Die Jungen bekommen also die Möglichkeit, in das Berufsleben einzusteigen, und die Älteren können früher in den Ruhestand gehen, ohne größere Abschläge in Kauf nehmen zu müssen. Nicht mehr und nicht weniger wollen wir. Das klingt doch vernünftig, Herr Hoppenbrock, oder nicht?
Ich meine, dass Sie das mittragen können. Sie sollten da nicht bremsen. Solche Steuerungsmöglichkeiten müssen wir uns einfach erhalten, insbesondere in Zeiten, in denen unsere Bundeskanzlerin dem erstaunten Volk erklärt, die Bundesregierung fahre auf Sicht, was immer das heißt. Wir brauchen die geförderte Altersteilzeit; denn sie ist eine Beschäftigung stabilisierende Maßnahme. Sie ist in Krisenzeiten ein Standortvorteil für die deutsche Wirtschaft, und sie ist ein effektiver Baustein für Generationengerechtigkeit in der Arbeitswelt, meine Damen und Herren. Lassen Sie mich dies besonders herausstellen.
Die SPD steht für eine moderne und vorausschauende Arbeitsmarktpolitik. Darum werden wir nicht tatenlos zusehen und möglichst alle, wirklich alle geeigneten Instrumente zur Beschäftigungssicherung nutzen, die es gibt. Die Erfordernisse des Arbeitsmarktes und die wirtschaftliche Vernunft sprechen dafür. Darum fordern wir die neu gewählte Bundesregierung auf, die geförderte Altersteilzeit so fortzusetzen, wie sie bisher gegolten hat.
Meine Damen und Herren, alle Gewerkschaften fordern mit Nachdruck diese Verlängerung. Sogar in Unionskreisen, im CDU-Präsidium, gibt es einen namhaften Wahlkämpfer aus Nordrhein-Westfalen, den Sie alle kennen, der die Verlängerung gefordert hat, sich bis jetzt aber leider nicht durchsetzen konnte.
Sogar unser Ministerpräsident war in seiner letzten Regierungserklärung in Sachen Altersteilzeit eigentlich auf einem richtig guten Weg.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Tun und Reden fallen aber immer auseinander! - Detlef Tanke [SPD]: Tatsächlich?)
- Ja, Herr Wulff war auf einem richtig guten Weg! Leider hat Minister Hirche, der die Rede stellvertretend vortragen durfte, weil Herr Wulff gesundheitlich verhindert war, die Passage aus Zeitgründen restlos verschluckt.
Sie war auf der Homepage von Herrn Wulff eingestellt. Deshalb will ich sie genau vortragen: Wir müssen schon berücksichtigen - stand im Manuskript von Herrn Wulff -, dass es Arbeitnehmer gibt, die besonderen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt sind.
Hier ist der Wunsch nach einem flexiblen Ausscheiden aus dem Beruf verständlich. Deshalb sollte auch die Entscheidung, ob Altersteilzeit weiter gefördert wird, in aller Ruhe erörtert werden. -
Wir haben mit unserem Antrag nichts anderes vor, meine Damen und Herren. Wir haben dieser Empfehlung des Ministerpräsidenten eigentlich überhaupt nichts hinzuzufügen und fordern Sie auf, an dieser Stelle einmal nachzudenken, ob es nicht doch parlamentarische Möglichkeiten gibt, sich auf einen solchen Antrag zu verständigen.
Denn das kann nur sinnvoll sein. Nach der Weiterführung der Kurzarbeit ist das ein weiteres Steuerungsmittel, das wir ganz dringend brauchen.
(Detlef Tanke [SPD]: Nach dem Zitat wird es schwer! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Alles mit der ruhigen Hand! - Ministerpräsident Wulff: Das ist aber jetzt im Protokoll! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ist denn das jetzt schon korrigiert im Internet?)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schminke, wenn wir im Ausschuss beraten, denken wir permanent darüber nach, welche Lösung für unser Land die beste sein könnte.
Die SPD fordert in ihrem Antrag, dass für alle derzeit über 50-Jährigen eine mit Mitteln der Arbeitsförderung, also auf Kosten der Sozialsysteme geförderte Altersteilzeit in Betracht kommt.
Ich meine, dass es richtig ist, dass wir uns intensiv darum kümmern, wie das Renteneintrittsalter in Zukunft flexibler, individueller geregelt werden kann. Das ist eine große Aufgabe. Die SPD macht es sich in ihrem Antrag aber viel zu einfach. Die Verlängerung der geförderten Altersteilzeit wäre ein weiterer Vertrag zulasten Dritter - zulasten derjenigen, die im Arbeitsleben stehen und letztendlich die Zeche bezahlen müssen. Mit anderen Worten oder etwas deutlicher gesagt: Sie nehmen höhere Sozialbeiträge für alle Arbeitnehmer in Kauf - - -
(Lachen bei der SPD und bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Meistens oder immer? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Er hat mal immer recht!)
- Jetzt kommt es, Herr Jüttner. - Wir wissen aber auch, wie es in den letzten Jahren gelaufen ist: Profitiert haben von der Altersteilzeitregelung fast nur Konzerne. Sie konnten sich über die geförderte Altersteilzeit elegant und preiswert der älteren Arbeitnehmer entledigen.
(Gerd Ludwig Will [SPD]: Und haben dafür neue eingestellt! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Generationenbrücke nennt man das!)
Oder kennen Sie einen Mittelständler, einen Handwerksbetrieb, einen Einzelhändler, der es sich überhaupt leisten kann, die geförderte Altersteilzeit bei seinen 10 oder 20 Mitarbeitern in Anspruch zu nehmen? Ich nicht.
Anstatt auch für Arbeitnehmer in den kleinen und mittleren Betrieben einen gleitenden Übergang in die Rente zu ermöglichen - das brauchen wir -, wie es vom Gesetzgeber 1996 ursprünglich gewollt war, nutzen stattdessen die Konzerne die geförderte Altersteilzeit in erster Linie zur Reduzierung von Arbeitsplätzen und zur Verjüngung des Personals, Herr Schminke.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das geht doch gar nicht zur Reduzierung! Das müssen Sie doch wissen! Das geht nur bei Wiedereinstellung!)
Bis zur Bundestagswahl hatten auch Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier noch die richtigen Einsichten. Wir alle werden älter. Deshalb muss, wer es gesundheitlich kann, auch länger arbeiten. Es war schließlich Ihr Bundesvorsitzender Franz Müntefering, der die Rente mit 67 verkündet hat.
Wenn wir die schon jetzt überforderten Sozialsysteme nicht noch mehr belasten wollen, wird es höchste Zeit, solche Selbstverständlichkeiten nicht länger infrage zu stellen, sondern für die entsprechenden Einsichten darin zu werben.
Meine Damen und Herren, darüber hinaus führen die Gewerkschaften Seite an Seite mit der Niedersachsen-SPD noch immer eine Kampagne gegen die Rente mit 67 und damit auch ganz allgemein gegen ältere Arbeitskräfte. Da wird dann immer der berühmte Dachdecker bemüht, der mit Gicht in den Knochen die Leiter nicht mehr hochkommt.
Bei einigen ist es sicherlich so. Dafür müssen wir eine individuellere Lösung haben, aber doch nicht zulasten aller Sozialbeitragszahler.
Die Botschaft, die Sie hier verbreiten, ist ebenso falsch wie kaltherzig: Spätestens ab 55 gehört ihr zum alten Eisen. Ihr seid unrechtmäßige Arbeitsplatzbesetzer und sollt gefälligst Platz machen für junge, dynamische Nachrücker. - Das sollten Sie in Ihrer SPD-Fraktion auch einmal üben. Ich bin gespannt, wie viele dann noch übrig blieben.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Na ja, wenn ich mir Ihre Fraktion so angu- cke! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Sie sind ja ein echter Dynamiker!)