Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

(Beifall bei der SPD)

Es besteht auch eine große Chance, mit diesem Gesetz nach der Verwaltungsreform einen großen Mangel zu beheben - das wird von vielen Eigen

tümern immer wieder erläutert -: Wir brauchen eine sogenannte Clearingstelle, die im Streitfall zwischen unterer Denkmalschutzbehörde und Denkmaleigentümer vermittelt. Zurzeit muss ein Denkmaleigentümer im Widerspruchsfall das Oberverwaltungsgericht anrufen und z. B. seinen Landrat oder seine Landrätin verklagen. Das schränkt Privateigentümer doch sehr ein. Wir meinen, dass über eine Clearingstelle der Gang zum Gericht vermieden werden und das schon oft angesprochene Engagement von privaten Baudenkmaleigentümern erheblich gestärkt werden kann. Denn ehrenamtliches Engagement - das hat die Kollegin Polat völlig richtig beschrieben - ist auch in der Denkmalpflege und Archäologie ausdrücklich zu begrüßen. Darauf kann nicht verzichtet werden.

Die gesetzlich notwendige Arbeit kann das Ehrenamt aber nicht ersetzen. Auch darauf möchte ich hinweisen. Der Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen sieht vor, das Ehrenamt zu stärken und Denkmalbeiräte auch auf kommunaler Ebene einzurichten. Meiner Meinung nach muss das mit den Kommunen aber sehr genau besprochen werden. Denn ohne eine gewisse finanzielle Unterfütterung dieser ehrenamtlichen Räte kann die Arbeit in den Kommunen nur schwer realisiert werden. Wir alle kennen die finanzielle Situation der Kommunen im Land Niedersachsen. Wir sollten aufpassen, dass wir nicht eine Denkmalpflege nach Kassenlage bekommen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Wir sind sehr gespannt auf die Debatte im Ausschuss und auf die Anregungen der Regierungsfraktionen zu diesem Thema. Wir möchten über eine Anhörung die Impulse und Anregungen der vielen Verbände - z. B. des Niedersächsischen Heimatbundes und des Grundbesitzerverbandes - und vor allem auch der Kommunen einarbeiten. Ohne eine ordentliche Einbindung der Kommunen ist eine moderne und sachgerechte Denkmalpflege in Niedersachsen sicherlich nicht zu leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Der nächste Redner, meine Damen und Herren, ist Herr Riese von der FDP-Fraktion.

Verehrtes Präsidium! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen guten Abend! Die einbringende Fraktion trägt vor, sie wolle den Verwaltungsaufwand beim Denkmalschutz mit ihrem Gesetzentwurf verringern. Sie behauptet, sie wolle die Stellung der unteren Denkmalschutzbehörden stärken, und sie gibt an, sie wolle die Interessen der Verfügungsberechtigten stärker berücksichtigen.

So lobenswert diese Ziele klingen: Der vorgelegte Gesetzentwurf, liebe Frau Polat, ist dazu nicht in der Lage. Er will dies auch gar nicht, sondern marschiert genau in die entgegengesetzte Richtung. Sie haben aus Gründen, die Sie uns vielleicht noch erläutern werden, das bestehende Gesetz des Bundeslandes Brandenburg genommen, es mit wenigen Einsprengseln aus dem geltenden niedersächsischen Gesetz sowie demjenigen des Landes Rheinland-Pfalz versehen, es teilweise auf niedersächsische Verhältnisse angepasst und sich dabei einer sehr oberflächlichen Redaktion bedient - bereits auf den ersten flüchtigen Blick springen Systemfehler ins Auge.

Doch zu den Details: Sie nehmen schlankweg paläontologische Zeugnisse in den Denkmalschutz auf. Somit wird Denkmal nicht nur das Zeugnis menschlicher Kreativität und Geschichte, sondern zugleich jegliche Emanation der Naturgeschichte. Die Auswirkungen dieser Erweiterung sind unabsehbar und dürften in der Tat für Diskussionen im Ausschuss sorgen. Das Nämliche gilt für die Aufnahme historischer Kulturlandschaften: Wo fangen diese an, wo hören diese auf?

Meine Damen und Herren, die Grünen mögen offenbar keine Eigentümer. Sonst wäre es nicht erklärlich, dass sie mit Fleiß die Vorschrift entsorgt und endgelagert haben, derzufolge der Eigentümer über die Eintragung oder Löschung seines Denkmales aus der Denkmalliste unterrichtet wird. Wie sollte Ihrer Auffassung nach ein Verfügungsberechtigter der Denkmalschutzbehörde drei Monate vor der geplanten Veräußerung eines eingetragenen beweglichen Denkmals diese anzeigen? Solche Planungszeiträume sind völlig weltfremd. Hier haben Sie das brandenburgische Gesetz geradezu pervertiert.

Sie wollen außerdem die Enteignung ermöglichen, bloß um ein Denkmal allgemein zugänglich zu machen.

Vollständig unklar bleibt dem geneigten Leser, wozu die Einteilung der Denkmale in Denkmale von landesweiter und von regionaler Bedeutung gut sein soll. Rechtsfolgen leiten sich daraus im Gesetzentwurf nicht ab. Wenn die Gemeinde Denkmalbereiche nur im Einvernehmen mit der Denkmalfachbehörde durch Satzung unter Schutz stellen soll, stellt dies nicht eben eine Stärkung der unteren Denkmalschutzbehörde dar. Bund und Land müssen nach Ihrem Entwurf das Einvernehmen mit der Denkmalschutzbehörde für erlaubnispflichtige Maßnahmen an Denkmalen herstellen. Im Verfahren stellen Sie dann auf einmal auf das Benehmen ab. Sie erzeugen ein unklares Zuständigkeitsgeflecht zwischen der unteren, der obersten und der wieder neu eingeführten oberen Denkmalschutzbehörde.

Besonders eigentümerunfreundlich ist die Verschärfung bei Fristen und Ordnungsmaßnahmen. Der Behörde geben Sie - Frau Polat, Sie haben es gesagt - drei Monate Zeit, um über Anträge zu entscheiden. In Brandenburg allerdings, wo Sie abgeschrieben haben, ist es - sehr bürgerfreundlich - nur ein Monat. Die Erlaubnis hingegen soll bei Ihnen nur für zwei Jahre gelten, während es in Brandenburg vier Jahre sind. Die weise Bestimmung, dass Erhaltungsmaßnahmen nicht verlangt werden können, soweit die Erhaltung den Verpflichteten wirtschaftlich unzumutbar belastet, fehlt in Ihrem Entwurf.

Meine Damen und Herren, Sie glauben nicht, dass Besitzer und insbesondere Erwerber denkmalgeschützter Gebäude selbst das größte Interesse an einem denkmalgerechten Erhalt haben. Ihr Gesetzentwurf erhöht die Hürden für den Erhalt von Denkmalen, obwohl es uns doch gerade darum gehen muss, diese abzusenken.

Ihre Ansätze, gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement für den Denkmalschutz zu aktivieren, sind marginal und werden durch neue, überraschend enge Regelungen erstickt. Wie immer setzen Sie auf den Staat anstatt auf die Bürger.

Meine Damen und Herren, die erwähnte Rote Mappe des Niedersächsischen Heimatbundes hat sich tatsächlich sehr intensiv mit dem Denkmalschutz beschäftigt. Ein unrühmliches Beispiel für den Umgang mit Denkmalen ist dabei das Neptunhaus aus meiner Heimatstadt Emden. Dieses Haus, ein repräsentativer Nachkriegsbau im Eigentum der Stadt Emden, galt bei Fachleuten unstreitig als Denkmal, war jedoch nicht in die Denkmal

liste eingetragen. Die Einheit von unterer Denkmalschutzbehörde und Eigentümer verhinderte hier die Anerkennung als Denkmal und dessen Erhalt. Die Stadt hatte als Eigentümerin über Jahrzehnte nicht für einen vernünftigen Substanzerhalt gesorgt. Falls es hier jemand nicht wissen sollte: Die Mehrheit liegt dort in den Händen der SPD.

(Jens Nacke [CDU]: Das wollen wir gar nicht wissen!)

In einem Eilverfahren hat der Rat dem Abriss zugestimmt, und das Land sah sich nach diesem Ratsbeschluss nicht mehr in der Lage, die Denkmaleigenschaft zu prüfen und die Stadt an ihre Verpflichtungen aus dem Denkmalschutzgesetz zu erinnern. Ihr Gesetzentwurf, verehrte grüne Kollegen, hätte diesen bedauerlichen Verlust eines Denkmals nicht verhindert, allein schon deshalb nicht, weil die Stadt Emden den Antrag auf Abriss bei sich selbst hätte einreichen müssen. Nebenbei: Schon das geltende niedersächsische Gesetz verlangt für den Schutz explizit nicht die Eintragung in die Denkmalliste.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen wird zu notwendigen und interessanten Diskussionen im Fachausschuss führen. Da er jedoch im Ansatz fehlgeht, wird er keine Mehrheit des Landtages finden.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Filiz Polat [GRÜNE]: Schade! - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Gut, dass Sie das jetzt schon wissen!)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist Herr Nacke von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die Zeit möchte ich es bei einigen wenigen Anmerkungen bewenden lassen.

(Daniela Behrens [SPD]: Wo ist denn Herr Toepffer?)

Frau Kollegin Polat, ich habe den Eindruck, dass hier ein bisschen der Trick 17 für „Oppositionsarbeit leicht gemacht“ angewendet wurde: Man hört ein bisschen hin, man bekommt ein paar Informationen, was die Landesregierung vorhat. Dann bringt man einen Gesetzentwurf ein, um nachher sagen zu können: Wir haben das auf den Weg gebracht. - Das ist verständlich, das haben andere auch schon so gemacht. Das ist auch in Ordnung.

(Zustimmung bei der CDU)

Natürlich werden wir uns mit dieser Thematik beschäftigen, das wissen Sie.

Frau Behrens, ich habe am Anfang Ihrer Rede schon gedacht, Sie machen ein bisschen Wahlkampf, aber Sie haben dann noch die sachliche Kurve gekriegt. Das fand ich ganz in Ordnung.

Ich kann mich in vielen Punkten dem anschließen, was Herr Riese gesagt hat. Wir werden über diesen Gesetzentwurf diskutieren, sicherlich werden dabei auch noch andere Punkte aufgeworfen werden. Es sind interessante Ideen dabei, einige Punkte sind aus unserer Sicht aber nicht umsetzbar.

Bei einigen Vorschlägen wundern wir uns auch, dass sie von den Grünen kommen. Zum Beispiel hat der Repressionsgedanke starken Einfluss genommen - Stichworte „Verdoppelung der Anzahl der Ordnungswidrigkeiten“, „Betretungsrechte“ und „Enteignungsrechte“ - ohne Richtervorbehalt. Dass diese Punkte von den Grünen aufgenommen worden sind, ist interessant. Die Kommunen sollen mehr belastet, der Verwaltungsapparat extrem verstärkt werden - so macht man keine moderne Politik und keine modernen Gesetze.

Sie sprechen von dem Besitzer, dem Entdecker und dem Verfügungsberechtigten. Es gibt aber auch Entdeckerinnen, Besitzerinnen und Verfügungsberechtigte. Ausgerechnet die Grünen haben vergessen, die weiblichen Formen in ihrem Gesetzentwurf einzuführen - das ist bemerkenswert und interessant -, obwohl wir es doch in Niedersachsen anders handhaben.

Wir werden uns dem Denkmalschutz zuwenden, das ist gar keine Frage. Wir werden den Gesetzentwurf ausführlich beraten; da wird etwas kommen. Ob dieser Gesetzentwurf oder eine andere Vorlage die Grundlage unserer Beratungen sein wird, lassen wir jetzt einmal dahingestellt sein. Es muss ja auch etwas geben, worüber Sie sich über den Sommer hinweg freuen können.

Herzlichen Dank; ich freue mich auf die Beratung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird eine Diskussion über die Anforderungen an einen modernen Denkmalschutz eröffnet. Das ist zu begrüßen. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit will ich nicht die berechtigte Kritik am Istzustand wiederholen, sondern ein paar neue Aspekte ansprechen.

Aus unserer Sicht halte ich es für zentral, dass künftig viel stärker als bisher der gesamtgesellschaftliche Kontext des Denkmalschutzes berücksichtigt werden muss. Es geht dabei um Anforderungen an die städtebauliche Entwicklung, die Baukultur und die gerade in Niedersachsen gestiegene Bedeutung der Archäologie sowie um die internationalen Anforderungen an den Schutz des Weltkulturerbes. Wir begrüßen in diesem Zusammenhang, dass im vorliegenden Gesetzentwurf die UNESCO-Welterbekonvention Berücksichtigung findet und damit auch einer Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ Rechnung getragen wird. Dass hier auch der Bund in der Verantwortung ist, ist unstrittig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ebenfalls ist zu begrüßen, dass die Neufassung der Grundsätze des Denkmalschutzes die Belange der Behinderten berücksichtigen möchte. Das ist eine Verbesserung gegenüber dem Status quo. Aus unserer Sicht sollte in den Ausschussberatungen jedoch überprüft werden, ob die vorliegende Formulierung ausreichend ist. Kulturdenkmale, deren Sinn und Nutzung die öffentliche Bildung ist, sollten schrittweise barrierefrei gestaltet werden. In einer entsprechenden Formulierung sollten Eigentümer explizit verpflichtet werden, den Anforderungen behinderter Menschen zu entsprechen, wenn die Kulturdenkmale der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine wichtige aktuelle Diskussion wird in dem vorliegenden Gesetzentwurf leider umschifft: Regelungen zur energetischen Sanierung im Denkmalschutzbestand sind ein relativ neues Thema auch in der Bauwirtschaft, in der neue technische Lösungen der energetischen Sanierung für die Denkmalverträglichkeit entwickelt werden. Hierzu ist es nötig, dass wir in den weiteren Beratungen überprüfen, ob und wie sich die Genehmigungspraxis bei notwendigen energetischen Sanierungen durch die Denkmalbehörden gestaltet. Wir würden es begrüßen, wenn in den Grundsätzen

verankert würde, dass die Belange des Denkmal- und des Klimaschutzes gleichrangige Ziele werden. In diesem Zusammenhang sollte in § 21 bei den Erlaubnisverfahren die Nutzung der Sonnenenergie im Zusammenhang mit Baudenkmalen klar geregelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade hierzu hat es in der Vergangenheit auf der kommunalen Ebene zahlreiche Konflikte gegeben. Ein übergeordnetes Ziel ist Klimaschutz jedoch nicht, da ansonsten Denkmale in ihrer historischen Authentizität zerstört werden könnten und im schlimmsten Fall eine Abwertung der Bedeutung erfolgen könnte.

Herr Perli, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, all diese Sachfragen sollten aus unserer Sicht in einer fachlichen und sachkundigen Beratung im Ausschuss Berücksichtigung finden. Ich freue mich auf konstruktive Beratungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Stratmann, bitte!