Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

Auch der Hinweis auf andere Länder hilft überhaupt nicht weiter. Wir alle sind mittlerweile international aufgestellt und reisen viel herum. Ich denke, dass vor allem die Kulturpolitiker schon einmal Museen in anderen Ländern besucht haben und deshalb wissen, dass dort, wo unter Umständen für Kinder und Jugendliche keine Eintrittsgebühren verlangt werden, Erwachsene im Vergleich zu Deutschland exorbitant hohe Eintrittspreise zahlen müssen. Ich denke da etwa an Großbritannien oder an die Vereinigten Staaten und auch an einige französische Museen. Das ist ein Weg, über den man in Niedersachsen nachdenken kann. Ich bin mir aber ziemlich sicher, liebe Frau Behrens, dass wir auch dann, wenn wir einen solchen Vorschlag unterbreiten würden, bei Ihnen nicht auf Zustimmung und Begeisterung stoßen würden.

Ich meine, dass ich zu den Äußerungen von Herrn Perli gar nichts zu sagen brauche. Denn zur Wahrheit gehört auch - ich bemühe mich immer, hier das zu sagen, was ich denke, auch wenn das manchmal vielleicht nicht besonders klug ist -, dass das alles Geld kostet. Zur Wahrheit gehört auch, dass mir der in der Hauptsache verantwortliche Finanzminister völlig zu Recht sagen wird: Na ja, wenn du die Entscheidung triffst, dass kein Entgelt mehr genommen wird, musst du auch zusehen, wie du das alles finanzierst. - Das geht, wie Sie sich sicherlich vorstellen können, dann aus dem Kulturhaushalt insgesamt mit der Folge, dass wir uns wieder an anderen Stellen streiten. Ich sage dies nur, weil es zur Wahrheit dazugehört.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Nichtsdestotrotz ist der Vorschlag, der hier gemacht worden ist, keiner, bei dem man sagen müsste, dass er überhaupt nicht infrage käme. Wir müssen uns das sehr genau angucken und sehr genau prüfen, welche Auswirkungen so etwas in anderen Ländern gehabt hat und hier hätte. Ich sage hier: Wir sind bei dieser Fragestellung keineswegs dogmatisch, sondern nach wie vor offen und wollen uns dem Thema mit der nötigen Ernsthaftigkeit widmen.

Tatsache ist: Als die SPD die Eintrittsgelder eingeführt hat - darauf ist schon hingewiesen worden -, sind die Besucherzahlen zunächst um 50 % zurückgegangen. Allerdings wissen wir, dass es sich dabei um Besucher handelte, die die Häuser wiederholt, also mehrmals aufsuchten, während unser gemeinsames Ziel auch und vor allem darin be

steht, zusätzliche Besucher in die Museen hineinzubekommen. Ich freue mich über jede Familie, die ich in einem Museum sehe. Ich freue mich über jedes Museum, das hohen Zuspruch erfährt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich nicht alle Museen über einen Kamm scheren kann. Natürlich ist es etwa für das Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig mit Gemälden des Mittelalters viel schwieriger, junge Leute anzusprechen, als das etwa für ein Haus gilt, dessen Angebot technische Fragestellungen beinhaltet. Wir können beobachten, dass Eintrittsgelder in dieser Hinsicht offensichtlich keine entscheidende Rolle spielen. Eines der von den Besucherzahlen her gesehen erfolgreichsten Museen ist, gerade was den Zuspruch von Familien anbelangt, das Museumsdorf Cloppenburg. Dort wird von den Gruppen, die Sie gerne vom Eintrittsgeld freistellen wollen, Eintritt erhoben. Gleichwohl gehen die Familien mit großer Begeisterung da hin und lassen sich durch Eintrittsgeld nicht abschrecken, weil das Museum einfach gut gemacht ist. Ich könnte Ihnen dafür weitere Beispiele nennen.

(Beifall bei der CDU)

Das heißt, zuallererst muss es uns darum gehen, dass wir unsere Häuser im Rahmen der vorgegebenen Profile so gut und ansprechend wie irgend möglich machen, ohne dabei oberflächlich zu werden und ohne dabei Sammeln, Bewahren und Forschen außer Acht zu lassen. Das ist sozusagen die vorderste Zielsetzung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es muss darum gehen, durch museumspädagogische Maßnahmen möglichst ansprechend zu wirken. Es muss darum gehen, niedrigschwellig so früh wie möglich an die Kinder, an die Jugendlichen und an die Familien heranzukommen. An dieser Stelle will ich etwas Lobendes sagen: Ich finde, dass unsere Museen mit den Direktorinnen und Direktoren in den letzten Jahren auf diesem Gebiet ganz hervorragende Arbeit geleistet haben, für die ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken möchte.

(Beifall bei der CDU)

Das reicht aber noch nicht aus. Es ist noch nicht die Zeit gekommen, sich zurückzulehnen. Wir haben auch bei der Museumsregistrierung dafür Sorge getragen, dass das Faktum des Stellenwertes von Museumspädagogik ein entscheidendes Moment darstellt, um zu einer Registrierung zu gelangen. Auch dies ist etwas, was in den letzten Jahren

entstanden ist und nicht während der Zeiträume, in denen Sie hier Verantwortung getragen haben.

Fazit - ich habe meine Redezeit leider schon längst überschritten -: Das Thema ist nicht monokausal, sondern viel differenzierter, als mancher meint. Wir sind offen bei unseren Prüfungen. Wir gucken uns das genau an. Wir müssen aber auch ehrlich zugeben, dass man in Zeiten wie diesen nicht aus dem Vollen schöpfen kann. Deshalb stellt sich immer auch die monetäre und fiskalische Frage. Der Finanzminister passt derzeit zu Recht darauf auf, dass in dieser Hinsicht nichts aus dem Ruder läuft. Wenn wir aber vertretbare Lösungen finden, sind wir offen dafür, diese umzusetzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Beratung.

Gesetzt den Fall, jeder hat seinen Platz gefunden, können wir zur Abstimmung kommen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit die Anträge der Fraktion der SPD in der Drs. 16/903 und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1407 in einer geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Das Erste war die Mehrheit.

(Widerspruch bei der SPD - Kreszen- tia Flauger [LINKE]: Das war ein biss- chen knapp!)

- Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns hier oben verständigt und sind einhellig der Auffassung, dass die Mehrheitsverhältnisse zutreffend erkannt worden sind. Insofern war das Erste die Mehrheit. Es ist so entschieden worden.

(Beifall bei der CDU)

Wir behandeln den Tagesordnungspunkt 20 ab 14.30 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung. Guten Appetit!

(Unterbrechung der Sitzung von 12.56 Uhr bis 14.30 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 20 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: a) Endlich konsequent den Lehrernachwuchs sichern - Landesregierung muss Sofortprogramm auflegen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/273 - b) Mehr Lehrerinnen und Lehrer für Niedersachsen - Zugänge zur Lehramtsausbildung ausbauen und zukunftsfähig gestalten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/418 - c) Qualifizierten Lehrernachwuchs sichern - Zugangshürden abbauen und Attraktivität des Berufsfeldes steigern - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/700 - d) Lehrerausbildung - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1400 - e) Gute Schulen brauchen gute Lehrerinnen und Lehrer - die Lehramtsausbildung weiterentwickeln - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1634 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und Kultur - Drs. 16/1748 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1788 - Drs. 16/1788

Die Beschlussempfehlung lautet zu d) auf unveränderte Annahme und zu a) bis c) sowie e) auf Ablehnung.

Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 16/1788 hat eine Annahme des Antrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/418 in einer geänderten Fassung zum Ziel.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein, und ich erteile dem Kollegen Nacke von der CDU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

„Die Sicherstellung einer exzellenten, bedarfsorientierten Lehrerbildung gehört zu den bedeutendsten Aufgaben von Staat und Gesellschaft.“

Ganz bewusst wiederhole ich an dieser Stelle den Eingangssatz des Antrags, den wir als CDU und FDP vorgelegt haben und heute zur Annahme empfehlen. Eine der bedeutendsten Aufgaben von Staat und Gesellschaft ist es, jene jungen Menschen zu finden, die später die Ausbildung unserer Kinder und Jugendlichen an den Schulen übernehmen sollen. Das ist eine besondere Länderaufgabe, weil die Länder mit ihren Hochschulen gerade jene Einrichtungen zur Verfügung stellen, an denen diese Ausbildung stattfindet, und weil die

Länder den im Wesentlichen einzigen Arbeitgeber - korrekter: den Dienstherrn - stellen, der nachher Abnehmer derjenigen ist, die an der Hochschule ihren Abschluss gefunden haben und dann als Lehrerinnen und Lehrer beschäftigt werden, um diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe zu übernehmen. Anders als bei der Polizei beispielsweise gehen wir nicht den Schritt, bereits den Eingang zu kontrollieren und dann eine bezahlte Ausbildung anzubieten, sondern wir wollen auch weiterhin, dass die jungen Menschen freiwillig den Weg an die Hochschulen finden und sich selbst entscheiden, ein Studium aufzunehmen.

(Heiner Bartling [SPD]: Das machen die Polizisten auch!)

Aber wir müssen dabei den Anspruch haben und ihn auch erfüllen, dass wir die besten Lehrerinnen und Lehrer bekommen, die wir im Land finden können. Das sind wohl junge Menschen, die Freude daran empfinden, anderen etwas beizubringen, und die ihre Befriedigung zeitlebens darin finden können, dass andere etwas gelernt haben und man ihnen dabei helfen konnte. Wesentlicher Inhalt dieses Antrags ist es, diese jungen Menschen zu finden und gut auszubilden.

Wir haben uns mit den Bildungspolitikern unserer Fraktionen von CDU und FDP sowohl aus dem Kultusbereich als auch aus dem Bereich Wissenschaft und Kultur in einer Klausurtagung in Bad Zwischenahn zusammengefunden, um mit der Ministerin und dem Minister sowie deren Staatssekretären diese Punkte zu beraten. Vieles haben wir bereits in Niedersachsen auf den Weg gebracht; aber wir möchten weitere Schritte gehen.

Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die in diesem Antrag aufgeführt werden. Bereits bei den Schulabsolventen müssen wir für den Beruf der Lehrerin oder des Lehrers werben, und zwar ganz bewusst unter dem Aspekt, eine andere Sicht von Schule einzunehmen, weg von der Sicht der Schülerin oder des Schülers hin zu der Sicht, vielleicht als Lehrerin oder Lehrer einen Beruf an der Schule zu ergreifen. Wir möchten, dass es einen Modellversuch über ein Auswahlverfahren und Eignungsuntersuchungen gibt, aber nicht mit dem Ziel, herauszufinden, welche Angesprochenen nicht geeignet sind und kein Studium aufnehmen dürfen, sondern vor dem Hintergrund der sogenannten Selbstreflexion. Die jungen Menschen sollen also selber merken, ob das tatsächlich etwas für sie ist und ob sie als Lehrerin oder Lehrer anderen Menschen etwas beibringen können und dabei Freude

empfinden. Das ist die beste Garantie dafür, dass man auch auf Dauer als Lehrerin oder Lehrer arbeiten möchte.

Die FAZ hat sich am 9. Juli 2009 unter der Überschrift: „Ein früher Abschied ist besser als späte Qualen“ mit dieser Frage beschäftigt und dann sehr treffend formuliert:

„Wir müssen bei Lehramtsaspiranten die Illusion von einem Halbtagsberuf mit vielen Ferien zerstören.“

Dies gilt natürlich bei Weitem nicht für alle; aber es gibt welche, die mit dieser Idee dieses Studium beginnen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kann ich mir gar nicht vorstellen!)

Lehrerin oder Lehrer zu sein, bedeutet eine Ganztagstätigkeit, die einen auch den ganzen Tag über fordert. Wie immer wir dies deutlich machen - beispielsweise durch Praxiselemente in der Ausbildung, wie sie in unserem Antrag angeführt werden oder wie sie an der Universität Hildesheim zum Teil sehr erfolgreich durchgeführt werden -, eines darf uns nicht passieren, nämlich dass nach einem langen Studium an einer niedersächsischen Hochschule ein Praxisschock erfolgt, wie dies ab und an immer noch geschieht, weil erst dann eine Berührung mit der Schule und dem, was dort wirklich vor sich geht, erfolgt.

Nach unserer Auffassung gehört dazu, dass wir den jungen Menschen mehr Zeit für die Ausbildung geben. Wir glauben, dass fünf Jahre nicht zu viel sind, um einen Bachelor und Master in allen Schulformen zu erreichen. Wir möchten, dass diese zusätzliche Zeit mit Inhalten aus dem Bereich der Didaktik und der Pädagogik gefüllt wird. Dies soll für alle Schulformen und für alle Ausbildungen gleichermaßen gelten. Es muss nicht immer nur darum gehen, was man den jungen Menschen beibringen will - auch das muss man können -, sondern es soll auch und vorrangig darum gehen, wie man es jungen Menschen beibringen und vermitteln kann. Die Erkenntnis, dass alle Menschen unterschiedlich sind und auch unterschiedlich lernen und dass man als Lehrkraft unterschiedlich darauf reagieren muss, ist etwas, worauf im Studium ein wesentlich deutlicherer Akzent gesetzt werden muss.

Aber auch dann sehen wir uns möglicherweise einer Situation gegenüber, in der wir feststellen, dass nicht genügend junge Menschen ein Lehramtsstudium absolviert haben, um alle Plätze an

den Schulen einzunehmen. Dafür müssen wir vernünftige „Krisenreaktionsvorhaben“ entwickeln. Welche Qualifikation bieten wir Seiteneinsteigern, welche Masterstudiengänge bieten wir Studierenden an, die nicht auf Lehramt studiert haben und deswegen einen anderen Bachelorabschluss gemacht haben, aber danach feststellen, dass Lehrerin oder Lehrer auch für sie ein Beruf sein könnte? - Es gibt eben auch diejenigen, die nach der Schule sagen, sie wüssten nicht genau, auf welchen Abschluss hin sie studieren wollten, aber eines wüssten sie sicher, Schule nie wieder, ein paar Jahre später aber feststellen, vielleicht sei für sie der Umgang mit jungen Menschen doch das Richtige. Auch diesen Menschen möchte ich mit einem zusätzlichen Masterstudiengang die Möglichkeit geben, sich hier einzubringen. Deshalb ist dies in diesen Antrag aufgenommen worden.

Ferner sollten wir über Ein-Fach-Lehrer nachdenken, ein Wort, das sich sehr schwer richtig betonen lässt. Gemeint sind Lehrer mit einem Fach etwa für die Bereiche Musik und Kunst. Auch dies ist Inhalt dieses Antrages.

Ich komme auf einen zweiten Bereich zu sprechen, der in unserem Antrag enthalten ist und der sehr wichtig ist: die Frage der frühkindlichen Bildung, also die Verknüpfung der Zeit im Kindergarten mit der Zeit danach in der Grundschule.

Wir wollen in einem Modellversuch einen Bachelorstudiengang anbieten, der beide Seiten gleichermaßen berücksichtigt. Nach dem Bachelorabschluss kann dann die Entscheidung getroffen werden, ob man im frühkindlichen Bereich - z. B. in einem Kindergarten - arbeiten, einen Master im Bereich der frühkindlichen Bildung anschließen oder Grundschullehrerin bzw. Grundschullehrer werden möchte und dementsprechend einen Master anschließt, der für den Beruf der Grundschullehrerin oder des Grundschullehrers qualifiziert.