Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Aber eines ist klar: Angesichts der benötigten Mittel ist das, was die Landesregierung in ihrem Umwelthaushalt für 2009 einsetzt, ein Tropfen auf dem heißen Stein, mehr eine Beruhigungspille denn ein Aufputschmittel, das wir dringend nötig hätten. Es zeigt, dass diese Landesregierung und allen voran ihr Chef vielleicht Sonntagseinsichten haben, aber absolut nicht begreifen, dass sofort massiv und konsequent gehandelt werden muss. Die Betonung liegt auf „sofort“, auf „massiv“, auf „gehandelt“ und vor allem auf „konsequent“. Sonst, Herr Ministerpräsident Wulff - das sage ich in seiner Abwesenheit -, bleibt Ihre Umweltpolitik der ruhigen Hand, um nicht zu sagen, der eingeschlafenen Hände, wie in den vergangenen Jahren schlichtweg Alibipolitik, um Ihr eigenes Gewissen und die Öffentlichkeit zu beruhigen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Fragmentarisches Vorgehen bringt unterm Strich nichts. Das Zerlegen von Problemen anstatt einer ganzheitlichen Sichtweise unter gleichwertiger Einbeziehung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten, dieses Filetieren von Problemen, vernebelt eher das Geschehen. Ein sehr eindrückliches Beispiel dazu verdeutlichte kürzlich die BUND-Aktion „Fackeln an der Elbe“. An den wunden Punkten der Elbe versammelten sich Zigtausende Menschen zwischen Cuxhaven und Dresden, um damit die ganze Widersprüchlichkeit von Regierungshandeln aufzuzeigen und

mit ihren Reden und Fackeln Politikerköpfe zu erhellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das war zu Recht und absolut nötig, wie ich finde, denn die Kuhhändel der CDU/FDP-Landesregierung deuten sich schon an, Frau Körtner, was die Vertiefung der Unterelbe angeht. Ebenso werden die Schutzziele des Biosphärenreservats „Elbtalaue“ an der mittleren Elbe durch die geplante ganzjährige Schiffbarmachung konterkariert.

Die Doppelzüngigkeit, aber auch die Luschigkeit dieser Regierung setzen sich in ihrer Energiepolitik fort. Die Energieverbrauchssenkung bzw. -vermeidung als wichtigsten Schritt in eine CO2-geminderte Zukunft wird nicht einmal halbherzig betrieben, Frau Mundlos. Es wäre ja auch widersinnig, wollen doch CDU und FDP Niedersachsen mit einer Vielzahl von Kohlekraftwerken zum CO2Land Nummer eins machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zögerliche Einrichtung einer noch dazu völlig unausgewogen besetzten Regierungskommission Klimaschutz und ihre ungenügende Ausstattung sprechen Bände. Die Förderung von an Richtlinien gebundener energetischer Sanierung Zigtausender kommunaler Gebäude gibt es unter CDU und FDP praktisch nicht. Damit, meine Damen und Herren, verschläft diese Regierung ein großes konjunkturpolitisches Potenzial.

(Beifall bei der LINKEN)

Ganz anders handeln Ihre Parteigenossen - Herr Althusmann, bevor Sie einschlafen - in BadenWürttemberg.

(Heinz Rolfes [CDU]: Parteigenossen haben wir nicht! - David McAllister [CDU]: Wir sind keine Genossen!)

Ihr Parteifreund - nichts ist besser als Parteifreunde; Sie kennen die Steigerung, Herr McAllister -

(David McAllister [CDU]: Wir genie- ßen, Sie sind Genossen!)

Oettinger setzt an dieser Stelle 1 Milliarde Euro ein; denn er hat offensichtlich linke Forderungen begriffen.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Meine Damen und Herren, dieser Regierung fehlt es zudem an dem Selbsterkenntnis erzeugenden Griff an die eigene Nase. Die eigenen Landeslie

genschaften müssten in jeder Hinsicht Vorreiter und Vorbilder sein. Sie sollten dabei nicht nur an den Bestimmungen des sogenannten Energiespargesetzes orientiert sein, sondern am Passivstandard und an weitestgehender Nutzung von erneuerbaren Energien. Symbolhafte Alibipolitik bringt uns hier überhaupt nicht weiter. Vielleicht sind es zu Beginn vorbildliche Leuchtturmprojekte. Aber - das ist jetzt sehr wichtig - der erste, höchste und hellste Leuchtturm sollte der Kopf des zuständigen Ministers sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der LIN- KEN)

Ein beispielhaftes energiepolitisches Fanal muss deshalb der Landtagsumbau werden. Nur so ist dieses Ansinnen nach draußen überhaupt zu rechtfertigen. Wenn es gelungen ist, trotz aller Widerstände von Aufsichtsbehörden - dies betone ich auch als Stadtratsmitglied an dieser Stelle ausdrücklich - den Gebäudekomplex des Dannenberger Grundschulzentrums wärmetechnisch zu sanieren und komplett mit erneuerbarer Energie zu versorgen - im Strombereich sogar doppelt überzuversorgen -, dann geht dies auch im Landtag. Alles andere wäre fahrlässig und rückwärtsgewandt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn in Lüchow-Dannenberg der Landrat und seine Samtgemeindebürgermeister ihre Dienstwagen mit Biogas befüllen, dann ist das nicht nur CO2-frei. Gleichzeitig ist es völlig unerträglich, dass der zuständige Landesminister mit einem großkotzigen Spritfresser daherkommt

(Heinz Rolfes [CDU]: Was ist das denn? - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

und damit, Herr Rolfes, das schlechteste aller Vorbilder abgibt und sich zu allem Überfluss auch noch damit brüstet, Herr Langspecht.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Großkotzig ist hier etwas ganz anderes! - Christian Dürr [FDP]: Arbeitsplätze in der Automobil- industrie sind gut, nur die Autos sind blöde? Das passt nicht zusammen! - Anhaltende Zurufe von der CDU und von der FDP)

Deshalb fordern wir von der Linke-Fraktion Nägel mit Köpfen, Herr Professor Dürr: die Umstellung der Fahrzeugflotte des Landes auf regenerative

Antriebstechniken und die Förderung des Aufbaus eines Biogastankstellennetzes.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich greife von unseren Haushaltsschwerpunkten einen weiteren auf: das Thema Altlasten.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie sind doch auch eine! Eine Altlast der Grünen!)

Was wir mitten im dicht bevölkerten Hannover erleben, die Verseuchung der Böden durch Riedelde Haën, macht Folgendes klar: Es ist nicht hinnehmbar, lange über Kompetenzen zu streiten, nach Urhebern oder Rechtsnachfolgern zu suchen oder gar die Sanierungskosten privaten Anliegern oder der Kommune aufzuhalsen. In einem solchen Fall, meine Damen und Herren, muss sofort Abhilfe geschaffen werden und staatlicher Durchgriff in Form eines Altlastenfonds erfolgen, an dem sich die Industrie maßgeblich beteiligt. Dass so etwas geht, zeigt uns der Freistaat Bayern, der ja nicht gerade das Mutterland des ökologischen Sozialismus ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur so kann sofort saniert werden und die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet werden. Bitte, Herr Sander, verzichten Sie jetzt mit Blick auf die widerborstige Industrie auf das weinerliche „Die wollen ja nicht“! Fahren Sie nach Bayern und lassen Sie sich bei Weißwurst und Weizenbier erklären, wie es geht!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, große Teile der vom Ministerpräsidenten prognostizierten 800 Milliarden Euro für die Klimaschäden werden schon für den Hochwasserschutz aufzubringen sein - wenn man schlau ist, für den vorbeugenden, anstatt ständig den Klimaprognosen um Jahrzehnte hinterherzuschwimmen. Dafür braucht man belastbare Modelle und vor allem Konzepte. Es ist nicht einzusehen, dass dies zeitlich gestückelt werden soll, wie es die Landesregierung vorschlägt. Das nächste Hochwasser kommt so sicher wie Ihr Nachtragshaushalt. Wir fordern deshalb, dass die Konzepte in den Kommunen, die potenziell gefährdet sind, umgehend und vollständig in 2009 erstellt werden. Dafür brauchen wir die Haushaltsansätze.

(Beifall bei der LINKEN)

Die lange Bank bietet keinen Schutz, sondern sie ist lediglich ein finanzieller Trick zulasten der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger.

Lassen Sie mich zusammenfassen: Klarheit und Wahrheit, diese uralte Kämmererweisheit, sollte nach wie vor die oberste Maxime einer Regierung bleiben. Die Haushaltsansätze der Regierung zeigen eine ganz eigene, passend gemachte Sorte Wahrheit, die mit der Realität und den Notwendigkeiten leider wenig zu tun hat. Klar ist nur eines: Angesichts des sich verstärkenden Klimawandels bedarf es höchster Anstrengungen, die negativen Auswirkungen menschlichen Handelns schnellstmöglich zu erkennen, zu ändern und, wenn nötig, auch abzustellen. Dies muss Querschnittsaufgabe aller Politikbereiche sein, speziell beim Themenfeld Energieeinsparung, -erzeugung und -effizienz.

Dies bedeutet auch, dass das kurzfristige Zurückfahren von Haushaltsansätzen mittel- und langfristig im Bereich Umwelt- und Klimaschutz eine wirkungsvolle Zukunftsplanung und -entwicklung konterkariert. Sie sind schlicht Wechsel auf die Zukunft. Sie machen durch Ihr Nichtstun jetzt schon die Schulden von morgen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Wir beantragen deshalb, für die notwendigen Mehrausgaben im Einzelpan 15 die sogenannte globale - hier setze ich ein Fragezeichen - Minderausgabe zu verwenden. Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen durch Absenken der Ausgabepositionen sind im Umweltbereich lediglich dort akzeptabel, wo dies durch Effizienzsteigerungen real erreichbar ist. Ein ausgeglichener Haushalt ist etwas Wunderbares, aber nicht, wenn das Zusammensparen bewirkt, dass einem vorher der Himmel auf den Betonkopf fällt.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Marcus Bosse. Ihre Fraktion hat noch eine Restredezeit von 3:04 Minuten zur Verfügung.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Bäumer, nicht zu viel der Blumen. Man sollte das Haupt nicht allzu hoch heben. Wenn ich höre, dass die Hochwasservorhersagezentrale kommt, dann sage ich: Jawohl, sie kommt, aber sie kommt zu

spät, sie kommt viel zu spät. Andere Bundesländer sind da schon wesentlich weiter. Auch das gehört zur Wahrheit dazu, meine Damen, meine Herren.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP] und Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Welche?)

Hochwasserschutz darf in Zukunft nicht allein eine kommunale Aufgabe bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte es Ihnen ganz kurz erklären. Das ist eine ganz einfache physikalische Gesetzmäßigkeit: Wasser fließt von oben nach unten. Das heißt, wenn der Oberlieger Maßnahmen ergreift, hat der Unterlieger diese mitzutragen. Staut der Unterlieger aber auf, steht das Wasser letzten Endes auch auf dem Gebiet des Oberliegers.