Protokoll der Sitzung vom 25.03.2009

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern können wir Leben retten und Schulen sicherer machen, wenn wir endlich aufhören, diesen kindischen Waffenkult zu betreiben. Lassen Sie uns gerne über Werte reden! Die CDU redet sehr gerne über Werte in diesem Staat. Wir können sehr intensiv über richtige und falsche Werte

in dieser Gesellschaft reden. Falsche und echte Waffen sollten wir aus unseren Häusern endgültig verbannen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nächster Redner ist Herr Adler für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann an das anschließen, was der Kollege Briese eben zu Recht gesagt hat. Auch für unsere Fraktion ist das, was sich in Winnenden abgespielt hat, unfassbar. Es gibt dafür keine einfachen Erklärungen. Aber man muss Fragen stellen. Wahrscheinlich kann man nicht die Frage stellen, ob man Amokläufe verhindern kann. Aber man muss die Frage stellen, welche Strukturen wir schaffen müssen, um so etwas immer unwahrscheinlicher zu machen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Daraus ziehen wir für uns drei Lehren.

Die erste Lehre ist: Gewalt muss in der Gesellschaft und im gesellschaftlichen Bewusstsein geächtet werden. Es muss die Erkenntnis Platz greifen, dass man mit Gewalt keine Probleme lösen kann. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Das betrifft auch die Erziehung. Deshalb kann ich z. B. nicht verstehen, wenn unsere Kultusministerin es laut Nordsee-Zeitung vom 14. November 2008 möglich machen will, den Schießsport in den Unterricht einzuführen:

„Der Schießsport fördere Ausdauer und Konzentration, so die Ministerin: ‚Das wirkt sich positiv auf Kinder und Schule aus.’“

Der Vorsitzende des Bezirksschützenverbandes Bremerhaven-Wesermünde hatte vorher mit dem früheren Kultusminister darüber gesprochen. Herr Minister Busemann hatte gesagt: „Mit mir nicht.“ - Völlig zu Recht.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt’s: Nach dem Gespräch mit Frau Heister-Neumann sagte er laut dieser Pressemeldung: „Das war ein ganz anderer Zungenschlag.“ - So

äußerte sich die Ministerin. Darüber muss man einmal nachdenken.

Wenn ich sage, mit Gewalt kann man keine Probleme lösen, dann gilt das auch für die großen Probleme. Gestern vor zehn Jahren begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien. Damals wurde bombardiert. 1 500 Zivilopfer sind zu beklagen. Auch damals war man der Meinung, man könne mit Bomben Probleme lösen. Natürlich hat es im Kosovo ganz schlimme Probleme gegeben.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Ach, es hat ganz schlimme Probleme ge- geben? Hat es nicht Völkermord und ethnische Säuberungen gegeben? Da ist die DKP wieder!)

Aber die Probleme wurden nur ausgetauscht.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Völker- mord war das!)

- Das will ich nicht verniedlichen. Ich will Ihnen nur sagen, dass die Probleme, die anschließend entstanden sind, mindestens genauso groß sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn es werden jetzt Serben und Roma aus dem Kosovo vertrieben, und der Nationalismus hat im Kosovo neue Blüten getrieben. Das ist das Ergebnis dieser Gewaltanwendung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Schlussfolgerung ist: Schüler brauchen Hilfe und Beratung, wenn sie Probleme haben. Diese Landesregierung hat die Zahl der Schulpsychologen in Niedersachsen drastisch reduziert. Es gibt nur noch 36 Schulpsychologen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Schluss- licht!)

- Richtig, Schlusslicht. - Die neuesten Beschlüsse der Landesregierung gehen dahin, die Beratungslehrerstunden um 60 % zu reduzieren.

(Heinz Rolfes [CDU]: Es ist schlicht falsch, was Sie sagen!)

Dafür tragen die Kultusministerin und der Ministerpräsident - man muss jetzt immer beide nennen - die Verantwortung.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist angesichts der Vorgänge, die wir erlebt haben, unverantwortlich, die Beratungslehrerstunden zu kürzen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Sie werden ja gar nicht gekürzt! Behaupten Sie das doch nicht! - Reinhold Hilbers [CDU]: Bei der Wahrheit bleiben!)

Die dritte Schlussfolgerung, die ich ziehe: Herr Briese hat darauf hingewiesen, dass es in privater Hand 20-mal mehr Waffen als bei der Polizei gibt. Das Waffengesetz müsste geändert werden. Es ist nicht einzusehen, warum Sportschützen und Jäger Waffen zu Hause halten können.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Wo denn sonst?)

- Die sollen in gesicherten Arsenalen sein, da, wo geschossen wird, und nicht zu Hause in der Wohnung.

Nach dem bestehenden Waffengesetz müssen Waffen zu Hause in abgeschlossenen Bereichen gehalten werden. Aber es ist nur eine Ordnungswidrigkeit, dagegen zu verstoßen. Nun sagen Sie mir einmal, wie diese Ordnungswidrigkeit sinnvollerweise verfolgt werden soll.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Auf- bewahrung muss auch nicht nachge- wiesen werden!)

Da müsste man ja ständig Hausdurchsuchungen machen. Das funktioniert nicht.

Es ist einfach gefährlich, Waffen in privaten Wohnungen herumliegen zu lassen. Wenn sie schon - z. B. von Sportschützen - genutzt werden, dann gehören sie in gesicherte Arsenale, da, wo geschossen wird, und nicht in die Wohnungen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat sich Herr Bartling von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ablauf der Debatte macht deutlich, dass diejenigen, die diese Aktuelle Stunde beantragt haben, sich das anders hätten überlegen sollen.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Wenn Sie Ihrem eigenen Anspruch gerecht werden wollen - Sie sagen, es gibt für so etwas keine eindimensionale Erklärung -, dann können Sie das nicht mit Bezug auf Waffen zu einer Aktuellen Stunde machen.

(Zustimmung bei der SPD sowie Bei- fall bei der CDU und bei der FDP)

Hinzu kommt, dass Sie sie am Montagmorgen vor 12 Uhr angemeldet haben, als Sie wussten, wohin ein großes Magazin mit seiner Titelgeschichte marschiert. Ich halte eine solche Auseinandersetzung auf dieser Basis für völlig unangemessen.

(Zustimmung bei der SPD sowie Bei- fall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, natürlich muss man danach darüber reden, wie man mit Waffen umgeht, ob man Verbote verschärft. Ich bin immer noch nicht bei dem Ergebnis, dass das etwas erreicht, weil es in unserer Gesellschaft nicht nur legale, sondern auch noch gleich viele illegale Waffen gibt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Legale Waffen kriegen die Schüler aber schneller!)

Meine Damen und Herren, man kann auch darüber diskutieren, ob Killerspiele verboten werden sollten. Aber dazu sagen mir Menschen, die etwas davon verstehen: Da kann noch so viel verboten werden, die Jugendlichen sind in der Lage, sich die Spiele herunterzuladen, und dann können sie wieder genauso spielen wie vorher.