungen aus. Ich möchte gerne noch einmal ausführen, wie sich die Pflegefachkraftsituation entwickeln wird und wie der Bedarf gedeckt werden kann.

Mit Stand 2009 waren in den ambulanten Pflegediensten und den stationären Einrichtungen insgesamt 34 500 Kranken- und Altenpflegekräfte tätig. Sie versorgten 148 000 Pflegebedürftige.

Wir haben einmal hochgerechnet, wie sich der Bedarf bis zum Jahr 2030 entwickelt. Hochgerechnet werden wir im Jahr 2030 rund 54 000 Pflegebedürftige mehr als 2009 haben, die ambulante und stationäre Pflege in Anspruch nehmen. Wie sich das zusammensetzt, können wir nicht genau aufteilen; deswegen nehmen wir sie zusammen. Wir werden also 54 000 Pflegebedürftige mehr haben.

Zur Deckung dieses Bedarfs würden wir dann 12 500 zusätzliche Pflegefachkräfte brauchen. Gleichzeitig müssen wir davon ausgehen, dass bis 2030 auch Personal ausscheiden wird, also ersetzt werden muss. Das macht noch einmal 44 700 Fachkräfte aus. Dabei gehen wir von einer Fluktuationsrate von 5 % jährlich aus; sie ist im Moment realistisch. Insgesamt brauchen wir also 12 500 plus 44 700. Das macht 57 200 neue Pflegefachkräfte bis zum Jahr 2030.

Wie sieht die Ausbildungsseite aus? Von 2009 bis 2030 gerechnet, haben wir 21 Jahre vor uns. Dann würden wir jährlich einen Zuwachs von rund 2 700 Pflegefachkräften brauchen, um diese Differenz auszugleichen. Diese Zahl gewinnen wir aus den Absolventen der Altenpflege-, aber auch der Krankenpflegeausbildung. Wir müssen sie beide betrachten, weil auch Krankenpflegeabsolventen in die Altenpflege gehen.

Wenn wir uns die derzeitigen Ausbildungsgänge anschauen, stellen wir fest, dass in beiden Ausbildungsgängen in Niedersachsen insgesamt 13 165 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung sind. Das ist inklusive Umschüler - weil ich weiß, dass Sie sonst diese Frage stellen werden, sage ich das jetzt schon einmal -, aber ohne Pflegeassistenz und ohne Pflegefachkräfte aus dem Ausland. Nach heutigem Stand ist also von einer Absolventenzahl von jährlich rund 4 390 auszugehen.

Da die 4 390, die fertig werden, nicht nur in die Altenpflege oder nur in die Krankenpflege gehen, haben wir einfach einmal gesagt: Es erscheint uns realistisch, ungefähr die Hälfte anzunehmen, also 2 700 Kräfte pro Jahr. Das bedeutet, dass wir aus dem, was wir heute schon haben - ohne die Pflegefachkräfte, die zuwandern werden -, den Bedarf, den wir 2030 haben, werden decken können.

Das setzt voraus, dass wir dieses hohe Niveau der Ausbildung halten - vielleicht sogar steigern; das wäre noch besser.