Protokoll der Sitzung vom 14.12.2009

(Christian Dürr [FDP]: Das ist Quatsch!)

Der Unterschied ist aber, dass der Bankdirektor in Zukunft weniger zahlt als vorher und sie mehr.

(Zuruf: Wo steht das geschrieben?)

Allerdings gibt es noch einen Unterschied: Er wird durch Ihre ungerechte Familienförderung sehr viel mehr für seine Kinder bekommen und durch Ihre Steuerpläne noch deutlich stärker entlastet werden. Das heißt, es gibt mehr Netto vom Brutto für den Bankdirektor, und es gibt weniger Netto vom Brutto für seine Sekretärin.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das, meine Damen und Herren, ist Umverteilung von unten nach oben. Man könnte auch sagen: Das ist Klassenkampf von oben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kopfprämie ist letztlich die Abwrackprämie für das Solidarsystem.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Dann erzählen Sie, insbesondere die FDP und der neue Gesundheitsminister, so viel von dem neuen Sozialausgleich. Einmal abgesehen davon, dass Sie mit den Plänen Millionen von Versicherten zu Bittstellern beim Staat machen, erzählen Sie uns doch einmal, woher Sie die mindestens 22 Milliarden Euro holen wollen, die nach Expertenmeinung mindestens für diesen Ausgleich erforderlich sind! Gleichzeitig wollen Sie die Steuern senken. Das passt doch vorn und hinten nicht!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Weil demnächst in Nordrhein-Westfalen Landtagswahlen sind, schieben Sie das Ganze erst noch einmal fein in eine Kommission. Denn Sie wollen vor der Wahl den Menschen verschweigen, dass Sie mit diesen Plänen entweder weiterhin

eine unverantwortliche Staatsverschuldung betreiben oder die Leistungen in der Krankenversicherung extrem senken oder schlimmstenfalls sogar beides. Natürlich wollen Sie das vor Mai 2010 nicht erzählen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren von der FDP, Sie reden ja immer so viel vom Bürokratieabbau. Erklären Sie uns doch einmal, wie es dazu passt, dass Anträge von Millionen von Versicherten auf Zuschüsse bearbeitet werden müssen, entschieden werden müssen und die sicherlich nicht ausbleibenden Widersprüche auch noch bearbeitet werden müssen!

Sie bezeichnen schon den Gesundheitsfonds, bei dem etwa 21 Beschäftigte 170 Milliarden Euro verteilen, als Bürokratiemonster. Vor diesem Hintergrund ist das, was Sie vorhaben, der reinste Bürokratiewahnsinn. Das Geld würde ich lieber für die Patienten ausgeben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Aber seien wir doch einmal ehrlich: Es ist nicht so wie in dem Titel der Linken, den ich übrigens sehr nett finde - Respekt! -, dass Herrn Rösler sein Amt zu Kopf steigt. Nein, das hat System. Im letzten Sommer hat er hier, noch als Wirtschaftsminister, vor Zahnärzten die Katze aus dem Sack gelassen. Ich habe den Redetext hier. Dabei geht es ihm nicht mehr um den Solidarausgleich zwischen Arm und Reich, zwischen Jung und Alt, sondern nur noch, wenn überhaupt, zwischen Gesund und Krank. Seine Maßstäbe sind: Erstens. Die Menschen müssen von sich aus mehr Geld für Gesundheit ansparen und ausgeben. Zweitens. Erst einmal sollen mehr als 10 % der Leistungen aus dem Solidarsystem hinaus.

Meine Damen und Herren, daran merkt man wirklich, wo es in Zukunft langgehen soll: Abgespeckte Leistungen für viele, gute Geschäfte für die Versicherungswirtschaft mit denen, die es sich in Zukunft noch leisten können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, letzter Satz!

Anders gesagt: Aufgabe der paritätischen Finanzierung und Privatisierung der gesundheitlichen Risiken. Das ist sehr gut für die Versicherungswirtschaft. Die hat sich mit den Spenden insbesondere für die FDP etwas erkauft, was jetzt gutgemacht werden muss.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN und Zustimmung von der SPD - Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Meine Damen und Herren! Herr Dürr, Ihr Kollege hat jetzt das Wort. Er kann das alles zurückweisen.

Herr Riese hat für die FDP-Fraktion das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Reformieren, bis kein Arzt mehr kommt“ könnte die Überschrift der Gesundheitspolitik der Bundesregierung mit der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt in den letzten Jahren gewesen sein.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Denn eines der Probleme, mit denen wir uns auch in Niedersachsen in der Gegenwart und in der Zukunft zu beschäftigen haben, sind der zunehmende Ärztemangel, die Versorgung mit Gesundheit im ländlichen Raum. Das zu ändern, ist die Bundesregierung aus CDU und FDP angetreten.

(Beifall bei der FDP - Hans-Christian Biallas [CDU]: Und die CSU!)

Meine Damen und Herren, selbstverständlich steht im Mittelpunkt des Gesundheitswesens der Mensch, der Patient oder die Patientin.

Ein Gesundheitswesen allerdings, in dem keine Leistungserbringer vorhanden sind, in dem Krankenhäuser und Ärzte nicht möglichst wohnortnah vorhanden sind, kann auch nicht das richtige Gesundheitswesen sein.

Wie ich schon ausgeführt habe: Wir müssen feststellen, dass die Begeisterung junger Ärzte, Hausarzt im Land zu werden, leider nachlässt. Mich rufen Ärzte aus Niedersachsen an und erzählen, von 25 jungen, frisch studierten Ärzten bleibt einer in Deutschland, 24 wandern aus. - Das kann es

doch wohl nicht sein! Da müssen wir ein paar Dinge ändern.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Wo ha- ben Sie denn dieses Schreckenssze- nario her?)

Wenn ich Herrn Humke-Focks hier über das Solidaritätsprinzip referieren höre, dann möchte ich daran erinnern, dass es im System der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beitragsbemessungsgrenze gibt. Bei 3 750 Euro hört derzeit die Solidarität auf. Das kann auch nicht der richtige Weg sein.

(Christian Dürr [FDP]: Das wollen aber die Linken erreichen!)

Wenn ich in Ihren Programmen, verehrte Kollegen, lese, dass Sie Mieten, Kapitaleinkommen und dergleichen zu den Gesundheitsbeiträgen heranziehen wollen,

(Beifall bei der LINKEN)

dann wünsche ich viel Spaß bei den Gesprächen mit Mietern, für die sich als Erstes die Miete erhöht, und zwar bei Wohnungsgenossenschaften und bei privaten Vermietern. Das wird richtig lustig werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Unser langjähriger Landtagskollege Dr. Philipp Rösler hat in seiner Antrittsrede als Bundesgesundheitsminister vor dem Deutschen Bundestag ausgeführt, er stehe dafür, dass in Zukunft alle Menschen in Deutschland unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft und gesundheitlichem Risiko die notwendige medizinische Versorgung qualitativ hochwertig und wohnortnah erhalten sollen und alle am medizinischen Fortschritt teilhaben sollen. So ist es richtig.

Sie haben völlig zu Recht ausgeführt, dass das Ganze auch einen Preis hat und dass die Kosten im Gesundheitswesen schneller als in vielen anderen Bereichen steigen. Wir können im Produktionssystem aber unmöglich nur den Faktor Arbeit mit diesen Kosten belasten.

Man kann sich nun lange darüber unterhalten, ob wir tatsächlich eine solidarische Finanzierung haben. Je nach Betrachtungsweise hat entweder der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit im Unternehmen diese Kosten miterwirtschaftet, oder sie belasten durch Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil wirtschaftlich den Arbeitgeber, sei es die öffentliche Hand, wenn sie Arbeitgeber ist, oder sei es der kleine Mittelständler. Das ist also immer eine Frage

der Betrachtungsweise. Jedenfalls ist es immer wunderschöne Semantik, wenn man an dieser Stelle von einer solidarischen Finanzierung spricht, indem man auf die gemeinsame Finanzierung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinweist. In wirtschaftlicher Hinsicht stellt sich das anders dar.

Wir brauchen im Gesundheitswesen mehr Wettbewerb. Der Wettbewerb ist in den letzten Jahren verkürzt worden. Wir haben, wenn es um die Krankenversicherungsbeiträge geht, keinen Kostenwettbewerb mehr. Der Leistungswettbewerb dürfte sich bei gegenwärtiger Informationslage den meisten Kunden verschließen.

Der richtige Weg besteht - deshalb ist noch die rotgrüne Koalition im Jahre 2005 in dieses Projekt eingestiegen - in der Entkopplung von Lohnzusatzkosten und Krankenversicherungsbeiträgen. Mit dem Sonderbeitrag von 0,9 %, den gesetzlich Versicherte seit Juli 2005 zahlen, ist dieser Weg beschritten worden. Wenn er damals richtig war, dann ist er immer noch richtig. Der soziale Ausgleich gehört in ein anderes System, nämlich in das beim Finanzamt.

Ich lade Sie alle herzlich ein, uns auf diesem Weg zu begleiten. So bringen wir wieder mehr Wettbewerb in das Gesundheitswesen und sorgen am Ende dafür, dass die wohnortnahe gesundheitliche Versorgung vorhanden ist, dass sie qualitativ hochwertig sein kann und dass daher die Menschen gesünder sind.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner kommt von der SPD-Fraktion. Es ist Herr Schwarz. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde, der atemberaubende Fehlstart dieser neuen Bundesregierung ist mindestens ein Beweis dafür, dass aus einer Liebesheirat nicht automatisch eine Traum-Ehe wird.