Zweitens. Die neu geschaffenen Selbstverwaltungsorgane sind Murks, das Präsidium ein Zwitter, der Senat ein Kastrat und das Kuratorium politisch impotent.
Erstmals in einem Hochschulgesetz werden vom Staat externe Mitglieder in das Leitungsorgan einer Universität entsandt. Das Präsidium ist damit ein Zwitter von Selbstverwaltungsorgan und Hochschulrat. Die externen Mitglieder sind keine gewählten Mitglieder. Sie regieren von Gnaden des Ministers und werden immer Fremdkörper sein. - So weit zum Präsidium.
Seltsam wird es bei der Zusammensetzung des NTH-Senats. Er wird nämlich teilweise von Personen gewählt, die gar nicht Mitglieder der NTH sind, während den im Gesetz genannten Mitgliedern der NTH das Recht zur Wahl des Senats verweigert wird.
Vollendet wird der Murks durch das Kuratorium, einen zahnlosen Tiger als Schiedsrichter. Berufen vom Minister, sollen dessen Mitglieder Konflikte im Präsidium schlichten. Wie, bleibt allerdings sein Geheimnis. Ganz abgesehen von der Kompetenzfrage, haben die Mitglieder weder etwas zu sagen noch etwas zu entscheiden; denn im Konfliktfall entscheiden darf jetzt allein der Minister. Damit, meine Damen und Herren, wären wir wieder am Anfang aller staatlichen Weisheit angelangt. Am besten wäre es wohl, wenn das Präsidium der NTH als Referat in das Ministerium eingegliedert würde, um direkt an der Quelle der Erkenntnis die Wissenschaft voranzutreiben.
Drittens. Eine wirkliche Verschlimmbesserung ist das neu in das Gesetz aufgenommene Weisungsrecht des NTH-Präsidiums gegenüber den Mitgliedshochschulen. Wie soll das eigentlich funktionieren? Was passiert, wenn sich eine Mitgliedsuniversität der Weisung widersetzt? - Eine Konfliktregelung kennt das Gesetz jedenfalls nicht. Ich garantiere Ihnen, dass bei der ersten Weisung, die eine Hochschule erhält, das Gesetz im Wege einer Verfassungsbeschwerde den Regierungsfraktionen um die Ohren fliegen wird.
Wir betreten in der Tat - was der Minister zu betonen nicht müde wird - hochschulpolitisches Neuland. Gerne wird dabei auf die Stiftungshochschulen verwiesen. Es stimmt: Hochschulpolitisches Neuland waren die Stiftungshochschulen seinerzeit auch. - Doch während Niedersachsen mit seinen Stiftungshochschulen Schrittmacher für mehr Hochschulautonomie war und bundesweit große Beachtung und Nachahmer fand, sorgt die NTH in der Fachwelt bestenfalls für Heiterkeit.
Von einem Minister, dem es zumindest in Worten nie groß genug sein kann, als niedersächsische Antwort auf die ETH Zürich angekündigt, fehlt der Superuni NTH alles, was eine Universität ausmacht: Geld, Studierende, Personal. Noch nicht einmal für einen festen Sitz der neuen Hochschule hat die Kraft des Ministers gereicht. So wird es denn zukünftig heißen: NTH, du musst wandern, von dem einen Ort zum andern.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend bleibt die Feststellung: Der Gesetzentwurf ist Murks, in sich widersprüchlich und verfassungs
rechtlich Harakiri. Die mit ihm geschaffene NTH ist weder Fisch noch Fleisch. Es fehlt der Mut zu einer wirklichen Technischen Universität auf Landesebene mit einer eigenverantwortlich handelnden Selbstverwaltung.
Wenn denn als erster Schritt nur eine Kooperationslösung angestrebt wird, dann sollte diese auch so benannt werden. Stattdessen täuschen Sie eine Hochschule vor, die in Wahrheit keine ist und unter den Selbstblockaden leiden wird, die in ihr angelegt sind. Durchbrochen werden sollen die Blockaden durch den Eingriff des Staates, was aber faktisch das Ende der Hochschulautonomie bedeutet.
Sie befinden sich auf einem gefährlichen Irrweg, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen.
Herr Zielke, es ist bedauerlich, dass die FDP hier wieder zum Steigbügelhalter der Abschaffung der Hochschulautonomie wird.
Danke schön, Frau Dr. Andretta. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Dr. Heinen-Kljajić das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht - auf diese einfache Formel lässt sich die Genese zur Entstehung des NTH-Gesetzes wohl bringen.
Die Idee, die drei betreffenden Hochschulen mit eigenen Entscheidungsgremien auf eine gemeinsame Entwicklungsplanung zu verpflichten, ist zukunftsweisend.
Unsere Anerkennung gilt den Mitgliedern der betroffenen Hochschulen, die trotz bisweilen turbulenter Zerwürfnisse an der Idee der NTH festgehalten haben. An allen drei Standorten wurde und wird den betroffenen Fachbereichen schließlich einiges abverlangt - und wird ihnen vermutlich auch noch abverlangt werden.
Gerade aber weil dieses Projekt hochschulpolitisches Neuland betritt und weil nicht alle Entscheidungen der NTH Begeisterung an den Mitglieds
universitäten auslösen werden, hätte dieses Projekt eine professionellere Begleitung verdient gehabt.
Aber statt Professionalität haben wir nichts als Pannen und handwerkliche Fehler erlebt. Herr Minister Stratmann, Ihre Kommunikationsstrategie im Vorfeld der Gesetzgebung war, gelinde gesagt, eine Katastrophe. So geht die NTH jetzt mit einer Hypothek an den Start, die man ihr gerne erspart hätte; denn das Gesetz, auf dem sie beruht, ist verfassungsrechtlich mehr als bedenklich.
Solange alles gut lief und das Projekt positive Schlagzeilen machte, haben Sie sich gerne in dessen Glanz gesonnt. Als es brenzlig wurde, ging Ihnen aber die Luft aus. Spätestens im Sommer, als die Universität Hannover den vermeintlichen Kompromissvorschlag zwischen den Hochschulleitungen aufkündigte und grundsätzliche Kritikpunkte benannte, hätten Sie diese Kritikpunkte öffentlich aufgreifen müssen. Doch statt Sie in der Rolle eines richtungweisenden Ressortchefs zu erleben, erlebten wir Sie als Statisten in der Rolle des begossenen Pudels, der erst einmal jede Urheberschaft von sich wies und hilflos sagte, in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren kommentiere man keine Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf.
So war es denn auch kein Wunder, dass die Debatte um die NTH bisweilen eher etwas für das Feuilleton war denn für den Politikteil.
Irgendwann war der Scherbenhaufen dann so groß, dass den Kollegen von CDU und FDP das schnelle Ende der öffentlichen Auseinandersetzung wichtiger wurde als der langfristige Erfolg des neuen Hochschulverbundes, weshalb das Gesetz nach halbtägiger Beratung im Wesentlichen unverändert beschlossen wurde.
Werte Kollegen, Sie verabschieden heute ein Gesetz, das nach Meinung aller Rechtsexperten in vielen zentralen Punkten verfassungsrechtlich angreifbar ist. Da meine Redezeit beschränkt ist, verweise ich hier auf die Ausführungen der Kollegin Dr. Andretta.
Dass ein innovatives Projekt wie die NTH nicht zu 100 % durch geltendes Recht abgedeckt ist, war allen Beteiligten von vornherein klar. Jetzt aber ein Gesetz zu verabschieden, das nicht in seinen Details, sondern in seinen Grundsätzen juristisch
anfechtbar ist und bei dem nicht sichergestellt ist, ob es in der vorliegenden Form den Kriterien für eine Antragstellung bei der Exzellenzinitiative gerecht wird,
Dies wäre auch vermeidbar gewesen, wenn Sie nicht aus politischer Eitelkeit heraus eine ordentliche Beratung verhindert hätten, nur um zumindest bei der Einhaltung des anvisierten Termins des Inkrafttretens recht zu behalten. Entsprechend sieht das Ergebnis jetzt bedauerlicherweise auch aus.
Meine Damen und Herren, der NTH bleibt nichtsdestotrotz - jedenfalls aus grüner Sicht - zu wünschen, dass die in den letzten Monaten geschlagenen Gräben im Interesse des gemeinsamen Erfolgs möglichst schnell überwunden werden. Damit das kein frommer Wunsch bleibt, sind alle Beteiligten - da nehme ich zumindest für uns die Politik nicht aus - aufgefordert, zum konstruktiven Miteinander zu finden.
In diesem Sinne wünschen wir der NTH viel Erfolg, auch wenn wir dem vorliegenden Gesetzentwurf aufgrund der genannten juristischen Bedenken nicht zustimmen werden. Das fällt uns übrigens nicht schwer, Herr Nacke, sondern war unsere Pflicht und Schuldigkeit als verantwortungsbewusste Gesetzgeber.
Danke schön. - Nachdem etwas mehr Ruhe eingekehrt ist, werde ich für die Fraktion DIE LINKE die Wortmeldung von Herrn Perli aufrufen. - Danke schön. Herr Perli, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie verabschieden heute ein Gesetz, das unausgereift ist, das den Beteiligten noch nicht einmal garantieren kann, dass es reif für die Feuertöpfe ist, dessen Rechtmäßigkeit sogar aus der Regierungskoalition angezweifelt wird und für das - das ist tatsächlich die Krönung - alle drei Hoch
Nach Bekundungen sowohl aus der Landesregierung als auch der Rechtsexperten steht die bedeutungslose Formulierung in § 1 Abs. 1, wonach die Mitgliedsuniversitäten weiter eigenständig bleiben, nur im Gesetz, damit in der Öffentlichkeit und an den Hochschulen keine weitere Unruhe entsteht. Rechtlich tatsächlich relevant ist hingegen die neue Formulierung in § 3 Abs. 5, wonach die Beschlüsse des NTH-Präsidiums von den Mitgliedsuniversitäten auszuführen sind. Die drei Hochschulen geben in den jeweils beteiligten Fachbereichen ihre Selbstverwaltungsrechte und eigenständige wissenschaftliche Schwerpunktsetzungen auf. Das ist ein weiterer Knackpunkt. Denn es wird möglich, dass trotz Gegenstimme des betroffenen Präsidenten in den Haushalt einer Mitglieds-Uni eingegriffen werden kann. Das kann die betroffene Uni nicht verhindern, der NTH-Senat nicht, und das Kuratorium, das vom NTH-Präsidium eingesetzt werden kann, darf bestenfalls eine Stellungnahme dazu abgeben.
Meine Damen und Herren, es ist bemerkenswert, dass sowohl Herr Minister Stratmann als auch Herr Nacke in der Öffentlichkeit vorauseilend eingestehen, dass das Gesetz keine Rechtssicherheit besitzt, weil man ja Neuland betrete. Was sie aber verschweigen, ist, dass dieses Neuland ohne Not betreten wird. Es gibt schließlich auch Alternativen zu einer gesetzlich geregelten Neugründung. Man hätte zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele auch Kooperationsabkommen schließen und intensivieren oder auch einen Zweckverband bilden können.
Die Qualität der verfassungsrechtlichen Bedenken hätte eine ruhige Prüfung dieser Alternativen geboten. Aber dafür war es aus Sicht der Mehrheitsfraktionen zu spät; denn sie hatten den Mund bereits zu voll genommen, und sie können Herrn Stratmann nach den letzten Miseren nicht ein weiteres Mal als Ankündigungsminister im Regen stehen lassen.
Hier sei nun aber eines ganz deutlich gesagt: Sollte die NTH bei der Exzellenzinitiative, bei der DFG oder bei anderen nicht förderungswürdig sein oder durchfallen, wird das ganze Projekt dermaßen der Lächerlichkeit preisgegeben, dass es sich zweifelsohne um einen nachhaltigen Schaden für die