Diese Betriebe haben ja auch keinen Betriebsrat, der sich einsetzt, und sie treten auch nicht in Massen auf. Wenn einer laut wird, ist es der Inhaber, und der zählt bei Ihnen als Ausbeuter und nicht als Arbeitgeber.
CDU und FDP setzen sich für alle gleich ein. Für uns ist jeder Arbeitnehmer wichtig, egal, woher er kommt.
Wir fördern die Unternehmen mit ihren Inhabern, die den Menschen Arbeit, Verantwortung und Selbstbewusstsein geben. Das gilt für Karmann und für jeden anderen Betrieb.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Lage bei Karmann ernst und schwierig ist, weiß jeder. Aber sie wird durch eine Diskussion im Landtag in der Art, wie sie heute begonnen worden ist, in keinem Fall besser. Im Gegenteil: Alle Lösungsbemühungen in dem Zusammenhang, z. B. mit Blick auf die Neupositionierung von Karmann, werden durch diese Diskussion eher behindert als gefördert.
Es ist nun einmal so, dass man Investoren nur dann gewinnt, wenn man zunächst einmal intern mit ihnen redet und nicht bestimmten öffentlichen Diskussionen ausgesetzt ist. Deswegen hat Herr Hagenah völlig recht mit seiner Eingangsbemerkung an die Linken, dass das ständige InsPlenum-Zerren und In-die-Öffentlichkeit-Zerren dieses Themas die möglichen Maßnahmen zu einer Weiterentwicklung bei Karmann nicht fördert, sondern im Gegenteil eine Rufschädigung für das Unternehmen bedeutet und damit alles schwieriger macht.
Meine Damen und Herren, eines ist ganz klar: Es gibt im Automobilmarkt einen Riesenumbruch. Das gilt nicht nur für Deutschland - auch wenn Volkswagen hier im Augenblick enorm erfolgreich ist. Schon bei Daimler fangen die Schwierigkeiten an,
und international betrachtet wird es z. B. bei GM und Ford sehr schwierig. Natürlich gibt es eine Umorientierung. Zurzeit findet ein Insourcing statt - also das Gegenteil von dem, was in der Vergangenheit gemacht wurde. Arbeitspakete werden nicht mehr ohne Weiteres nach draußen gegeben. Deshalb steht Karmann vor diesen Schwierigkeiten. Und deswegen ist das Bemühen um weitere Arbeitspakete auch in Zukunft angesagt.
Die Schwierigkeiten sind offenkundig. Deswegen konzentriert sich das Unternehmen - und ich freue mich, dass es dafür quer durch alle Fraktionen Unterstützung gibt - auf neue Produkte. Das ist, denke ich, ein wichtiger Punkt. Der Bau des Elektroautos zusammen mit dem Unternehmen EcoCraft aus Wunstorf ist angesprochen worden. Frau König hat auf das neue Projekt von Karmann mit DuraCar hingewiesen. Hierbei soll ein Lieferfahrzeug produziert werden, das eine ökologisch besonders günstige Transportlösung bedeutet und die zur Lösung der innerstädtischen Probleme beitragen kann. Das Land hat im Übrigen ein Projekt bezuschusst, das es Karmann ermöglicht, Antriebsbatterien aus Elektrofahrzeugen direkt in das Netz der Stromversorgung einzubinden. Die Landesregierung hat durchaus - Herr Hagenah, Sie haben ja ausgeführt, dem wäre nicht so - Geld in die Hand genommen, um diese Projekte zu unterstützen. Meine Damen und Herren, das ist notwendig.
Ich meine auch, dass die Politik der Landesregierung an dieser Stelle äußerst erfolgreich ist. Wir haben es erreicht, dass im Arbeitsamtsbezirk Osnabrück die Arbeitslosigkeit auf 5,5 % gesunken ist. Das Land Niedersachsen - ich weise immer wieder darauf hin, weil alle Bundesländer von Konjunkturentwicklungen profitieren oder darunter leiden - befand sich, als die SPD-Regierung abgewählt wurde, bei der Arbeitslosenquote auf Platz 9 unter den Bundesländern. Nach der letzten Statistik befinden wir uns auf Platz 6. Das heißt, wir haben uns im Wettbewerb der Bundesländer aufgrund einer besseren Rahmensetzung als in der Vergangenheit nach vorne bewegt. Das zeigt: Die industriepolitischen Konzepte der Landesregierung waren an dieser Stelle erfolgreich.
Gleichzeitig müssen wir im Zusammenhang mit dem Wirtschaftswandel auch über sozialpolitische, flankierende Maßnahmen reden. Das haben wir auch im Fall Karmann gemacht, und zwar sowohl in der ersten Phase als auch in der aktuellen Phase. In der ersten Phase sind fast 80 % der Betroffenen aus der Transfergesellschaft wieder in aktive Beschäftigung gekommen. Jetzt diskutieren wir über den Einsatz von Globalisierungsmitteln aus europäischen Fonds, um Gelder für eine zweite Etappe bereitzustellen und mit Sozialmaßnahmen Arbeitnehmern, die jetzt von Entlassungen bedroht sind, zu helfen und sie in eine neue Tätigkeit hineinführen zu können.
Meine Damen und Herren, ich setze weiter darauf, dass der ständige und enge Dialog, in dem der Ministerpräsident und ich mit der Unternehmensführung, dem Betriebsrat und den Automobilproduzenten stehen, am Ende zum einen zu weiteren Arbeitspaketen führt und zum anderen zu einer Verständigung darüber, dass bei Sozialmaßnahmen in der Zukunft auch das Unternehmen seinen Beitrag zu leisten hat und nicht nur die öffentliche Hand, die Fördermittel bereitstellen wird.
Darüber hinaus weist die Arbeitsmarktbilanz der Landesregierung aus, dass wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich waren. Wir können uns im Vergleich zu allen anderen Bundesländern und insbesondere auch zur Vorgängerregierung wirklich sehen lassen.
Ende der Sonntagsreden: Bildungsgipfel als Chance für Niedersachsen nutzen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/525
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit der PISA-Studie 2000 ist Bewegung in die Bildungslandschaft gekommen. Auch die Verantwortlichen von CDU und CSU haben sich die ersten Trippel
schritte aus dem Bremserhäuschen getraut. Das, was früher noch als „Akademikerschwemme“ beschimpft wurde, wird heute als Beitrag zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Deutschland wahrgenommen. Nachdem 2003 das Ganztagsprogramm für die Schulen von Ihnen im Landtag noch als Angriff auf die deutsche Familie diffamiert und bis vor Kurzem - zum Teil ist es übrigens immer noch so - in Bayern die Forderung nach zusätzlichen Krippenplätzen als Versuch interpretiert wurde, den Müttern die Kinder zu entreißen - das ist ja Ihre Lebensphilosophie in diesem Bereich -, zeigt sich inzwischen, dass wir in Deutschland weiter sind, dass im Bildungsbereich Reformen eingesetzt haben.
Aber diese Teilerfolge sollten uns nicht selbstgefällig machen. Zwei Papiere, die in diesem Jahr veröffentlicht wurden, haben das verdeutlicht. Im Juni wurde der Nationale Bildungsbericht veröffentlicht. Der Bericht wurde in der Süddeutschen Zeitung vom 13. Juni in folgenden Überschriften zusammengefasst: Zeugnisse ohne Wert, benachteiligte Migranten, Schule als Rutschbahn, zu wenige Studenten, fehlende Pädagogen, gekürzte Weiterbildung, geringe Bildungsausgaben. - Nur der Punkt „mehr frühe Förderung“ wurde in dem gesamten Nationalen Bildungsbericht als Fortschritt begriffen - und das acht Jahre nach dem Beginn der Debatte zu den PISA-Studien. Das ist weiß Gott keine Erfolgsbilanz - die würde anders klingen, meine Damen und Herren.
Wichtig für den Wirtschaftsstandort Deutschland ist der internationale Vergleich. Die im jährlichen Bildungsbericht der OECD vom September enthaltenen Vorwürfe spitzen sich letztlich in der Aussage zu, dass Deutschland nicht mehr in der Lage sein wird, den Bedarf an Spitzenkräften selbst decken zu können. Als Beispiel werden übrigens nicht nur die Ingenieure genannt - in diesem Bereich gibt es die Diskussion ja schon länger -, sondern auch die Pädagogen in Deutschland. Dieser Bedarf wird nicht mehr gedeckt werden können. Was für ein Armutszeugnis für diese vorgebliche Bildungsrepublik!
Das hat auch damit zu tun, dass der Anteil der Bildungsausgaben in Deutschland im Unterschied zu den anderen OECD-Staaten sogar fällt. Er liegt gegenwärtig bei 5,2 % des Bruttoinlandsprodukts und damit deutlich unter dem OECD-Mittel - von
Ländern wie Dänemark oder den USA gar nicht zu reden, die mehr als 7 % ihres Bruttoinlandsproduktes für Bildung ausgeben. Wenn man das Geld vorenthält, sind die Folgen desaströs. - Das ist die Situation, mit der wir uns zu befassen haben.
Vor diesem Hintergrund stelle ich, auch wenn es nicht leichtfällt, fest: Der Vorstoß der Bundeskanzlerin war richtig und überfällig. Man muss ja auch einmal den Konkurrenten loben können.
Deshalb sagen wir: Wir brauchen einen nationalen Bildungspakt jenseits der Kompetenzdebatte, die bei diesem Thema immer wieder ins Feld geführt wird.
Die Menschen sind es leid, dass der eine auf den anderen zeigt und sagt, der andere sei zuständig. Sie wollen, dass etwas passiert, und nicht, dass Schuldzuweisungen vorgenommen werden.
Deshalb brauchen wir gemeinsame Ziele, einen Terminplan für die Umsetzung und einen Finanzplan. Die KMK hat Vorbereitungen getroffen. Die Papiere enthalten viele gute Details, geben aber nichts her, wenn es konkret wird, augenscheinlich aus Angst vor den Ministerpräsidenten. Es fehlen sowohl ein Terminplan als auch ein Finanzplan.
Meine Damen und Herren, unsere Forderungen dagegen sind eindeutig: Wir wollen, dass die demografische Rendite insgesamt im Bildungswesen verbleibt.
Wir wollen, dass Durchlässigkeit zunimmt und eine längere gemeinsame Beschulung möglich ist. Wir wollen, dass Ganztagsschulen zur Regelschule werden und die begleitende Schulsozialarbeit ausgebaut wird.
Mein Eindruck ist, dass die Ministerpräsidenten der Länder in den nächsten Wochen bis zum Bildungsgipfel noch hinter das zurückfallen werden, was die Kultusminister an Vorbereitungen getroffen haben. Unser Eindruck ist, dass sich der Niedersächsische Ministerpräsident massiv daran beteiligt. Wir brauchen in dieser Debatte keine Bremser, sondern wir brauchen einen Erfolg beim Bildungsgipfel.