Protokoll der Sitzung vom 26.08.2009

die Mitteilung darüber wurde ihm erst vier Tage später ausgehändigt. Bereits hier hätten Sie tätig werden müssen. Schon Ende März hätten Sie in Ihrem Hause nachforschen müssen, wie Akten an die Bild-Zeitung kommen konnten, wie man in der Zeitung nachlesen kann. Hier haben Sie nichts getan. Sie haben das unterlassen. Damit haben Sie eine Pflichtverletzung begangen. Sie gehören abgelöst! Wir beantragen sofortige Abstimmung über diesen Entlassungsantrag.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat zu diesem Tagesordnungspunkt noch eine Restredezeit von zwei Minuten. Ich erteile Frau Flauger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt kommen wir noch einmal zu der Frage, was denn die Wahrheit in der Angelegenheit, um die es hier eigentlich geht, ist.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie können es ja schlecht beurteilen! - Björn Thümler [CDU]: Haben Sie die Akten auch gelesen?)

In der Sache der gegenüber Herrn Brandt erhobenen Vorwürfe verweigern Sie die Aufhebung der Vertraulichkeit der Akten. Die Kultusministerin nimmt zu dem, was ihr hier vorgeworfen wird, überhaupt nicht Stellung.

(Björn Thümler [CDU]: Sie haben nicht zugehört!)

In einem Strafverfahren kann man die Aussage verweigern, wenn man sich selber schadet. Wir sind hier aber nicht in einem Strafverfahren. Wir sind hier in der Politik. Wenn man zu solchen Vorwürfen schweigt, räumt man im Prinzip ein, dass diese Vorwürfe gerechtfertigt sind.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Das ist unerhört und Un- fug! - Ulf Thiele [CDU]: Bildet sich hier eigentlich gerade eine Koalition aus?)

Herr Bode, wenn Sie Herrn Brandt auffordern, ganz klar zu sagen, was Sache ist, finde ich das ziemlich perfide, weil Sie genau wissen, dass Herr Brandt das nicht tun kann, weil er hier gar kein Rederecht hat.

(Jörg Bode [FDP]: Ich habe gesagt: der Öffentlichkeit!)

Nun hat meine Vorrednerin gerade aus dem Schreiben zitiert, in dem steht, es sei unzutreffend, dass Herr Brandt auch nur eine einzige Stunde schuldig geblieben ist. Das hier anzuführen ist wichtig. All diese Gründe rechtfertigen allemal, dass Sie sich öffentlich entschuldigen. Es rechtfertigt allemal, dass die Kultusministerin HeisterNeumann ihren Rücktritt erklärt. Wenn sie das nicht freiwillig tut, rechtfertigt all das, was hier vorliegt, allemal, dass Sie sie ersatzweise entlassen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Ministerpräsident Wulff, bitte schön!

(Detlef Tanke [SPD]: Ein Satz reicht!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vier Bemerkungen machen, wobei ich davon ausgehe, dass es wichtig ist, dass ich hier ausdrücklich erkläre, dass die Ministerin mein Vertrauen genießt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte vier Bemerkungen machen, die mir wichtig sind und die ganz wesentlich anders intendiert sind als das meiste dessen, was hier im Plenum gesagt worden ist.

Erste Bemerkung. Der Schuljahresbeginn 2009/2010 ist in diesem Lande höchst umstritten gewesen. Er ist aus Sicht der Landesregierung geglückt, obwohl der doppelte Abiturjahrgang seine Schatten vorauswirft, obwohl die Lehrerarbeitszeitkonten aus Ihrer Zeit ausgeglichen werden und obwohl sich der bundesweite Fachlehrermangel auch in Niedersachsen bemerkbar macht. Der Ministerin ist es gelungen, 2 300 neue Lehrer zu diesem Schuljahr einzustellen. Damit haben wir die höchste Zahl an Lehrkräften in der Geschichte des Landes.

Aber nicht nur das. Das heiß umstrittene Maßnahmenbündel in Niedersachsen, wegen dessen Sie die Ministerin seit Monaten bekämpfen, sah vor, 2 050 zusätzliche Stellen zu mobilisieren. Am Ende sind es 2 145 geworden. Damit wurden die Ziele sogar übertroffen. Das ist eine exzellente und herausragende Leistung der Ministerin.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist ein gemeinsamer Erfolg von CDU und FDP, die dafür die Mittel bereitgestellt haben. Es ist eine Leistung des Ministeriums und der Landesschulverwaltung, die in den letzten Monaten manch kritische Bemerkung bekommen hatte. Wir sind froh, dass wir in internationalen und nationalen Rankings weiter aufrücken - darauf ist hingewiesen worden -: Platz 5 bei der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft. Das hatte Niedersachsen noch nie erreicht.

Zweite Bemerkung. Diese Bemerkung meine ich sehr ernst, da ich regelmäßig Schulen besuche - außer in den nächsten Wochen, da ist es nicht zulässig. In den letzten Tagen war ich am Gymnasium Walsrode, an der Hauptschule Isernhagen, an der Realschule Isernhagen und an anderen Schulen. Ich kann mich nur bei den Lehrerinnen und Lehrern bedanken, die jetzt mehr Stunden unterrichten, bei denen, die nicht in Pension gegangen sind, sondern weiterhin als Lehrkräfte zur Verfügung stehen, bei den Schulleitern, die bis an die Belastungsgrenze arbeiten, damit der Unterricht reibungslos läuft, und bei den Schülerinnen und Schülern, die nichts auf Ihr Chaosgerede gegeben haben, das Sie zu Ende der Sommerferien angestimmt hatten.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Ge- nau so ist es!)

Die Schülerinnen und Schüler sind Ihnen nicht auf den Leim gegangen. Sie merken, dass sich die

Gebäude verbessern, Sanierungsmittel fließen, die Medienausstattung besser wird und die Berufsschulzentren ausgebaut werden. Die Situation an den Schulen in unserem Land ist eine gänzlich andere, als Sie sie beschreiben. Das sage ich hier ausdrücklich!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die dritte Bemerkung, die Sie nicht teilen und billigen werden, die Sie in der Demokratie aber ertragen müssen: Die Opposition hat alles darangesetzt, damit die Maßnahmen nicht greifen und der Schulstart misslingt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wie sol- len wir das denn machen? Haben wir die Lehrer weggefangen oder was? - Weitere Zurufe)

Sie haben darauf gesetzt, dass Opposition und Destruktion gelingen könnten. Ihnen war die ganzen letzten Monate Klamauk wichtiger als Inhalt. Das merken die Bürgerinnen und Bürger draußen, und deswegen haben Sie keinen Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt komme ich zum Sonderfall Brandt. Das ist deswegen ein Sonderfall, weil er, soweit mit bekannt ist, der einzige Lehrerfunktionär in Niedersachsen ist, der nicht unterrichtet und auch nicht unterrichten möchte. Es war die GEW, die bei Herrn Brandt Handlungsbedarf gesehen hatte. Er selbst hatte öffentlich geäußert, keinen Unterricht zu erteilen. Er wisse nicht genau, wann er das letzte Mal Unterricht erteilt habe, so hat er sich in der Landespressekonferenz eingelassen. Er scheint seit 2005/2006 keinen Unterricht erteilt zu haben. Wenn ein solcher Eindruck entsteht und ein Anfangsverdacht vorliegt, dann ist die Einleitung eines Verfahrens geboten. Dabei gelten die gleichen Maßstäbe für alle 86 000 Lehrerinnen und Lehrer im Land; für jeden und jede die gleichen Maßstäbe.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie lan- ge hat Herr Klare seine Unterrichtstä- tigkeit bereits nicht mehr ausgeübt?)

Ich weise einen Vorwurf zurück, was wichtig ist, damit wir uns damit auseinandersetzen, nämlich es gehe uns um eine Schwächung der Gewerkschaften. Wir haben in den letzten Monaten viele Gespräche mit den Gewerkschaften geführt. Die Gewerkschaften haben den Fall Brandt auch immer thematisiert. Das hat, weil uns an einem guten Miteinander mit den Gewerkschaften gelegen ist,

mit dazu beigetragen, dass wir eine Vereinbarung getroffen haben, die den Schaden für die Steuerzahler begrenzt. Denn es tritt natürlich Schaden ein. Wissen Sie: Da wird jemand ausgebildet, als Referendar bezahlt und ausgebildet, da wird jemand eingestellt, auf eine Planstelle gesetzt und bekommt dann später über Jahrzehnte Pension. - Die Bevölkerung, die Steuerzahler haben einen Anspruch darauf, dass derjenige, der ausgebildet wurde und später Pensionen bekommt, auch Kinder und Jugendliche, Schülerinnen und Schüler unterrichtet und damit seiner Verantwortung nachkommt. Den Anspruch hat der Steuerzahler einfach.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Aussage ist ganz klar: Es gibt die eine Ebene, dass man seitens des Landes eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft getroffen hat, mit der der materielle Schaden für die Zukunft begrenzt wird. Es ist immer ein Investment, das der Staat - der Steuerzahler - da tätigt. Ob der Steuerzahler für die Finanzierung von Gewerkschaftsfunktionären herangezogen wird, ist etwas, was auch die Rechnungshöfe bundesweit und landesweit beschäftigt. Das ist keine Frage.

Und es gibt die andere Ebene, nämlich die Frage der politischen Auseinandersetzung, wer hier den Gewerkschaften schadet. Ich kenne ganz viele GEW-Mitglieder, die erstklassigen Unterricht leisten, sich erstklassig einsetzen und engagieren und auch in ihrer Freizeit noch gewerkschaftlich kämpfen.

(Zuruf von Silva Seeler [SPD])

Ich finde, Frau Seeler, es gibt einen Punkt, über den wir in diesem Lande politisch reden müssen. Wenn sich alle zur Decke strecken und alle ihre Reserven mobilisieren, aber einer abseits steht und herummäkelt, ohne selber einen einzigen Beitrag zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung in Niedersachsen zu leisten, dann muss er sich fragen, wie glaubwürdig er ist.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Das ist unglaublich! - Weitere Zurufe)

Alle seine Funktionärskolleginnen und -kollegen in Niedersachsen - - -

Herr Ministerpräsident, eine Sekunde bitte! - Meine Damen und Herren, bisher ist die Debatte so gelaufen, dass man sich gegenseitig zuhören konnte.

(Weitere Zurufe - Unruhe)

- Wenn Sie möchten, können wir die Debatte unterbrechen. - Herr Ministerpräsident, bitte!

Zum Glück haben wir Rede- und Meinungsfreiheit. Deshalb muss man auch einmal ertragen, dass sich andere Gedanken darüber machen, in welchem Maße Herr Brandt - - - Dass ich jetzt meine Reden zensiert bekomme, weil sich Herr Brandt selbst irgendwo einlädt, wie beim Sommerempfang der CDU-Fraktion, ist ja geradezu abenteuerlich.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Er meldet sich an - er hat angerufen - und sagt „Ich möchte gerne kommen“. Dann ist er gekommen. - Ja, Sie haben sich eingeladen. Sie haben Herrn Dütemeyer angerufen und gesagt „Ich möchte gerne kommen“. Herr Dütemeyer hat daraufhin gesagt: „Mit Ihnen werden wir auch noch fertig. Kommen Sie vorbei!“

(Lachen und starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: So ist es!)

Herr Brandt hat die Gelegenheit dazu, hier im Landtag die Erklärungen zu verteilen, die er verteilen möchte, Pressekonferenzen zu machen, die er machen möchte, sowie politisch zu polemisieren und zu skandalisieren.

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Das ist unwürdig, was Sie hier abzie- hen!)