Protokoll der Sitzung vom 18.02.2009

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr McAllister von der CDUFraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, die deutsche Politik hat bisher mit Augenmaß und Besonnenheit auf die große Herausforderung der Krise reagiert. Das galt sowohl für das Finanzmarktstabilisierungsgesetz vom Herbst letzten Jahres, bei dem nicht nur CDU/CSU und SPD ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht geworden sind, sondern auch die FDP - im Gegensatz übrigens zu den Grünen, Herr Klein -, als auch für weitere wichtige Maßnahmen in Bund und Ländern; ich erinnere insbesondere an das

Konjunkturpaket I. Jetzt diskutieren wir bekanntlich das Konjunkturpaket II. Bundesregierung und Bundestag haben es bereits beschlossen. Am 20. Februar wird der Bundesrat dafür grünes Licht geben, denke ich.

Dieses Konjunkturpaket II besteht aus vielen Details. Eines gilt wohl für jeden Abgeordneten in diesem Hause: Über jedes einzelne Detail des Konjunkturprogramms lässt sich trefflich streiten, und zu jedem einzelnen Detail des Konjunkturpakets kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Es gibt auch in unserer Fraktion viele kritische Stimmen zu einzelnen Details dieses Konjunkturpakets. Es ist nun einmal ein typischer Kompromiss in der sogenannten Großen Koalition. Im Ergebnis ist dieser Vierklang aus weiteren Steuer- und Abgabensenkungen, aus vorgezogenen und zusätzlichen Investitionen, aus Maßnahmen zur Qualifizierung und Beschäftigungssicherung und aus weiteren Hilfen für mittelständische Unternehmen richtig und notwendig.

Klar ist aber auch: CDU und FDP arbeiten in Niedersachsen sehr gut und vertrauensvoll zusammen. Die FDP hat kritische Anmerkungen zum Konjunkturpaket, insbesondere zum steuerpolitischen Teil. Diese kritischen Anmerkungen sind nachvollziehbar und zum Teil berechtigt. Obwohl CDU und FDP gemeinsam in einer Koalition sind, haben sie bei diesem Thema unterschiedliche Auffassungen. Das ist ein ganz normaler, legitimer Vorgang und überhaupt nichts, was man sonderlich thematisieren sollte, erst recht nicht in einer Aktuellen Stunde.

(Beifall bei der CDU)

Herr Bartling, Sie haben ja nun die unterschiedliche Diskussionslage in der Koalition in Niedersachsen dargestellt. Ich habe gestern mit Interesse Spiegel online gelesen. Ich zitiere:

„Das Land Berlin wird sich bei der Abstimmung über das Konjunkturpaket enthalten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begründete die Entscheidung am Dienstag damit, dass in der rot-roten Koalition ein Dissens bestehe. Während die SPD dem Paket zustimmen würde, werde es von der Linken vor allem wegen des steuerrechtlichen Teils abgelehnt.“

Herr Bartling, ich vermisse die Kritik der niedersächsischen SPD am Beratungsverfahren im Berliner Senat.

(Zustimmung bei der CDU)

Insbesondere frage ich Sie: Wo ist die staatspolitische Verantwortung der Berliner SPD? Wo ist die staatspolitische Verantwortung der Linken? - Sie messen hier mit zweierlei Maß. Das ist nicht in Ordnung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Darüber hinaus bauen wir jetzt eine Brücke, nämlich mit dieser Entschließung für den Bundesrat am Freitag. Ich bin sehr zuversichtlich und optimistisch, dass wir nicht nur die Stimmen von Niedersachsen, sondern auch die von Bayern, BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen sowie die des Saarlandes und von Thüringen bekommen. Diese Entschließung ist eine klare Vorgabe für eine bessere bürgerliche Politik für Deutschland und eine gute Handlungsempfehlung für andere politische Mehrheiten nach der nächsten Bundestagswahl.

Konkret erheben wir in unserer Entschließung drei Forderungen:

Erstens. Wir verlangen einen konkreten Tilgungsplan für die zur Finanzierung des Konjunkturpakets II zusätzlich gemachten Schulden.

Zweitens. Wir begrüßen die im Rahmen der Föderalismusreformkommission II beschlossenen Maßnahmen - Stichwort „Schuldenbremse“; darüber haben wir gerade diskutiert.

Drittens sind wir - Union und FDP, und das nicht nur in Niedersachsen - uns einig: Wir brauchen weitere Maßnahmen, um die Konjunktur in Deutschland schnell wieder zu beleben. Dazu zählt u. a., dass die beschlossenen steuerlichen Erleichterungen bereits rückwirkend ab dem 1. Januar dieses Jahres gelten.

Wir brauchen darüber hinaus zur Stärkung der privaten Investitionen verbesserte Abschreibungsbedingungen. Wir wollen, dass die vom Bundesrat beschlossenen Empfehlungen zur Reform des Unternehmenssteuerrechts weiterverfolgt werden. Wir wollen die Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbessern; auch das kann ein Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen sein.

Viele weitere Punkte sind aufgezählt. Die für uns wichtigste Forderung ist: Wir wollen eine strukturel

le Reform des deutschen Einkommensteuerrechts, insbesondere damit die Bürger dauerhaft und nachhaltig spürbar entlastet werden und die kalte Progression, die größte Ungerechtigkeit, endlich abgemildert wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir glauben, dass das Konjunkturpaket II mit Abstrichen bei einzelnen Details die richtige Antwort ist, um die Auswirkungen der Krise abzufedern. Eine Blockade im Bundesrat würde bedeuten, dass die beschlossenen Maßnahmen gegen den Abschwung unterlaufen würden. Wir wollen, dass das Konjunkturpaket am 20. Februar durch den Bundesrat geht und wir es anschließend in Niedersachsen zügig umsetzen können. Wir sind optimistisch und erwartungsfroh, dass wir dafür eine bürgerliche Mehrheit im Bundesrat bekommen werden. Das ist auch unser Ziel für die Zeit nach der Bundestagswahl im Deutschen Bundestag.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Konjunkturpaket II ist unzureichend und sozial nicht ausgewogen. Es dreht an den falschen Stellschrauben. Seine Auswirkungen auf die Kommunen sind sehr ambivalent; darauf werden wir noch zurückkommen.

Es ist natürlich legitim, dass eine Partei, die nicht an der Regierung ist, aber im Bundesrat vertreten ist, versucht, ihren Einfluss geltend zu machen. Das tut unsere Partei da, wo wir beteiligt sind - nämlich in Berlin -, ja auch; Herr McAllister hat dankenswerterweise darauf hingewiesen.

Aber wir müssen doch fragen: Welche Forderungen werden hier von der FDP gestellt? - Allen Ernstes wird versucht, erneut Steuersenkungen durchzusetzen. Dabei muss man einmal gucken, wie die Krise entstanden ist. Es hat doch ein riesiger Mittelzufluss zu den Kapitalsammelstellen, zu den Investmentbanken, zu den Hedgefonds, zu den Private-Equity-Fonds, stattgefunden. Bei all diesen Kapitalsammelstellen hat sich etwas angesammelt, weil zu viel Geld in den Händen weniger war, die es gar nicht mehr im produktiven Bereich investieren wollten. Die FDP und, ihr folgend, die anderen Parteien sind die ganze Zeit herumgelau

fen und haben erzählt: Wenn wir die Steuern für die Unternehmen senken, dann investieren sie mehr, und dann gibt es anschließend mehr Arbeitsplätze. - Die Wirklichkeit hat diese These widerlegt. Es ist nicht zu mehr Arbeitsplätzen gekommen.

(Minister Walter Hirche: Natürlich ist es zu mehr Arbeitsplätzen gekom- men!)

Vielmehr wurde die Spekulationsblase immer größer.

Jetzt, nachdem sich herausgestellt hat, wie falsch diese Politik war, stellt sich die FDP hin und sagt, wir müssten mit dieser falschen Steuersenkungspolitik auch noch weitermachen. Das kann doch wohl nicht wahr sein!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sage Ihnen nur eine Zahl: In der Zeit von 2000 bis 2007 ist der Anteil der Arbeitseinkommen am Bruttoinlandsprodukt von 72,2 % auf 64,6 % geschrumpft. Das geht natürlich nicht nur auf die jetzige Bundesregierung, sondern auch auf die vorherige Bundesregierung zurück.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hängt damit zusammen, dass der Niedriglohnsektor ausgebaut worden ist, der Bereich, in dem gar keine Steuern gezahlt werden. Da greift die Steuersenkungspolitik überhaupt nicht. Da müsste man vielmehr an einen Mindestlohn denken, wie z. B. in Frankreich in Höhe von 8,71 Euro.

(Beifall bei der LINKEN)

Die FDP macht im Moment im Bundesrat genau das, was man in der gegenwärtigen Situation nicht tun sollte: Sie fordert die Rezepte ein, die zur Krise geführt haben. Sie verhält sich wie ein Brandstifter - nicht anders kann man das bezeichnen -,

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Obama senkt doch auch die Steuern!)

der sich jetzt durch die gestärkte Position im Bundesrat eine Feuerwehruniform anzieht und anschließend, wie es bei Brandstiftern üblich ist, auch noch Benzin ins Feuer gießt.

(Beifall bei der LINKEN - David McAl- lister [CDU]: Was reden Sie denn da!)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Bode von der FDP-Fraktion.

(David McAllister [CDU]: Jörg, sag, dass ihr zustimmt!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir in den letzten Tagen, aber vor allem auch heute in der Aktuellen Stunde erleben, das könnte man, wenn das Thema nicht so ernst wäre, schon als ein wenig komisch bezeichnen.

Deutschland und auch Niedersachsen stehen vor einer großen Herausforderung. In dieser Situation schickt die sogenannte Große Koalition im Deutschen Bundestag ein Konjunkturpaket auf die Reise,

(Zuruf von der SPD: Was heißt hier sogenannte?)

ohne dass sie im Bundesrat, in der zweiten Kammer, die zustimmen muss, dafür eine Mehrheit hat. Mithin stellt sich die Frage, wie man mit der zweiten Kammer umgeht, um das Gesetz beschließen zu können.

Es waren nun gerade die Grünen, die vorpreschten und erklärten, das sei alles gar kein Problem, sie lehnten zwar im Bundestag aus unterschiedlichen Gründen ab, aber im Bundesrat würden sie zustimmen - ohne Verhandlungen und ohne Änderungen erreichen zu wollen.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das ist nicht ganz richtig! Da haben Sie aber sehr selektiv zugehört!)

Die FDP hat aus staatspolitischer Verantwortung sowohl das Konjunkturpaket I als auch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz im Deutschen Bundestag mitgetragen. Beim Konjunkturpaket II haben wir allerdings gesagt, dass wir es aus unterschiedlichsten Gründen für nicht gelungen halten, dass wir aber zu Verhandlungen bereit sind, um Änderungen zu erreichen.

Daraufhin hat sich die Große Koalition entschieden, mit den Grünen zu verhandeln, und zwar mit den Grünen in Hamburg. Und was ist dann passiert? - Zunächst haben die Grünen in Hamburg gesagt: Selbstverständlich, wir machen im Bundesrat mit. - Dann aber konnten sich die Grünen in Hamburg auf einmal nicht mit der SPD in Berlin über die Höhe der Kfz-Steuer für Dieselfahrzeuge einigen. Nun kann man in Sachen Kfz-Steuer,