Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Matthiesen. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Staudte. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich habe mich hier schon wiederholt zum Thema Wohnraumförderung geäußert. Ich habe immer gesagt: Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist nicht nur schlank, sondern dürr. - Insofern, Herr Riese, würde ich eher behaupten: Dieser Gesetzentwurf der Landesregierung war eine Pflichtübung, und unser Änderungsantrag ist die Kür.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ro- land Riese [FDP]: Na, na, na! - Nor- bert Böhlke [CDU]: Keine Selbstüber- schätzung, Frau Kollegin!)

In dem Gesetzentwurf steht nicht wirklich etwas Falsches; es wird aber sehr vieles in ihm nicht erwähnt. Sehr viele positive Aspekte aus dem Wohnraumförderungsgesetz des Bundes, das bisher gegolten hat, wurden nicht übernommen. Alles Gestalterische wird auf die untergesetzliche Ebene verlagert. Das Parlament verliert letztendlich an demokratisch legitimierten Einflussmöglichkeiten, weil alle Musik nicht im Wohnraumfördergesetz, sondern in den Wohnraumförderprogrammen spielt, und diese Programme werden eben in den Ministerien entwickelt.

Die Ausgangssituation in Niedersachsen erfordert sehr viel Geschick in der wohnungspolitischen Lenkung. Wir haben in unserem Änderungsantrag einige Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt. Wir waren sicherlich nicht die Schnellsten; aber ich finde doch, dass wir sehr gründlich gearbeitet haben. Ich möchte einige Punkte aufzählen, die wir gerne aufgenommen hätten:

Wir wollen z. B., dass nicht nur das genossenschaftliche Wohnen an sich gefördert wird, sondern auch die Neugründung von Wohnbaugenossenschaften. Damit folgen wir einem Hinweis von Experten.

Wir wollen, dass behinderten und mobilitätseingeschränkten Personen mehr Rechte gegeben werden. Zum Beispiel sollen Assistenzkräfte, die mit im Haushalt der Bewohner wohnen, mit zu den Haushaltsangehörigen gezählt werden.

Wir wollen, dass für jede mobilitätseingeschränkte Person die Einkommensgrenze auf 6 000 Euro statt 3 000 Euro erhöht wird.

Wir schlagen z. B. vor - ich finde, dass ist eine sehr kreative Lösung -, dass ein Kauf von Belegrechten praktiziert wird. So kann man wirklich schnell und flexibel kostengünstige Wohnungen mit gedeckelten Mieten auf dem Markt sichern.

Wir wollen nicht, dass die Eigentumsbildung generell gefördert wird. Wir wollen, dass selbst genutztes Eigentum bezuschusst wird. Es geht schließlich nicht darum, zu fördern, dass sich Leute eine Eigentumswohnung nach der anderen kaufen können. Wir wollen, dass die Wohneigentumsquote steigt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wohnumfeldmaßnahmen halten wir im Gegensatz zur CDU-Fraktion für absolut unabdingbar. Wir wollen, dass der Bestand aufgewertet wird und dass nicht nur einzelne Wohnungen gefördert werden.

Zur Frage der begrenzten finanziellen Mittel schlagen wir eine stärkere Fokussierung der Vergabe auf Maßnahmen vor, die den neuen Herausforderungen des Wohnungsmarkts gerecht werden. Bevorzugt gefördert werden soll z. B., wenn in ressourcenschonender Weise oder - das wurde schon angesprochen - in Selbsthilfe gebaut wird. Das Bauen in Selbsthilfe können wir im Ausschuss noch einmal genauer diskutieren; wir sehen da allerdings keine Gefahr, dass Schwarzarbeit angeregt wird.

Das waren einige exemplarische Punkte.

Eine weitere Kernforderung unseres Antrages ist, dass sich das Land zu dieser neuen Kompetenz, die es im Zuge der Föderalismusreform erworben hat, nicht nur dadurch bekennt, dass es jetzt ein eigenes Gesetz schafft, sondern auch dadurch, dass es signalisiert: Wir werden auch nach 2013 Landesmittel zur Verfügung zu stellen. Wir haben extra das Wort „bedarfsgerecht“ eingefügt; das bedeutet, wir müssen gucken, wie die Situation im Wohnraumförderfonds aussieht, wie sich Abfluss und Rückfluss gestalten und ob eventuell nicht doch der Bund weiter bezuschussen möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In dieser Situation wäre es natürlich sehr hilfreich gewesen, wenn man vor Jahren nicht die Rückflussmittel verkauft hätte, Herr Möllring. Dann wür

de man jetzt nicht vor der Situation stehen, dass man erneut aus dem Haushalt bezuschussen muss.

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir unseren Änderungsantrag in einer weiteren Ausschusssitzung ausführlich beraten könnten. Insofern stimmen wir dem Antrag der Links-Fraktion sehr gerne zu und bedanken uns für den Vorschlag.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Staudte. - Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Kollege Riese von der FDP-Fraktion gemeldet. Bitte schön, Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. So lange werde ich gar nicht brauchen.

Mittel ab 2014 nach Notwendigkeit - oder wie immer Sie es formuliert haben, Frau Staudte -: Was um Himmels willen soll das sein? - Das ist eine völlig unbestimmte Festlegung für einen Haushalt, der weit in der Zukunft liegt. Die müssen Sie hier schon noch ein bisschen quantifizieren.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Eben nicht, Herr Riese, weil wir genau das nicht wissen!)

Herzlichen Dank. - Frau Kollegin Staudte, zur Antwort haben auch Sie für anderthalb Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Riese, ich denke, es wäre sehr unlauter gewesen, einfach irgendeine Zahl aufzunehmen und etwa zu sagen: Wir wollen, dass das Land weiter 39 Millionen Euro Zuschuss zahlt, die der Bund zurzeit zur Verfügung stellt.

Wir wollen damit nur zum Ausdruck bringen, dass das Land hier eine Kompetenz übernommen hat und dass das auch Verantwortung und nicht nur das Recht nach sich zieht, jetzt zu gestalten - eine Möglichkeit, die mit diesem Gesetzentwurf nicht wirklich genutzt wird. Das Land muss sich zur Weiterführung der Wohnraumförderung bekennen. Wir können jetzt noch nicht sagen, wie die Situation im Wohnraumförderfonds 2014 aussehen wird. Wir können auch nicht definitiv sagen, dass der

Bund weiter Mittel zur Verfügung stellen wird. Insofern sollten wir uns nicht festlegen, was die Höhe der Mittel angeht. Aber das Land muss sich bekennen, dass es weiterhin Wohnraumförderung betreiben und im Rahmen der Haushaltsplanung Prioritäten setzen möchte.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Brunotte zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was lange währt, wird endlich gut. Wir haben lange auf das Gesetz gewartet. Der Landtag hat mehr als einmal die Landesregierung aufgefordert, endlich den Entwurf eines Wohnraumfördergesetzes vorzulegen und die Möglichkeiten und Gestaltungsspielräume, die die Föderalismusreform Niedersachsen gibt, zu nutzen. Nun liegt der Gesetzentwurf in zweiter Lesung vor. Doch erfüllt er die Erwartungen?

Wir haben mit unserem Entschließungsantrag „Chancen des Wandels nutzen - Wohnraumförderung des Landes zeitgemäß ausrichten“ unsere Vorschläge vorgelegt, unsere Ideen eingebracht. Von daher haben wir es nicht für erforderlich gehalten, einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung zu stellen, zumal die Beratungen eine gewisse Resistenz in bestimmten Bereichen gezeigt haben.

(Roland Riese [FDP]: Das stimmt ja nun wirklich gar nicht!)

Von daher haben wir uns das dann gespart.

Der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf erfüllt unsere Vorstellungen nicht, und deswegen werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ich möchte Ihnen anhand von vier Punkten darstellen, weshalb wir den Gesetzentwurf der Landesregierung ablehnen.

Erstens: falsche Schwerpunkte. Der vorgelegte Entwurf eines Wohnraumfördergesetzes führt eine unscharfe Förderkulisse des Landes weiter. Wir

sehen zwei Schwerpunkte für die zukünftige Förderung:

Der erste Bereich ist der barrierefreie Wohnraum, besonders für Familien, Menschen mit Behinderung und ältere Menschen.

Der zweite Bereich sind die energetischen Sanierungen des Bestandes. Wir setzen hier nicht größtenteils auf den Neubau, sondern wollen im Bestand sanieren, um unter ökologischen Aspekten zur CO2-Minimierung beizutragen und auch um bezahlbaren Wohnraum darstellen zu können. Für viele Menschen in Niedersachsen ist die „zweite Miete“ mittlerweile zu einer deutlichen Belastung geworden, vor allem durch gestiegene Heizkosten, die sie nur schwer tragen können. Hier besteht politischer Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch der Erhalt stabiler Wohnumfelder, gemeinschaftliches und genossenschaftliches Wohnen müssen als weitere Themenfelder der Zukunft ihren Niederschlag finden.

Zweitens: Ausweitung der Fördergrenzen bei gleichbleibenden Fördertöpfen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir begrüßen, dass eine Anhebung der Einkommens- und Mietobergrenzen erfolgt ist, auch wenn sie erst auf Druck der Öffentlichkeit und durch die Anhörung im Sozialausschuss zustande gekommen ist. Wir können uns hier dem Deutschen Mieterbund, dem Verband der Wohnungswirtschaft u. a. anschließen, die eine Anpassung der Obergrenzen gefordert haben. Doch der Entwurf der Mehrheitsfraktionen bleibt hier deutlich hinter den Forderungen der Fachverbände zurück.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der LINKEN)

Wir haben ein weiteres Problem im Bereich der Wohnraumförderung, wenn wir auf die Fördertöpfe schauen. In diesem Jahr waren sämtliche Programme bereits ab Mai belegt. Der Bedarf ist groß, die Menschen in Niedersachsen sind besonders für den Bereich energetische Sanierung sensibilisiert. Wer aber die Anzahl der Berechtigten erhöht und gleichzeitig die Fördertöpfe nicht anpasst, der verringert insgesamt die Anzahl der Menschen, die gefördert werden können. Wir möchten mehr Niedersachsen in die Wohnraumförderung bekommen und werden dementsprechende Anträge auch für den nächsten Landeshaushalt stellen.

Drittens. Was kommt 2013? Was passiert, wenn die Bundesförderung ausläuft? - Schon jetzt ist klar, dass der Wohnraumförderfonds diese Mittel nicht wird kompensieren können. Von daher ist das Land gefordert, die bisherige Praxis, nämlich keinen einzigen Cent in die Wohnraumförderung zu stecken, zu beenden. Wir brauchen einen Wohnraumförderfonds, der auch auf die Zukunft ausgelegt ist, der verlässliche Planungszeiträume und Rahmenbedingungen für Investoren, Vermieter und Mieter vorgibt, vor allem in Niedersachsen. Hier sehen wir die Landesregierung in der Pflicht.

(Zustimmung bei der SPD)

Viertens: die neue Bundesregierung. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Menschen in Deutschland fragen sich, welche Belastungen auf sie in den nächsten Monaten und Jahren durch die neue schwarz-gelbe Bundesregierung zukommen. Welche zusätzlichen Belastungen tragen dazu bei, dass Familieneinkommen zusammenschmilzt und finanzielle Möglichkeiten für Wohnraum und Wohnen somit deutlich minimiert werden? - Perspektiven auf einen sicheren Arbeitsplatz werden sich durch Änderungen beim Kündigungsschutz und den Ausbau von Zeitarbeit verschlechtern. Die Menschen werden zusätzliche Kosten durch die Entsolidarisierung der Pflegeversicherung zu spüren bekommen und vieles mehr. Von Entlastungen unter dem Strich keine Spur, zumindest nicht bei denen, die auf die Wohnraumförderung angewiesen sind.