Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

Die Forderung, dass der zu fördernde Wohnraum ausreichend an den öffentlichen Personennahverkehr angebunden sein soll, ist zwar ganz nett. Aber dies wäre sowohl haushalts- als auch gesetzesmäßig an anderen Stellen zu regeln. Hier gilt: Es kann nicht der Berg zum Propheten kommen, sondern es muss der Prophet zum Berge kommen:

Man muss den Nahverkehr dorthin bringen, wo die Menschen ihn brauchen, aber man kann die Wohnraumförderung dort, wo der Nahverkehr nicht in wünschenswerter Weise ausgebaut ist - etwa im ländlichen Bereich -, nicht ausschließen.

Meine Sprechzeit ist leider abgelaufen.

Das kann ich bestätigen, Herr Kollege.

Ansonsten könnte ich hier noch viel sagen. Deshalb danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile dem Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der letzten Debatte zu unserem Entschließungsantrag ist mir u. a. von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Vorwurf gemacht worden, dass wir zur Begründung des von uns in bestimmten Bereichen diagnostizierten Wohnraummangels auf die Studie des Pestel-Institutes verwiesen haben, die - zugegebenermaßen - etwas mit der Bauwirtschaft zu tun habe.

Ich habe das, was ich daraus zitiert habe, aber auch in einer Broschüre gefunden, die von der NBank herausgegeben wurde. Die können es wirklich nicht besser ausdrücken, als wir es sagen könnten. Was ich Ihnen jetzt vorlese, stammt nicht aus dem Parteiprogramm der Linken. In dieser Broschüre heißt es auf Seite 13:

„Der Wohnungsbau sollte nicht nur im Interesse der Bauwirtschaft stimuliert werden, vielmehr braucht der Markt neue Angebote. Für einzelne Wohnungsnachfragegruppen, insbesondere im preiswerten und generationsgerechten Segment, die nicht vom Markt bedient werden (können), wird die Wohnraumförderung gefragt sein.“

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Staatlicher Plattenbau!)

Ein weiteres Zitat kann ich Ihnen auch nicht ersparen. Auf Seite 11 heißt es:

„Darüber hinaus hat die weiter fortschreitende Einkommensspreizung in der Bevölkerung - jeweils höhere Anteile von geringen und hohen Einkommen - zur Folge, dass die Zahl der Haushalte kleiner wird, die sich gerade noch Eigentum leisten können.“

Das ist die Ausgangssituation. Deswegen schlussfolgert die NBank:

„Entsprechend den gestiegenen Mieten wird insbesondere das Angebot der günstigen Wohnungen geringer. So sagen die Experten, dass der Markt für günstigen Wohnraum nicht mehr ausgewogen ist.“

Das befindet sich auf Seite 46 dieser hochinteressanten Broschüre. Mit anderen Worten: Da muss etwas passieren.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Was momentan als Gesetzentwurf vorliegt, beruht ja darauf, dass die Mittel des Bundes nur noch bis zum Jahre 2013 vom Land zur Verfügung gestellt werden. In der Begründung heißt es ausdrücklich, es würde kein Geld vom Land mehr dazugelegt. Das wird natürlich den Wohnraumproblemen, die gegenwärtig bestehen, überhaupt nicht gerecht.

Die Anträge der SPD und der Linken und der Änderungsantrag der Grünen zu dem Gesetzentwurf haben gemeinsam, dass eine Verstetigung der Wohnraumfördermittel über 2013 hinaus gefordert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Das bringt mich auf folgenden Gedanken. Der Änderungsantrag der Grünen ist ganz beachtlich. Er enthält viele Verbesserungen der Gesetzesvorlage, die eigentlich eingearbeitet werden müssten, im Plenum jedoch kaum noch beraten werden können, weil der Antrag so spät eingebracht wurde. Deshalb beantrage ich für unsere Fraktion, in diesem Fall in eine dritte Lesung einzutreten und die Vorlagen an den Fachausschuss zurückzuüberweisen. Nach § 33 der Geschäftsordnung ist das möglich.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie von der Regierungsfraktion sollten einmal überlegen, ob Sie diesem Antrag nicht stattgeben können; denn wenn Sie sich den Antrag der Grü

nen ansehen, dann werden Sie feststellen, dass bei den Zielsetzungen ganz beachtliche Gedanken aufgenommen worden sind: Förderung der Genossenschaftswohnungen, ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz, behindertengerechte Wohnungen. Das alles sind also Ziele, bei denen Sie eigentlich nicht widersprechen sollten, dass man sie in das Gesetz aufnimmt.

Der Antrag der Grünen enthält aber auch Probleme, auf die ich eingehen will. Eines ist schon angesprochen worden. Es ist sicherlich ein Problem, Bauherren zu bevorzugen - so steht es im Antrag der Grünen -, die Objekte in Selbsthilfe erstellen. Das halte ich für schwierig, weil damit diejenigen ausgeschlossen werden, die dazu gar nicht in der Lage sind, z. B. ältere Menschen. Deswegen sollten wir eine solche Bevorzugung meiner Ansicht nach nicht vornehmen. Aber das wäre jetzt eine Detaildiskussion, die wir im Fachausschuss führen müssten. Deshalb beantrage ich Rücküberweisung in den Fachausschuss; dann werden wir das Thema hier in dritter Lesung behandeln.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Matthiesen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Heute werden wir das erste Niedersächsische Gesetz zur Neuordnung der Wohnraumförderung beschließen. Damit machen wir von der neuen ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer Gebrauch. Das Niedersächsische Wohnraumfördergesetz trägt den aktuellen und absehbaren wohnungspolitischen Erfordernissen mit seinen Förderbereichen und -zielen Rechnung.

(Uwe Schwarz [SPD]: Das stimmt ja nun gar nicht!)

Es sind die drei Säulen Miete - nun auch einschließlich des genossenschaftlichen Wohnens -, Eigentum und Modernisierung. Entgegen den erheblich weitergehenden Forderungen der Opposition beschränken wir uns auf ein Gesetz zur Förderung des Wohnraumes. Die von der Opposition zusätzlich zur Förderung vorgeschlagenen Maßnahmen - wie die Gestaltung des Wohnumfeldes, Gemeinschaftseinrichtungen, nicht investive Maß

nahmen zur sozialen Stabilität und Integration, soziale Mieterbetreuung, Quartiermanagement - sind zwar wichtig. Aber dafür gibt es andere Wege, als sie in das Gesetz aufzunehmen. Wir wollen keine Verwässerung des Wohnraumförderungsgesetzes zu einem Wohnumfeldgesetz, sondern wir konzentrieren uns auf die Förderung des Grundgutes Wohnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein Großteil der sozialen und Umfeldmaßnahmen ist Gegenstand der Städtebauförderung, für die Land und Kommunen allein in diesem Jahr 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. So lassen sich mit den Programmen „Aktive Stadt“ und „Soziale Stadt“ sehr intensiv Wohnumfeldmaßnahmen und soziale Maßnahmen fördern, angefangen bei Mietergärten über die Aufwertung von Freiflächen, Wegen und Plätzen bis hin zu Stadtteilzentren, Senioren- und Jugendtreffs oder die Sozial- und Migrationsberatung.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf sind auch alle Anliegen in dem gerade eingegangenen Antrag der Grünen erfasst. Sie könnten mit dem Gesetz umgesetzt werden, wenn es gewollt wäre,

(Norbert Böhlke [CDU]: So ist das!)

nämlich durch die Feinsteuerung, durch die Vertragselemente, die wir in den Gesetzentwurf eingebaut haben, durch Investorenvereinbarungen beispielsweise.

Übrigens, lieber Roland, gerade im Eigentumsbereich wird keine Schwarzarbeit gefördert, sondern echte Selbsthilfe. Muskelhypothek ist eine schöne Sache. Das lässt sich natürlich auch gut damit machen. Aber das hattest du ja auch so gemeint.

Abgesehen davon müssen die Eigentümer und Mieter ihrer Verantwortung gerecht werden. Das alles lässt sich nicht durch Förderung ersetzen. Deswegen ist es sehr erfreulich, dass sich der Verband für Wohnungswirtschaft mittlerweile selbst als Motor der Stadtentwicklung, also ganz im vorgenannten Sinne, bezeichnet.

Entgegen den Forderungen aus der Wohnungswirtschaft wollen wir nicht auf soziale Bindungen wie die Einkommensgrenzen verzichten und sie nicht als Gegenleistungen für die angesprochenen Leistungen der Wohnungswirtschaft in der Stadtentwicklung eintauschen. Wir haben deshalb den Fördergrundsatz der sozialen Bindung der Wohnraumförderung festgeschrieben. Wir haben uns im Gesetzgebungsverfahren davon leiten lassen,

einen besonderen Schwerpunkt auf die Förderung von Familien mit Kindern zu legen, und zwar auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Aus diesem Grunde haben wir gegenüber dem Regierungsentwurf den Pro-Kopf-Betrag für ein Kind bei der Einkommensgrenze von 500 Euro auf 3 000 Euro versechsfacht. Eine Familie mit zwei Kindern kann nun bis zu einem jährlichen Nettoeinkommen von 35 000 Euro gefördert werden. Das entspricht einem Bruttoeinkommen von rund 50 000 Euro.

Allgemein haben wir die Einkommensgrenzen gegenüber dem Regierungsentwurf deutlich erhöht. Unser Ziel ist es, vor allem bei der Eigentums- und Modernisierungsförderung die gesetzliche Grundlage für die Förderung des gesellschaftlichen Mittelstandes zu schaffen, also Facharbeiter, Handwerker, mittlere Arbeitnehmer. Wir wollen eine bloße Randgruppenförderung vermeiden. Dies gebietet im Mietwohnungsbau schon die auch von der Opposition angesprochene erforderliche soziale Durchmischung. Im Einklang mit unserer Position haben sich in der Anhörung vor dem Sozialausschuss im Mai fast alle angehörten Verbände für die Anhebung der Einkommensgrenzen ausgesprochen. So hat der Mieterbund die Erhöhung der Einkommensgrenzen insbesondere zur Refinanzierung von Maßnahmen der Energieeinsparung und energetischen Modernisierung vorgeschlagen. In die Richtung ist auch der Verband für Wohneigentum gegangen, der einen besonderen Bedarf bei Familien und Älteren gesehen hat. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Bezahlbarkeit des Wohnens zukünftig immer mehr von erfolgreicher Energieeinsparung im Bestand abhängt. Hier greifen nun auch die neuen einkommensunabhängigen Programme der KfW und des Landes zum energieeffizienten Bauen und Sanieren.

Nun ist es das Ziel der Miet- und Eigentumsförderung, insbesondere die Haushalte und Personen zu unterstützen, die darauf angewiesen sind, um Eigentum zu bilden und sich mit angemessenem Wohnraum zu versorgen. Das umfasst im Mietwohnungsbereich auch das, was die Opposition fordert, nämlich die Förderung vielfältiger Wohnformen für ältere Menschen, Herr Brunotte, einschließlich der Wohnungsanpassung. Auch das Wohnen von Menschen mit Behinderung ist damit im Gesetzentwurf berücksichtigt.

Übrigens können wir auch das, Herr Adler, was Sie gerade angeführt haben, nämlich das Wohnen von Menschen mit kleinem Geldbeutel, auf der Grund

lage des Gesetzentwurfes steuern, und zwar mit einer Verordnung für abweichende Einkommensgrenzen für Mieterhaushalte mit Schwierigkeiten bei der Wohnraumversorgung. Das alles ist also im Gesetzentwurf enthalten und kann gemacht werden.

Schließlich komme ich noch auf einen zentralen Punkt zu sprechen. Das ist die Errichtung des Wohnraumförderfonds Niedersachsen. Damit stellen wir unter Beweis, dass wir die Wohnraumförderung als nachhaltige Aufgabe des Landes ansehen. Insbesondere die Bundesmittel in Höhe von jährlich rund 40 Millionen Euro stehen bis 2013 und dann dauerhaft für investive Maßnahmen der Wohnraumförderung zur Verfügung. Die Verbände haben den Gesetzentwurf und den Fonds sehr begrüßt, einschließlich der Ausstattung mit rund 40 Millionen Euro. Über zusätzliche Landesmittel werden wir zu gegebener Zeit zu reden haben, wenn möglicherweise die Bundesmittel ab 2013 nicht mehr in den Fonds eingespeist werden. Es ist noch nicht ganz entschieden, wie es dann weitergehen wird.

Übrigens irrt die Opposition mit der Behauptung, dass die Mittel nach dem Windhundprinzip vergeben werden. Das ist nicht der Fall, sondern es muss jeweils von den kommunalen Wohnraumförderstellen eine Bedarfsbestätigung abgegeben werden, bevor eine Förderzusage durch die NBank erfolgt.

Wir freuen uns sehr über das Lob der Verbände für das erste Niedersächsische Wohnraumfördergesetz, auch mit Blick auf die anderen Bundesländer. Wir danken ihnen, der Landesregierung, den übrigen Fraktionen und den Kolleginnen und Kollegen insgesamt für die konstruktiven Beratungen und empfehlen Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Den Antrag der Grünen brauchen wir nicht gesondert zu beschließen. Er geht sozusagen in dem Gesetz auf; das habe ich dargelegt.

Nach erneuter Beratung im Ausschuss gemäß § 33 der Geschäftsordnung eine dritte Beratung durchzuführen, wie es die Linken beantragt haben, ist nicht erforderlich. Wir haben das Gesetz gründlich erarbeitet, und es trägt.

Danke schön.