Das hat doch überhaupt nichts mit Verharmlosung, mit links, rechts usw. zu tun, sondern es geht um Gewaltfreiheit. Es ist doch ein katastrophales Signal, wenn sich Demokraten zusammentun - Sie haben recht, das ist von allen unterschrieben worden; es haben alle dort geredet - und wir diesen friedlichen Protest im Vorfeld nicht auch dadurch unterstützen wollen, dass wir sagen: Wir wollen keine Gewalt akzeptieren, aus welcher Richtung auch immer, ob von links oder von rechts. Wir rufen zur Friedfertigkeit in alle Richtungen auf. - Meine Damen und Herren, das muss eine Selbstverständlichkeit sein!
Dass dieser Halbsatz nicht in der Resolution des Rat der Stadt Hannover gestanden hat, finde ich nicht schlimm. Aber wenn man das im Parlament ergänzt, ist das meiner Ansicht nach eine Verbesserung und eine Aufwertung des Protestes gegen den Rechtsextremismus insgesamt.
Ich verwahre mich gegen den Vorwurf, dass ich mit diesem Halbsatz dazu beigetragen haben soll, unsere Gesellschaft zu spalten.
Ich glaube, wir können nur dann eine Einigkeit in unserer Gesellschaft hinbekommen, wenn wir uns darin einig sind, dass der Kampf gegen den Extremismus insgesamt geführt werden muss. Da dürfen wir keine Ideologien in den Vordergrund stellen. Und wenn man ein Zeichen gegen den Extremismus setzen will, wenn man gegen den Extremismus kämpfen will, dann ist Gewaltfreiheit das Wichtigste. Das muss der Grundkonsens sein. Wer das als Spaltung ansieht, der hat die Botschaft der Demokratie nicht verstanden!
Nach § 71 Abs. 3 erteile ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zwei Minuten zusätzliche Redezeit. Das Wort hat der Kollege Wenzel.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe! Auch wenn wir hier schon über einen langen Zeitraum emotionsgeladen diskutieren, möchte ich doch darum bitten, dass auch die letzten Beiträge in allen Fraktionen Gehör finden. Darauf haben alle Redner einen Anspruch. Das Thema ist schließlich sehr ernst.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Innenminister, mich ärgert an der Art und Weise, wie Sie hier in die Debatte einsteigen, dass das, was Sie sagen, an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten ist.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Wider- spruch bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: „Ich fühle mich jetzt subjektiv betroffen!“)
Sie verdrehen die Genese der Demonstrationen in Hannover ganz bewusst. In jeder Debatte, die wir in diesem Hause über den Rechtsextremismus führen, kommen Sie mit ganz gezielten Ausfällen gegen den Linksextremismus, um das Problem Rechtsextremismus ganz bewusst zu relativieren.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist doch nicht wahr! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsi- denten)
Das, meine Damen und Herren, ist eine ganz bewusste und kalkulierte Relativierung rechtsextremer Gewalt, die in den letzten Jahren zu vielen Toten auf deutschen Straßen geführt hat.
Herr McAllister, damit, dass Sie das alles so schön in einen Topf werfen, das Ganze einmal umrühren und meinen, dann trifft es immer die Richtigen, verharmlosen Sie am Ende genau das, worüber wir hier diskutieren. Immer dann, wenn es darum geht, präzise zu benennen, wie ein Rechtsstaat gegen solche Umtriebe vorgehen kann, versuchen Sie, das Ganze bewusst zu relativieren - und zwar aus egoistischen, parteipolitischen Motiven. Das muss einmal so deutlich benannt werden!
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Heinz Rol- fes [CDU]: Ich weiß nicht, wie lange man sich hier noch beleidigen lassen muss! - David McAllister [CDU]: „Ich fühle mich subjektiv betroffen!“)
Ich erteile der SPD-Fraktion nach § 71 Abs. 3 ebenfalls zusätzliche Redezeit. Herr Kollege Jüttner, Sie haben anderthalb Minuten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Debatte wäre uns erspart geblieben, wenn Herr Biallas auf seinen Ausfall verzichtet hätte.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und wenn er sich entschuldigt hätte!)
Die Veranstaltung am 1. Mai war eine Provokation für die gesamte demokratische Kultur in Deutschland. Entsprechend hat sie auch darauf reagiert, und zwar sowohl die demokratische Linke wie auch die demokratische Rechte in Deutschland, nämlich die CDU und die FDP.
Vor dem Hintergrund hat der Rat der Landeshauptstadt Hannover - einschließlich der demokratischen Rechten - die geplante NPD-Demonstration zum Anlass genommen, einen gemeinsamen Beschluss zu fassen. Jeder, der diesen Beschluss nicht solidarisch mitträgt, sondern meint, ihn anschließend noch um einen Halbsatz ergänzen zu müssen, signalisiert nichts anderes als - erstens - Relativierung und - zweitens - Spaltung. Das war der Kern meines Vorwurfs.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will das nicht künstlich verlängern, aber ich finde, dass das, was der Vorsitzende der SPDFraktion in diesem Landtag hier gesagt hat, so nicht stehenbleiben darf. Er hat nämlich suggeriert, dass man dadurch, dass man mit einem eingefügten Halbsatz, in dem man zur Gewaltfreiheit aufruft und in dem man sagt, dass man sich auch gegen gewaltbereite Linksextremisten wenden muss, den Kampf gegen den Rechtsextremismus relativiert. Ich finde, das müssen wir unbedingt im Protokoll festhalten.
Meine Damen und Herren, Gewaltfreiheit gilt nicht nur in Richtung Links-, Rechts- oder sonstigem Extremismus, sondern Gewaltfreiheit müssen wir insgesamt hochhalten. Das hat nichts mit Relativierung zu tun, sondern das muss eine Selbstverständlichkeit sein.
Meine Damen und Herren, ich bitte wirklich um Ruhe! Das gilt für alle Abgeordneten. Wir haben diese Diskussion gleich geschafft und kommen zur Abstimmung.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Innenminister, Herr Fraktionsvorsitzender, wenn es darum geht, ob Demokraten in der Lage sind zusammenzustehen, um rechtsextreme Umtriebe in die Schranken zu weisen, muss am Ende jeder selbst gucken, wo er steht.
Das Verhalten der jüdischen und der palästinensischen Gemeinde hier in Hannover hat gezeigt, was möglich ist. Wer diese beiden Institutionen kennt, der weiß, dass es ein historischer Moment war, der hier in Hannover stattgefunden hat.
Wir hier im Parlament mit fünf demokratischen Parteien haben es hingegen nicht geschafft. Das ist ein peinlicher Punkt.
Da stellt sich schon die Frage: Wer hat das nicht gewollt? Wer hat in letzter Sekunde den Spaltpilz hineingetrieben, um eine Einigung der demokratischen Parteien zu verhindern?
Nach § 71 Abs. 3 erteile ich auch der SPD-Fraktion zusätzliche Redezeit von einer Minute. Kollege Jüttner hat das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann hat in seinem Beitrag suggeriert, wir würden linksradikale Gewalt in Schutz nehmen. Herr Schünemann, das ist wirklich unerhört!
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Wenn die autonome Szene in Deutschland - mit Links hat das nichts zu tun; Links ist emanzipatorisch und demokratisch; das sage ich ausdrücklich -
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Genau! - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das wird ja langsam abenteuerlich!)
zur Gewalt aufruft und hier der Antrag eingebracht wird, das mit aller Schärfe zurückzuweisen, dann findet das unsere Zustimmung, ohne dass wir gleichzeitig hineinschreiben werden, dass wir auch die rechtsradikale Szene bekämpfen wollen.
Herr Kollege Bartling, mir ist gesagt worden, von Ihnen seien die Äußerungen „Pack“ und „übles Volk“ gefallen. Ist das korrekt?
(Heiner Bartling [SPD]: Das ist kor- rekt, Herr Präsident! Ich nehme die Bemerkung allerdings zurück! Ich bin gerne bereit, eine Erklärung dazu ab- zugeben!)
Jetzt gewähre ich der Fraktion DIE LINKE zusätzliche Redezeit von einer Minute. Herr Kollege Adler hat das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf einen Zwischenruf eingehen, der hinsichtlich der Anzahl der demokratischen Parteien in diesem Parlament gemacht worden ist. Ich denke, der Zwischenrufer sollte das, was er gesagt hat, zurücknehmen. Wir alle hier sind demokratische Parteien. Hören Sie bitte mit diesen Ausgrenzungen auf!