Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war erneut ein Fall von selektiver Wahrnehmung.

(Zurufe von der CDU: Was?)

Sie haben gesagt, die Finanzausstattung ist für die Kulturpolitik nicht wichtig. Das ist schon eine gewagte These.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das hat er gar nicht gesagt!)

Wenn Niedersachsen bei den Kulturausgaben im Vergleich der 16 Bundesländer den drittletzten Platz einnimmt, dann muss man sich doch Gedanken darüber machen, ob die Kulturförderung, wie wir sie in Niedersachsen betreiben - unabhängig davon, wie sie inhaltlich ausgerichtet ist -, vernünftig ist. Ich glaube jedenfalls, dass sie das nicht ist.

Ein weiterer Punkt ist: Der geschätzte Professor Wieczorek ist nicht deshalb nicht gekommen, weil die Opposition so genörgelt hat. Dazu möchte ich gerne aus der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 14. November zitieren, in der sich Professor Wieczorek zur fehlenden „Rückendeckung seitens der Politik“ geäußert hat:

„In Gesprächen hat Kulturminister Lutz Stratmann mir zunächst Sachen zugesagt, von denen dann später nicht mehr die Rede war.“

Dazu gibt es nichts mehr anzumerken.

(Beifall bei der SPD)

Herr Toepffer, ich erteile Ihnen das Wort zur Erwiderung. Bitte!

Frau Krause-Behrens, ich habe eben darüber nachgedacht, was Sie wohl mit „selektiver Wahrnehmung“ meinen. Für mich heißt „selektive Wahrnehmung“, dass man nicht zuhört.

Ich habe nicht gesagt, dass die finanzielle Ausstattung für die Kultur nicht wichtig ist. Ich habe gesagt, man kann gute Kultur machen, auch wenn man wenig Geld zur Verfügung hat. Das ist in einem armen Land wie Niedersachsen nun einmal der Fall.

Und den Namen Wieczorek habe ich gar nicht genannt; den haben Sie eben gebracht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Wäre mir auch peinlich!)

Das Wort hat Herr Minister Stratmann. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wieczorek hat gegenüber der HAZ auch gesagt, er käme in jedem Fall, selbst wenn er hier 1 000 Euro weniger verdienen würde. - So viel zu Zitaten.

Meine Damen und Herren, auch in dieser Debatte fällt es wieder auf - ich finde das außerordentlich bedauerlich, weil ich der Meinung bin, dass das Thema viel zu wichtig ist -: Die bildungspolitische Debatte in diesem Haus wird mittlerweile vornehmlich durch Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Polemik und zum Teil Beleidigungen auf ein Niveau geschoben, das sie nicht verdient hat.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Gleich kommen die Tränen!)

Natürlich kann man Bildungspolitik betreiben, indem man sich in der Debatte gegenseitig mit Forderungen überbietet. Aber auch das wird der tatsächlichen Herausforderung nicht gerecht.

(Zustimmung von Karl-Heinz Klare [CDU])

Herr Perli, Sie sind einer der jüngeren Kollegen hier im Haus. Es muss doch auch Sie nachdenklich machen, dass wir in Niedersachsen mittlerweile allein für Schuldendienste so viel Geld ausgeben, wie im gesamten Einzelplan 06 zur Verfügung steht. Anders formuliert: Wenn wir 2003 so weitergemacht hätten, wie die Vorgängerregierung angefangen hat, wären die Schuldendiensthilfen heute mindestens doppelt so hoch wie der gesamte Haushalt des Einzelplans 06. Was könnten wir alles anstellen, wenn uns dieses Geld zusätzlich zur Verfügung stehen würde!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie müssen doch zur Kenntnis nehmen, dass für jeden zusätzlichen Euro immer auch Zinsen gezahlt werden müssen. Dem Staat geht es doch nicht anders als dem Privatmann. Diese Wahrheit können Sie nicht ständig negieren.

Trotz dieser Tatsache wächst der Einzelplan 06 im nächsten Jahr erneut um fast 60 Millionen Euro.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, wie viele Sekunden Redezeit habe ich denn?

Herr Minister, in diesem Moment ist Ihre Redezeit abgelaufen. Nach den im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten steht Ihnen eigentlich keine Redezeit mehr zur Verfügung. Das liegt aber weniger an Ihnen, sondern vielmehr daran, dass der Minister, der vor Ihnen gesprochen hat, wohl zu viel Redezeit in Anspruch genommen hat.

(Heiterkeit - Wolfgang Jüttner [SPD]: So sind die kleinen Parteien! Die klauen einem alles!)

Jedenfalls ist der Ältestenrat bei der Festlegung der Redezeiten für die Landesregierung wohl von etwas zu geringen Werten ausgegangen.

Das bedeutet, dass ich jetzt extrem unhöflich wäre, wenn ich weiterreden würde. Aber das würde ich natürlich gerne machen; denn die Landesregierung muss ja auch ein paar Dinge sagen.

(Zurufe von der CDU: Wir wollen das hören!)

Ich entnehme dem Nicken meiner Kollegen, dass ich jetzt unhöflich sein soll. - Gut.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP und von Heiner Bartling [SPD])

Sie wissen, dass ich Sie nicht bremsen kann, Herr Minister.

Das Gesamtvolumen des Haushalts für Wissenschaft und Kultur beträgt damit 2,49 Milliarden Euro. Davon entfallen auf den Bereich Kunst und Kultur nach der Mipla-Systematik 183,7 Millionen Euro. Das ist übrigens, liebe Kollegen von der Opposition, eine Steigerung von 7,8 Millionen Euro bzw. 4,4 %. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann hat die SPD-Fraktion nur eine Steigerung von 4 Millionen Euro beantragt. Die Steigerung, die

wir vorgenommen haben, ist also doppelt so hoch. Das möchte ich an dieser Stelle anmerken.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nein, das ist falsch! Dass Sie das nicht alles lesen, was wir beantragen!)

Wir geben Geld aus für kommunale Theater - 1 Million Euro -, für nicht staatliche Museen - ebenfalls 1 Million Euro -, für die Denkmalpflege, für die Musik. Ich möchte das aus Zeitgründen nicht wiederholen, darauf ist schon hingewiesen worden.

Auch bei den sonstigen Aufgaben des MWK ist eine Steigerung der Ansätze von 25,2 Millionen Euro zu verzeichnen. Insgesamt stellt die Landesregierung für diesen Bereich eine Summe von 260,9 Millionen Euro bereit. Allein 22 Millionen Euro - darüber dürften auch Sie sich besonders freuen - sind im Zusammenhang mit der BAföGNovelle aufzubringen. Für die Studentenwerke werden es jährlich 0,5 Millionen Euro sein. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass wir durch die Übertragung von Immobilien an die Studentenwerke den Studentenwerken weitere 300 000 bis 400 000 Euro an Aufwendungen in den nächsten Jahren ersparen. Ich denke, das kann man fairerweise hinzurechnen.

Zu diesem Bereich gehört auch die Erwachsenenbildung: 0,8 Millionen Euro sind für die Offene Hochschule eingestellt, für die wir insbesondere von Ihnen, Frau Heinen-Kljajić, immer wieder gelobt werden. Aus Zeitgründen konnten Sie das jetzt nicht in angemessenem Umfang tun.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Weitere 0,4 Millionen Euro sind für die Bildungsberatung eingestellt. Damit stehen für das lebenslange Lernen jährlich 1,2 Millionen Euro zusätzlich bereit.

Auf die Aufgabenfelder hochschulnahe Forschung und überregionale Bibliotheken entfällt eine Steigerung von 1,6 Millionen Euro. Insgesamt fördert das Land diesen Bereich mit 2,661 Millionen Euro.

An dieser Stelle will ich noch auf etwas hinweisen - das wird in diesem Zusammenhang nie erwähnt; es wäre auch systematisch falsch, das hier expressis verbis umfangreich zu tun -: Wir verfügen in Niedersachsen über ein Instrumentarium, um das uns die ganze Republik beneidet, und zwar über das VW-Vorab. Über das VW-Vorab betreiben wir Forschungsförderung, die es wirklich in sich hat. Wenn wir über Forschungsmittel sprechen, dann müssen diese Mittel immer dazuge

rechnet werden. Derzeit wenden wir rund 60 Millionen Euro für Bereiche auf, die profilbildenden Charakter haben und um die uns alle beneiden.

Liebe Frau Andretta, Sie waren ja auch nach Wolfenbüttel eingeladen. Dort hat die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrates getagt. Wenn Sie dagewesen wären - diejenigen, die da waren, werden das bestätigen -, dann hätten Ihnen die Ohren geklungen ob des Lobes seitens des Wissenschaftsrates über unsere niedersächsische Forschungs- und Hochschulpolitik. Auch das sollte hier einmal erwähnt werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Victor Perli [LINKE]: Das war eine Festrede!)

Ich will darauf hinweisen, dass wir erneut sensationelle Erfolge bei den Forschungsbauten erzielen konnten, nämlich im Rahmen der Förderung nach Artikel 91 b des Grundgesetzes. Meine Damen und Herren, 12 % aller bundesweit zur Verfügung stehenden Mittel fließen mittlerweile nach Niedersachsen. Das ist weit mehr, als der Königsteiner Schlüssel vorgibt. Das ist fast doppelt so viel wie zu Zeiten der sozialdemokratischen Landesregierung. Sie haben damals nur 6 bis 7 % der Gesamtfördersumme nach Niedersachsen geholt. Wir lagen im letzten Jahr sogar bei über 15 %.

Für den Bereich der Hochschulen verzeichnen wir nach der Mipla-Systematik einen Anstieg um 25,2 Millionen Euro. Diese Zahl mag gering erscheinen, sie muss aber in Relation zur Steigerung des letzten Jahres gesehen werden, das vor allem von Tarif- und Besoldungsanpassungen geprägt war. Insgesamt stehen nunmehr für den Hochschulbereich 1,782 Millionen Euro zur Verfügung.

Ich sage es hier noch einmal, weil mir das wichtig ist: Ihre Behauptung, die Sie im Zusammenhang mit dem Zukunftsvertrag, der wirklich beispielgebend war und ist, aufgestellt haben, nämlich dass der Zukunftsvertrag eine Kostenfalle darstelle, ist in jeder Beziehung falsch. Wir haben trotz der vereinbarten Basis des Haushaltsjahres 2005 seitdem weit über 100 Millionen Euro nur für den originären Hochschulbereich zur Verfügung gestellt, obwohl das nach dem Zukunftsvertrag nicht notwendig gewesen wäre. Das war ja die Basis für Ihre Argumentation. Wenn die Bereiche Forschung und Entwicklung - staatlich gefördert - mit dazugerechnet werden, dann liegen wir mittlerweile - einschließlich der Einnahmen aus Studienbeiträgen - bei über 300 Millionen Euro mehr als in 2005.