Protokoll der Sitzung vom 29.10.2009

Verbesserung der frühkindlichen Betreuung und eben heute die Schülerbeförderung. Ich glaube, in

dieser Aufzählung waren nicht einmal alle Wünsche aufgeführt. Ich greife einmal speziell den Bereich der frühkindlichen Bildung heraus. Zu den Forderungen, die Sie dazu hier im Landtag gestellt haben, wurde Ihnen von Frau Vockert seinerzeit von diesem Platz aus vorgerechnet, dass Ihre Wünsche Mehrausgaben von 1,8 Milliarden Euro für das Land Niedersachsen bedeutet hätten. Selbst die Oppositionsparteien haben bei diesem Tagesordnungspunkt Ihre Schaumschlägerei aufgedeckt. So hat zum selben Tagesordnungspunkt Frau Staudte von den Grünen Ihnen damals schon den sinnvollen Hinweis mitgegeben, dass man nicht die bessere Opposition ist, wenn man einfach immer noch einen draufsetzt.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang ist es eigentlich schon ein Hohn, wenn man auf Ihre Internetseite schaut - nicht dass ich dafür jetzt Werbung machen möchte -:

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sollten Sie aber!)

Dort grinst einen zunächst das Bild von Herrn Dr. Sohn an, und direkt daneben steht in fetten Buchstaben die Überschrift: „Die Linke ist die Fraktion der soliden Haushaltspolitik“.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP - Beifall bei der LINKEN)

Solide Haushaltspolitik und die Linke, das gehört vermutlich auch in den Bereich von „Wünsch Dir was“.

Es kommt nämlich auf die Schwerpunkte sowie darauf an, diese Schwerpunkte an den entscheidenden Stellen zu setzen. Genau dies macht die Niedersächsische Landesregierung seit 2003 ganz hervorragend.

(Beifall bei der CDU)

Schauen wir uns alleine einmal den Entwurf für den Haushaltsplan 2010 an. Dort sprechen die Zahlen für sich. Trotz der schwierigen Situation, vor der wir stehen - das wissen wir alle ganz genau -, wird der Kultusetat noch einmal um 265 Millionen Euro aufgestockt, sodass wir im nächsten Jahr 4,71 Milliarden Euro für den Kultusbereich in Niedersachsen ausgeben werden. Ich verstehe ja, dass dies die Oppositionsparteien verärgern muss. Aber man muss an dieser Stelle, wenn man das rückblickend auf das Jahr 2003 bewertet, auch festhalten, dass wir den Kultusetat in der Regie

rungszeit von CDU und FDP um über 1 Milliarde Euro aufgestockt haben.

Herr Kollege Seefried, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Aller?

Nein, ich möchte im Zusammenhang ausführen. - In diesen Kontext passt eine weitere Fernsehsendung - ich habe ja mit „Wünsch Dir was“ angefangen -, die auch ein bisschen länger lief, nämlich „Dalli Dalli“. Ich vermute, dass jetzt jeder weiß, welcher bekannte Satz kommt. Es handelt sich um die bekannten Worte von Herrn Rosenthal: „Das ist spitze“.

(Beifall bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sie gucken zu viel Fernsehen!)

Im Antrag der Linken werden die Haushaltsauswirkungen für diesen Bereich mit 60 Millionen Euro angegeben. Ich habe das einmal nachgerechnet. Es gibt in Niedersachsen knapp über 210 000 Schülerinnen und Schüler im Sekundarbereich II der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Wenn man die Annahme, die im Antrag der Linken dargestellt ist, nachvollzieht, dass 50 % von ihnen anspruchsberechtigt sind, sind es knapp über 100 000 Schülerinnen und Schüler. Rechnen wir einmal im Durchschnitt mit einem Monatskartenpreis von 60 Euro. Bei elf Monaten im Jahr kämen hier 66 Millionen Euro auf den Landeshaushalt zu. 60 Millionen Euro waren in Ihrem Antrag genannt. Drücken wir ein Auge zu und vergessen 6 Millionen Euro; das ist schon dicht dran. Wenn wir uns aber einmal die vorliegenden Statistiken und Erfahrungswerte anschauen, dann sehen wir, dass häufig nicht nur 50 %, sondern bis zu 60 % anspruchsberechtigt sind. Ich rechne es jetzt nicht detailliert vor; aber dann kommen anstelle von 66 Millionen Euro 83 Millionen Euro heraus.

An dieser Stelle mache ich auch einmal „Wünsch Dir was“: Hätten wir diese Mittel im Kultusbereich wirklich zur freien Verfügung, könnten wir damit z. B. 1 660 Schulpsychologen oder 1 600 Sozialpädagogen oder 1 730 Lehrer einstellen oder 110 weitere Ganztagsschulen errichten. Damit will ich deutlich machen, wie sehr es auf die Schwerpunkte sowie darauf ankommt, diese richtig zu setzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Ihrem Antrag und auch in der Begründung haben Sie Sachsen-Anhalt als Beispiel angeführt. Hier möchte ich auch noch mit zwei Illusionen aufräumen. Erstens hat Sachsen-Anhalt nicht, wie es in Ihrem Gesetzentwurf gefordert wird, eine komplette Beitragsfreiheit umgesetzt, sondern ist bei einer Eigenbeteiligung von 100 Euro geblieben.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Hat sie doch gesagt!)

- Es ist aber ein anderer Anteil als in diesem Gesetzentwurf. Dort ist also ein Eigenanteil geblieben. Zweitens ist ein für mich entscheidendes Argument, wie die Haushaltswirkung in Sachsen-Anhalt aus dieser Entscheidung gewesen ist. Ich habe gesagt, bei uns können es bis zu 83 Millionen Euro werden. In Sachsen-Anhalt beträgt die Haushaltsauswirkung 7,25 Millionen Euro, also nicht einmal 10 % dessen, was wir für diesen Bereich ausgeben müssten.

Deshalb stelle ich abschließend die folgende Frage: Wir müssen uns genau überlegen, was wir wollen. Wollen wir freie Fahrt für alle, koste es, was es wolle? Das kann es nach unserer Auffassung nicht sein. Ich möchte mir nicht vorstellen, zugunsten Ihres Antrags zu entscheiden und dafür Einsparungen im Schulbetrieb etwa bei Schulsozialarbeitern bzw. -sozialpädagogen oder bei Lehrereinstellungen vornehmen zu müssen. Um auch mit den Worten aus einer Fernsehsendung zu enden - zwischendurch habe ich ja mehrfach solche Worte verwendet -, zitiere ich jetzt Thomas Gottschalk: „Wetten, dass“ wir Ihren Antrag ablehnen?

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Seefried. - Mir liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen auf die Rede von Herrn Seefried vor. Zunächst spricht Frau Kollegin Flauger von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Seefried, Sie haben gerade dargestellt, dass man, wenn man nicht genug Geld für alles hat, was man sich so wünscht, auswählen muss, wofür man die nur beschränkt zur Verfügung stehenden Mitteln ausgibt. Das ist mathematisch völlig korrekt.

(Editha Lorberg [CDU]: Nicht nur ma- thematisch! - Ulf Thiele [CDU]: Auch politisch!)

- Das ist auch finanziell und fiskalisch völlig korrekt. - Gestern habe ich einiges zum schwarzgelben Koalitionsvertrag auf Bundesebene ausgeführt.

(Klaus Rickert [FDP]: Das haben wir alle mit großem Interesse gehört!)

- Schön, wenn Sie mit Interesse zugehört haben. Dann haben Sie auch gehört, dass wir Linken fordern, die Einnahmesituation deutlich zu verbessern. Dazu haben wir verschiedene Vorschläge gemacht. Mich würden Ihre Vorstellungen dazu interessieren, wie die Einnahmesituation des Landes Niedersachsen verbessert werden soll, damit Sie mehr Dinge auswählen können, für die Sie Geld ausgeben wollen und die Sie inhaltlich für richtig halten, und sich nicht so stark einschränken müssen, wie es jetzt notwendig ist.

In diesem Zusammenhang würde ich von Ihnen auch gerne hören - das habe ich gestern dargestellt -, wie Sie die 21 Milliarden Euro, die auf Bundesebene ausgegeben werden sollen, für die keine Gegenfinanzierung vorgesehen ist, sondern allein auf die Hoffnung auf eine verbesserte Wirtschaftssituation verwiesen wird, gegenfinanzieren wollen. Wenn Sie das nicht können, dann dürfen Sie entsprechende Vorschläge von anderen Fraktionen an anderer Stelle auch nicht kritisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat der Kollege Aller von der SPD-Fraktion ebenfalls für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!

Herr Kollege Seefried, Sie haben eben dargestellt, dass der Kultushaushalt, seit diese glorreiche Koalition Haushaltspolitik macht - - -

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war ironisch!)

- Den Beifall an dieser Stelle hatte ich eingeplant. Es geht aber weiter: Sie haben gesagt, dass 1 Milliarde Euro mehr im Kultushaushalt aufgelaufen sei. In diesem Zusammenhang muss ich Sie fragen, ob Ihnen eigentlich klar ist, dass ein großer Teil dieser 1 Milliarde Euro schlicht und einfach

Mittel sind, die auf Umbuchungen aus dem Bereich der Kinder- und Jugendpolitik, vom Etat des Sozialministeriums, in den Kultushaushalt zurückzuführen sind. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, das anhand der vergangenen Miplas nachzusehen, werden Sie feststellen, dass ein großer Teil Ihrer Argumentation in sich zusammenbricht.

(Zuruf von Ulf Thiele [CDU])

Wenn Sie dann bedenken, dass sich der Kultushaushalt aufgrund der hohen Anzahl der Beschäftigten im Schulbereich zu einem großen Teil aus Lohn-, Gehalts- und Versorgungslasten zusammensetzt, und Sie die Summe berechnen, die sich aus den Gehaltserhöhungen in 2002/2003 ergibt, dann werden Sie merken, dass ein weiterer großer Teil dieser 1 Milliarde Euro schlicht und einfach der Tatsache geschuldet ist, dass die Bezüge in diesem Bereich gestiegen sind. Sie haben es aber nicht geschafft darzustellen, an welcher Stelle es qualitative Verbesserungen gegeben hat.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Die gibt es ja auch nicht!)

Über diese Verbesserungen haben wir eben geredet. Die Summe verklärt also den Blick für das Konkrete. Vielleicht arbeiten Sie da noch einmal nach.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das war bei dir ganz an- ders! Da war ja gar nichts im Haus- halt!)

Das war auf die Sekunde genau, Herr Aller. - Herr Seefried möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Flauger, erst einmal freue ich mich, dass Sie verstanden haben, was ich deutlich machen wollte, nämlich dass es auf Schwerpunkte ankommt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Meine Antwort zielt natürlich auf die erfolgreiche Wirtschaftspolitik des Landes Niedersachsen. Darüber werden wir unser Land auch in Zukunft erfolgreich finanzieren können.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Also auch Prinzip Hoffnung!)

Dass wir uns einschränken - das haben Sie gesagt -, kann man nun wirklich nicht behaupten, wenn man die Zahlen im Bildungsbereich betrachtet, die ich genannt habe. Im Gegensatz zu allen anderen Haushaltsansätzen ist der Ansatz im Kultusbereich jedes Jahr erhöht worden. Die Fraktionen von CDU und FDP haben sich eigentlich jedes Jahr aufs Neue übertroffen. Wir konnten jedes Jahr wieder behaupten: Die Bildungsausgaben sind die höchsten in der Geschichte des Landes Niedersachsen. Das stimmt jedes Jahr wieder.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie viel Prozent des Bruttoinlandsprodukts?)

Herr Aller, was eine solide Finanzpolitik angeht - ich musste mich in diesem Bereich erst belehren lassen, weil ich damals noch nicht dabei gewesen bin -: Zu Ihren Regierungszeiten sind wohl einmal im November in Niedersachsen 700 Lehrer eingestellt worden, deren Stellen nicht einmal im Haushalt abgesichert waren. So etwas würde uns z. B. nicht passieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von den GRÜNEN und der LINKEN)