Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst etwas zur Änderung des Versorgungsrücklagengesetzes sagen, weil diese ja so ein bisschen unter den anderen Gesetzen mit durchgeschoben werden soll. Ich möchte das deshalb tun, weil man an diesem Gesetzentwurf exemplarisch das Ausmaß der Schnodderigkeit der Landesregierung gegenüber diesem Parlament und dem gesamten öffentlichen Dienst deutlich machen kann.
Es ist ja bekannt, dass der öffentliche Dienst zunehmend zum Sparschwein dieser Landesregierung wird. Das war bei der Kürzung bzw. Liquidierung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie beim Stellenabbau und beim Beförderungsstau so. Nun haben Sie gestern alle den schriftlichen Bericht in der Drs. 16/1792 zu diesem Versorgungsrücklagengesetz bekommen. Ich danke Herrn Dr. Siemer ausdrücklich für die korrekte Berichterstattung.
Da Sie das möglicherweise nicht alle gelesen haben, möchte ich die Aufmerksamkeit doch noch einmal auf dieses scheinbar so unbedeutende Schriftstück richten. In der Berichterstattung von Herrn Dr. Siemer heißt es nämlich:
„Die Entnahmen aus dem Sondervermögen sollten - wie geplant - eingesetzt werden, um den zunehmenden Anstieg der Versorgungslasten in den Jahren bis 2014 abzufedern.“
Nun schauen wir einmal in das Gesetz, das jetzt geändert werden soll. Dem haben Sie seinerzeit - bis auf eine Ausnahme, nämlich dem Herrn Schwarzenholz von der damaligen PDS; er hat nicht zugestimmt - alle zugestimmt. Also auch Sie von der CDU haben seinerzeit zugestimmt. In der Begründung zu diesem Gesetz - das können Sie in der Drs. 14/840 nachlesen - heißt es im Anschluss an die Feststellung, dass das wegen des Bundesbesoldungsgesetzes gemacht wird:
„Danach sind beim Bund und in den Ländern Versorgungsrücklagen als Sondervermögen zu bilden, um die Versorgungsleistungen angesichts der demografischen Veränderungen und des Anstiegs der Zahl der Versorgungsempfänger in den Jahren 2014 bis 2028 sicherzustellen.“
Erstens frage ich Sie: Wie kann man aus „ab 2014“ „bis 2014“ machen? Darin zeigt sich die Schnodderigkeit gegenüber dem Parlament und dem öffentlichen Dienst. Zweitens frage ich Sie, Herr Möllring, was denn seit der damals von Ihnen mitgetragenen Beschreibung der demografischen Situation anders geworden ist. Haben Sie plötzlich 1 000 Kinder bekommen, oder was?
In dem schriftlichen Bericht von Herrn Dr. Siemer - die Drucksachennummer hatte ich Ihnen eben genannt - heißt es dann weiter:
„Ein Vertreter der Landesregierung erklärte auf Nachfrage, dass die Versorgungsrücklage nicht durch Zahlungen der Beamtinnen und Beamten gebildet worden sei. Diese hätten vielmehr die Geldleistungen erhalten, die sich aus den Besoldungsgesetzen ergäben.“
„In der Zeit vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2013 werden die Anpassungen der Besoldung in gleichmäßigen Schritten von durchschnittlich 0,2 Prozentpunkten abgesenkt; die dadurch ersparten Beträge sind dem Sondervermögen zuzuführen.“
„Gelogen“ darf ich hier ja nicht sagen. Aber dass die Landesregierung im Haushaltsausschuss als offizielle Erklärung das glatte Gegenteil dessen vorträgt, was in der Begründung ausgeführt wird, ist ein ziemlich dicker Hund. Das darf so nicht stehen bleiben.
Nun sind die Geldmittel drei Jahre lang dort hineingeflossen. 450 Millionen - kein Pappenstiel. Das nehmen Sie entgegen der Begründung einfach weg, um es zu verfrühstücken bzw. zu verwursten.
Den Schlusssatz hat Herr Klein ja eben schon zitiert. Da sagt nicht irgendwer, sondern der Niedersächsische Richterbund - Sie haben das alle erhalten; Herr Rolfes hat das auch beantwortet -:
„Durch diese Gesetzesänderung wird vom Weg der langfristigen Vorsorge abgewichen. Es ist zu befürchten, dass die Mittel aus der Rücklage alsbald aufgebraucht sind“
„und anschließend nicht mehr ausreichend Geldmittel für die Altersvorsorge der Beamten und Richter zur Verfügung stehen werden.“
„Finanzierungsrisiken werden daher in die Zukunft und damit in die nächste Generation verschoben. Diese Vorgehensweise führt bei den Mitgliedern des Richterbundes zu Misstrauen und Unsicherheit darüber, ob das Land und die Parteien überhaupt noch in der Lage und gewillt sind, die zukünftigen Vorsorgeaufwendungen der
Das gilt für alle Beamtinnen und Beamte dieses Landes. Da können Sie doch nicht von verantwortungsvoller Politik reden. Das, was Sie hier mit dem öffentlichen Dienst betreiben, ist verantwortungslos.
Nebenbei gesagt - ich habe 20 Jahre lang in der Versicherungswirtschaft gearbeitet -: Man kann einen Fonds natürlich auflösen. Aber es ist doch glasklar, übrigens auch glasklar in Bezug auf den Bereich von Finanzdienstleistungen des neuen Wirtschaftsministers: Wenn man einen Fonds mit fremdem Geld füttert und ihn dann entgegen seinem ursprünglichen Zweck auflöst, dann muss das Geld an diejenigen, die es eingezahlt haben, zurückgezahlt werden. Diese 450 Millionen Euro gehören nicht zum Landeshaushalt, sondern sie gehören dem öffentlichen Dienst dieses Landes. Sie müssen verzinst zurückgezahlt werden.
Die Tendenz, in fremde Taschen zu greifen, und zwar auch in Taschen, die noch gar nicht gefüllt sind, außer mit Visionen der FDP, zeichnet die gesamte Diskussion um diesen Nachtragshaushalt aus. Die SPD hat zu Recht das Stoppschild aufgestellt. Wir stimmen dem zu. Nun wissen wir, Herr Jüttner, die Regierung ist in solchen Fragen schussfest. Daher wird sie dem völlig kalt nicht zustimmen, wobei ich zu der gestammelten Replik von Herrn Möllring auf den Antrag der SPD eben doch noch einmal einen Satz sagen muss.
Dieser Angriff ist nur dadurch zu erklären, Herr Möllring, dass Sie, weil Sie so schnell antworten wollten, den fünften Spiegelstrich des Antrages nicht gelesen haben; denn da wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf erst einmal nicht zu verabschieden, sondern so lange zu warten, bis Sie Ihre Haushaltsklausur vorgezogen haben - dazu haben Sie aber keine Lust -, und dann einen ordentlichen Haushalt vorzulegen. Hätten Sie zu Ende gelesen, hätten Sie gemerkt, dass Ihre gesamte Argumentation für die Katz war.
Vermutlich wird der maskierte Doppelhaushalt 2009/2010 verabschiedet werden. Sie machen das ja in der bei Ihnen üblichen Schnodderigkeit unbeschadet der hier vorgebrachten Argumente, nur mit dem einen Ziel, nämlich unter Aller zu bleiben. Sie wollen unter Aller bleiben, und das ist wirklich unter aller - - - Mehr sage ich jetzt nicht.
(Jens Nacke [CDU]: Ihr Beitrag ist un- ter aller - - -! - Heinz Rolfes [CDU]: Unter aller Übel! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Das ist der Sinn dieses Nachtragshaushalts. Wenn man das Instrument des Nachtragshaushalts wirklich ernst nimmt, dann kann man sagen, er dient dazu, Einnahmen und Ausgaben, die vorher noch nicht absehbar waren, nachträglich in den Haushalt einzustellen. Dem liegt auch der Kern unseres Antrages zugrunde, nämlich erstens die 1 Milliarde Euro - das ist ausführlich erläutert worden - nicht einzustellen, was die spekulative Kreditausfallseite anlangt, und zweitens etwas auf der Ausgabenseite zu tun, nämlich beim Schulobstprogramm. Sie haben es gehört: Die Argumentation von Herrn Ehlen war: Das ist unbedingt notwendig, aber wir können es nicht bezahlen, weil die EU das so bürokratisch macht. - Er hat im Haushaltsausschuss vorgerechnet: Das kostet 40 Millionen Euro. Aber wenn das unbedingt notwendig ist, wie gesagt wurde, dann sollte man diese 40 Millionen Euro in die Hand nehmen und da nicht herumzicken.
Weil wir an anderer Stelle dazu kommen werden, sage ich jetzt nichts zu der kommunalen Seite dieses Haushaltes. Dieser Haushalt ist, wie übrigens auch der Haushalt 2010, ein Angriff auf die kommunale Demokratie; dazu werden wir morgen und übermorgen im Plenum noch kommen.
Dieser Haushalt ist insgesamt ein Haushalt der unsinnigen Schuldenmachpolitik in der Zukunft, ein Haushalt der Schnodderigkeit gegenüber dem öffentlichen Dienst, den Beamten und dem Parlament und ein Haushalt, mit dem die kommende kommunale Finanzkrise vertieft wird. Er ist durch und durch verantwortungslos.
Danke schön. - Herr Kollege Hilbers, zu einer Kurzintervention auf die Rede von Herrn Dr. Sohn erteile ich Ihnen für anderthalb Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Herr Dr. Sohn, erstens haben Sie gesagt, bei 40 Millionen Euro solle man nicht herumzicken. Ich finde, das ist eine Art von verantwortungsloser Finanzpolitik: einfach machen und nicht gucken, woher die 40 Millionen Euro kommen sollen; einen Antrag vorlegen, der gar nicht durchfinanziert ist. Diese Art von Finanzpolitik ist mit uns nicht zu machen.
Zweitens. Versorgungsrücklagengesetz. Wenn Sie in die Drs. 14/840 schauen, dann schauen Sie auch vernünftig hinein! Da steht nämlich im zweiten Absatz der Gesetzesbegründung eindeutig, dass durch das Gesetz „keine individuellen Ansprüche“ der Beamtinnen und Beamten begründet werden und dass es sich auch nicht um ein Treuhandvermögen handelt, sondern um ein Sondervermögen der jeweiligen Körperschaft. Deswegen dürfen wir das Sondervermögen dann einsetzen - zweckgebunden natürlich -, wenn es die Sache erfordert.