Protokoll der Sitzung vom 26.11.2009

Dann wurde verhandelt - und da waren Sie, glaube ich, nicht ganz sauber in Ihrer Argumentation -, und Ende letzten Jahres - im November/Dezember - wurde ein Kompromiss genau auf dieser Basis erzielt.

Dieser Kompromiss hat die Zustimmung der SPDBundestagsfraktion und des CDU-Präsidiums gefunden, wurde aber anschließend in der CDUBundestagsfraktion einkassiert. Ich will das jetzt nicht dramatisieren und die Schuld dafür Einzelnen in die Schuhe schieben, sondern ich will Ihre Ausführungen an dieser Stelle nur ergänzen.

Anschließend haben wir im Mai diese Position des Landkreistages bekräftigt.

Was wäre nun leichter, als auf dieser Basis - ich weiß, das steht nicht im Koalitionsvertrag - eine verfassungsfeste Rechtsgrundlage zu schaffen?

Herr Watermann hat darauf hingewiesen: Die SPD-Bundestagsfraktion fühlt sich an die Verabredung vom Ende letzten Jahres gebunden. Sie wird das wieder einbringen. Es wäre ein Leichtes, die Verfassung an der Stelle so zu ändern, dass sowohl die Optionskommunen als auch die Arbeitsgemeinschaften auf Dauer sicher arbeiten können. Ansonsten wird es in den Arbeitsgemeinschaften wirklich Chaos geben. Das, worüber wir in den letzten Tagen gelesen haben, wird in den nächsten Wochen überall in Deutschland der Fall sein: Es wird ein großes Durcheinander an allen möglichen Stellen und hochgradige Verunsicherung geben.

Ich finde, das dürfen wir uns nicht leisten. Deshalb sollten wir beide auf Bundesebene dazu beitragen, dass die damalige Verabredung jetzt ins Grundgesetz aufgenommen wird.

Vielen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Her Ministerpräsident, bitte!

Herr Kollege Jüttner, meine Beurteilung, dass in den letzten zwei Jahren die Chance für eine Verfassungsänderung bestanden hat und sie jetzt nicht mehr besteht, resultiert natürlich daraus, dass die die Bundesregierung tragenden Fraktionen im Parlament und CDU und SPD im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit hatten. In dieser Zeit, in der wir jeweils über eine Zweidrittelmehrheit verfügt haben, ist es nicht zu dieser Änderung gekommen.

Ich kann jetzt nur das Angebot machen, wenn Ihre Bundestagsfraktion in Berlin einen Antrag auf Grundgesetzänderung stellt, diesen, wenn er unseren Vorstellungen entspricht, im Bundesrat mit zu unterstützen.

Allerdings ist das damals bei CDU und CSU aufgrund der formulierten Frist gescheitert. CDU/CSU hatte die Vorstellung - von Rüttgers mit Scholz ausverhandelt -, dass bis zum 31. Dezember 2009 die Zahl der Optionsgemeinden einmalig ausgeweitet werden kann. Das war ein Wunsch der Nordrhein-Westfalen; denn sie haben nur sechs Optionsgemeinden. Sie haben das damals unter Steinbrück nicht gewollt. Wir in Niedersachsen haben die meisten - 13 -, aber auch wir wollen mehr, z. B. die Region Hannover. Auch andere wollen jetzt Optionsgemeinden werden. Diese Möglichkeit soll einmalig innerhalb einer Übergangsfrist geschaffen werden.

Das war bisher in der SPD-Bundestagsfraktion nicht mehrheitsfähig. Aber wenn man jetzt in der Opposition - manchmal wird man da ja klüger und nutzt das zur Restrukturierung - - -

(Ulrich Watermann [SPD]: Na ja! In der Regierung ist man auch schon klüger geworden!)

- Das alles hat es ja schon gegeben. Das ist ja auch eine Chance. Sie versuchen ständig, sie zu nutzen, ohne dass das ausreichend gelingt. Aber

Sie befinden sich ja auf dem Weg. Also stellen Sie einen Antrag, dann beschäftigen wir uns damit.

Aber eines müssen wir machen: Wir müssen versuchen, das Chaos, das entstehen könnte, das sozusagen seit Jahren vor der Tür liegt, zu verhindern. Deswegen reden wir mit Bundesarbeitsminister Jung über eine sachgemäße Lösung für die Zukunft der Arbeitsgemeinschaften. Das ist unsere Pflicht. Denn wir können nicht einfach eine Verfassungsänderung beantragen, wenn wir uns vorher nicht hinreichend mit dem Thema beschäftigt haben.

Wir befassen uns mit dem Thema und schließen dabei gar nichts aus. Aber ich halte das nicht für realistisch. Deswegen meine ich, dass wir damit heute auf das falsche Pferd setzen würden.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt müssen wir noch die restlichen Wortmeldungen abarbeiten. Herr Matthiesen hat zunächst das Wort zu einer Kurzintervention auf den Redebeitrag von Herrn Watermann. Bitte!

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was hat er denn noch mal gesagt, Herr Mat- thiesen?)

Herr Watermann hat tatsächlich noch etwas anderes gesagt. Die SPD-Bundestagsfraktion wird jetzt auf die Verfassungsänderung spielen, weil sie meint, sie könnte uns damit ärgern.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Könnte es uns auch um die Sache gehen?)

Aber das ist ein Spiel mit dem Feuer, weil dabei durchklingt, dass Sie sich der eigentlichen Aufgabe, die sich aus der Aufgabentrennung ergebenden Probleme zu lösen, nicht zuwenden wollen. Das muss ja erreicht werden.

(Widerspruch bei der SPD)

Wenn Sie jetzt sagen, dass Sie sich nicht darum kümmern, weil Sie eine Verfassungsänderung wollen, dann kann ich nur sagen: So geht das nicht.

Außerdem waren Sie es, die das Ganze torpediert haben. Denn Herr Scholz wollte ins Grundgesetz aufnehmen, dass es keine zusätzlichen Optionskommunen geben soll. So war das nämlich.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Haben Sie Ihrem Ministerpräsident nicht zuge- hört? - Weitere Zurufe von der SPD)

Sie haben das Ganze erst torpediert, und jetzt wollen Sie die Kiste mit der Verfassungsänderung wieder neu aufmachen. Aber nun kommt es doch darauf an, die Probleme zügig zu lösen.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Watermann möchte erwidern. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren, mir zu unterstellen, dass ich mich nicht um die Sache kümmere, ist schon ein starkes Stück. Aber das nehme ich einfach mal so hin.

Ich will Ihnen sagen, wie ich das sehe: Der ursprüngliche Vorschlag - das hat der Ministerpräsident richtig dargestellt - hat zu den Optionsbereichen gar nichts enthalten. Dann haben wir hier einen Beschluss gefasst. Die sozialpolitischen Sprecher sind auf Bundesebene zusammengekommen; ich durfte Uwe Schwarz vertreten. Dort habe ich sehr dafür geworben, dass man sich auch bei den Optionsbereichen entgegenkommt, auch was die Anzahl angeht. Das war nicht durchsetzungsfähig. Nur die Entfristung war durchsetzbar, die auch in dem Vorschlag zur Verfassungsänderung mit enthalten war.

Ein einziger Punkt, den der Ministerpräsident hier benannt hat, nämlich die Erhöhung der Anzahl der Optionskommunen - das war mit Rüttgers so ausgehandelt -, war nicht durchsetzbar. Ich glaube, allen - jenseits von Opposition und Regierung und von dem, was wir hier aufführen - ist doch klar, dass man sich für den Fall vorbereiten muss, dass man keine Lösung hat. Dagegen habe ich nichts. Aber wenn man ernsthaft etwas will, dann muss man doch ernsthaft die Chance ergreifen und versuchen, noch einmal über diesen einen übrig gebliebenen Punkt zu reden, um das zu vermeiden, was, wie ich befürchte, kommt: nämlich die Trennung der Aufgaben. Das wäre die schlechteste Lösung.

Aber wenn Sie mir unterstellen, dass es mir nicht ernsthaft um die Sache geht, dann kann ich nur sagen: Ich habe zu diesem Thema immer ernsthaft in der Sache geredet. Vielleicht erschien das nicht

so. Aber das nehme ich für mich allemal in Anspruch.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zusätzliche Redezeit beantragt. Frau Helmhold, Sie haben zwei Minuten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hatten doch in Niedersachsen immer einen wirklich sehr breiten Konsens in dieser Frage. Ich habe den Ministerpräsidenten eben auch eher in dieser Richtung verstanden. Von daher habe ich Ihren Beitrag gar nicht nachvollziehen können, Herr Matthiesen. Wahrscheinlich war sozusagen die Erregung aufgrund des Beitrags des Kollegen Watermann bis zur Kurzintervention aufgespart.

Einmal ganz unabhängig davon, wer letztlich die Schuld am Scheitern getragen hat: Wir alle sollten doch dazu beitragen, eine Mehrheit für eine Verfassungsänderung herbeizuführen, die uns all das ersparen würde, was uns bevorsteht. Ich habe mir dieses Eckpunktepapier einmal angeschaut. Es ist doch eine Katastrophe, dass es in einem Eckpunktepapier darum geht, wie die SGB-II-Telefonie zwischen der BA und den Kommunen funktioniert, wie das Widerspruchs- und Klageverfahren laufen soll, ob einheitliche Anträge möglich sind oder nicht. Wir alle wissen doch, was da auf uns zukommt. Das wird furchtbar werden.

Deswegen möchte ich sehr dafür werben, dass jeder von seiner Stelle aus versucht, alles dafür zu tun, um eine Verfassungsänderung zu erreichen, damit die Arbeitsverwaltung auf eine vernünftige Grundlage gestellt wird. Das Bundesverfassungsgericht hat ja nicht verboten, es so zu machen, wie es jetzt gemacht wird, sondern es hat nur gesagt, dass eine verfassungsfeste Lösung gefunden werden muss. Die Mischverwaltung ist im Prinzip dann in Ordnung, wenn sie eine Grundlage hat.

Deswegen möchte ich noch einmal dafür werben, den Beschluss zu bekräftigen, den wir gefasst haben. Was darin steht, ist doch nicht falsch. Das können wir doch heute noch einmal bekräftigen und sagen: Das ist der Plan A. Dafür kämpft jeder an seiner Stelle - in seinen Fraktionen, in seinen Parteien, bei seinen Kollegen im Bundesrat, bei

der Arbeits- und Sozialministerkonferenz. Jeder versucht, sich an seinem Platz dafür einzusetzen, dass für die arbeitslosen Menschen in diesem Land das Beste erreicht wird. Darum werbe ich. Deswegen: Stimmen Sie unserem Antrag bitte zu!

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Riese hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Helmhold, das Werben ist gar nicht nötig. Was wir hier vor einem halben Jahr beschlossen haben, gilt für uns heute genauso weiter. Ich habe alle Kräfte des Hauses - vielleicht mit Ausnahme von Herrn Humke-Focks - so verstanden, dass jeder an seiner Stelle in genau dem Sinne arbeitet, in dem Sie es gerade eingefordert haben. Wenn wir auch diesen Antrag in die Beratung mitnehmen, dann doch vor allem aus parlamentarischer Hygiene, damit wir uns nicht der Lächerlichkeit preisgeben, erneut etwas zu beschließen, was wir bereits beschlossen haben. Das wird auch auf Parteitagen nicht getan.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Bekräfti- gen ist doch nicht schlimm!)

Wir wissen doch, wohin wir inhaltlich wollen. Ich verstehe wirklich alle Kräfte, die in dieser Richtung unterwegs sind.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Das musste noch mal gesagt werden! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Im Euro- paausschuss waren Sie besser, Herr Riese!)