Drittens. Eine Fortsetzung der geförderten Altersteilzeit widerspricht dem gemeinsamen Ziel, die Erwerbsbeteiligung von Älteren über 55 Jahren wieder zu erhöhen. Dieses Ziel hatten wir bisher immer gemeinsam. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen und natürlich auch der guten Wirtschaftslage ist es uns gelungen, diese Er
werbsbeteiligung seit den 90er-Jahren von 35 % auf jetzt 54 % zu erhöhen. Das ist ein guter Weg, weil auch ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserer Gesellschaft wichtig sind. Berufliches Tätigsein ist halt einfach mehr als Geldverdienen; es ist ein sozialer Faktor. In diesem Punkt stimme ich Herrn Hagenah ausdrücklich zu.
Ich trage zuerst die sieben Punkte vor. Sollten dann noch Fragen bei Frau Flauger bestehen, werde ich die Zwischenfrage gerne gestatten.
Viertens. Von der SPD ist auch Folgendes falsch dargestellt worden: Wir brauchen die Erfahrung und das Fachwissen der älteren Beschäftigten in den Betrieben gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Denken Sie doch einfach einmal an die Diskussion vor anderthalb bis zwei Jahren; seinerzeit haben wir von dieser Stelle aus den Fachkräftemangel beklagt. Als wir in die jetzige Krise hineingegangen sind, haben alle gesagt: Lasst uns Instrumente finden, damit die Unternehmen den Fachverstand ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten und sie nicht freisetzen. Kurzarbeit war dabei das wesentliche Instrumentarium. Wir sollten diesen richtigen Weg nicht konterkarieren.
Fünftens. In Bezug auf das Thema Weiterbildung wäre die Umsetzung der Forderung der SPD ein völlig falsches Signal. Das würde dazu führen, dass 50-Jährige im Betrieb keine Weiterbildungsmöglichkeiten mehr haben, weil jeder Arbeitgeber damit rechnen muss, dass sie demnächst aus dem Betrieb verschwinden werden. Wir dürfen hier also auch keine Diskriminierung in die Betriebe hineinbringen. Für ältere Beschäftigte wäre dies ein Bärendienst.
Sechstens. Wie wurde Altersteilzeit bisher genommen? Im Blockmodell! Das bedeutet, dass derjenige, der jetzt Altersteilzeit neu in Anspruch nimmt, noch drei Jahre im Betrieb ist. Als Instrument gegen die Krise wäre dies ein völlig falscher Ansatz. In drei Jahren würde er den Betrieb verlassen und seinen Arbeitsplatz frei machen, genau dann, wenn wir die Krise überwunden haben. Wenn wir davon ausgehen, dass wir diese Menschen gerade dann wegen ihres Wissens dringend
Siebtens. Ein letzter Tatbestand, der von Ihnen auch falsch gesehen wurde, ist, dass es einfach viel zu teuer ist. Ich zeige ihn auf, wie dieses Instrument gefördert wurde: 100 000 Förderfälle brachten im letzten Jahr Kosten von 1,3 Milliarden Euro mit sich. Das steht in keinem Verhältnis. Dieses Geld kann man viel besser für Qualifizierung und Beschäftigungsförderung nutzen, aber doch nicht für Ausstiegsprämien.
Aus all diesen Gründen haben wir als Landesregierung eine klare Positionierung. Jugendliche sind für uns wichtig; sie stehen im Fokus. Mehr als die Hälfte unserer Mittel fließt in die aktive Arbeitsmarktpolitik für diese Altersgruppe. Wir brauchen dafür keine Altersteilzeit finanziell zu fördern. Der Antrag der SPD bedeutet keinen Fortschritt, sondern Rückschritt. Es sind alte Rezepte, die zuvor auch nicht funktioniert haben. Diese Fehler darf man nicht wiederholen. Wir sollten gemeinsam die Herausforderungen des demografischen Wandels ernst nehmen. Dafür brauchen wir andere Instrumente.
Ich habe meine Redezeit jetzt leider überzogen. Aber falls Sie es gestatten, Herr Präsident, kann Frau Flauger gerne noch eine Frage loswerden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Bode, wenn Sie den Standpunkt vertreten, dass die bestehenden Möglichkeiten, auch ein wenig früher in Rente zu gehen oder ein bisschen länger zu arbeiten, also flexibel in die Rente zu gehen, für eine Staffelung ausreichen, dann frage ich Sie, ob Sie meine Auffassung teilen, dass die Menschen, etwa Bauarbeiter, die aufgrund hoher körperlicher Belastung nicht so lange arbeiten können - Sie haben sie erwähnt-, gerade diejenigen sind, die im Schnitt niedrigere Gehälter bekommen und denen es besonders schwer fallen dürfte, entsprechende Abschläge in Kauf zu neh
men, weil sie von der Rente, die sie bekämen, tendenziell nicht mehr existenzsichernd über die Runden kommen könnten. Führt nicht genau die Aufteilung, wer länger arbeiten kann - vielleicht Architekten - und wer nicht so lange arbeiten kann - Menschen, die auf dem Bau gearbeitet haben -, dazu, dass der Effekt, den Sie hier darstellen, gar nicht nutzbar ist?
Das Letzte, was Sie gesagt haben, können Sie auch nicht durch eine geförderte Altersteilzeit ändern. Ich habe nicht gesagt, dass die Regelungen in diesem Bereich in Deutschland perfekt sind und nicht verbessert werden können. Die Niedersächsische Landesregierung verhandelt gerade beispielsweise mit dem Beamtenbund über die Frage, wie man den Übergang in einen flexiblen Pensionseinstieg besser hinbekommen kann, damit auch ein Beamter oder ein Angestellter besser wählen kann, ob er vielleicht noch ein bisschen länger arbeiten möchte, weil er sich fit genug fühlt. Schauen Sie sich doch einmal Herrn Gibowski in Berlin an. Er sagt: Ich bin fit, ich möchte weitermachen, ich möchte mein Wissen zur Verfügung stellen. Wir haben seinen Vertrag mehrmals verlängert. Ganz viele Beamte, gerade Lehrerinnen und Lehrer, sagen auch: Ich habe noch Wissen an die junge Generation zu vermitteln, ich möchte weiterarbeiten, vielleicht auch nur für ein paar Stunden. - Da müssen wir noch mehr tun, da müssen wir besser sein. Hören wir endlich auf, den Beruf lediglich als Mittel zu betrachten, Geldbeträge überwiesen zu bekommen. Er ist sehr viel mehr. Es geht um die soziale Verantwortung für die Beschäftigten selber und für die Gesellschaft.
Zuständig soll der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sein. Stimmt jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen worden.
Einzige (abschließende) Beratung: Niedersachsen - Tor in eine freie und friedliche Welt für 2 500 irakische Flüchtlinge - Antrag der
Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1344 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/1806 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1842
Wir kommen damit zur Beratung. Zunächst hat sich Frau Jahns von der CDU-Fraktion gemeldet. Bitte schön, Frau Jahns, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schicksal von Flüchtlingen lässt uns alle nicht kalt. Gerade meine Fraktion berührt es aus unseren christlichen Wurzeln heraus besonders, dass es auch heute, 64 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, immer noch Millionen von Menschen gibt, die aus Gründen von Krieg, Bürgerkrieg oder religiöser Verfolgung ihre Heimat verlieren.
Einen besonderen Brennpunkt stellt im Moment das Schicksal der irakischen Flüchtlinge dar, die sich zu Millionen in Syrien und Jordanien aufhalten müssen, zum Teil unter unwürdigen Bedingungen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Europäische Union bereit erklärt, um wenigstens einigen Härtefällen zu helfen und einige Menschen zu unterstützen, 10 000 Menschen aufzunehmen und eine neue Heimat zu geben. Deutschland hat sich in besonderer Weise bereit erklärt, einen großen Anteil von Menschen, nämlich 2 500, aufzunehmen. Diese 2 500 Menschen werden zuerst in Niedersachsen aufgenommen. Deswegen haben wir auch unsere Überschrift so gewählt: „Niedersachsen - Tor in eine freie und friedliche Welt für 2 500 irakische Flüchtlinge“.
Meine Damen und Herren, von den 2 500 irakischen Flüchtlingen, die in ganz Deutschland aufgenommen werden sollen, sind im Jahre 2009 mittlerweile knapp 200 Niedersachsen zugeteilt worden. Ich darf an dieser Stelle sagen: Das Land Niedersachsen hat sich in besonderer Verantwortung der Schicksale dieser Menschen angenom
Niedersachsen ist in dieser Beziehung Vorbild für alle Bundesländer. Ich sage das jetzt einmal etwas polemisch: Anderen Bundesländern tränen die Augen, wenn sie sehen, wie in Niedersachsen das Zentrum für Integration in Göttingen arbeitet.
Ich glaube sagen zu dürfen, dass die Niedersächsische Landesregierung hier einzigartig für Deutschland arbeitet.
Wir haben diesen Antrag formuliert, weil im Vorfeld im Zusammenhang mit der Aufnahme der irakischen Flüchtlinge in einigen Veröffentlichungen dargestellt worden ist, dass das Land Niedersachsen nicht vorbereitet sei.
- Ich habe niemanden persönlich angegriffen. Wenn Sie sich jetzt angegriffen oder angesprochen fühlen, dann tut es mir leid.
Aber in der Öffentlichkeit war dargestellt worden, dass in Niedersachsen die Vorbereitungen nicht optimal gelaufen seien, dass es wahrscheinlich viele traumatisierte Flüchtlinge geben werde, die keine Unterstützung, keine Hilfe bekommen würden. Deswegen haben wir gesagt: Wir wollen auch für die Öffentlichkeit noch einmal deutlich machen, wie sehr diese Landesregierung sich engagiert hat.
Mittlerweile ist nicht nur jede Fraktion, die hier im Landtag vertreten ist, in Friedland gewesen, sondern auch der gesamte Innenausschuss.
und dass gerade auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort eine hervorragende Arbeit leisten. Dafür sage ich an dieser Stelle im Namen meiner Fraktion noch einmal herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Das haben wir schon vor Ort gemacht! Da- für brauchen wir keinen Landtagsbe- schluss!)
Unser Antrag macht noch einmal deutlich, wie intensiv auch die menschliche Betreuung dort ist. Es hätte sich gut angeboten, dass die Fraktionen der Opposition diesem Antrag zugestimmt hätten. Sie hatten das im Vorfeld teilweise signalisiert. Aber zwischenzeitlich liegt der Änderungsantrag vor.
Meine Damen und Herren, Sie fordern in dem Änderungsantrag, dass Niedersachsen sich ein Resettlementprogramm auflegt und dieses umsetzt. Ich sage an dieser Stelle deutlich: Die Diskussion gibt es auf Bundesebene, dass es ein Resettlementprogramm auch für Deutschland geben soll. Aber ich möchte auch noch einmal deutlich machen: Sie haben in Ihrem Änderungsantrag aufgeführt, dass sich einige Mitgliedstaaten der EU bereits dieses Programms angenommen haben und es durchsetzen.
Das ist genau der Unterschied: einige Mitgliedstaaten und eben nicht einige Bundesländer. Wir wollen ein Gesamtprogramm auf Deutschlandebene. Wir sehen überhaupt keine Veranlassung, hier als Land Niedersachsen ein eigenes Programm aufzulegen oder hier irgendwo vorzupreschen, bevor diese Asylpolitik nicht gesamtdeutsch geregelt ist oder auch irgendwo in einer Gesamtlösung vereinbart ist.