Meine Damen und Herren, wenn wir demnächst wieder über ein Ganztagsschulprogramm nachdenken - das wurde von der Bundeskanzlerin und der Bundesbildungsministerin angekündigt -, möchte ich, dass wir dafür sorgen, dass es nicht nur Mittel in Steine, also in Baumaßnahmen oder Mensen, gibt - das ist wichtig genug -, sondern dass wir auch die Möglichkeit schaffen, in Köpfe zu investieren.
Warum sollen denn nicht Sozialarbeiter in Ganztagsschulen eingestellt und durch diese IZBBMittel finanziert werden?
Wir haben den Hochschulpakt federführend mit ausgehandelt. Weil wir ihn mit ausgehandelt haben, haben wir erreicht, dass wir nicht in Beton,
sondern in Köpfe investieren. Das ist ein ganz erheblicher Fortschritt. Wir sind das einzige Bundesland, das dies in der mittelfristigen Finanzplanung abgesichert hat. Niedersachsen hat seine Zusagen für zusätzliche Studienanfänger zu fast 100 % erreicht.
Wir verhandeln tatkräftig und setzen unsere Zusagen auch um. Das ist der Unterschied. Statt Sonntagsreden zu halten, machen wir praktische Politik.
Ich bin generell dafür - das sage ich auch vor dem Hintergrund der Haushaltssituation -, dass wir die Investitionen in Bildung insgesamt ausweiten. Wir haben den Anfang gemacht, indem wir gesagt haben, bei zurückgehenden Schülerzahlen werden keine Mittel aus dem Bildungsetat herausgenommen. Das ist ein wichtiger Schritt, den andere Bundesländer erst einmal nachvollziehen müssen.
Wir haben es über zwei Jahre so gemacht und werden es auch in den nächsten Jahren so machen. Geld in Bildung ist die beste Investition.
Das, was wir heute in Bildung investieren, brauchen wir morgen nicht im Sozialbereich doppelt und dreifach auszugeben.
Meine Damen und Herren, die Frage der sozialen Herkunft und der Lebensperspektiven ist eine ganz zentrale Frage. Wir haben hierauf geantwortet, indem wir uns besonders um die frühkindliche Bildung gekümmert haben.
Das, was hier auf die Beine gestellt wurde, sucht bundesweit seinesgleichen. Wir sind bereit, das einzubringen.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Wir in Niedersachsen haben sehr viel zusätzlich für Bildung getan. Niedersachsen ist ein großes Stück vorangekommen. Früher haben wir immer zu anderen Bundesländern hinübergeschaut. Heute schauen andere Bundesländer auf uns.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ein Hinweis an die Kollegen von der SPD: Ich freue und bedanke mich, dass Sie sich doch noch entschlossen haben, dieses Thema in die Aktuelle Stunde einzubringen. Wir werden so die Möglichkeit haben, uns an mehreren Tagen mit diesem Thema auseinanderzusetzen, das eine hohe Relevanz hat. Anlass für den Bildungsgipfel, der am 22. Oktober mit den Ministerpräsidenten und Regierenden Bürgermeistern in Dresden stattfinden soll, ist durchaus gegeben.
Zur Situation: Niedersachsen hat mit 6,9 % die niedrigste Versorgungsquote im Bereich der frühkindlichen Bildung. In den Bundesländern insgesamt existiert hierbei auch ein erheblicher Richtlinien- und Finanzierungswirrwarr. Es gibt einen Lehrermangel trotz angeblich 100-prozentiger Unterrichtsversorgung. Alle wissen, dass eine Pensionierungswelle auf Niedersachsen zurollt. Das Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ läuft Ende 2009 aus. Die Anzahl der Ganztagsschulen ist deutlich gestiegen. Auch das zeigt den Bedarf. Die Landesregierung sollte schon erklären, wie es weitergehen kann. Laut GEW ist der Bedarf an Ganztagsschulen nicht einmal zur Hälfte gedeckt. Laut Bundesministerin Schavan soll dieses Programm - in Dresden soll u. a. darüber gesprochen werden - weitergeführt werden.
Wie sieht es eigentlich mit dem Recht auf Bildung in Niedersachsen aus? Es bleibt zu sagen: Der erreichte Bildungsabschluss ist bei uns weiterhin viel zu sehr von der sozialen Herkunft abhängig.
Zu den öffentlichen Ausgaben im Bildungsbereich: Der OECD-Durchschnitt liegt bei 6,1 % des Bruttoinlandsproduktes. In Deutschland - Herr Jüttner hat dies schon gesagt - liegen sie bei ca. 5 %. In Dänemark und Island liegen sie deutlich darüber. Niedersachsen gibt für den Bildungsbereich eindeutig weniger als 5 % aus.
Die Föderalismusreform hat bestehende Probleme verschärft. Dazu einige Beispiele: Durch die Alleinzuständigkeit der Länder im Bildungsbereich gibt es für die Länder einen Anreiz, nicht in Hochschulbildung zu investieren, sondern in Arbeitsplätze. Die Ausbildung soll woanders stattfinden. Die fertig Ausgebildeten sollen dann nach Niedersachsen kommen und hier ihre Steuern und Abgaben zahlen. Das ausbildende Land hätte somit - vereinfacht ausgedrückt - die Kosten, aber keinen Nutzen. Initiativen wie der Hochschulpakt zur Steigerung der Studierendenzahlen reichen nicht aus.
Sie sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Sie zeigen aber, dass eine bundesweite, koordinierte Anstrengung nötig ist, um die Studierendenzahl zu erhöhen.
Schulpolitik bleibt allein Ländersache. Man verbittet sich sogar eine Einmischung. Aufgrund des Kooperationsverbotes gibt es kaum noch Finanzierungsmöglichkeiten des Bundes. Die Auswirkungen - z. B. der IZBB-Wegfall - sind für Niedersachsen völlig ungeklärt.
Was könnte der Bildungsgipfel bringen? - Bildungspolitik ist nicht zur Pflege föderaler Eitelkeiten geeignet. In diesem Punkt hat die Kollegin Andretta in ihrer Presseerklärung völlig recht.
Ein kleiner Exkurs: Die demografische Rendite im Bildungssystem zu belassen, reicht unserer Meinung nach nicht. Bei Lern- und Ausbildungsbedingungen, wie wir sie uns vorstellen - ich denke dabei auch an Klassen mit nicht mehr als 20 Schülern -, muss einfach mehr Geld investiert werden.
Zweiter Exkurs: Bei der gegenwärtigen Finanzkrise weiß ich leider nicht, wie in den nächsten Jahren ausgeglichene Haushalte ermöglicht werden sollen.
Bildungspolitik muss wieder Gemeinschaftsaufgabe werden. Bildungshürden müssen abgebaut werden. Die Gemeinschaftsaufgabe Bildung sollte im Grundgesetz verankert werden. Hierin sollte das Recht auf entgeltfreie Bildung auch im Hochschulbereich festgelegt werden, wie es z. B. im UN-Sozialpakt steht und somit von der Bundesrepublik unterstützt wird. Mit anderen Worten: Weg mit den Studiengebühren! Weg mit den Kitagebühren! Her mit der Lernmittelfreiheit!
Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Bildung könnte unser mehrgliedriges Schulsystem endlich überwunden werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD fordert ein Ende der Sonntagsreden. Das ist auch logisch; denn - wie ein alter Schlager schon immer sagt - „immer wieder Sonntags kommt die Erinnerung“. Dass Sie die Erinnerung an Ihre Regierungszeit im Bildungsbereich gerne verlieren möchten, ist wohl allen klar.