Mit den gewerblich-technischen Berufen haben wir auch die Hauptschülerinnen und Hauptschüler angesprochen, ebenso die Realschüler, die Gymnasiasten, die Gesamtschüler und auch die Förderschüler, und es ist deutlich geworden, dass es nicht nur einen Ingenieurmangel, sondern auch einen Mangel an Facharbeiterinnen und Facharbeitern gibt.
Diese Landesregierung wird im Laufe ihrer Amtszeit erreichen, dass 50 % eines Jahrganges in Niedersachsen die Hochschulzugangsberechtigung erwerben, und zwar auf ganz unterschiedlichen Wegen und in ganz unterschiedlicher Art und Weise. Auf diesem Weg werden wir weiter sehr erfolgreich unterwegs sein; wir haben die Zahlen ja schon erheblich gesteigert. Wir dürfen Bildung aber nicht nur an Abitur und Hochschulstudium messen, denn auch an vielen anderen Stellen werden gut ausgebildete junge Leute gebraucht.
Wir freuen uns, dass in den von uns neugestalteten Oberstufen die Fächer Physik, Chemie, Biologie und Mathematik häufiger angewählt werden. Wir haben die MINT-Fächer weiter ausgebaut, und es gibt in diesen Fächern freie Kapazitäten bei den Studienplätzen. Niedersachsen hat unter den 16 Bundesländern die meisten Studienplätze in Maschinenbau, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften und Medizin. Gerade weil wir anspruchsvolle Fächer haben, die nicht so stark angewählt werden, weil viele Bewerber sich nicht zutrauen, die Anforderungen zu bestehen, haben wir auch Wanderungsverluste in andere Bundesländer.
Natürlich gibt es in einem Bundesland wie Niedersachsen, das die meisten Nachbarn hat, nämlich zehn an der Zahl - neun Bundesländer und die Niederlande -, Emsländer, die sich entscheiden, in Münster oder Osnabrück zu studieren. Natürlich gibt es Holzmindener, die sich fragen: Gehe ich nach Göttingen oder nach Kassel? Natürlich überlegen junge Menschen in Cuxhaven: Gehe ich nach Bremerhaven, oder gehe an eine niedersächsische Hochschule? All diese Studenten finden sich halt in der Wanderungsbilanz. Wenn Sie diese Wanderungsbilanz kritisieren, die übrigens im Vergleich zu Ihrer Regierungszeit immer kleiner wird, müssen Sie uns einmal klar machen, wie das mit Logik zu verbinden ist.
Wenn wir die Wanderungsverluste in die Stadtstaaten Bremen und Hamburg, die wir umschließen, nach Nordrhein-Westfalen, nach Hessen und in die neuen Bundesländer mit einbeziehen, haben wir bei der Studienneigung vergleichbare Werte wie in anderen Bundesländern. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 39 %. Wenn diejenigen, die anderswo in der Welt studiert haben - wir sind ja nicht provinziell und sagen nicht, dass nur der ein guter Niedersachse ist, der auch in Niedersachsen studiert -, nach dem Studium wegen der guten Arbeitsmarktlage bei uns zurückkommen, ist das der größte Erfolg für unsere langfristige Entwicklung.
Ich bin stolz darauf, dass wir die beste Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland haben, jedenfalls in Westdeutschland. Im letzten Jahr hatten wir die geringste Arbeitslosigkeit seit 16 Jahren - sie war
geringer als in all Ihren Regierungsjahren -, und der Anstieg vom letzten Jahr zu diesem Jahr, dem Krisenjahr, beträgt nur 0,1 %. Wir haben jetzt sogar mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze in Niedersachsen als vor der Krise im letzten Jahr. Diese Zahlen dokumentieren den Erfolg unserer Wirtschafts- und Bildungspolitik.
Eingebettet ist diese Strategie natürlich in den Ausbau dezentraler Lernorte, zum Beispiel der Laborlandschaft, die wir mehr als alle anderen gefördert haben. Ich nenne hier das Phæno in Wolfsburg, das XLAB in Göttingen, das DLR School Lab in Göttingen oder Braunschweig, das BioS-Labor, das Agnes-Pockels-Labor, das TECLabor in Hannover, das Chemielabor CHEMOL in Oldenburg, das Energieforschungszentrum in Goslar, an dem junge Leute ihre Praktika ableisten bzw. Kurse belegen können, das SchülerForschungs-Zentrum in Osnabrück oder die Schüler-Ingenieur-Akademien, die mit Hilfe der „Stiftung NiedersachsenMetall“ initiiert wurden.
Darauf führen wir zurück, dass die Zahl der Studienanfänger ständig steigt, gegenüber 2006 um 13,5 %, an den Fachhochschulen um 34,8 %.
Ich beklage wie viele andere auch die viel zu geringe Zahl von Kindern aus Arbeiterfamilien, die an die Hochschulen gehen.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie müssen doch mal auf die Verteilung aus den Herkunftsfamilien gucken!)
Sie haben in der Oberstufe begonnen, während wir bei der frühkindlichen Bildung beginnen und 1,3 Milliarden Euro für Kinderkrippen, Ganztagskindergärten und Ganztagsschulen bereitstellen.
Der Grund für die skandalöse Benachteiligung von Kindern aus Arbeiterhaushalten ist darin zu sehen, dass in Deutschland lange Zeit bei den Halbtagsschulen am Nachmittag eine begleitende Betreu
ung in den Familien erwartet wurde, wir dann aber feststellen mussten, dass das eben in vielen Familien wegen der Notwendigkeit, berufstätig zu sein, und wegen eigener Bildungsferne nicht in dem erforderlichen Maße möglich war. Jetzt können die Ganztagsschulen, die Ganztagsangebote, genau an dem Punkt ansetzen. Zu Beginn unserer Regierungszeit gab es 150 Ganztagsschulen, heute gibt es fast 1 000 Ganztagsschulen. Auf diesem Feld haben wir konkrete Erfolge nachgewiesen.
Die Bereitschaft zum Studium wecken wir nicht, indem wir Ängste verbreiten, sondern indem wir sagen: Investition in Bildung, in die eigene Ausbildung ist eine Investition in die Zukunft, und die bringt die höchsten Zinsen. Sie sollten den jungen Leuten Zuversicht vermitteln und Mut machen, aber nicht Ängste verbreiten.
Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 1 a liegen mir nicht vor. - Wir kommen, wie bereits angekündigt, zur gemeinsamen Beratung der Tagesordnungspunkte 1 b und 1 c.
Verschleiern und vertuschen - unseres Erachtens setzt die schwarz-gelbe Atompolitik Gesundheit und Zukunft der Niedersachsen aufs Spiel - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1653
Atomkraft vor dem Aus - „die Geschichte einer Lüge, die mit immer neuen Lügen umstellt wurde“ (Die Zeit, 10.09.2009) - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1654
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Herr Tanke, ein neues Hemd? - David McAllister [CDU]: Schwarz-gelb! - Björn Thümler [CDU]: Borussia Dortmund!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verschleiern und Vertuschen sind die Hauptbeschäftigung der Landesregierung in Sachen Energiepolitik - und auch von Ihnen, meine Damen und Her
ren von den Koalitionsfraktionen im Landtag. Denn es geht Ihnen nicht um eine sachorientierte Lösung oder eine zukunftsfähige Ausrichtung der Energieversorgung. Ihnen geht es nur darum, Ihre Fehler und Ihre wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Atomindustrie zu kaschieren, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Sie sind auf dem Irr- weg! - Heinz Rolfes [CDU]: Phrasen- drescher!)
Ein beredtes Beispiel, Herr Kollege Thümler, ist die gerade von Greenpeace ausgegrabene PRGSKommunikationsstrategie, in der es heißt, dass man CDU und FDP in ihrer Argumentation pro Kernenergie angesichts des großen Widerstandes gegen diese Technologie neue Argumentationshilfen liefern muss. Das zeitigt leider schon erste Erfolge: Herr zu Guttenberg lässt eine Studie in Auftrag geben, um neue Reaktortypen zu erforschen. Frau Schavan hat mal wieder in der Schublade nachgeschaut und eine Studie in Auftrag gegeben, in der geprüft werden soll, wie man Atomkraft länger nutzen kann.
(Björn Thümler [CDU]: Sie sollten die Studie mal lesen, dann würden Sie sie auch verstehen! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)
Sie sind nicht daran interessiert, eine zukunftsweisende Wende in der Energiepolitik herbeizuführen; Sie sind in Ihrer ideologischen Verbohrtheit bei der Atompolitik zu keiner Erneuerung fähig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Sie haben doch keine Ahnung! Sie müs- sen mal richtig lesen! - Heinz Rolfes [CDU]: Sie müssen gerade reden! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Ihre Fraktionen verschleiern und vertuschen im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, indem Sie Zeugen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts vorladen, die inhaltsleere Aussagen ma
chen. Sie lassen es zu, dass Minister Sander vom NMU seine Akten erst bis Ende dieses Jahres - nach Weihnachten - abliefert. Das lassen Sie einfach zu.
Ich sage Ihnen: Der Einzige, der bisher alle Akten geliefert hat, ist der Bundesumweltminister - vielen Dank für das Stichwort, Herr Thiele.
(Beifall bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Quatsch! Sie verteidigen das auch noch! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Alle Fraktionen verfügen noch über Redezeit. Diese können sie für Beiträge vom Redepult aus nutzen. Eine solche Flut von Zwischenrufen ist nicht erforderlich. Ich bitte um Zurückhaltung.
(Heinz Rolfes [CDU]: Aber so eine Rede ist auch nicht erforderlich! - Björn Thümler [CDU]: Darf der so was sagen?)
Wir haben Ihrem Wunsch zugestimmt, zu beschließen, dass die letzten beiden Akten auch noch angeliefert werden sollen. Binnen 48 Stunden war das erledigt. Sie dagegen haben unserem Wunsch nicht zugestimmt, zu beschließen, Akten aus dem Bundeskanzleramt von Frau Merkel und aus dem Wirtschaftsministerium, auf die wir seit drei Monaten warten, erneut anzufordern, damit sie endlich in Hannover ankommen. So sieht es aus.