Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jüttner, in der Tat: Es ist Wahlkampf. Deshalb kann man auch einmal darstellen, wie es tatsächlich war:
Die SPD hat ein Bundestagswahlprogramm aufgelegt - und danach ging es mit den Umfragewerten rapide in den Keller.
Dann kam Herr Steinmeier und hat gesagt „Ich muss mal einen Steinmeier-Deutschland-Plan auflegen“, in dem steht, dass er 4 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen will - und es ging weiter in den Keller.
Dann kam Herr Jüttner und hat gesagt: Wenn Herr Steinmeier schon einen Plan hat, dann brauche ich auch einen. - Er war ja auch von Herrn Steinbrück animiert worden, der gesagt hat: Ich hätte keine 60 Seiten aufgeschrieben; das schafft man auch auf sechs Seiten. - Herr Jüttner, Sie haben acht Seiten gebraucht. Besser ist das Papier trotzdem nicht geworden.
Meine Damen und Herren, ich denke, hierbei unterscheiden wir uns ganz gravierend: Eine Seite in diesem Haus hat, wenn sie Forderungen aufstellt und Initiativen starten will, immer eine Frage im Hinterkopf: Wie können wir das bezahlen, ohne dass wir die Kosten auf die kommenden Generationen abwälzen?
Herr Jüttner, in dem Steinmeier-Plan und in dem Jüttner-Plan werden in der Tat enorme Ausgaben angestoßen. Deshalb finde ich es gut, dass Herr Steinmeier in seinem Papier zumindest zum Teil Gegenfinanzierungen vorgeschlagen hat. Herr Steinmeier schlägt vor, sämtliche Bildungsprojekte durch die Einführung eines sogenannten Bildungs
- Herr Jüttner, es überrascht mich, dass Sie jetzt applaudieren. Haben Sie Ihren NiedersachsenPlan nicht gelesen? Sie wollen dieses Geld zur Absenkung des Eingangssteuersatzes ausgeben. Die Bildungsausgaben finanzieren Sie gar nicht gegen. Den Bildungssoli, der in Berlin erhoben werden soll, wollen Sie für etwas anderes verbraten. Der Bildungssoli der SPD ist der Jäger 90 des 21. Jahrhunderts, meine Damen und Herren.
Sie agieren in diesem Fall, wie es die SPD immer macht: Einmal erhoben, fünfmal ausgegeben, und am Ende zahlen unsere Kinder und Kindeskinder die Zeche. Meine Damen und Herren, so kann man nicht Politik machen!
Es ist spannend: Herr Steinmeier will laut seinem Plan 4 Millionen Arbeitsplätze bis zum Jahr 2020 schaffen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Eine Prognose über diesen Zeitraum mit einer so konkreten Zahl abzugeben, halte ich persönlich für unseriös und nicht für einen guten Stil.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ihr Finanz- minister macht die Neuverschuldung bis 2018 auf null! Das finde ich klas- se!)
Herr Jüttner, ich bin erstaunt, dass Sie nach der öffentlichen Reaktion auf den Steinmeier-Plan nachgelegt und gesagt haben: Mit dem JüttnerPlan in Niedersachsen, der an den SteinmeierPlan angelehnt ist, schaffen wir in Niedersachsen bis zum Jahr 2020 350 000 Arbeitsplätze. Man könnte ja meinen, Sie hätten das einfach aus dem blauen Dunst in den Raum gestellt. Aber das ist nicht so. Sie haben tatsächlich gerechnet. Ich will einmal zeigen, wie Sie gerechnet haben. Sie haben einfach die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Niedersachsen im Vergleich zu Gesamtdeutschland zugrunde gelegt, in Verhältnis zu den 4 Millionen Arbeitsplätzen im Steinmeier-Plan gesetzt und dann ein bisschen abgerundet. Allein durch das Abrunden haben Sie auf 1 500 Arbeitsplätze in Niedersachsen verzichtet.
Aber, meine Damen und Herren, es kommt noch besser: Seitdem CDU und FDP in Niedersachsen regieren, hat sich jedes Jahr die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Niedersachsen im Vergleich mit Gesamtdeutschland kontinuierlich erhöht. Das heißt: Wenn Jüttner und Steinmeier ihre Pläne umsetzen, wird dieser Zuwachs an Arbeitsplätzen in Niedersachsen ein jähes Ende finden. Meine Damen und Herren, das ist nicht der Anspruch, den wir an unsere Wirtschaftspolitik haben. Wir wollen Niedersachsen besser machen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Oh! bei der SPD - Enno Hagenah [GRÜNE] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage)
Nein. - Meine Damen und Herren, Herr Jüttner, es ist ja gar nichts dagegen einzuwenden, dass Sie einen Plan aufstellen, dass Sie sich selbst einen Plan machen.
(David McAllister [CDU]: Planwirt- schaft! - Gegenruf Gerd Ludwig Will [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zu Ihren Vorschlägen!)
Es ist ja auch gut, dass Sie in Ihrem Plan zu 70 % Dinge beschreiben, die wir erfolgreich durchführen, und das auch loben. Man muss ja auch anerkennen, dass ein großer Teil Ihres Plans aus Lob an CDU und FDP besteht. Aber die SPD macht ja nicht nur einmal einen Plan, sondern sie macht alle paar Monate einen neuen Plan.
Sie haben uns beispielsweise im Dezember 2007 im Plenum zum ersten Mal Ihren Antrag „Mittelstandsförderung muss wieder ins Zentrum der Wirtschaftspolitik rücken“ vorgestellt. Darin haben Sie tolle Forderungen aufgestellt: Der Dialog zwischen Mittelstand und Landesregierung sollte intensiviert werden, bürokratische Hemmnisse sollten beseitigt werden;
Sie wollten Scouts für Antragsverfahren einsetzen, die soziale Gesetzesfolgenabschätzung sollte gewährleistet werden, die NBank sollte die Kapitalversorgung des Mittelstands verbessern, die Suche nach Unternehmensnachfolgern sollte unterstützt werden, und Lohndumping und Schwarzarbeit sollten bekämpft werden.
Ein Jahr später machte Herr Will sein Paper - aber keine einzige dieser Forderungen tauchte darin auf. Jetzt legen Sie ein Update des Will-Papiers vor - auch darin tauchen diese Forderungen nicht auf.
Man muss in seiner Politik auch einmal Kontinuität beweisen, gerade wenn es um Mittelstands- und Wirtschaftsförderung geht, und darf sein Fähnchen nicht immer nach dem Wind hängen, nur weil gerade irgendetwas in den Medien verbreitet wird.
Meine Damen und Herren, ich finde es auch bezeichnend, dass das Will-Papier, das am 10. Juni 2009 veröffentlicht worden ist, nicht einen Satz über die Frage der Finanzierung des Mittelstandes enthält. Die Probleme der Betriebsmittelversorgung von Unternehmen, der Vorfinanzierung für Produktion werden von Ihnen überhaupt nicht berücksichtigt. Sie sehen die Probleme, die Mittelständler im täglichen Geschäft haben, um Arbeitsplätze zu erhalten, gar nicht. Auch Ihr Jüttner-Niedersachsen-Plan und Ihr Steinmeier-DeutschlandPlan enthalten nicht einen einzigen Ansatzpunkt dazu. Sie wollen Innovationen fördern, aber die eigentliche Problemlage bei der Finanzierung von Unternehmen haben Sie überhaupt nicht aufgenommen.
Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen viel erreicht. Wir haben in den letzten Jahren 2 600 Bewilligungen über insgesamt 336 Millionen Euro erteilt. Wir haben in 2009 die Fördersätze für einzelbetriebliche Förderung angehoben. In 2008 haben wir dadurch insgesamt 613 Millionen Euro Fördermittel ausgelöst. Wir haben das NHI - Norddeutsches Handwerk International - auf die Beine gestellt. Wir haben - bundesweit führend - die Initiative zur Bekämpfung der Schwarzarbeit auf die Reise geschickt. Wir haben Airbusstandorte gesichert, das Forschungszentrum
CFK in Stade gegründet, 100 Millionen Euro zur Förderung der Luftfahrt bereitgestellt, die Luftfahrtinitiative Niedersachsen gestartet, das AvionikCluster in Braunschweig eingerichtet.
Die Offshore-Infrastruktur in Cuxhaven - ganz einmalig in Deutschland - haben Sie schon erwähnt. Es sind Arbeitsplätze geschaffen worden, mit denen man gar nicht gerechnet hat.
Wir haben 596 000 Euro allein für Entwicklungsprojekte im Schiffbau auf die Reise geschickt. Ich kann die Liste ohne Ende fortführen.
Aber, meine Damen und Herren, wenn man diese erfolgreiche Politik und Ihre Forderungen gegenüberstellt, dann kann man einen deutlichen Unterschied feststellen, der sich auch im Gesellschaftsbild widerspiegelt, Herr Jüttner: Sie setzen auf den allmächtigen Staat, der den Menschen zuerst das Geld wegnimmt, um es dann entsprechend zu verteilen - ob für soziale Leistungen oder Wirtschaftsleistungen. Wir sehen das anders. Wir sind der Meinung, dass die Menschen selbst am besten wissen, wie sie ihr Geld ausgeben und investieren, dass die Unternehmer selbst am besten wissen, wie sie Arbeitsplätze schaffen können. Deshalb wollen wir den Menschen und Unternehmen die Chance und genug Luft zum Atmen geben, damit dies möglich ist. Denn, Herr Jüttner, 90 % aller Investitionen in Deutschland werden vom privaten Sektor vorgenommen und nicht vom Staat, von der öffentlichen Hand. Wenn wir es schaffen könnten, über Anreize im Steuersystem, über eine faire Behandlung sowohl bei der Einkommen- als auch bei der Mehrwertsteuer nur eine 1-prozentige Steigerung bei den privaten Investitionen zu erreichen, dann ist das mehr Wert und hat es einen größeren Effekt auf Arbeitsplätze als zehn Konjunkturpakete, die man auf die Reise schickt.
Deshalb ist die Steuerreform, ein faires Steuersystem in Deutschland, die Grundlage für Wachstumseffekte in Niedersachsen und in Deutschland. Sie ist die Grundlage, um aus der Krise gestärkt hervorgehen zu können. Niedersachsen ist durch unsere Mittelstandspolitik und durch die besonderen Schwerpunkte, gerade auch im Bereich der Ernährungswirtschaft, gut aufgestellt. Das alles zahlt sich aus. Von daher können wir frohen Mutes
auf den 27. September schauen. Wir haben gezeigt, wie gute Wirtschaftspolitik funktioniert, wie man Arbeitsplätze schaffen kann, wie man die Basis im Mittelstand schaffen kann. Ab dem 28. September werden CDU und FDP das auch in Berlin umsetzen. Dann geht es mit Deutschland bergauf.
Bevor ich nun Herrn Thiele von der CDU-Fraktion das Wort erteile, möchte ich Sie darüber informieren, dass die Fraktionen vereinbart haben, den Tagesordnungspunkt 37 nur noch zum Zweck der Ausschussüberweisung aufzurufen. Die Debatte darüber entfällt damit heute. - Herr Thiele, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Sprichwort der Dakota-Indianer besagt: Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steige ab.
Ich habe Verständnis dafür, dass Sie vor dem 27. September von Ihrem Pferd nicht mehr absteigen. Aber der Deutschland-Plan Ihres Kandidaten und Ihr kleines Pony, der Niedersachsen-Plan, werden Sie nicht durch diesen Wahlkampf tragen. Dessen sind wir uns sehr sicher.
Erstens. Sie haben vieles, sehr vieles bei uns und zum Teil übrigens auch bei den Grünen schlicht und ergreifend abgeschrieben.