Protokoll der Sitzung vom 25.03.2009

Frau Präsidentin! Meine Herren, meine Damen! Die Anwesenheit der Abgeordneten im Plenum zeigt: Beamte, na ja, sonnabendabends werden am Stammtisch Witze über sie gemacht, und montags wird nach einem öffentlichen Dienst gerufen, der funktionieren muss.

(Zuruf von Hans-Christian Biallas [CDU])

- Ich meine das parteiübergreifend, Herr Biallas. Das habe ich auch so gesagt.

(Beifall bei der LINKEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wir sind da!)

- Aber Sie sind ja da. Insofern kann jetzt gar nichts schiefgehen.

Meine Herren, meine Damen, allein die Überschrift ist Programm: Modernisierung des niedersächsischen Beamtenrechts. Das niedersächsische Beamtenrecht zu modernisieren, wird mit diesem Gesetz auf die Schiene gebracht. Aber es werden noch weitere Waggons folgen müssen. Durch die Föderalismusreform I sind die Kompetenzen im öffentlichen Dienstrecht zwischen Bund und Ländern grundlegend neu geordnet worden. Regelungen zu Statusangelegenheiten liegen als konkurrierende Gesetzgebung beim Bund. Für das Besoldungs-, Versorgungs- und Laufbahnrecht sind die Länder zuständig. Dass sich die norddeutschen Länder zu diesem ergänzenden Landesbeamtengesetz zusammengeschlossen haben - darauf hat Herr Wiese schon hingewiesen -, um damit eine dienstherrenübergreifende Mobilität zu sichern und Wettbewerbsrennen zu vermeiden, ist erwähnenswert und ein richtiger Schritt.

(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Die bisherigen vier Laufbahngruppen wurden in zwei Gruppen neu geordnet. Dadurch ist eine größere Durchlässigkeit der unteren und mittleren Gruppen gegeben. Meine Herren, meine Damen, dies kann nur ein erster Schritt sein. Mittelfristig ist eine Laufbahngruppe, so wie in Bayern vorgesehen, einzurichten.

Dass die Mindestaltersgrenze von 27 Jahren wegfällt, ist richtig. Die allgemeine Probezeit von drei

Jahren ist unseres Erachtens hingegen zu lang. Zwei bzw. zweieinhalb Jahre wären ausreichend.

An dieser Stelle sei mir ein kleiner Seitenhieb erlaubt: Bei der nächsten Änderung des Gesetzes wäre mir eine neue Überschrift des § 49 sehr wichtig. Sie lautet jetzt „Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken“. Dies sollte meiner Meinung nach um den Klammerzusatz „Ausnahme: einmal China hin und zurück“ ergänzt werden.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei der LINKEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU] - zur SPD -: Ein- mal Wien hin und zurück! Herr Schrö- der! Soll ich das mal rausholen?)

Besonders freue ich mich über die Regelungen für familienfreundlichere Arbeits- und Beurlaubungszeiten sowie darüber, dass es nun möglich ist, unterhälftige Teilzeitbeschäftigung zu gewähren. Damit steigt die Attraktivität des öffentlichen Dienstes insbesondere für Frauen.

Wir begrüßen ausdrücklich die Schaffung von Flexibilisierungsmöglichkeiten dort, wo sie Menschen unterstützen, Arbeit, Familie und Freizeit individuell zu gestalten. Eine solche Möglichkeit wäre auch eine unbefristete Altersteilzeitregelung. Zurzeit ist Altersteilzeit nur noch bis zum Ende dieses Jahres möglich. Da ein Hinausschieben der Altersgrenze um bis zu drei Jahre gestattet werden kann, wäre es mehr als recht und billig, auch weiterhin Altersteilzeit zu gewähren. In der Ihnen vorliegenden Drucksache 655 liefert die Landesregierung selbst dazu die Begründung. Ich zitiere:

„Die Altersgrenze ist im Übrigen auch deshalb möglichst flexibel auszugestalten, um den Beamten und Beamtinnen hierbei individuelle Freiräume zur persönlichen Lebensgestaltung zu geben.“

Daher müssten meines Erachtens nicht nur flexible Altersgrenzen, sondern auch Altersteilzeit möglich sein.

(Beifall bei der SPD)

Dass die Landesregierung dort Fantasie hat, wo es in ihren Planungen vonnöten ist - aber wirklich nur dort -, hat sie bewiesen. Mit der Einrichtung des neuen Amtes „Leiter des Bereiches Datenschutzaufsicht im nicht öffentlichen Bereich“ und dessen Unterbringung in der Besoldungsordnung B ist sie wieder einmal den Beweis angetreten: Wer der Landesregierung zu unbequem wird, dem wird

quasi über Nacht eine Sonderbehandlung verordnet.

Ich komme zum Beginn meiner Rede zurück: Dieses Gesetz ist der Anfang. Es gibt dem öffentlichen Dienst die Möglichkeit, mit der Beamtenschaft zeitgemäßer und etwas mehr auf Augenhöhe zu verhandeln. Daher wird meine Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Dazu beigetragen haben die gute Unterstützung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes sowie einige Beamte des Innenministeriums, denen ich herzlich für ihre Arbeit danke.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Rübke. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst etwas Grundsätzliches zu diesem Gesetzentwurf sagen. Beim Durchlesen ist mir immer wieder Folgendes aufgefallen: Überall dort, wo es spannend und interessant wird, hört dieses Gesetz eigentlich auf. Dort steht dann „Das Nähere wird durch Verordnung geregelt“. Das zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Gesetzentwurf. Diese Verordnungsermächtigung bezieht sich auf alle möglichen Fragen, die man durchaus auch direkt im Gesetz hätte regeln können, z. B. die Dauer des Vorbereitungsdienstes, die Höchstaltersgrenze für den Vorbereitungsdienst, die Verlängerung der Wochenarbeitszeit in § 60 Abs. 5 oder auch die Beihilfe. Schaut man sich allein die Vorschriften über die Beihilfe an, weil man wissen will, wann der Dienstherr zur Gewährung gesundheitlicher Leistungen verpflichtet ist, wird man lediglich auf die noch gar nicht vorliegende Verordnung verwiesen.

Hinzu kommt noch eine Besonderheit: Während Verordnungen normalerweise durch die Landesregierung erlassen werden, ist in diesem Gesetzentwurf an mehreren Stellen festgelegt, dass die Verordnungen vom zuständigen Ministerium erlassen werden. Bei der Beihilfe müssen das Finanzministerium und das Innenministerium lediglich ein Einvernehmen herstellen, und schon ist die Verordnung fertig.

Ich frage mich bei dieser Gelegenheit grundsätzlich, warum alles durch Verordnungen geregelt werden muss. Schließlich beständen auch noch andere Möglichkeiten.

Bisher gibt es nach Artikel 30 Abs. 5 des Grundgesetzes die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Artikel 33, Herr Kollege!)

- Artikel 33 Abs. 5. Entschuldigung; ich habe mich versprochen. - Dieser Artikel 33 Abs. 5 ist allerdings durch die Föderalismusreform geändert worden. Bisher lautete er:

„Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln.“

Jetzt ist dieser Satz um die Wörter „und fortzuentwickeln“ ergänzt worden. Mit dieser Klausel kann man die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die im Arbeitsrecht im Allgemeinen, europaweit betrachtet, eine deutsche Besonderheit darstellen und gar nicht richtig in die europäische Landschaft passen, etwas europafreundlicher den allgemeinen Standards anpassen. Zu diesen allgemeinen Standards gehört, dass die Arbeitsbedingungen, wie es auch im Recht der Angestellten geschieht, durch Tarifvertrag geregelt werden. Dazu gibt das Beamtenstatusgesetz des Bundes durchaus auch eine Handhabe. Dort heißt es nämlich:

„Das Beteiligungsverfahren kann auch durch Vereinbarung ausgestaltet werden.“

Damit ist immerhin eine Tür geöffnet worden, die auch den neuen Artikel 33 Abs. 5 GG als Hintergrund hat.

Der uns heute zur Beschlussfassung vorliegende Gesetzentwurf fällt demgegenüber zurück.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn die Beteiligung der Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände in § 96 beschränkt sich auf ein reines Anhörungsrecht. Es ist nicht die Möglichkeit eröffnet, quasi Tarifverträge oder Vereinbarungen zu schließen. Das Beamtenstatusgesetz hätte uns diese Möglichkeit gegeben. Das ist schon einmal ein Punkt, an dem ich der Meinung bin, dass dieser Gesetzentwurf sehr

konservativ ist und hinter die Möglichkeiten zurückfällt.

Ich will aber auch etwas Positives über diesen Gesetzentwurf sagen: In § 35 ist die Altersgrenze auf im Regelfall 65 Jahre festgeschrieben. Das stellt für mich einen Fortschritt gegenüber der Rente mit 67 Jahren dar. Das Bundesgesetz, mit dem die Rente mit 67 Jahren eingeführt wurde, sollte möglichst schnell wieder beseitigt werden. Wenn wir in Niedersachsen im Beamtenrecht die Altersgrenze auf 65 Jahre festlegen, gibt uns dies Argumente für das Einklagen der Gleichbehandlung und die Wiedereinführung der Rente mit 65 Jahren an die Hand.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rente mit 67 Jahren ist nämlich Unsinn, weil kaum jemand dieses Rentenalter erreichen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Ergebnis läuft die Rente ab 67 Jahren nur auf Rentenkürzungen hinaus. Vor dem Hintergrund, dass jemand mit 50 Jahren schon keinen Arbeitsplatz mehr findet, frage ich mich: Wie soll er denn mit 66 Jahren eigentlich noch einen Arbeitsplatz finden können?

Nachteilig am bisherigen Gesetzentwurf ist auch die Festlegung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden. Nach unserer Meinung sollten die Beamten nicht schlechter gestellt werden als die Angestellten, die 39 Stunden arbeiten müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

In Zeiten der Arbeitslosigkeit brauchen wir Arbeitszeitverkürzungen und nicht Arbeitszeitverlängerungen. Das gilt für Beamte wie für Angestellte.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Altersteilzeit ist unzureichend geregelt. In § 63 ist vorgesehen, sie ab einem Alter von 55 Jahren und bei den Lehrern ab einem Alter von 59 Jahren zu ermöglichen. Das halten wir für eine Ungerechtigkeit.

Ein letzter Satz: Dass es jetzt zwei Laufbahnen gibt - statt einer Laufbahn wie in Bayern -, finden wir ebenfalls nachteilig.