Protokoll der Sitzung vom 24.11.2009

men, über die sehr unterschiedlichen Stromqualitäten der verschiedenen Anbieter zu informieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben dagegen, wie auch die Kollegen aus Ihrer Fraktion, das wichtige Thema aus Ihrer politisch einseitigen FDP-Sicht allein auf einen Preiswettbewerb reduziert. Der entscheidende Unterschied zwischen den verschiedenen Produkten, dass nämlich viele billige Stromangebote aus abgeschriebenen und überalterten Atomanlagen oder Kohlekraftwerken kommen und von den Kunden nur wenig mehr Geld für klimafreundlichen KraftWärme-Kopplungs-Strom oder regenerativen Strom zu zahlen wäre, wird von Ihnen im öffentlichen Statement unterschlagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese einseitige Preiswettbewerbsbeförderung führt zu einer fatalen Geiz-ist-geil-Mentalität, die wichtige übergeordnete gesellschaftliche Ziele wie den Klimaschutz oder den Erhalt von dezentralen Versorgungsstrukturen konterkariert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Bode, vielleicht antworten Sie in Ihrem Beitrag gleich darauf.

(Minister Jörg Bode: Ich habe mich schon zu Wort gemeldet!)

Wichtig wäre vom Niedersächsischen Landtag und vom Wirtschaftsminister bei der Bewertung des Kartellberichts neben dem Blick auf die Stromqualitäten auch ein Hinweis zum Wert und Zukunftspotenzial unserer lokalen Stadtwerke gewesen. Die gerade erfolgte Übernahme der Thüga durch die Stadtwerkegruppe bietet für eine dezentrale und kundennahe Versorgung in Zukunft eine Stärkung im Wettbewerb und zugleich regionale Verbundenheit.

Dies sollte auch von der Landespolitik im wohl verstanden Eigeninteresse positiv begleitet und unterstützt werden, Herr Bode; denn die Wertschöpfung der Stadtwerke bleibt sicher hier bei uns.

Aber ausgerechnet die Yellos und RWEs, die vielleicht manchmal einen Tick billiger sind, aber erstens weit weg residieren und zweitens den Kunden nur klimaschädlichen oder gefährlichen Strom

(Christian Dürr [FDP]: Gefährlicher Strom!)

anbieten, fördern Sie durch Ihre einseitige Parteinahme für den billigsten Anbieter. Ich glaube, Sie verstehen Ihr Amt falsch!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Ich finde, hier stellt sich den Kolleginnen und Kollegen der FDP einmal wieder die Gretchenfrage: Erst das Land, oder erst die Partei? - Was ist Ihnen wichtiger?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hocker, als Sie hier gesprochen haben, hatte ich eigentlich mit einer politischen Rede gerechnet. Aber Sie haben eigentlich nur den Hinweis gegeben, dass man den Stromanbieter wechseln kann. Das kann man auch so sagen. Dafür brauchen wir eigentlich keinen Landtag.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Verbrauchern der EWE ist in diesen Tagen eine Broschüre in den Haushalt geflogen. Auch andere Strom- und Gasanbieter haben in Niedersachsen immer wieder Erhöhungen durchgesetzt. In dieser Broschüre, die an alle Haushaltungen verteilt wurde, argumentiert die EWE mit drei Gründen, mit denen ich mich auseinandersetzen will. Sie hat die Strompreise um 14 % erhöht. Sie bezieht sich auf höhere Bezugskosten, auf gestiegene Netzentgelte und steigende Kosten für erneuerbare Energien.

Erstens zu den höheren Bezugskosten: Wenn Sie dazu näher nachfragen, werden Sie feststellen, dass die EWE - das gilt für alle anderen Anbieter genauso - ihre wirklichen Bezugskosten gar nicht offenlegt. Deswegen laufen auch Prozesse, um das einmal transparent zu machen. Auf der einen Seite wird eine Quasimonopolsituation ausgenutzt. Wenn man dann nachfragt und darauf hinweist, dass diese Strom- oder Gaspreiserhöhung nach § 315 BGB auch Kriterien der Billigkeit entsprechen muss, dann verweigern sich diese Anbieter

auf der anderen Seite und sagen: Unsere Einkaufspreise können wir dem Gericht aber nicht mitteilen. - Ich selbst führe einen Prozess in dieser Angelegenheit. Er liegt jetzt beim Bundesgerichtshof und wird wahrscheinlich im Jahre 2010 entschieden werden.

(Klaus Rickert [FDP]: Wie sind die Aussichten?)

- Das weiß ich nicht, das wissen auch Sie nicht.

Das heißt, dieses Problem ist erst einmal völlig ungeklärt, weil nicht mit offenen Karten gespielt wird.

Das zweite Argument, die Netzentgelte: Tatsächlich wurden mithilfe der Monopolstellungen, die es hierbei gibt, die Netzentgelte ziemlich ausgenutzt. Da wurden Extraprofite erzielt. Es gibt jetzt durch das System der Anreizregulierung eine gewisse Kontrolle durch die Bundesnetzagentur. Damit wird aber ein Druck auf die Kosten ausgeübt. Das ist das Problem. Das führt dazu, dass die Netzbetreiber gezwungen sind, Kosten zu senken, was zulasten der Tarifverträge gehen kann, die dann nicht mehr eingehalten werden, und natürlich auch zulasten der notwendigen Investitionen in das Netz. Das Beispiel der USA zeigt, wohin es führt, wenn man notwendige Investitionen in das Netz unterlässt. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Deshalb ist das unzureichend.

Drittens die steigenden Kosten durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz: Das finde ich besonders unverschämt, weil damit die Bürger im Grunde bestraft werden sollen, wenn gegenwärtig Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen oder aus Solaranlagen - Photovoltaiktechnologie - in das Netz eingespeist wird. Genau das soll den Bürgern verleidet werden. Ich finde es unverantwortlich, wenn so etwas gemacht wird!

(Beifall bei der LINKEN)

Zusammenfassend kann ich zu unserer Position sagen: Die Versorgung mit Energie ist Teil der elementaren Daseinsvorsorge. Sie muss so organisiert werden, dass nicht Gewinnmotive das unternehmerische Handeln bestimmen. Die Energiewirtschaft gehört deshalb in die öffentliche Hand, in erster Linie in die Hand der Kommunen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will Ihnen dazu zwei Beispiele nennen, wie das ganz gut funktioniert. In Thüringen haben 29 von 33 Städten eigene Stadtwerke. Das geht durchaus. Auch im Nordwesten gibt es ein ganz gutes Bei

spiel: Das ist der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband. Ich bin Vertreter der Stadt Oldenburg in der Verbandsversammlung. Der OOWV arbeitet ohne Gewinnprinzipien, kann die Preise ziemlich gut halten und auch eine hohe Qualität der Wasserversorgung sichern. Das heißt, es geht durchaus ohne Profitprinzip. Daran sollte man sich ein Beispiel nehmen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe und Widerspruch von der CDU)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist Herr Langspecht von der CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Aktuellen Stunde liegt vor allem der Bericht der Landeskartellbehörde über die Wettbewerbsbedingungen auf dem niedersächsischen Strom- und Gasmarkt 2008 zugrunde. Die Untersuchung hat zu Ergebnissen geführt, die uns in der Tat umtreiben müssen. Es sind jetzt ungefähr elf Jahre seit der Liberalisierung der Energiewirtschaft vergangen. Heute können wir feststellen: Auf dem Gasmarkt haben wir noch viel zu wenig Wettbewerb. Auf dem Strommarkt ist der Wettbewerbsprozess zwar angelaufen, ist aber auch hier noch nicht zufriedenstellend.

(Kurt Herzog [LINKE]: Wie kommt das denn?)

Nach dem veröffentlichten Ergebnisbericht der Kartellbehörde stellen allein 35 verschiedene Stromlieferanten und vier verschiedene Gaslieferanten in Niedersachsen den Kunden Energie zur Verfügung. Zwar hat die Anzahl der Lieferantenwechsel im Jahre 2008 erfreulicherweise stark zugenommen. Es konnten ungefähr 100 000 Wechselvorgänge festgestellt werden. Uns macht aber nachdenklich, dass die lokalen Stromversorger unverändert einen extrem hohen Marktanteil von über 90 % halten, während die Wettbewerber auf einen Marktanteil von gerade einmal 7,5 % kommen.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Auf dem Gasmarkt ist diese Unwucht noch gravierender; denn hier halten die regionalen Anbieter einen Marktanteil von 98 %, und die Wettbewerber kommen dementsprechend nur auf 2 %.

Das heißt, die Strom- und Gaskunden, die Verbraucherinnen und Verbraucher haben ihre Möglichkeiten, den Lieferanten zu wechseln und damit Geld einzusparen, bisher leider nicht hinreichend genutzt.

Der Ergebnisbericht der Kartellbehörde macht auch deutlich, wie viel teurer es sein kann, wenn der Stromkunde nicht von seinem Recht Gebrauch macht, den Lieferanten zu wechseln. Die Prüfer kommen zu dem Ergebnis, dass beim Gasverbrauch für ein Einfamilienhaus jährlich bis zu 500 Euro eingespart werden können. Hier kann die Botschaft nur sein, einen günstigeren Anbieter zu wählen. Gerade bei der Gasversorgung sollten wir beim Lieferantenwechsel ein Augenmerk auf die niedersächsischen Anbieter richten, die sich gut am Markt positioniert haben.

In Niedersachsen sind wir ja auch mit einem Anteil von über 95 % an der bundesdeutschen Erdgasförderung ganz vorn. Seit Jahren ist die Produktion bei uns höher als der Verbrauch. In den ersten neun Monaten dieses Jahres reichte die Erdgasproduktion in Niedersachsen aus, um bei uns den gesamten Jahresbedarf an Erdgas zu decken. Wir sind in der Erdgasversorgung also nicht nur autark, sondern auch weiterhin großer Erdgasexporteur. Wir werden noch besser werden, weil wir in Niedersachsen über eine Hochleistungsbohrtechnologie verfügen, die weltweit führend ist und die es uns ermöglicht, Vorkommen zu erschließen, die bislang nicht erreichbar waren.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zurück auf den Bericht der Kartellbehörde. Wir begrüßen ausdrücklich die eingeleiteten Ermittlungen der Kartellbehörde gegen die Unternehmen, die nachweislich die höchsten Preise in Niedersachsen haben. In der Tat muss geklärt werden, wie sich diese Preise zusammensetzen und wie sie zustande gekommen sind.

Es ist auch keine Frage: Sowohl für die Industrie- und Gewerbekunden als auch für die Privathaushalte ließen sich gerade im europäischen Vergleich die hohen Strom- und Gaskosten deutlich reduzieren, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden könnte, wenn die Versorger konsequenter und mutiger als bisher gewechselt würden. Die Verfügbarkeit von preiswerter Energie ist ein entscheidender Standortfaktor. Gerade für unsere mittelständische Wirtschaft müssen wir wettbewerbsfähige Energiekosten sichern. Hier sind wir alle - Industrie und Gewerbe ebenso wie alle übrigen Verbraucher und Kunden - aufgerufen, alle

Angebote des Marktes zu prüfen und uns dann zu entscheiden. Genauso wie beim Autokauf sollten wir in regelmäßigen Abständen prüfen, wie wir durch einen Lieferantenwechsel Einsparpotenziale nutzen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, als nächster Redner hat sich Herr Minister Bode zu Wort gemeldet. Der Landesregierung stehen für die letzten beiden Punkte noch 3:40 Minuten zur Verfügung.