Nun komme ich auf die Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben zu sprechen. Wir haben in das Gesetz umfangreiche Benachrichtigungspflichten eingeführt, wie es sie in keinem anderen Landesverfassungsschutzgesetz gibt. Beim Großen Lauschangriff gilt der Richtervorbehalt. Herr Briese, ich empfehle Ihnen, dem Amtsgericht Hannover einmal einen Besuch abzustatten und mit den Amtsrichtern genauso zu reden, wie Sie hier über sie geredet haben. Von wegen, so
ein „kleiner Amtsrichter“! Ich weiß nicht, wie lange ein solches Gespräch im Amtsgericht dauerte, wenn Sie da so aufkreuzten.
Meine Damen und Herren, beim Lauschen außerhalb von Wohnungen erfolgt eine Kontrolle durch die G-10-Kommission. Bei allen Regelungen haben wir strikt das Erfordernis zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung eingehalten.
Strittig mit den Grünen - mit den Linken sowieso - ist die Frage geblieben, ob dies alles verfassungsgemäß ist.
- Sie waren ja gar nicht dabei. - Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat nicht gesagt, dass der Gesetzentwurf verfassungswidrig sei, sondern er hat gesagt, um sich selbst zu schützen, wenn es einmal zu einem Verfahren käme, dass diese Regelung verfassungsrechtlich nicht ohne Risiko sei.
Herr Briese kommt als renommierter Verfassungsrechtler zu dem Ergebnis, dass dies verfassungsrechtlich unhaltbar sei. Ich kann dies nicht beurteilen. Aber eines kann ich beurteilen, weil alle Kritiker, die das behaupten, sich auf eine Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Oktober 2008 berufen, die gegen eine Wohnraumüberwachung durch die Verfassungsschutzbehörden sprechen könnte - darüber haben wir im Ausschuss sehr ausführlich debattiert -: Bei dieser Entscheidung geht es nicht um die Zulässigkeit der Wohnraumüberwachung als solcher, sondern um die Vorratsdatenspeicherung, worum es in dieser Regelung des Verfassungsschutzgesetzes nicht geht. Dieser Entscheidung steht eine Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs gegenüber, der zur Wohnraumüberwachung entschieden hat, dass Maßnahmen des Verfassungsschutzes nicht ausgeschlossen seien, wenn wegen einer Gefahrenlage die Polizeibehörden zuständig sind. Dies bedeutet - das ist schon einmal erklärt worden; Sie haben das vorhin ein bisschen verwechselt, Herr Briese -, die Polizei muss im Rahmen der Gefahrenabwehr dann, wenn sie Kenntnis davon erlangt, dass jemand eine Tat plant oder gar schon verübt hat, diesen sofort festnehmen. Der Verfassungsschutz kann weiter beobachten, Struk
turen beleuchten und dann unter Umständen die gesamten Strukturen ausheben. Weil wir diesen Unterschied sehen, ermöglichen wir hier ein solches Vorgehen.
Jeder muss wissen - wer sich damit auskennt, weiß es im Grunde genommen auch -, dass es bei allen Sicherheitsgesetzen, die wir hier im Landtag debattieren und beschließen, niemals ohne ein verfassungsrechtliches Restrisiko abgehen wird. Aber wir als Gesetzgeber müssen den Mut aufbringen, nach gründlicher Prüfung aller rechtlichen und praktischen Fragen - eine solche Prüfung haben wir hier wirklich durchgeführt - die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren Sicherheitsbehörden ermöglichen, die innere Sicherheit in unserem Lande zu gewährleisten, die Bürgerinnen und Bürger vor schwersten Straftaten zu bewahren und unsere staatliche Ordnung zu schützen.
Meine Damen und Herren, wir sind für jede professionelle Unterstützung immer dankbar, sei es durch den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, sei es durch renommierte Fachleute, die wir in Anhörungen befragen, sei es auch durch die Landesregierung. Aber eines muss klar sein: Der Gesetzgeber in diesem Lande ist dieses Parlament. Deshalb tragen wir die Verantwortung für das, was wir prüfen, debattieren und am Ende beschließen. Wenn wir heute dieses Verfassungsschutzgesetz beschließen, dann werden wir ein gutes Gesetz beschlossen haben. Dass es gut ist, zeigt ja auch, dass eine außerordentlich qualifizierte Mehrheit dahintersteht.
Dass diejenigen nicht dahinterstehen, die selber vom Verfassungsschutz notwendigerweise beobachtet werden müssen, ergibt sich wohl von selbst. Auch insoweit besteht eine Notwendigkeit, dass wir ein solches Gesetz heute beschließen.
Danke schön, Herr Biallas. - Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Leuschner zu Wort gemeldet. Bitte schön!
hat, hat man wieder einmal mitbekommen, wie Sie die Ausschussberatungen in einem positiven Licht dargestellt und sich dabei an der Grenze der Wahrheit bewegt haben.
Ich gehe noch näher darauf ein, was dieses Gesetz so zustande gebracht hat, wie es uns jetzt vorliegt: Das waren nicht die Verdienste der Landesregierung und der Koalitionsfraktionen, sondern das waren in erster Linie die Bedenken des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes, der sehr kompetent auf einzelne Gefahren hingewiesen hat.
Dies haben Sie als Koalitionsfraktionen nahtlos, also 1 : 1, übernommen. Deswegen wird die SPDLandtagsfraktion trotz einzelner Bedenken diesem Gesetz zustimmen, also nicht etwa deswegen, weil der Gesetzentwurf von Anfang an so gut gewesen wäre.
Die Landesregierung wäre, würde der Landtag den ursprünglichen Gesetzentwurf beschließen, Gefahr gelaufen, eine Niederlage vor dem Gericht zu erleiden, woraufhin die Koalitionsfraktionen wahrscheinlich zurückgerudert sind. Das ist eine Vermutung, die ich jetzt als solche auch kennzeichne.
Wir haben die Beratung des Gesetzentwurfs mit einer umfangreichen Anhörung begonnen und Verfassungsschutzexperten aus verschiedenen Ländern sowie Verfassungsschutzexperten des Bundes und der Rechtswissenschaften zu Wort kommen lassen. Herr Briese, bei aller Wertschätzung: Sie haben sich überwiegend an den Einlassungen von Herrn Gusy orientiert. Mit Ihrer Dialektik ist es manchmal auch nicht anders. Wenn Sie Regierungsverantwortung tragen, gehen Sie manchmal über diese Grenze hinaus. Ich erinnere nur an die rot-grünen Sicherheitsgesetze, die wir auf Bundesebene beschlossen haben; da waren die Grünen mit in der Verantwortung.
Außerdem sollten Sie einmal in das Hamburger Gesetz schauen. Sicherlich werden Sie dann Ihren Kolleginnen und Kollegen in Hamburg den Auftrag erteilen, dieses Gesetz sofort zu ändern, weil es ebenfalls die akustische Wohnraumüberwachung enthält.
Gleiches gilt für die Fraktion DIE LINKE. Auch in Berlin ist die akustische Wohnraumüberwachung in Artikel 9 des Landesgesetzes aufgenommen worden. Es ist manchmal also eine Gratwanderung, ob man Bedenken auch dann zum Ausdruck bringt, wenn man in Regierungsverantwortung ist.
Trotz der Bedenken, die der GBD zur Wohnraumüberwachung artikuliert hat, werden wir dieser Vorschrift zustimmen. Es ist ein Abwägungsprozess, inwieweit man, ohne hysterisch zu werden und Bedrohungsszenarien aufzubauen, terroristischen Bedrohungen rechtzeitig entgegenwirkt. Dieses Anliegen haben wir in den zuständigen Facharbeitskreisen und in der Fraktion abgewogen. Deswegen stimmen wir dem Gesetzentwurf in der Form zu, wie er heute vorliegt, also mit den Änderungen, die im Wesentlichen auf Anregung des GBD zustande gekommen sind und die wir, weil wir ähnliche Positionen hatten, auch in Presseerklärungen zum Ausdruck gebracht haben. In diesen Punkten sind Sie ja extrem zurückgerudert.
In diesen Gesetzentwurf ist auch noch etwas anderes hineingekommen. Wir haben unterschwellig eine kleine Position hineinbekommen, die besagt, dass ein anderes Gesetz geändert werden soll, weil Sie in diesem Punkt wahrscheinlich vor Gericht gescheitert wären.
Nun gehe ich auf den Entwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Ausführungsgesetz zu Artikel 10 des Grundgesetzes ein. Natürlich ist in Niedersachsen eine wirksame Rechts- und Sachkontrolle bei staatlichen Befugnissen zum Eingriff in die Grundrechte der Bevölkerung durch die G-10-Kommission notwendig. Aber, Herr Briese, diese Rechts- und Sachkontrolle haben wir bereits. Vielleicht ist Ihnen das nicht bekannt.
Der Gesetzentwurf, dass die Besetzung der G-10Kommission von drei auf vier erhöht werden soll, ist nun nichts Neues. Das kommt nicht von Herrn Gusy, sondern Ihr Kollege Professor Lennartz hat das schon 2004 gefordert, hat sich damit aber im Parlament nicht durchsetzen können. Das ist also eine uralte Position, die Sie hier aufstellen.
Ihre Kriterien und Anforderungen in Bezug auf die Mitglieder der G-10-Kommission sind aus unserer Sicht in vielen Punkten sehr willkürlich; denn Sie könnten genauso fordern, dass sie nur mit Strafrechtlern oder mit Wissenschaftlern aus den juristi
Des Weiteren sagen Sie, dass der Tagungsrhythmus der G-10-Kommission verdichtet werden soll. Es ist gängige Praxis, dass sich die G-10Kommission derzeit wenigstens einmal im Monat trifft. Die Forderung, sechsmal im Jahr zu tagen, ist also durch die Praxis überholt. So sieht doch die gängige Regelung aus.
Wir haben in Niedersachsen eine Zusammensetzung aus Externen und Kolleginnen und Kollegen aus dem Landtag, die hohen Anforderungen entsprechen. Es ist beispielsweise eine erweiterte Sicherheitsüberprüfung notwendig, und bei drei Mitgliedern ist die Befähigung zum Richteramt gegeben. Deswegen reicht es aus unserer Sicht aus. Aber wir werden Ihre Vorschläge, auch was die Rechte des Datenschutzbeauftragten angeht, im Fachausschuss selbstverständlich ausführlich debattieren. Ich freue mich auf die Beratung im Fachausschuss und dann auf die zweite Beratung hier im Plenum.
Danke schön, Frau Kollegin Leuschner. - Herr Kollege Biallas von der CDU-Fraktion hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vollständigkeit halber möchte ich hier einiges festhalten und wiederholen.
Auch wenn ich nicht sagen darf, welche Beiträge im Ausschuss zur Aufhellung des Sachverhaltes gekommen sind, kann ich doch erstens feststellen, dass von der SPD zum Verfassungsschutzgesetz inhaltlich überhaupt nichts gesagt worden ist.
Zweitens. Deswegen haben Sie vielleicht gar nicht gemerkt, dass es am Ende vier Punkte gab, bei denen der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst anderer Auffassung als die Mehrheit im Ausschuss war. Über diese vier Punkte haben wir gesprochen. Es geht dabei um die besonderen Auskunftspflichten in § 5 Abs. 1, um Verfahrensvorschriften für besondere Auskunftspflichten in § 5 b, um die Informationsbeschaffung mit nachrichtendienstlichen
Mitteln in § 6 und um § 6 a, also den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen, d. h. die Wohnraumüberwachung. Bei diesen Punkten haben wir es so belassen, wie es im Gesetzentwurf steht. Das wollen Sie mit beschließen. Ich will es Ihnen nur warnend sagen.
Sie haben dann eine Pressemitteilung herausgegeben und darin triumphiert, dass wir sozusagen auf den Druck des GBD hin eingeknickt seien und alles repariert hätten.