Herr Präsident! Verehrte Kollegen! Als Abgeordneter aus dem betroffenen Landkreis Leer kann ich, glaube ich, ganz gut beurteilen, wie die Stimmung bei der Bevölkerung, bei den Grundstückseigentümern und bei den betroffenen Menschen vor Ort ist. Nach den ersten PCB- bzw. Dioxinfunden ist natürlich eine erhebliche Betroffenheit entstanden, und es sind viele Fragen aufgeworfen worden. Vor allem wird jetzt von allen Beteiligten erwartet, dass sie mit den Funden und Erkenntnissen sehr sorgsam umgehen.
Lieber Kollege Meyer, ich finde, Ihr Versuch, die Überschreitungen der Grenzwerte für Dioxin an der Ems parteipolitisch zu instrumentalisieren, ist - Frau Stief-Kreihe hat sinngemäß gesagt: grenzwertig - komplett daneben.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Dieses Totschlagargument holen Sie immer raus, wenn Ihnen irgendetwas nicht passt!)
Der Vorwurf gegenüber der Landesregierung, sie würde verschleiern, etwas verheimlichen und die Leute vor Ort täuschen, ist haltlos und durch überhaupt gar nichts zu belegen.
Das Landwirtschaftsministerium hat gemeinsam mit den Beteiligten vor Ort die Verantwortungsgemeinschaft Ems gegründet. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten erleben können, dass nach der Prüfung von Ergebnissen, Messwerten und anderem mehr alle Daten in einem sehr transparenten Verfahren veröffentlicht und der Allgemeinheit, der Verantwortungsgemeinschaft sowie dem Landtag zugänglich gemacht worden sind. Das ist ein vorbildliches Verfahren, wie ich finde. Das zu kritisieren, ist schon ein bemerkenswerter Vorgang,
zumal Sie, Herr Meyer, bei einer Veranstaltung vor Ort behauptet haben, dass diverse Erkenntnisse und Informationen nicht zugänglich gewesen seien. Sie haben aber aus den Unterlagen zitiert, mit denen Sie und die Verantwortungsgemeinschaft über die Messwerte und Ergebnisse informiert
worden sind, die Sie angeblich einfordern wollen. Übrigens sind diese Unterlagen im Internet für jedermann einsehbar eingestellt. Ich überlasse Ihnen gerne die Internetadresse und lasse Ihnen gerne die Unterlagen zukommen, wenn Sie mir Ihre E-Mail-Adresse geben.
Ich möchte deutlich machen, dass das, was Sie vor Ort behauptet haben, und die Panikmache, die Sie versucht haben, zu verbreiten, jeder Grundlage entbehren.
Die Fakten sind andere. Im Frühjahr 2007 wurden bei der Untersuchung von Futtermittelproben aus Überschwemmungsgebieten der Ems überschrittene Grenzwerte von dioxinähnlichen polychlorierten Biphenylen, kurz dI-PCBs, festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt dienten die Flächen weder der Beweidung noch der Futtermittelproduktion. Es hat also keine Gefährdung von Menschen, von Verbrauchern bestanden.
Im Frühjahr 2008 wurden erneut Proben genommen. Diese überschritten zum zweiten Mal die Grenzwerte. Die Reaktion der Landesregierung erfolgte prompt und zielgerichtet: Es wurde sofort vor dem Verzehr von Schafsleber gewarnt, auch auf der Basis früherer Erkenntnisse und Erfahrungen.
Sicherheitshalber wurden sofort die Weiden, die betroffen waren, mit einem Weide- und Fütterungsverbot belegt. Die Schlachtung von Rindern und Schafen muss seither für diese Flächen angemeldet werden. Damit wurde verhindert, dass eventuell belastete Fleischmengen in den Verzehr gelangen. Aufgrund der untersuchten Proben von Milch und Fleisch konnte sehr schnell Entwarnung gegeben werden. Es ist also nicht zu einer Gefährdung von Verbrauchern gekommen.
(Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist falsch! Grenzüberschreitung bei fünf von sechs Proben! Höchstwertüber- schreitung bei Rindfleisch! - Gegenruf von Clemens Große Macke [CDU]: Sie müssen einmal zuhören! - Gegen- ruf von Christian Meyer [GRÜNE]: Sie sind nicht informiert!)
Am 19. August 2008 hat die CDU-Landtagsfraktion die Landesregierung gebeten, den Agrarausschuss des Landtages zu informieren. Das ist umfassend und lückenlos geschehen.
Aus meiner Perspektive ist heute eines klar: Es waren zu keiner Zeit Menschen gefährdet. Es hat keine Verschleierung gegeben. Es hat keine Täuschung gegeben, sondern es hat ein sehr verantwortungsvolles Handeln dieser Landesregierung im Umgang mit Messwerten gegeben.
- - - dass die Wissenschaftler momentan schlicht und ergreifend ratlos sind, dass die Messwerte, die dort vorgefunden wurden, nicht erklärbar sind, in sich nicht schlüssig sind, dass es bisher keine wissenschaftliche Erklärung für die PCB- und Dioxinbelastung, die dort festgestellt wurde, gibt. Wir stehen also vor einem Rätsel.
Natürlich fordern wir ein, dass es aufgeklärt wird. Natürlich leistet die Landesregierung dazu ihren Beitrag. Sie aber verbreiten Panik, indem Sie in Nr. 5 des Antrags fordern: Dioxinfunde haben erkennbar eine Ursache, nämlich die Ems, und deswegen ist der Emsstau zu untersagen. - Herr Meyer, Sie sind offenbar schlauer als alle beteiligten Wissenschaftler. - Ferner blenden Sie aus - in dem Entschließungsantrag sprechen Sie ja den Stau von Ende September letzten Jahres an -, dass bei diesem Sommerstau von vornherein gar nicht geplant war, die betroffenen Flächen mit zu überschwemmen. Sie wurden gar nicht überschwemmt.
Übrigens hat mir vor Kurzem ein Deichrichter Folgendes gesagt: Leev Ulf Thiele, dots mir een Gefallen: Segen Se de Meyer mol, datt de Flächen wintig- bit dartig mol in’t Johr bie Hochwater so oder so överschwemmt wordn, und of dor een- oder tweemal mehr Water över kumpt, speelt överhapt kien Ruhl för disse Flächen.
Auf Hochdeutsch: Die Flächen werden bei Hochwasser natürlicherweise immer wieder überschwemmt, und der Sommerstau spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Aber Sie, Herr Meyer, haben das als Grundlage für eine Kampagne gegen die Meyer-Werft, gegen 10 000 Arbeitsplätze in der Region genutzt.
Das ist unredlich, das ist unanständig. Das hat mit Verbraucherschutz und verantwortungsvollem Umgang mit diesen Fragen nichts zu tun.
- Die kann ich Ihnen auch liefern, wenn Sie wollen. Aber Sie haben das schon verstanden. Übrigens ist das Plattdeutsche in der Europäischen Sprachencharta verankert. Ich habe also das Recht, meine Rede in Teilen oder vollständig auf Plattdeutsch zu halten.
Wir als die die Landesregierung tragenden Fraktionen erwarten von der Landesregierung eine wissenschaftliche Analyse der Schadstoffquellen, einen transparenten Umgang mit den vorgefundenen Daten, eine regelmäßige Information der Öffentlichkeit und der Verantwortungsgemeinschaft, den Schutz der Verbraucher und einen fairen Umgang mit den Eigentümern. Wir sind der Auffassung, dass die Landesregierung dem in vollem Umfang gerecht wird.
Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Meyer von den Grünen gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thiele, Sie sind es, die Arbeitsplätze gefährden, nämlich dadurch, dass Sie Dioxinprobleme ignorieren, aussitzen und EU-Vorgaben nicht einhalten.
Ich will bei der Sache bleiben. Ich habe Sie danach gefragt, und Sie haben gesagt, es gibt keine Zusammenhänge mit dem Sommerstau. Das haben Sie im Plenum und in der Presse gesagt. Sie haben gesagt, die Unterlagen stehen im Internet zur Verfügung. Ich möchte daraus zitieren. Ihre Experten vom LAVES kommen aus dem Ergebnis der Werte bei den Bodenbelastungen, fünfmal so hoch innerhalb des Überflutungsbereichs als außerhalb, zu der Schlussfolgerung:
„Daraus resultiert die … Schlussfolgerung, dass Einträge über den Wasserpfad an der Ems offensichtlich höhere Schadstoffgehalte bedingen als über den Luftpfad.“
Ich sage ja nicht, dass die Schiffe das Dioxin da hingebracht haben, aber es ist Fakt - und das sagt das LAVES auch -, dass die Überschwemmungen in diesen Gebieten die Dioxinbelastungen erhöhen und verschärfen. Und das wiederum hat z. B. dazu geführt, dass innerhalb von drei Tagen auf den gleichen vier Flächen, auf denen auch Rinder geweidet haben - das steht auch in den Unterlagen -, die Dioxinbelastung vor dem Sommerstau unter dem Grenzwert lag, danach komplett über dem Grenzwert. Wenn man diesen Fakt, nämlich dass es überproportional zu einer Steigerung kommt, ignoriert und in dieser Richtung nicht forscht und nicht kritische Wissenschaftler einbezieht wie die, die ich Ihnen genannt habe,
Sie haben auch nicht recht, wenn Sie sagen, dass es kein Problem beim Rindfleisch gibt. Ich habe es Ihnen eben gesagt: Bei fünf von sechs Proben liegt der PCB-Wert über dem Auslösewert.