Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

(David McAllister [CDU]: Er heißt aber Bartling!)

ich darf darauf hinweisen, dass noch niemand aus dieser Landesregierung moniert hat, dass Sie am Freitag letzter Woche beim 40jährigen Jubiläum der Wilhelm-Schade-Schule waren.

(Björn Thümler [CDU]: Was? - Wolf- gang Jüttner [SPD]: Ich habe Ihren Staatssekretär begleitet! Das ist mein Wahlkreis! Da war ich eingeladen!)

Das ist auch erlasskonform. In diesem Sinne würde ich hier Mäßigung begrüßen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Klare von der CDUFraktion. Bitte sehr!

Ich frage die Landesregierung, Frau Ministerin, ob nicht der gleiche oder ein wortgleicher Erlass auch schon zu Zeiten der SPD-Alleinregierung oder unter Rot-Grün gegolten hat.

(David McAllister [CDU]: Das wollen wir jetzt einmal hören! - Weitere Zuru- fe - Unruhe)

Ich bitte zunächst um Ruhe. - Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. - Das ist genau richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Sonst haltet ihr euch doch auch nicht an das, was wir einmal beschlossen haben!)

Die nächste Wortmeldung hat Frau Anette Meyer zu Strohen von der CDU-Fraktion abgegeben. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, wie gehen andere Bundesländer mit dieser Situation um, z. B. unser Nachbarland Nordrhein-Westfalen?

Frau Ministerin!

Ich hatte schon in meinen Eingangsbemerkungen darauf hingewiesen, Frau Meyer zu Strohen, dass es in nahezu allen Bundesländern eine entsprechende Regelung gibt. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine solche Regelung, die unserer im Wesentlichen entspricht. Das gilt im Übrigen auch für Rheinland-Pfalz; nur beträgt die Frist in RheinlandPfalz acht Wochen, während wir hier in Niedersachsen eine Frist von vier Wochen haben.

Herr Dürr von der FDP-Fraktion, bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich würde von der Landesregierung gerne wissen, ob sie in der Lage ist, dem Hause zu erklären, warum allen voran SPD und Grüne einen Erlass kritisieren, den Rot-Grün selber in den 90erJahren in Niedersachsen eingeführt hat. CDU und FDP verstehen dieses Verhalten nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Ministerin!

Das ist genau so. Diese Erlasslage gibt es seit vielen Jahren, seit Jahrzehnten. Sie wurde vor dem Hintergrund des Neutralitätsgebotes argumentativ immer so vertreten und auch umgesetzt, wie ich meine zu Recht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE, bitte schön!

(Björn Thümler [CDU]: Das sind die Themen, die die Welt bewegen!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ein anderes Beispiel und möchte vor dem Hintergrund - - -

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Sie müssen schon eine Frage haben!)

- Das kommt ja, Herr Klare. - Vor dem Hintergrund, dass bei einer anderen Bundestagswahl - es kommt ja vor, dass nicht nur ältere Menschen kandidieren, sondern auch jüngere -

(Björn Thümler [CDU]: Die Frage!)

ein Schüler kandidiert hat - ausgerechnet für die Linke - und den ganzen Tag, die ganze Woche lang während seiner Schulzeit in seiner Schule für seine Partei werben konnte, weil er ja zur Schule gehen musste,

(Björn Thümler [CDU]: Herr Perli, das macht man nicht! - Astrid Vockert [CDU]: Der hat doch im Unterricht aufgepasst!)

frage ich die Landesregierung, ob sie andenkt, entweder solchen Kandidierenden, die noch zur Schule gehen, einen Maulkorb zu verpassen oder die Schulpflicht für Schüler auszusetzen, die ja auch unter diesen Erlass fallen und zu den sonstigen Vertreterinnen und Vertretern der demokratischen Parteien zählen, oder welche sonstigen Möglichkeiten es gibt, um zu unterbinden, dass Schülerinnen und Schüler, die zu Wahlen antreten, für sich und ihre Partei in der Schule werben können.

Frau Ministerin!

Wahlwerbung, egal von wem, ist an Schulen unzulässig, egal ob es ein Schüler, ein Student oder ein anderer Vertreter von Parteien ist. Der Grundsatz ist, dass in den Schulen das staatliche Neutralitätsgebot gilt. Es gilt uneingeschränkt für jeden, gleich um wen es sich handelt.

Ich darf an dieser Stelle aber vielleicht etwas anderes sagen: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber es riecht hier sehr verbrannt. Vielleicht lässt sich das klären.

(Heiner Bartling [SPD]: Verbranntes Gummi!)

Frau Ministerin, Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund. Nach Beendigung Ihres Beitrages hätte ich darauf hingewiesen. Es scheint von jener Seite zu kommen.

(Heiterkeit - Karl-Heinz Klare [CDU]: Von welcher Seite? Können Sie das noch einmal wiederholen?)

- Im Protokoll kann man nicht nachlesen, wohin ich gezeigt habe.

Insofern wäre es sinnvoll, wenn wir das zunächst einmal klären könnten. Bis dahin unterbreche ich die Sitzung für fünf Minuten.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.03 Uhr bis 12.08 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich rufe zur Fortsetzung der Sitzung auf. Der nächste Fragesteller ist Herr Jüttner von der SPD-Fraktion. Herr Jüttner, ich bitte Sie zum Rednerpult.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass es aufgrund der aktuellen Bildungspolitik des Landes natürlich weh tut, wenn man in jeder Podiumsdiskussion, egal ob in der Schule oder hier in den Besuchergruppen zur Bildungspolitik rechtlich immer etwas eingeschenkt bekommt, stellt sich die grundsätzliche Frage, ob es zur politischen Bildung in Deutschland im Jahre 2009 nicht sinnvoller ist, dass gerade in Zeiten hoher Politisierung - wenn politische Neutralität gegeben ist; das ist in der Tat die notwendige Voraussetzung - auch im schulischen Bereich - wo wir ja eine Verantwortung haben, dort politisches Lernen zu organisieren - die Möglichkeit gegeben sein muss, mit den jeweiligen Kandidatinnen und Kandidaten zusammenzutreffen. Das kann kein Privileg im Hause Landtag sein, sondern das muss das Privileg jeder Bildungseinrichtung in Niedersachsen sein. Der Erlass stammt aus dem Jahre 1993 und war schon damals möglicherweise nicht sehr

klug, um das zurückhaltend zu formulieren. Darüber kann man ja reden.

Herr Jüttner, bitte stellen Sie eine Frage.

Ist es im Jahre 2009, wo sich auch der Anspruch an Teilhabe und Partizipation in der Politik deutlich verändert hat, und nach den Erfahrungen der letzten Wochen, die ja an Peinlichkeiten, wie diese Debatte zeigt, nicht zu überbieten sind, nicht möglich, das bis zur nächsten Wahl in Niedersachsen so zu regeln, dass politisches Lernen - wenn politische Neutralität gewährleistet ist - auch in Wahlkampfzeiten stattfindet?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Frau Ministerin!

Herr Jüttner, das, was Sie zuerst gesagt haben, ist eine Unterstellung. Ich sage ganz einfach, die Unterstellung wird dann sicherlich auch für Ihre Regierungszeit zu gelten haben. Da hatten Sie das vor diesem Hintergrund tatsächlich auf den Weg gebracht.

Ich habe Ihnen die Gründe dafür, dass wir an dem Erlass festgehalten haben, geschildert, nämlich die Abwägung des Anspruchs auf Demokratieerziehung nach den Grundsätzen unseres Niedersächsischen Schulgesetzes, des Grundgesetzes und der Niedersächsischen Verfassung auf der einen Seite gegen das Neutralitätsgebot auf der anderen Seite, das sich ebenfalls aus dem Grundgesetz und der Niedersächsischen Verfassung ergibt. Ich habe Ihnen darüber hinaus ausführlich dargestellt, was wir in Niedersachsen machen, um das Thema Politik und Demokratieerziehung im gesamten Schuljahr tatsächlich auf der Agenda zu haben. Auch dies erscheint mir als sehr wichtig.

Ich kann Ihnen nur sagen: In Bezug auf die Veranstaltung in Göttingen haben wir z. B. auch mit dem Landesjugendring eine sehr ausführliche Diskussion geführt. Wir haben dieses Thema erörtert und gesagt, wir würden uns dem Landesjugendring, den dortigen Veranstaltern, zur Verfügung stellen, um zu helfen, dies tatsächlich noch vor der Vierwochenfrist zu ermöglichen. Damals war es noch möglich, dies durchzuführen. Das haben die Betei

ligten aber nicht gewollt. Sie wollten es unbedingt innerhalb der vier Wochen machen.

Wir werden auf jeden Fall in den nächsten Wochen mit allen Beteiligten noch einmal zusammenkommen, das miteinander diskutieren und gucken, wo man an der einen oder anderen Stellschraube vielleicht noch etwas verändern kann, oder auf dem Informationswege sicherstellen, dass es rechtzeitig, auch nach der Interessenlage der Beteiligten, möglich ist. Wir werden also diese Diskussion führen. Das sind wir allen Beteiligten schuldig.