Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Wir dürfen den Dreistufentest aber insgesamt nicht zu bürokratisch organisieren. Er muss überschaubar bleiben, sonst wird er nicht funktionieren. Alles, was neu und ergänzend hinzukommt, muss diesen Test bestehen. Aber für das, was jetzt schon im Internet angeboten wird, brauchen wir diesen Test nicht; das wäre unsinnig.

Unterschiedlicher Meinung sind wir auch hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Fernseh- und Hörfunksendungen im Netz. Die zeitliche Verweildauer von sieben Tagen - das haben Sie richtig gesagt, Frau Helmhold -, ist natürlich zunächst ein Kompromiss, der mit den Rundfunkanstalten erarbeitet worden ist. Er ist aber nicht sinnvoll; die Kollegin hat dazu sehr gut ausgeführt. Warum sollen wir in Anbetracht dessen, dass die Archive von ARD und ZDF voll von kultur- und zeitgeschichtlichen Dokumentationen sind, diese Dokumentationen und guten Sendungen, die über die GEZ finanziert und bezahlt worden sind, vermodern lassen? Deswegen brauchen wir ordentliche Mediatheken. Mediatheken gibt es bei ARD und ZDF schon; sie müssen weiter ausgebaut werden. Eine Beschränkung dessen kann nicht in unserem Sinne sein.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte die Befürchtung der Verleger aufgreifen, dass der ausufernde Internetauftritt von ARD und ZDF sie in ihrer weiteren Marktpräsenz beschränkt. Ich meine, dass wir hier unseren Blick weiten müssen. Gute Onlineangebote der Verlage - wie z. B. die des Spiegels oder der Netzeitung - würden auch von einem ordentlich ausgestatteten ARD- und ZDF-Angebot im Internet nicht beschränkt.

Worin liegen denn die wirklichen Gefahren, die die Verlage heute zu bewältigen haben? Die eigentliche wirtschaftliche Bedrohung der Verlage im Internet geht doch von den großen Anbietern wie Google, wie Microsoft, wie Gazprom-Media oder vergleichbaren global agierenden Unternehmen aus, die schon heute einen überproportionalen Teil des Internetangebotes abdecken. Die Seiten, die ARD und ZDF zurzeit ins Netz gestellt haben, sind im Vergleich zu dem, was es insgesamt an Informationssendungen gibt, 1,2 % dessen, was z. B. Spiegel-Online anbietet. Insofern gibt es da wirklich keine echte Konkurrenz.

In der Frage der Zulassung von Werbung und Sponsoring sind wir übrigens einer Meinung. Wenn es nach mir gehen würde, würde ich den Sponsoringgedanken noch weiter beschränken.

In einer Frage sind wir aber unterschiedlicher Meinung. Wir müssen darüber nachdenken, wie darüber auf der Ebene der Ministerpräsidenten debattiert wird. Die Politik hat, was die Gebührenfestsetzung angeht, einen ganz klaren Auftrag. Dieser Auftrag ist durch EU-Recht und vom Bundesverfassungsgericht eindeutig festgeschrieben: Wir

müssen den Funktionsauftrag des öffentlichrechtlichen Rundfunks abdecken. Dazu gehört natürlich auch die Onlinepräsenz. Die Ministerpräsidenten der Länder haben vor dem Hintergrund der technischen Entwicklung beschlossen, alternative Finanzierungssysteme zu überprüfen. Das soll bis zum Ende dieses Jahres geschehen. Ich erwarte einen Entwurf der Ministerpräsidenten, der zwischen allen Ländern konsensfähig ist. Es mag sein, dass es eine Mediengebühr wird. Es mag auch ein anderes System werden. Wichtig ist - da hat der Kollege Riese recht -, dass es ein bisschen einfacher wird und wir uns im Ausschuss nicht mehr ständig mit den Petitionen der GEZ-Gebührenzahler auseinandersetzen müssen. Hier besteht wirklich Nachholbedarf. Aber das stellt nicht die Gebühr als solche infrage, sondern die Abwicklung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, jetzt müssen Sie mit dem letzten Satz auf die Zielgerade einlaufen.

Die SPD ist für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir sind auch für die Stärkung einer vielfältigen Medienlandschaft. Wir freuen uns auf die ausführliche Beratung im Ausschuss und darauf, dass das, was hier gemeinsam auf den Weg gebracht wird, vielleicht vom Ministerpräsidenten auf der Ebene seiner Kollegen kommuniziert wird.

Danke schön.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ich erteile dem Kollegen Schobert von CDUFraktion das Wort. Die CDU hat noch eine Redezeit von drei Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Flauger, es war schon interessant zu hören, wie Sie den Landtag auszuhebeln wollen. Sie waren ja der Auffassung, wir Medienpolitiker hätten ein Papier, das uns auf einer noch nicht einmal offiziellen Ausschusssitzung in Bremen vorgelegt wurde, einfach im Namen des Landtages beschließen können. Diese Auffassung finde ich schon hochinteressant, gerade wenn ich daran

zurückdenke, wie wir darüber debattiert haben, dass der Landtag der Ort ist, an dem Politik betrieben und an dem entschieden wird. Sie verfahren nach dem Motto: Wenn es mir passt, kann ich unterschreiben, aber wenn ich diskutieren soll, dann gehe ich lieber unter den Tisch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich wäre fast unter den Tisch gegangen, als Sie gesagt haben, es wäre doch gar nicht schlimm, dass man Kontaktbörsen und Ähnliches auf die Seiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stellt. Wissen Sie, ich möchte dort nicht - durch die Gebühren unserer Bürgerinnen und Bürger finanziert - lesen können: Linke Aktivistin sucht Partner für lustige Stunden oder Ähnliches. Das hat im öffentlich-rechtlichen Rundfunk überhaupt nichts zu suchen.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Flauger?

Um es ganz deutlich zu sagen: Wir stehen zu unserem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, und wir stehen hinter unserem hervorragenden Norddeutschen Rundfunk; das ist keine Frage. Es ist in dieser Diskussion aber auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir auch die Verantwortung dafür haben, wie sich die GEZ-Gebühren, wie sich die Gebühren, die unsere Bürgerinnen und Bürger zahlen müssen, in den nächsten Jahren entwickeln. Wenn wir hier stehen und sagen, wir hätten nichts dagegen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk als neue dritte Säule, d. h. ohne Beschränkungen im Internet ausdehnt, können wir uns auch hier hinstellen und sagen, wir hätten nichts dagegen, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in den nächsten Jahren 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 Euro mehr an GEZ-Gebühren bezahlen. Wir wissen, dass der Bereich des Internets ein Bereich ist, in dem trefflich Geld ausgegeben werden kann. Wir wollen ein gutes Miteinander der Systeme. Wir wollen, dass natürlich auch öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Internet stattfinden kann, aber eben mit Beschränkungen.

Wenn wir feststellen, dass wir gute Sendungen haben, und wenn z. B. die Gremien des NDR im Dreistufentest feststellen, dass diese guten Sendungen auch länger als sieben Tage im Internet gezeigt werden können - dafür haben wir ja den Dreistufentest -, dann ist das doch in Ordnung. Insofern sind unsere Positionen - bis auf die der Linken - im Grunde genommen nicht weit voneinander entfernt und wir tun einen richtigen Schritt nach vorn.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mir liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor. Als Erster erteile ich der Kollegin KrauseBehrens von der SPD-Fraktion das Wort. Maximal anderthalb Minuten!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schobert, Sie müssen einmal die Verlegerbrille abnehmen. Es geht bei diesem Thema um die Sicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Man kann dabei nicht die eine Technologie abspalten - nach dem Motto: Ihr dürft Hörfunk und Fernsehen machen, aber im Internet dürft ihr nichts machen. - So funktioniert die Welt in Fragen der Kommunikation heute nicht mehr.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass Sie das Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stärken möchten. Sie machen sich darum Sorgen. Es ist für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht förderlich, wenn Sie über dieses Thema nur im Rahmen der Gebührendebatte diskutieren. Dass wir im Zusammenspiel mit der KEF nach oben natürlich eine Grenze ziehen müssen, ist doch ganz klar. Bei Gebühren immer nur von Zwangsgebühren zu sprechen und sich allein an der finanziellen Ausstattung zu orientieren greift aber zu kurz. Ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken, ob es dem Ansehen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gut tut, wenn Sie hier immer nur das GEZ-Thema auf den Schild heben. Das ist einfach zu wenig.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich der Kollegin Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Ebenfalls maximal anderthalb Minuten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schobert, zunächst einmal möchte ich Sie darüber informieren, dass ich meine Partner für irgendwelche, wie auch immer geartete Stunden bisher erstens ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zweitens sogar ohne Internet gefunden habe. So viel dazu.

(Beifall bei der LINKEN)

Weiterhin bin ich ein bisschen erstaunt, dass ich ausgerechnet von Ihnen höre, man könnte doch nichts unterschreiben, bevor man nicht mit seiner Fraktion geredet hat. In unserer Fraktion ist es so, dass man als Mitglied, als einzelner Mensch sehr wohl das Recht hat, eine Meinung zu äußern. In dieser Erklärung steht nirgends: „Im Namen meiner Landtagsfraktion erkläre ich …“ In dieser Erklärung sind schlicht und ergreifend ein paar Positionen aufgeführt, zu denen sich jeder Mensch in diesem Lande glücklicherweise frei äußern darf. Ich weiß nicht, ob Sie die Erklärung nicht durchgelesen haben oder ob Sie sie wirklich nicht verstehen wollen und mir absichtlich das Wort im Mund verdrehen. Das ist mir an dieser Stelle auch egal. Ich möchte das hier nur einmal bekannt geben.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Bei denen herrscht halt Zentralismus!)

Ich frage den Kollegen Schobert, ob er dazu Stellung nehmen möchte. - Das scheint der Fall zu sein. Ich erteile ihm ebenfalls das Wort. Maximal anderthalb Minuten!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Flauger, es lag mir fern, Sie mit meiner hypothetischen Kontaktanzeige in Verbindung zu bringen. Für den Fall, dass Sie es anders verstanden haben, habe ich es jetzt richtiggestellt.

Ich weiß gar nicht, wie man hier - es sei denn, man hat unseren Entschließungsantrag nicht gelesen - den Eindruck erwecken kann, wir hätten etwas dagegen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rund

funk im Internet entwickelt. Wir haben in unserem Entschließungsantrag im Gegenteil eine Vielzahl von Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch in diesem wichtigen Medium weiterentwickeln kann. Darüber hinaus - ich sage das noch einmal, damit es sich in den Köpfen verankert - haben die Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die Möglichkeit, nach Durchlaufen des Dreistufentests - bisher hatte ich den Eindruck, dass er zwischen den Fraktionen unstrittig ist - weitere Inhalte ins Internet zu stellen. Insofern frage ich mich im Grunde genommen, woher der Sturm im Wasserglas hier kommt.

Nun noch ein Wort zu unseren Zeitungsverlagen. Wir sind stolz auf die Vielzahl unserer Tageszeitungsverlage hier im Lande Niedersachsen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Land Niedersachsen ist das Bundesland mit der größten Vielfalt an unterschiedlichen Verlagen und unterschiedlichen Tageszeitungen in Deutschland. Natürlich sind wir dafür und unterstützen es, dass diese Meinungsvielfalt, die für eine Demokratie ganz unverzichtbar ist, auch in Zukunft Bestand haben wird.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Das Wort hat der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich denke, ich muss nicht zu allem, worüber hier diskutiert worden ist, etwas sagen. Der Landtag kann aus meiner Sicht jedenfalls froh sein, dass wir dem Entwurf eines 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages - anders als von einigen hier im Hause verlangt - nicht frühzeitig zugestimmt haben, sondern Wert darauf gelegt haben, dass der Entwurf dem Parlament zugeleitet wird, bevor er überhaupt unterzeichnet worden ist. Das hat es bisher bei den anderen Rundfunkänderungsstaatsverträgen nicht gegeben. Das ist eine neue Qualität. Das gibt dem Parlament mehr Möglichkeiten als je zuvor, Einfluss auf die Gestaltung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages zu nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist aber schön!)

- Es ist die Frage, ob das ironisch mit „Das ist aber schön!“ bezeichnet werden muss. Ich weiß nicht, ob das ganz ernst gemeint ist. Es klang nicht ganz ernst gemeint.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Doch!)

- Wenn es ernst gemeint war, bedanke ich mich für das ausdrückliche Lob, das Sie damit unserem Tun zueignen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Bitte!)