Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ganz perplex über die breite Zustimmung zu diesem Gesetz und den großen Jubel darüber. Wer hat dieses Gesetz eigentlich verabschiedet? Haben wir nicht eine CDU-geführte Große Koalition in Berlin? Und in welcher Partei war eigentlich Herr Steinbrück
Außerdem drängt sich die Frage auf, welche Landesregierung eigentlich im Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt hat. Hat das nicht eine schwarzgelbe Landesregierung aus Niedersachsen getan?
Meine Güte! Sie alle haben eine riesige Klatsche bekommen. Das muss man hier doch erst einmal festhalten. Ich finde diesen Reflex, sich für eine Bestrafung auch noch zu bedanken, reichlich archaisch,
Was ist denn passiert? - Das Gericht hat gesagt, dass Regierungen nicht willkürlich handeln dürfen. Außerdem hat es festgestellt, dass das Ziel von Haushaltseinsparungen keine Ungleichbehandlung von Menschen - in diesem Falle von Pendlern - rechtfertigt. Das finde ich gut so.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich gleich darauf hinweisen, dass es noch weitere Ungleichbehandlungen gibt, z. B. zwischen Arbeitnehmern und Selbstständigen; denn wir wissen, dass Letztere erhebliche steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten haben, um mit Fahrzeugen und Fahrtkosten ihre Belastungen zu senken. Auch darüber sollten wir nachdenken.
Ein bisschen verwundert hat mich natürlich auch der schon bekannte Humor unseres Finanzministers, mit dem er diese Entscheidung kommentiert hat nach dem Motto: Zwei der Richter wohnen offensichtlich in Karlsruhe, und sechs wohnen außerhalb.
Das lässt tief blicken und macht deutlich, auf welcher Basis er offensichtlich seine politischen Entscheidungen trifft.
Herr Finanzminister, ich hätte es besser gefunden, wenn Sie uns erklärt hätten, wie Sie die 131 Millionen Euro, die Sie durch diesen Richterspruch verlieren, demnächst im niedersächsischen Haushalt darstellen wollen. Das wäre vielleicht sinnvoller gewesen.
Aufgrund der Fahrtkosten meiner Frau werde ich demnächst vom Finanzamt ungefähr 600 Euro zurückerhalten.
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Dieses Geld musst du sofort ausgeben! - Zu- rufe von der CDU: Hey! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
- Ja, in der Tat. Das ist doch schön. Ich garantiere Ihnen aber, dass ich dafür nicht konsumieren werde.
Ginge es nach der Möllring’schen Regel, müsste ich dieses Gesetz natürlich auch begrüßen. Ich tue es aber nicht und plädiere trotzdem für die Abschaffung der Pendlerpauschale - am besten im Rahmen einer umfassenden Einkommensteuerreform und mit gleicher Wirkung für Arbeitnehmer und Selbstständige. Denn eines ist klar: Das Ge
richt hat eindeutig gesagt, dass man die Menschen gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes nicht ungleich behandeln darf. Es hat aber auch sehr deutlich erklärt, dass es kein Grundrecht auf eine Pendlerpauschale gibt.
Wir alle wissen doch, dass sich sämtliche Maßnahmen, die Steuersenkungen beinhalten, am stärksten auf diejenigen auswirken, die das höchste Gehalt beziehen. Insofern wundert mich die Stellungnahme der SPD wirklich. Über die Stellungnahme der Linken wundere ich mich übrigens nicht; denn sie sind schon seit längerer Zeit dazu übergegangen, die Partei der Besserverdienenden zu sein.
Meine Damen und Herren, unsere Position ist klar: Wir halten die Entfernungspauschale für eine klimaschädliche Subvention. Sie verhindert und verzögert strukturelle Anpassungen, die auf einen geringeren Energieverbrauch hinzielen, und begünstigt die Zersiedelung.
Deshalb wollen wir das Geld lieber für bessere und preiswertere ÖPNV-Konzepte sowie für innovative Möglichkeiten ausgeben, Arbeiten und Leben wieder stärker zusammenzubringen. Das ist zukunftsfähig. Alles andere ist Unsinn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nachdem inzwischen auch der Kollege Rolfes erklärt hat, er habe es jetzt verstanden, kann ich mich wohl auf die wesentlichen Kernaussagen beschränken.
Ich freue mich, dass es in diesem Hause eine so große Übereinstimmung - mit Ausnahme der Grünen - für die Rückkehr zur Pendlerpauschale gibt. Die FDP hat dies auch immer gefordert. Wir haben auch erwartet, dass das Verfassungsgericht so entscheidet, wie es entschieden hat.
SPD ebenfalls in ihren Herzen bewegen sollten, weil sie die besseren Kontakte zu den Regierungsfraktionen und -parteien in Berlin haben; jedenfalls sollte man das meinen.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundesgesetzgeber durchaus die Option offen gelassen, auch rückwirkend eine Reduktion der Pendlerpauschale zulasten der Bürger und der Arbeitnehmer, die jeden Tag die Belastungen auf sich nehmen, vorzunehmen. Dazu sagen wir ein ganz klares Nein. Wir dürfen dem Bürger nicht rückwirkend durch die Hintertür mit einer Reduktion des Satzes bei der Pendlerpauschale wieder in die Tasche greifen, sondern müssen tatsächlich bei den alten Sätzen bleiben.
Insgesamt müssen wir endlich - ich freue mich, dass die CDU in Niedersachsen gemeinsam mit uns dafür kämpfen will - entsprechend der von uns seit Jahren erhobenen Forderung zu einem einfachen, niedrigen und gerechten - die FDP sagt inzwischen auch: sozialen - Steuersystem kommen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier ist schon ausgeführt worden, dass wir im Gesetzgebungsverfahren anders votiert haben, als das Gesetz anschließend verabschiedet worden ist. Es ist bei Gesetzgebungsverfahren in Großen Koalitionen und zwischen Bundestag und Bundesrat normal, dass man auch Kompromisse schließen muss.
Ich weise aber darauf hin, dass wir nach dem Vorlagebeschluss des Finanzgerichts Niedersachsen - andere Finanzgerichte sind entsprechend verfahren; einige Finanzgerichte haben es abgelehnt, das zu tun, weil sie die bisherige Regelung für verfassungsgemäß halten - sofort und unbürokratisch auch die ersten 20 km in die Lohnsteuerkarte eingetragen haben. Dafür sind wir aus Berlin anfangs gerügt worden. Wir haben diese Eintragungen aber vorläufig vorgenommen - immer mit dem Risiko für den Steuerzahler, dass er im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs oder der Einkommenssteuererklärung nachzahlen muss, falls die bisherige Regelung vom Bundesverfassungs
Bei der Steuerschätzung für 2009 haben wir auch schon eine gewisse Risikoabschätzung vorgenommen, sodass uns die hier genannten Summen nur zum Teil treffen.
Wir werden jetzt bemüht sein, in den nächsten vier Monaten die vorläufigen Steuerbescheide und alle anderen Steuerbescheide, die ja unter dem Vorbehalt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erlassen worden sind, aufzuarbeiten und dann unter Berücksichtigung auch der ersten 20 km die Einkommensteuer neu festzusetzen. Vielleicht sind auch Steuerzahler darunter, die weniger als 20 km von ihrer Arbeitsstätte entfernt wohnen. Bei denjenigen, die mehr Kilometer angegeben haben, gibt es kein Problem. Weil wir das alles rechnergesteuert bewältigen können, haben wir das einzige Problem bei denjenigen, die überhaupt nichts angegeben haben, weil sie eine geringere Strecke als 20 km zurücklegen und es daher nicht für notwendig hielten, etwas einzutragen. Sie müssen sich dann bei uns melden.
Wir werden bemüht sein, innerhalb der nächsten vier Monate, also im ersten Quartal 2009, die neuen Steuerbescheide zu erlassen und dann auch zu entsprechenden Auszahlungen zu kommen. Diese werden sicherlich nicht per Scheck erfolgen, wie es heute in der HAZ stand, sondern auf dem banküblichen Überweisungsweg, und zwar in einem Massenverfahren.
Ab sofort werden wir dieses Urteil natürlich berücksichtigen. Übrigens war es gar nicht so unumstritten, wie es jetzt hier dargestellt worden ist. Es ist völlig zu Recht darauf hingewiesen worden, Herr Klein, dass die Abstimmung im Senat 6 : 2 erfolgt ist. In diesem Senat hat es also auch unterschiedliche Rechtsansichten gegeben. Das ist beim Verfassungsgericht ganz normal.