und wir haben einige sachbezogene Änderungen übernommen. Wenn es anders wäre, würde ich von Ihnen eigentlich erwarten, dass Sie hier aufzählen, was wir übernommen haben. Ich habe Ihnen aufgezählt, was so geblieben ist, wie es war. Das ist auch richtig so.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Biallas, ich beziehe mich in meinem ersten Satz auf Ihren Redebeitrag. Was Sie so manchmal äußern, finde ich schlichtweg eine Frechheit. Ich finde auch, dass das mit Demokratie nicht besonders viel zu tun hat.
Das wird aber auch in diesem Gesetzentwurf deutlich, meine Damen und Herren. Ich kann hier feststellen: Heute ist kein guter Tag für Demokratie, kein guter Tag für Bürgerrechte im Land Niedersachsen. Im Gegenteil: Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf werden ein weiteres Mal Bürgerrechte beschnitten und somit substanzielle demokratische Werte und Normen beschädigt.
Dass die CDU dem zustimmt, ist natürlich nicht verwunderlich. Dass aber SPD und FDP sekundierend beiseitestehen, sollte sie zumindest nachdenklich stimmen. Insbesondere die selbsternannte Bürgerrechtspartei FDP macht sich ein weiteres Mal unglaubwürdig. Noch in der vergangenen Sitzung - wir hörten es schon - prangerten Sie das neue auf der Bundesebene verabschiedete BKAGesetz an. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie hier mitmachen, ist keinen Deut besser.
Zwischenzeitlich hatte man sogar den Eindruck, dass Sie den Gesetzentwurf möglichst geräuscharm beraten wollten. Zum Glück ist Ihnen das nicht gelungen. Spätestens mit den grundsätzlichen Einwendungen - auch darüber sprachen wir schon - des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes wurde deutlich, womit wir es zu tun haben.
Meine Fraktion kritisiert insbesondere zwei Punkte des Gesetzentwurfes: Mit dem Gesetz soll im Artikel 1 Nr. 1 der Machtbereich des Verfassungsschutzes ausgeweitet werden. Bislang war es Aufgabe der Behörde, über Bestrebungen und Tätigkeiten gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie gegen die Existenz und die Sicherheit des Bundes und der Länder zu berichten. Nunmehr soll schon berichtet werden, wenn lediglich tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen von Bestrebungen und Tätigkeiten vorhanden sind. Ein Beweis für verfassungsfeindliche Bestrebungen muss die Landesregierung dann nach dem neuen Recht nicht mehr vor Gericht anführen. Anhaltspunkte lassen sich schließlich immer finden.
Auch die auf Anraten des GBD in den Gesetzentwurf aufgenommene Einschränkung, dass Anhaltspunkte hinreichend gewichtig sein müssen, ändert wenig oder gar nichts, weil der Verfassungsschutz im Rahmen seines Ermessens, das ihm ausdrücklich eingeräumt wird, bei diesen unscharfen Rechtsbegriffen weiter Handlungsspielräume hat.
Eines ist auf jeden Fall klar, meine Damen und Herren: Die Unschuldsvermutung und die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger bleiben dabei auf der Strecke.
Nicht minder problematisch ist die Regelung, mit der dem Verfassungsschutz das Instrument der Wohnraumüberwachung per Gesetz in die Hand gegeben werden soll. Das geht deutlich über das
Meine Damen und Herren, wir halten das Instrument der Wohnraumüberwachung wie auch das gesamte Gesetz für überflüssig und lehnen es deshalb ab. Zugleich möchte ich ankündigen, dass wir das beschlossene Gesetz einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unterziehen werden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verfassungsschutz hier im Lande Niedersachsen ist eine wichtige Einrichtung. Er nimmt sehr wichtige Funktionen zur Herstellung der staatlichen Sicherheit wahr. Er ermittelt und stellt die Sicherheit im Bereich der Extremismusabwehr - sowohl beim Links- als auch beim Rechtsextremismus - her. Er hat wichtige Funktionen bei der Terrorismusbekämpfung, bei der Spionageabwehr und auch beim Schutz unserer Wirtschaftsunternehmen vor Spionage.
Deshalb ist es selbstverständlich, dass der Verfassungsschutz über durchaus weitgehende Rechte verfügt, die in die im Grundgesetz und in der Verfassung verankerten Bürgerrechte eingreifen. Dies ist auf der Bundesebene und auch in allen 16 Bundesländern umgesetzt.
Meine Damen und Herren, wir haben daher das Gesetzgebungsverfahren sehr sorgfältig durchgeführt. Den Gesetzentwurf der Landesregierung haben wir ohne Zeitdruck erörtert. Wir haben auch eine große Anhörung durchgeführt. Den Gesetzentwurf haben wir in den Ausschüssen - im Innenausschuss sogar mehrfach - umfassend beraten.
Ich finde es nicht ganz fair, Frau Leuschner, dass Sie Herrn Biallas jetzt unterstellt haben, er sei hinterher - aufgrund Ihres Drucks sozusagen - zu einer anderen Auffassung gekommen; denn es war gerade Herr Biallas, der noch in der Anhörung zum Gesetzentwurf im Ausschuss, als beispielsweise die Landesämter für Verfassungsschutz anderer Bundesländer oder auch die Rechtsexperten der Uni vorgetragen haben, erklärt hat, dass ihn diese Vorträge in Teilbereichen überzeugt hätten, und gesagt hat, der GBD solle die Änderun
gen entsprechend berücksichtigen. Ich habe das sehr bedauert, weil ich das dann nicht mehr fordern konnte, sondern dem nur noch beipflichten konnte. Aber es ist gerade Herr Biallas gewesen, der zu einem sehr frühen Zeitpunkt, als die weitere Beratung noch gar nicht angefangen hatte, bereits darauf hingewiesen hatte.
Deshalb haben wir, nachdem der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst seine Bewertung durchgeführt und Vorschläge vorgelegt hat, umfassende Änderungen vorgenommen. Wir haben zum Kernbereichsschutz und zur Sicherung der Grundrechte Instrumentarien eingeführt, die es vorher so nicht gab. So haben wir beispielsweise die Praxis abgeschafft, dass die Verfahrens- und Ausführungsvorschriften nur im Ministerium durchgeführt werden. Wir haben jetzt in das Gesetz aufgenommen, wie die Verfahren bei Eingriffen in Grundrechte beim Verfassungsschutz abgewickelt werden müssen. Wir haben die Anordnungsbefugnisse - wer unter welchen Umständen welche Maßnahmen anordnen darf - geändert und - bundesweit einmalig - eine nachträgliche Benachrichtigungspflicht für sämtliche nachrichtendienstliche Mittel eingeführt. Aufgrund dieser Benachrichtigungspflicht muss im Verfassungsschutz künftig sehr sorgfältig abgewogen werden, ob eine Maßnahme verhältnismäßig ist und durchgeführt werden kann. In diesem Zusammenhang weise ich darauf hin: Der Verfassungsschutz hat damit bisher keine großen Probleme gehabt, weil er diese Abwägung in der Vergangenheit bereits vorgenommen hat. Jetzt wird sie aber nicht nur durchgeführt, sondern auch verpflichtend vorgeschrieben.
Wir haben die Eingriffs- und Anwendungsbefugnisse für den Einsatz des IMSI-Catchers reduziert. Wir haben dem Verfassungsschutz keine neuen Instrumente an die Hand gegeben, sondern ihm nur die alten Instrumente belassen. Eine Evaluierung der letzten Jahre, die wir zur Kenntnis genommen haben, besagt, dass der Verfassungsschutz mit sämtlichen Kompetenzen, die wir ihm als Gesetzgeber übereignet haben, sehr sorgfältig und achtsam umgegangen ist. Deshalb bin ich schon irritiert, Herr Briese, dass Sie hier heute eine zum Teil sehr amüsante Rede gehalten haben, die dem Ernst des Themas nicht gerecht geworden ist. Sie haben zwei Beispiele aus der Anhörung genannt und gesagt: Dort wurden die Instrumente auch nicht angewandt. - Sie sollten in diesem Zusammenhang aber auch andere Dinge erwähnen, z. B. dass die beiden Verfassungsschützer in der Anhörung auf eine Frage von Ihnen gesagt haben,
ihrer Meinung nach sollten wir in Niedersachsen wesentlich mehr Instrumente einführen, die in anderen Ländern angewandt werden, über die wir aber noch gar nicht verfügen. Wir haben uns gegen die von den Verfassungsschützern geforderten Grundrechtseinschränkungen zur Wehr gesetzt.
Herr Briese, ich glaube, Sie müssen in diesem Zusammenhang eine gewisse Kluft überbrücken, die Sie in sich spüren.
Denn die Instrumente, die uns zur Verfügung stehen, die man zum Teil kritisieren kann, haben wir den Grünen zu verdanken. Alle 16 Bundesländer sind nämlich nach Bundesvorgabe gehalten, die gleichen Instrumentarien anzuwenden, die der Bund vorschreibt. Man kann ja die Frage stellen: Wer hat sich das denn auf Bundesebene ausgedacht? - Das war der damalige Bundesinnenminister Otto Schily - Schily-Pakete I und II -, gestützt vom Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen.
Sie haben das im Bund gefordert und in den Ländern, in denen Sie Regierungsverantwortung tragen, umgesetzt - genauso übrigens wie die Linken. In Niedersachsen sagen Sie jetzt im Plenum: Die SPD ist ganz böse, die CDU sowieso und die FDP auch. Grundrechte werden nur von den Grünen verteidigt. - Dazu muss ich sagen: Wer uns solche Instrumentarien aufhalst, der sollte heute im Plenum kleinere Brötchen backen und nicht nur im Vier-Augen-Gespräch zu diesem Sündenfall stehen.
Wir haben gemeinsam mit dem GBD, dem ich für die umfassende Beratung in den Ausschüssen danke, ein sehr ausgewogenes Gesetzgebungspaket auf den Weg gebracht. Ich bin sicher, dass sich - genauso wie im Polizeirecht - in den nächsten Jahren in allen Bereichen noch Änderungen ergeben werden. Das liegt schlicht und ergreifend an der sich stetig fortentwickelnden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, an der sich stetig fortentwickelnden Technik, die eingesetzt werden kann, die beim Grundrechtsschutz immer wieder Anpassungen erforderlich macht.
Das wird man nie verhindern können, das ist sogar zwingend erforderlich. Denn die Welt bewegt sich immer weiter. Bei dem heutigen Stand, bei dem, was wir heute wissen, und mit Blick auf die heutige Rechtsprechung haben wir für die Bürger in Niedersachsen das Optimum erreicht.
Danke schön, Herr Bode. - Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.
Vielen Dank. Ich kann es kurz machen. - Der große Streitpunkt bei diesem Gesetz, Herr Bode, ist der Lauschangriff - darum dreht sich alles - und nicht z. B. das Thema, das Sie angesprochen haben, ob bei Bestandsdaten eine nachträgliche Benachrichtigung stattfinden muss. Es ist zwar gut, dass man diesen Punkt aufgenommen hat. Er wurde aber nicht auf Ihren Druck hin aufgenommen, sondern aufgrund des Vorschlags des Rechtsexperten Epping, den wir nominiert haben. Er hat gesagt, es sei rechtlich hochgradig bedenklich, wenn es kein nachträgliches Rechtsschutzverfahren bei den Bestandsdaten gebe.
Ich will Sie nur erinnern - denn der große Streit geht hier ja immer darum, wer die bessere Bürgerrechtspartei ist -: Den Artikel 13 des Grundgesetzes, das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung, auf eine Wohnung ohne akustische Überwachung, haben Sie damals geändert. Das war Ihre Justizministerin, die dann zurückgetreten ist und gesagt hat: Das ist mit einer liberalen Rechtsordnung nicht vereinbar. - Dieses Grundrecht haben Sie beschädigt. Das war die FDP; das waren nicht die Grünen. Deshalb konnte der Lauschangriff überhaupt erst in das Gesetz aufgenommen werden - sonst wäre das nämlich gar nicht möglich gewesen.
Danke schön. - Herr Kollege Bode möchte antworten. Herr Bode, auch Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.
Herr Briese, die Grünen haben es Otto Schily während ihrer Regierungszeit auf Bundesebene gestattet, seine zwei Sicherheitspakete, die unsägliche Eingriffe beinhaltet haben, auf den Weg zu bringen.
Aber ich möchte eines sagen: Der Eingriff, der wahrscheinlich am weitesten eingreift, ist die Aufhebung des Bankgeheimnisses, nicht der Lauschangriff.
(Zurufe von den GRÜNEN: Was? - Kreszentia Flauger [LINKE]: Immer wenn es ums Geld geht! Ein echter FDP-Spruch! - Hans-Henning Adler [LINKE]: Das interessiert Sie!)
Herr Briese, das Recht, das am weitesten in die Privatsphäre der Bürger eingreift, ist das, was am meisten angewandt wird. Der Lauschangriff ist ja fast nie - Sie haben das ausgeführt - angewandt worden. Aber täglich werden aufgrund Ihrer Gesetzesinitiative auf Bundesebene Tausende Konten von Bürgern abgefragt.