Herr Hagenah, es ist ja schön, dass Sie jetzt die Auffassung vertreten, man hätte sich im Ausschuss einigen sollen. Das könnte man fast so verstehen, als hätten sich die Grünen daran beteiligen wollen.
(Sigrid Leuschner [SPD]: Ja! - Kres- zentia Flauger [LINKE]: Die Einzigen, die nichts wollen, sind Sie!)
Sie haben hier aber wohlweislich verschwiegen, dass es im Innenausschuss in der Tendenz eine völlig andere Debatte gab. Dort sind nämlich keine Nebenkriegsschauplätze aufgemacht worden, sondern da ging es um die Sache selbst, und die Sache selbst bedeutet: doppelter Abiturjahrgang, doppelt einstellen. Die deutlichsten Worte, warum man diesem Antrag nicht zustimmen kann, hat der Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen gefunden. Ich meine, das, was er dort vorgetragen hat, war generationengerecht und sauber begründet, stimmte, nebenbei gesagt, mit der Auffassung von CDU und FDP überein. Es ist schade, dass jetzt aus übergeordneten Gründen, weil man das womöglich als Farbkombination deuten könnte, die bei den Grünen im Moment noch nicht en vogue ist, eine Diskussion geführt wird, die den Abiturienten nicht gerecht wird. Es wäre schön gewesen, gerade da Sie eine sachliche Debatte einfordern, wenn Sie sich Ihre Meinung rechtzeitig überlegt hätten und sich ein bisschen an dem orientiert hätten, was Ihr Kollege Briese im Innenausschuss sehr sachlich vorgetragen hat. Er hat eine völlig andere Meinung vertreten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wiese, es ist immer gut, ein paar Protokolle dabei zu haben. Da ich aus einer nicht öffentlichen Sitzung nicht zitieren darf, möchte ich Sie auf Seite 17 des Protokolls vom 1. September 2009 hinweisen. Daraus geht hervor, dass sich mein Kollege Briese ausdrücklich gegen Argumente aus Ihrer Fraktion gewandt hat, dass das alles gar kein Problem sei und dass man da nichts ma
chen müsse, indem er darauf hingewiesen hat, dass da gehandelt werden müsste. Das hat er ausgeführt, und dem habe ich überhaupt nichts hinzuzufügen.
In der Logik seiner Argumentation sind wir heute, auch weil - das hat er ebenso kritisiert wie ich in meinem heutigen Redebeitrag - der SPD-Antrag leider nicht verbessert worden ist und nicht in eine Form gebracht worden ist, dass er umsetzbar ist, gezwungen, uns zu enthalten. Aber wir machen deutlich, dass wir die ablehnende Haltung, die Sie damit begründen, dass das Ganze kein Problem wäre, auf keinen Fall mittragen können.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu der Geschichte, wie die Grünen hier abstimmen, kann man relativ leicht feststellen: Die Grünen haben mit uns gemeinsam im Innenausschuss den Antrag der SPD-Fraktion abgelehnt. Heute darf Herr Briese nicht reden, und Sie stimmen anders. Jeder kann sich selber seinen Reim darauf machen.
- Vielleicht will er nicht reden, weil die Fraktion seinem Votum nicht gefolgt ist. Auch das kann ich durchaus nachvollziehen.
Die SPD erhebt mit ihrem Antrag die Forderung, doppelt so viele Anwärterinnen und Anwärter einzustellen wie in den vorangegangenen Jahren; das ist hier gerade schon gesagt worden. Begründet wird das mit einem Personalmangel im Bereich der Polizei und der Finanzen. Der Kollege Krogmann hat eben selber dargestellt, dass in der Finanzverwaltung zusätzliche Anwärter eingestellt werden. Da wird also entsprechend reagiert, weil dort Personalbedarf ist.
Was den Bereich der Polizei angeht, so ist uns in den Ausschussberatungen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr deutlich gemacht worden, dass so viele Anwärterinnen und Anwärter eingestellt
werden, wie von der Polizei benötigt werden. Das heißt, der Sorge, die Sie in der SPD-Fraktion haben, dass nämlich mehr Polizisten gebraucht würden und man deswegen mehr einstellen müsse, wird im Prinzip Rechnung getragen; denn alle frei werdenden Stellen in der Polizei sollen mit jungen Polizistinnen und Polizisten wieder besetzt werden. Von daher entspricht das, was Sie hier als Schreckgespenst an die Wand malen, überhaupt nicht der Realität; vielmehr wird hier sehr solide gearbeitet. Die Stellen, die in der Polizei frei werden, werden von CDU und FDP natürlich auch wieder besetzt.
Sie verschweigen auch, dass man, wenn man doppelt einstellt, eine doppelte Ausbildungskapazität aufbauen muss. Auf diese Frage, die im Ausschuss angesprochen worden ist, gibt es keine Antwort. Für eine Ausbildung doppelt so vieler Polizisten und Rechtspfleger, doppelt so vieler Leute in allen Bereichen bestehen nicht genügend Ausbildungskapazitäten. Man müsste die Ausbildungskapazitäten also mit sehr viel Geld kurzfristig hochfahren, um sie dann, weil wir ja über Bedarf ausgebildet haben und das Personal nicht brauchen, kurzfristig wieder abzubauen.
Ich meine, dass wir eine junge Generation haben - der Kollege Wiese hat das sehr richtig gesagt -, die sehr mobil ist und die sich auf dem Arbeitsmarkt nicht in der Arbeitslosigkeit wiederfinden wird, sondern die ihre Chancen suchen und nutzen wird. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieser doppelte Abiturjahrgang wird ja nicht nur in Niedersachsen aufgefangen werden, sondern er verteilt sich auf ganz Deutschland. Von daher glaube ich persönlich, dass das Problem, das Sie hier ankreiden, nicht so dramatisch ist, wie es von Ihnen dargestellt wird.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das löst sicher das Problem! Tolle Lösung! Genial! - Unruhe)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der doppelte Abiturjahrgang ist ohne Zweifel insbesondere für den Ausbildungsmarkt eine Herausforderung. Insofern hat die Landesregierung von Anfang an gesagt, dass wir hier die Verantwortung wahrnehmen. Der Ministerpräsident hat schon in seiner Regierungserklärung 2008 darauf hingewiesen, dass wir alles unternehmen werden, damit es hier keinen Verdrängungswettbewerb gibt. Das wäre auch nicht zu verantworten.
Hier allerdings mit einem Antrag zu suggerieren, dass man die Probleme lösen könnte, indem man in doppeltem Umfange Nachwuchspersonal einstellen würde, ist selbst dann, wenn man das Geld dafür hätte, etwas, was man wirklich nicht ernst nehmen kann.
Deshalb hat die Landesregierung sofort die Gespräche mit der Wirtschaft, insbesondere natürlich mit der Industrie- und Handelskammer und dem Handwerk, aufgenommen, um auszuloten, welche Anstrengungen gemeinsam unternommen werden können.
Deshalb haben wir uns an einem runden Tisch darauf geeinigt, dass die duale Ausbildung insbesondere in dem Zusammenhang noch weiter ausgebaut werden muss und im Jahre 2011 ein größeres Angebot zur Verfügung gestellt wird.
Das Handwerk sagt in dem Zusammenhang: Wir haben aufgrund der demografischen Entwicklung und der zurückgehenden Schülerzahlen insbesondere im Bereich der Haupt- und Realschule schon jetzt Probleme, die Ausbildungsplätze vernünftig zu besetzen.
Das Handwerk sagt auch: Wir werden den Jahrgang 2011 quasi als letzte Tankstelle, die wir haben, nutzen, um vernünftig ausbilden zu können und vor der negativen demografischen Entwicklung gewappnet zu sein.
Daran sehen Sie, dass die Wirtschaft in den Gesprächen zusammen mit der Landesregierung darauf längst reagiert hat. Ohne die Wirtschaft werden wir dieses Problem auch nicht in den Griff bekommen. Die Wirtschaft sieht den doppelten Abiturjahrgang gar nicht als Problem, sondern als Chance an. Deshalb ist das, was hier dargestellt wird, nicht richtig, und deshalb haben wir sehr rechtzeitig unsere Verantwortung übernommen.
Es ist aber auch richtig, dass die Landesregierung nicht nur moderieren darf, sondern auch selbst Akzente setzen muss. Auch das haben wir verantwortungsvoll sofort in die Wege geleitet.
Ich nenne zunächst die Universitäten. Wir haben einen Hochschulpakt, in dem wir mit den Universitätspräsidenten klar dargestellt haben, dass wir für das Jahr 2011 zusätzliche Kapazitäten haben müssen. Sie wissen, dass das längst auf dem Weg ist; denn das ist auch im Ausschuss dargestellt worden.
Auch darüber, wie sich die Situation in den anderen Bereichen darstellt, ist schon gesprochen worden. Wo bilden wir im Lande Niedersachsen aus? - Wir bilden nicht mehr für den gehobenen Dienst im Bereich der Verwaltung aus. Auch da haben wir eine Reform durchgeführt, auch das hat sich bewährt. Wir haben jetzt den Studiengang in Osnabrück. Wir haben außerdem schon jetzt die Gespräche aufgenommen und wissen, dass der Bedarf besteht, um im Bereich der Universitätsausbildung für die Laufbahngruppe 2 - Verwaltung - zusätzlich auszubilden.
Im Bereich der Finanzverwaltung, die schon angesprochen worden ist, ist sogar schon Vorsorge getroffen worden.
In Bezug auf den Bereich Justiz ist dargestellt worden, dass es wenig Sinn macht, hier die Zahlen zu verdoppeln oder zusätzlich auszubilden.
Schließlich haben wir noch den großen Bereich der Polizei. Hier haben wir in den letzten Jahren tatsächlich zusätzlich ausgebildet. Wir müssen jetzt sehen, was wir im Jahre 2011 noch zusätzlich tun können. Wir werden in den Haushaltsberatungen 2011 prüfen, ob wir in dem Zusammenhang in einem geringen Ausmaß über Bedarf ausbilden. Das bedeutet aber, dass wir im nächsten Jahr, im Jahre 2012, in entsprechendem Umfang weniger Nachwuchs einstellen können, weil das sonst schlichtweg nicht finanzierbar ist. Diese Maßnahmen müssen also in einem vernünftigen Verhältnis stehen; denn wir können die Jahrgänge 2012 und die folgenden nicht ausgrenzen, indem wir vorher die Einstellungszahlen verdoppeln und danach niemanden mehr einstellen. Das macht keinen Sinn. Wir müssen hier auch aus Qualitätsgründen etwas tun.
Das heißt, die Landesregierung hat in ihrem Verantwortungsbereich - dort, wo wir Möglichkeiten haben - bereits Weichen gestellt. Hier aber zu suggerieren, dass wir damit die Probleme lösen
Zusammengefasst: Ich bin der Wirtschaft sehr dankbar, dass sie in den Gesprächen sehr offen diese Chance gesehen und mit uns verabredet hat, zusätzliche Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, aber nur in dem Umfang, dass man den ausgebildeten Nachwuchs anschließend vernünftig einsetzen kann und dass diese Maßnahme haushaltstechnisch und haushaltsrechtlich zu verantworten ist. Deshalb lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen, und wir sollten nicht den Eindruck entstehen lassen, dass wir die Jugendlichen im Jahre 2011 allein lassen. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen haben jeden einzelnen Abiturienten im Blick. Wir werden dieses Problem gemeinsam lösen.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/807 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenprobe? - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung des Ausschusses ist gefolgt worden.
Einzige (abschließende) Beratung: Weitere Vertiefungen von Unter- und Außenweser schaden der Wirtschaft, gefährden die Deichsicherheit und verstoßen gegen geltendes Naturschutzrecht - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/436 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/1648 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1685
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD zielt auf eine Annahme des Antrags in einer geänderten Fassung.