Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich werde so lange reden, bis alle da sind. Das ist kein Problem.
Das werde ich zu verhindern wissen. Sie haben eine begrenzte Redezeit von fünf Minuten, Herr Dr. Biester.
Einverstanden. Ich hatte es mir auch nicht vorgenommen, weil wir im Vorfeld eigentlich der Auffassung waren, dass die Änderungen doch weniger strittig wären, als es sich in der Debatte im Rechtsausschuss dann gezeigt hat.
Wir möchten das Gesetz zur Ausbildung der Juristen in zwei Punkten ändern: zum einen dadurch, dass wir das tun, was bereits viele Bundesländer getan haben, nämlich im zweiten Staatsexamen einen Verbesserungsversuch einzuführen.
Verbesserungsversuch bedeutet, dass jemand dann, wenn er das Staatsexamen zwar bestanden hat, aber mit der Note nicht zufrieden ist, die Wahlmöglichkeit hat, sich erneut der Prüfung zu stellen, um zu einer besseren Note zu kommen. Dies ist einfach dem Umstand geschuldet, dass es kaum ein Berufsbild gibt, bei dem die Note eines Staatsexamens so entscheidend für den beruflichen Einstieg und das berufliche Fortkommen ist. Deswegen wollen wir unseren Referendarinnen
und Referendaren eine solche Chance geben, wie es andere Bundesländer bereits tun. Damit wollen wir auch den Justizstandort Niedersachsen stärken, und wir wollen unser Bundesland für den juristischen Nachwuchs attraktiv machen, indem wir in dem Bereich Chancengleichheit schaffen.
Der zweite Punkt betrifft die erste Staatsprüfung und besteht darin, dass wir im Prüfungsverfahren die bisher enthaltene Leistung eines Vortrages abschaffen wollen. Das hat uns durchaus einige Diskussionen gekostet; denn wir sind schon der Auffassung, dass es gerade im juristischen Beruf sehr wichtig ist, in einer Prüfungsleistung zu dokumentieren, dass man über rhetorische Fähigkeiten verfügt und in Gesprächsführung, Verhandlungsführung und auch in Vernehmungstechniken geschult ist, und dieses Leistungsbild sollte auch abgefragt werden können. Das ist ja auch im Deutschen Richtergesetz als ein Kriterium für die Einstellung von Richtern vorgesehen.
Da wir das nicht ersatzlos abschaffen wollen, haben wir in unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen - das hat zum Teil Ihre Kritik gefunden -, diese Prüfungsleistung aus dem Staatsexamen heraus in das Studium bis zur ersten juristischen Staatsprüfung zu verlagern, indem eine weitere Pflichtfachprüfung an der Universität installiert wird.
Darin sehen Sie eine Überbordung des Lehrinhalts bis zum ersten Examen. Wir hingegen sind der Auffassung, dass es unbedingt erforderlich ist, diese Leistungen in der Lehre zu vermitteln und auch in Form einer Prüfung abzufragen. Je eher ein Student gezwungen wird, sich diese Fähigkeiten anzueignen, umso vorteilhafter ist es nach unserer Auffassung für sein weiteres Studium bis hin zum zweiten Staatsexamen. Deshalb meinen wir, dass wir das dorthin verlagern sollten. Die Universitäten stimmen dem zu. Sie haben auch Vorschläge dazu gemacht, wie das Ganze geregelt werden kann. Wir sind sicher, dass das in den entsprechenden Prüfungsordnungen der jeweiligen Universitäten sinnvoll festgeschrieben wird.
Dabei kann die Leistung auch im Rahmen einer Moot-Court-Veranstaltung abgefragt werden. Wir haben uns mit dem englischen Begriff durchaus schwer getan - das will ich an dieser Stelle sagen -, weil uns daran gelegen ist, in deutschen Gesetzen deutsche Begriffe zu verwenden. Aber es gibt keinen passenden Begriff, der das Ganze so abbildet wie die englische Bezeichnung.
das werden sie auch nicht. Aber das ist ja kein Muss. Man muss ja nicht an einer Moot-CourtVeranstaltung teilnehmen; vielmehr besteht dann, wenn ein solches Angebot unterbreitet wird, eine Wahlmöglichkeit, den Schein auf diese Art und Weise zu bekommen. Auch insofern vertrauen wir auf die Kreativität der Universitäten, dass das entsprechend gelingen wird.
Wir meinen, dass dies zwei zentrale Punkte sind, die die Juristenausbildung deutlich verbessern und modernisieren und zur Chancengleichheit führen. Wir bitten trotz des strittigen Ergebnisses im Rechtsausschuss um Ihre Zustimmung.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Dr. Biester. - Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Tonne. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen das erste Mal gesehen habe, war ich zumindest nach dem Lesen der Überschrift angenehm überrascht. Ich habe wirklich gedacht, dass man sich nachhaltige Gedanken über die dringend notwendige Reform der Juristenausbildung gemacht hat.
Je intensiver wir dann allerdings im Laufe des Verfahrens in die Details der geplanten Gesetzesänderungen eingestiegen sind, umso mehr wurde diese Freude getrübt. Nach der schriftlichen Anhörung war letztlich dann klar, dass dieser Entwurf bei den darin gemachten Verbesserungsvorschlägen zu kurz springt und auf unsere Ablehnung stoßen muss. Die für die Studentinnen und Studenten der Rechtswissenschaften dringend benötigten Reformen sind in dem Gesetzentwurf nicht enthalten. Der Gesetzentwurf bewegt daher zu wenig, zumindest zu wenig voran.
Ich beginne mit einem kleinen Lichtblick. Das ist die Schaffung des Verbesserungsversuchs im zweiten Staatsexamen. Diese Änderung ist deckungsgleich mit unseren Forderungen. Bemerkenswert ist aber, wie das begründet wird. Da heißt es nicht, man wolle den Verbesserungsversuch aus eigener Überzeugung oder man halte diese Änderung für richtig oder gerecht, sondern es wird ausgeführt, man müsse jetzt so handeln,
weil die anderen Bundesländer ebenfalls den Verbesserungsversuch im zweiten Staatsexamen eingeführt haben. Für mich war die Frage, ob so tatsächlich Änderungen aus Überzeugung aussehen. Ich will für uns ganz klar sagen: Wir stehen zu dem einzuführenden Verbesserungsversuch, weil wir es inhaltlich für richtig halten, diese - auch im Vergleich zum ersten Staatsexamen bestehende - Gerechtigkeitslücke zu schließen, und zwar ohne Wenn und Aber.
Im nächsten Schritt gelingt es dann, selbst diese kleine Verbesserung zumindest wieder infrage zu stellen. Ich bewerte nämlich sehr kritisch die gleichzeitig mit dem Verbesserungsversuch einzuführenden Gebühren. Gebühren stellen immer eine Hürde da, egal, ob auch andere Bundesländer sie haben, und egal, wie hoch diese sind. Grundsätzlich sollte man doch festhalten, dass wir im Rahmen der Ausbildung Hürden abbauen müssen und nicht zusätzliche einführen sollten.
Für gänzlich falsch halte ich den Vorschlag - das hat Herr Dr. Biester eben schon angedeutet -, Bestandteile aus der Prüfung herauszuziehen und sie erst einmal ohne Ausgleich in das Studium vorzuverlagern.
Bereits heute müssen Absolventen der Rechtswissenschaften zumindest die berühmt-berüchtigten eierlegenden Wollmilchsäue sein. In Stellenangeboten wird gefordert: beide Staatsexamen mindestens vollbefriedigend, Fremdsprachen fließend, Auslandserfahrung vorhanden und am Besten nicht älter als 25 Jahre.
Hinzu kommt, dass die Inhalte gerade auf dem Weg zu dem ersten Staatsexamen dringend reformbedürftig sind. Wer weitere Inhalte in das Studium steckt, ohne die Inhalte insgesamt zu hinterfragen, und gleichzeitig eine Änderung der Regelstudienzeit gegenüber dem Bund nicht einmal anspricht, der verkennt in meinen Augen allen Ernstes die bereits bestehenden Belastungen der Studierenden.
Wir sind nicht bereit, das eben mal einfach so mitzumachen. Auch der lapidare Hinweis, Schein sei nicht gleich Schein, kann wohl nicht zutreffen. Es wird eine weitere Leistung in das Studium vorverlagert, und das geht nicht ohne gleichzeitige Entlastung.
Letztlich wollen Sie eine Teilnahme am Moot-Court auch als Leistung im Rahmen der Schwerpunktbereichsprüfung anerkennen. Ich sage ganz ausdrücklich, dass grundsätzlich nichts dagegen spricht, dass das sogar eine gute Idee ist. Schlecht wird es erst bei der geplanten Ausführung. Sie sagen den Studierenden: Gern könnt ihr eure Studienarbeit durch eine Mitarbeit im Rahmen von Moot-Court-Projekten ersetzen. - Auf meine Nachfrage, ob denn ausreichend Plätze hierfür vorhanden seien, kam die Antwort: Nein. Auf die Nachfrage, ob denn daran gedacht sei, die personellen und finanziellen Ressourcen zu erweitern, um mehr Plätze beim Moot-Court anzubieten, war die Antwort: Nein. - Sie schaffen im Gesetz neue Möglichkeiten, wohl wissend, dass sie nur wenigen Studierenden tatsächlich zur Verfügung stehen werden.
Das nenne ich Sand-in-die-Augen-Streuen. Mit Gerechtigkeit oder gar Seriosität hat das nichts zu tun. Deswegen lautet unsere Antwort auf diesen Vorschlag: Nein.
Der Ansatz des Gesetzentwurfs, Änderungen in der Juristenausbildung vorzunehmen, ist richtig. Einige grundsätzliche Ideen sind dies auch. Die Umsetzung ist allerdings schlecht. Sie ist oberflächlich, sodass das Gesetz nicht tragbar ist. Daher können Sie von uns nicht ernsthaft erwarten, dass wir zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hinsichtlich eines Punktes sind wir mit dem hier unterbreiteten Vorschlag einverstanden, nämlich hinsichtlich der Einführung eines Verbesserungsversuchs für die zweite juristische Staatsprüfung. Herr Dr. Biester hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es für viele Juristen, um in den Staatsdienst zu kommen, sehr wichtig ist, ein Prädikatsexamen vorzuweisen. Deshalb muss man schon eine zweite Chance haben. Das ist einfach
notwendig. Dies muss man aber auch erklären, weil es diesen zweiten Versuch in anderen Berufen nicht so ohne Weiteres gibt.
Es gibt aber einen anderen Punkt, bei dem wir der Meinung sind, dass es so nicht geht. Zu Recht wurde der Vortrag als Bestandteil des mündlichen Teils der Pflichtfachprüfung abgeschafft. Als Ersatz dafür wurde aber nicht ein Schein, sondern wurden gleich zwei Scheine als Pflicht eingeführt, was meiner Meinung nach ein Zuviel des Guten ist. Einerseits wird nämlich von den Studierenden ein zusätzlicher Schein im Bereich der Präsentations- und Vortragstechniken erwartet, und andererseits muss eine weitere Lehrveranstaltung zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen besucht werden. Eigentlich überschneidet sich das. In dem Gesetzentwurf, den wir jetzt verabschieden sollen, steht aber ausdrücklich, dass diese beiden Veranstaltungen nicht aufeinander angerechnet werden. Das heißt: Es werden zwei ähnliche Veranstaltungen als Pflichtveranstaltung als Ersatz für den Vortrag als Prüfungsbestandteil davorgeschoben. Das ist aus unserer Sicht nicht gerechtfertigt.
Noch eine Bemerkung zu den Prüfungsgebühren: Für den Verbesserungsversuch ist eine Prüfungsgebühr in Höhe von 400 Euro vorgesehen. Das ist meiner Ansicht nach viel zu viel. Man muss nämlich bedenken, was die Referendare eigentlich bekommen. Sie bekommen nämlich nicht 100 %, sondern nur 85 % des allgemeinen Anwärtergrundbetrages. Das sind 921 Euro brutto für einen Alleinstehenden und 813 Euro netto. Wenn jemand so wenig Geld bekommt, kann man nicht auch noch eine so hohe Gebühr erwarten. Wir werden im Rahmen der Haushaltsberatungen noch einmal darauf zurückkommen, um diese völlig unzureichende Bezahlung zu korrigieren.
Herzlichen Dank. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Limburg das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Justizminister Busemann, die von der Landesregierung vorgeschlagene Änderung des Gesetzes zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen wird in
dieser Form die Kopfschmerzen, die Studierende während ihres Studiums erleiden, nur noch verstärken, wie ich befürchte. Dabei ist es ausdrücklich begrüßenswert, dass hier nun die Möglichkeit zum Notenverbesserungsversuch im zweiten juristischen Staatsexamen geschaffen wird. Hätten Sie sich mit Ihren Änderungen auf diesen Bereich beschränkt, so hätten wir diese Änderung selbstverständlich mitgetragen. Wir begrüßen diese Neuerung uneingeschränkt; denn es ist nicht einzusehen, warum niedersächsische Referendarinnen und Referendare in diesem Bereich gegenüber dem gleichen Personenkreis in anderen Bundesländern benachteiligt sein sollen.
Sie haben es sich aber nicht nehmen lassen, eine Reihe von zusätzlichen Änderungen aufzunehmen, die unausgegoren, zum Teil konzeptionslos und überhastet sind. Auf die Bedenken der Studierenden, die in der Anhörung geäußert worden sind - mein Kollege Tonne hat dies gerade schon dargestellt -, sind Sie überhaupt nicht eingegangen. Es wirkt fast so, meine Damen und Herren, als hätten Sie eine breite Mehrheit für Ihr Gesetz bewusst sabotieren wollen.
Da ist zum einen die Aufnahme einer zusätzlichen Pflichtlehrveranstaltung zur Vorbereitung auf die Schwerpunktbereichsprüfung. Damit wollen Sie den wegfallenden Aktenvortrag ausgleichen. Sie verdichten damit aber den Stundenplan der Studierenden, ohne Entlastung etwa durch eine Anhebung der Regelstudienzeit zu schaffen. Sie produzieren damit noch mehr Stress in einem wahrlich nicht stressfreien Studium, meine Damen und Herren. Glauben Sie mir das; denn bei mir ist es noch nicht so lange her, dass ich das studiert habe.
Zum anderen gibt es die Einführung von MootCourts als Schlüsselqualifikation. Grundsätzlich finden wir diese Idee gut und würden das unterstützen. Wir hätten aber schon vorher gern gewusst, wie Sie sich die Umsetzung an den einzelnen Universitäten genau vorstellen, anstatt vorher auf gut Glück irgendetwas ins Gesetz zu schreiben und zu hoffen, dass sich das irgendwie zurechtruckelt. Das ist keine seriöse Gesetzgebung, meine Damen und Herren.
Letzter Punkt: Ausdrücklich begrüßen wir das Ziel in dem Gesetzesvorhaben, die Anerkennung von im Ausland erbrachten Leistungen zu erleichtern. Das halten wir für ein sehr, sehr wichtiges Anliegen. Aber auch in diesem Bereich müssen wir sagen: Gerade für den Gang ins Ausland ist es