Protokoll der Sitzung vom 28.08.2009

Begleitung durchgesetzt wird. Das ist der Maßstab, an dem wir uns orientieren müssen.

Ich will noch einmal daran erinnern: Vor der Bundestagswahl 2005 gab es in der gesamten Branche der regenerativen Energien eine ungeheuere Verunsicherung. Warum? - Weil die Befürchtung bestand, dass mit diesem Thema abgeräumt wird. Das hat die Große Koalition dank unserer Mitwirkung zum Glück verhindert.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt kommen schon wieder die ersten Hinweise auf Attacken von Schwarz-Gelb auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz, meine Damen und Herren. Es wäre fatal für Niedersachsen, wenn so etwas zum Durchbruch kommen könnte.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich habe genug Differenzierungsvermögen, um zuzugestehen, dass diese Regierung nicht alles falsch macht. Das zu behaupten, wäre ja auch Unsinn. Das Verhalten von Herrn Wulff beispielsweise bei Volkswagen haben wir nicht beanstandet. Es war auch nicht zu beanstanden.

(David McAllister [CDU]: Wie großzü- gig! - Ulf Thiele [CDU]: Vor drei oder vier Monaten sah das bei Ihnen ganz anders aus!)

- Ihr könnt ja nicht einmal mit Lob umgehen. Das ist ja peinlich!

(Beifall bei der SPD)

Da hat der Ministerpräsident geholfen, da haben die SPD und in Berlin übrigens auch die Kanzlerin geholfen.

(David McAllister [CDU]: Die ist aber CDU!)

Wulff ist stärker als Oettinger; das war hilfreich. Die Niedersachsen-SPD ist stärker als die badenwürttembergische SPD.

(Björn Thümler [CDU]: Ist das wahr?)

Das war auch hilfreich. Außerdem haben die Betriebsräte und die Beschäftigten bei Volkswagen mitgeholfen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Herr Wulff, Sie werden es wissen: Die Betriebsratsmitglieder bei Volkswagen sind freigestellt, arbeiten seit Jahren nicht mehr in der Produktion und fühlen sich durch Ihre Attacke und Ihre Vorge

hensweise hier vorgestern wahrscheinlich in ihrem Kern in ihrer Reputation verletzt.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN und Bei- fall bei der LINKEN)

Sie freuen sich über wirtschaftliche Erfolge. Herr Rösler hat sich gerade in Cuxhaven sehr darüber gefreut, dass dort im Offshore-Bereich viel passiert. Das ist alles in Ordnung, meine Damen und Herren. Es reicht aber nicht, dass das nur passiert. Unsere Kritik an Ihnen ist: Sie haben überhaupt keinen Plan, wie das weiterentwickelt wird. Das ist die zentrale Kritik, die wir haben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - La- chen bei der CDU)

Diese Erfolge kommen nämlich nicht von selbst. Deshalb haben wir Ihnen acht Seiten Hochkonstruktives auf den Tisch gelegt.

(Björn Thümler [CDU]: Wo? Was?)

Mit diesem Projekt, das sehr viele Politikbereiche umfasst, wird es möglich sein, mehr als 350 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen zu schaffen. Daran sollten auch Sie Interesse haben, meine Damen und Herren! Lassen Sie sich doch auf diese Debatte ein und zeigen Sie, was Ihrer Meinung nach noch besser geht oder an welchen Stellen Sie Kritik haben! Ich freue mich auf diese Debatte. Aber Sie müssen sich schon inhaltlich herabbeugen und sich wirklich inhaltlich einmal bemühen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Was heißt denn herabbeugen?)

- Sie fühlen sich so, wie Sie dastehen, doch so großartig!

(Björn Thümler [CDU]: Wir stehen nicht, wir sitzen!)

- Geschenkt. - Sie haben keinen Plan. Das Dilemma ist, dass Sie diese Ziele durch die praktische Politik, die Sie machen, und die Dinge, die Sie unterlassen, hochgradig gefährden. Das ist der Vorwurf, den wir erheben.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Können Sie das bele- gen, und zwar handfest?)

- Ja, das belege ich jetzt. Ich will Ihnen das an ein paar Beispielen belegen: Das fängt schon bei der ideologischen Borniertheit in Ihrer Bildungspolitik an. Volkswagen ist allemal in der Lage, sich qualifizierte Fachkräfte und Ingenieure am Markt zu

holen. Der Mittelstand hängt im Zweifel durch. Ihnen ist ins Stammbuch geschrieben worden - Bildungsmonitor vom letzten Jahr -, wie groß der Fachkräftemangel in Niedersachsen ist und wie sehr er sich in den nächsten Jahren aufbauen wird. Das liegt an zwei Gründen: Sie haben aus ideologischen Gründen lange Zeit das gesamte Thema frühkindliche Bildung verschlafen, weil Ihr Familienbild damit nichts zu tun hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - La- chen bei der CDU)

Warum, meinen Sie, sind Sie noch heute in diesem Bereich Schlusslicht? Ihre Politik der Ausgrenzung, beispielsweise durch Ihre Struktur des Bildungswesens, führt dazu, dass Sie Bildungsreserven überhaupt nicht erschließen und dass Sie insbesondere im ländlichen Bereich Chancengleichheit mit Füßen treten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Alle mit Migrationshintergrund bleiben bei Ihnen auf der Strecke. Das ist unverantwortlich.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist schon mal ganz falsch!)

Diese Politik zieht sich durch. Mittel für Forschung und Entwicklung in Niedersachsen sind seit 2003 rückläufig, meine Damen und Herren. Wenn man noch herausrechnen würde, was Volkswagen macht, dann bliebe wahrscheinlich so gut wie nichts übrig. Der Mittelstand kann das nicht allein. Er ist darauf angewiesen, dass die Politik Netzwerke setzt und Kooperationen herstellt. Was machen Sie? - Ihr Innovationsfonds ist ein Flop, wie es schlimmer nicht geht. Eine Folge dieser unterlassenen Politik ist übrigens, dass die Patentanmeldungen in Niedersachsen mit 5,7 % Schlusslicht in Deutschland sind. Da, wo Innovationen entstehen, sind Sie nicht dabei, sondern abwesend. Das ist unsere Kritik.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das stimmt schon mal überhaupt nicht!)

Herr Wulff hat in der Haushaltsdebatte 1999 hier sinngemäß gesagt: Ganz entscheidend ist, dass die öffentlichen Haushalte ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Dynamik erbringen. Jede Investitionsquote unter 10 % ist an Peinlichkeit nicht zu übertreffen. - Es gibt übrigens Länder, die das schaf

fen. Bayern, das Ihnen ansonsten immer Vorbild ist, liegt immer noch deutlich über 10 %. Wissen Sie, wie Ihre Investitionsquote in der mittelfristigen Finanzplanung für die nächsten Jahre ist? 2011 6,9 %, 2012 6,2 %, 2013: 5,7 %. Das sind Ihre Daten, Herr Möllring! Damit wollen Sie die Wirtschaft in Niedersachsen begleiten! Peinlich, peinlich, sage ich dazu nur.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das, was nach Meinung der FDP kommt, ist schon erschreckend. Die Abschaffung der Gewerbesteuer, die Sie vorhaben, Herr Bode, treibt die niedersächsischen Kommunen in den Ruin. Sie wissen genau, dass dann Schluss mit kommunaler Daseinsvorsorge ist. Ihre Steuersenkungspläne dürften im Land Niedersachsen mit mehr als 3 Milliarden Euro Mindereinnahmen einschlagen. Das hätte zur Folge, dass Investitionen nicht mehr stattfinden könnten und Sie im Bildungsbereich und im Sozialbereich massiv kürzen müssen. Das geht gar nicht anders, es sei denn, Sie würden die Neuverschuldung in die Höhe treiben. Nur das sind die Alternativen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das waren einige Beispiele. Ich kann die Kette verlängern. Dafür aber fehlt jetzt die Zeit.

(Jörg Bode [FDP]: 20 Minuten geredet und nichts gesagt!)

Ich stelle fest, meine Damen und Herren: Die Enquetekommission aus der letzten Wahlperiode hat alles aufgelistet, wie die Lage in Niedersachsen ist. Da sind auch die Herausforderungen beschrieben, auf die reagiert werden müsste, meine Damen und Herren. Sie haben das bisher vollständig ignoriert. Sie, meine Damen und Herren, stehen der Zukunft in Niedersachsen im Wege. Sie zerstören sozialen Frieden und gefährden Nachhaltigkeit. Sie werden gleich sagen: Das ist Wahlkampf. - Ja, das ist Wahlkampf.

(Ulf Thiele [CDU]: Natürlich ist das Wahlkampf!)

Vier oder fünf Wochen vor der Wahl muss auch in einem Landesparlament darüber geredet werden, was die Niedersachsen in den nächsten Monaten und Jahren zu erwarten haben. Ich sage Ihnen: Bei Schwarz-Gelb wird es ganz schön duster. Deshalb werden wir das verhindern.

Herzlichen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und Beifall bei den GRÜ- NEN - Bernhard Busemann [CDU]: Gibt es für Wahlkampf schon Sit- zungsgeld?)

Der nächste Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Bode von der FDP-Fraktion. Herr Bode, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jüttner, in der Tat: Es ist Wahlkampf. Deshalb kann man auch einmal darstellen, wie es tatsächlich war: