Protokoll der Sitzung vom 15.12.2009

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nirgends ist die Beibehaltungsprämie niedriger, während ein Ökolandwirt z. B. in Bayern oder Sachsen fast das Doppelte bekommt. Wir haben deshalb die Förderung von ökologischen Landbauprojekten um mindestens 12 Millionen Euro erhöht und dafür Millionensubventionen für die industrielle Tierhaltung und die chemieintensive Agrarindustrie gestrichen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, ich möchte Sie bitten, kurz zu unterbrechen. - Es ist im Plenarsaal entschieden zu laut.

(Zuruf von der LINKEN: Das war es aber schon die ganze Zeit!)

- Soll ich das als Kritik auffassen?

(Zurufe von der LINKEN)

Ich sitze hier nämlich erst seit wenigen Minuten, und ich werde das anders machen. Insofern bitte ich jetzt darum, dass Ruhe ist. - Herr Kollege, Sie haben jetzt das Wort.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wir haben deshalb in unserem Antrag ein eigenes Vermarktungsprogramm für ökologisch erzeugte Produkte aus der Region aufgelegt, entsprechend den Empfehlungen des UN-Agrarberichtes, statt billige Massenware und Billigfleischkonsum zu fördern, wie CDU und FDP es beim Hähnchenhighway und der Stallbaudebatte tun. Denn ökologisch erzeugte Produkte sind nicht nur gesünder, sondern auch klimaschonender und arbeitsplatzintensiver als die hochgezüchtete Agrarindustrie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen deshalb auch eine bessere Lebensmittelüberwachung. Wir haben den Personaletat beim LAVES aufgestockt und wollen ebenso wie SPD und Linke kostendeckende Gebühren erheben, statt Industrieprodukte zu subventionieren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Weiterhin wollen wir eine gentechnikfreie Landwirtschaft in Niedersachsen und haben dafür auch die Kosten für Prüfverfahren und Zertifizierungen in den Haushalt aufgenommen. Denn es kann doch nicht sein, dass gentechnikfreie Landwirte auch noch für den genmanipulierten Dreck ihrer Nachbarn aufkommen müssen und sie damit wirtschaftliche Nachteile erleiden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch beim Verbraucherschutz belegt Niedersachsen pro Kopf - das ist ein Fakt - einen der letzten Plätze bundesweit, was sogar Herr Goldmann von der FDP im Bundestagswahlkampf als miserabel kritisierte. Er hat gefordert, dass Niedersachsen die Mittel für die Förderung der Verbraucherbera

tungsstellen deutlich aufstockt. Dem sind wir in unserem Änderungsantrag nachgekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch weniger Verständnis habe ich dafür, dass die Landesregierung ein eigenes Schulobstprogramm ablehnt. In der EU sind 22 Millionen Kinder übergewichtig, mehr als 5 Millionen davon gelten als adipös, also fettleibig.

Alle Experten stimmen darin überein, dass gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse und weniger Fleisch ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der mit Übergewicht verbundenen schweren Gesundheitsprobleme ist. „An apple a day keeps the doctor away“ - ein Apfel am Tag vermeidet den Arzt - sagt der Engländer, und recht hat er.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt deshalb den Verzehr von 400 g Obst oder Gemüse täglich. Eine steigende Mehrheit gerade der Schülerinnen und Schüler bleibt unter diesem Minimum. Das ist dramatisch, und der Folgen sollten sich alle bewusst sein. Ich zitiere:

„Vor diesem Hintergrund sollte es eigentlich keine Diskussion mehr über Sinn und Zweck des (Schulobst-) Programms geben. Der Verwaltungsaufwand und die Kostenkontrolle liegen zwar gänzlich bei den Mitgliedstaaten, aber wie hoch die Verwaltungskosten im Einzelnen sind, hängt ganz wesentlich von den nationalen und regionalen Strategien und der Kostenkontrolle ab.“

Das sage nicht ich, sondern das schreibt Herr Popp von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland. Das haben Sie alle bekommen.

Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten macht bei diesem Programm mit. Ich weiß nicht, warum diese bürokratieaffine Landesregierung das nicht hinbekommen soll, zumal, wie wir auch wissen, sogar zwei Minister der Landesregierung nebenbei noch Anträge auf Agrarsubventionen ausfüllen und abkassieren konnten, sich also mit Formalkram sehr gut auskennen dürften.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ingrid Klopp [CDU]: Neiddebatte! - Jan- Christoph Oetjen [FDP]: Frechheit!)

Zur Finanzierung kann ich Herrn Große Macke zitieren. In einer offiziellen Pressemitteilung der CDU vom 18. September schrieb er wörtlich:

„Die Frage der Finanzierung darf kein Grund sein, unseren Kindern die Ergänzung zu einer gesunden und vitaminreichen Verpflegung vorzuenthalten“.

Da hatte er recht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Bündnis 90/Die Grünen wollen aber nicht nur ein Schulobstprogramm umsetzen, sondern Ökologie, Tier- und Verbraucherschutz auch endlich mit den Bedürfnissen der Landwirtschaft versöhnen. Im Bereich Milch - und nicht nur dort - setzen wir auf klare Regeln und faire Preise, um eine bäuerliche, umweltverträgliche Landwirtschaft zu fördern.

Die Landesregierung setzt jedoch auf den Weltmarkt, auf Agrokonzerne, Gentechnik und die Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen der Menschen und der Umwelt gerade in ländlichen Räumen, wie das Anwachsen der Bürgerinitiativen gegen Stallbauten zeigt. Tierschutz ist für diese Landesregierung nur lästig. Seine Regeln werden gebrochen wie bei der Käfighaltung von Legehennen oder dem massiven Antibiotikaeinsatz in der Putenmast. Hunderttausende Hennen waren noch im Sommer 2009 - illegal, ohne Ausnahmegenehmigung - in rechtswidrigen Legebatterien. Ich fordere Sie auf, am 1. Januar 2010 das dann endlich überall gültige Verbot der alten Käfighaltung konsequent durchzusetzen und eine Weiterführung nicht stillschweigend zu dulden.

Landwirtschaft insgesamt muss nicht nur den Tierschutz, sondern auch den Umwelt- und Klimaschutz stärker berücksichtigen. Selbst die neue CDU/CSU-FDP-Bundesregierung hat sich zu dem Ziel bekannt, den Flächenverbrauch erheblich zu reduzieren, von bundesweit 120 ha auf 30 ha täglich.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Nachhaltigkeits- strategie!)

Ich erwarte, dass auch Niedersachsen da endlich Taten folgen lässt und seinen Beitrag zur Flächeneinsparung leistet, z. B. beim Verzicht auf Autobahnausbauten. Deshalb haben wir auch die Programme für Flächeneinsparung deutlich aufgestockt.

Ebenso wichtig ist, die Mittel für den Naturschutz, vor allem den Vertragsnaturschutz der Landwirte, deutlich aufzustocken. Im Vergleich zu den Pachtpreisen, die deutlich gestiegen sind, gehen die Vertragsnaturschutzflächen nämlich zurück. Dort haben wir einen Schwerpunkt gesetzt und den Naturschutz deutlich aufgewertet, statt mit Bagger und Kettensäge das Niedersächsische Naturschutzgesetz zu demontieren, wie es die Landesregierung offensichtlich vorhat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, insgesamt haben wir mit unseren Änderungsanträgen für Einsparungen von 5 Millionen Euro in diesem Etat gegenüber den Vorschlägen der Landesregierung gesorgt. CDU und FDP fiel in den Ausschussberatungen nur wenig zum Haushalt ein, sieht man einmal von dem geschilderten peinlichen Verhalten beim Schulobst ab. Es gibt jetzt nur einen einzigen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen von CDU und FDP zum Agrarhaushalt.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Das ist üblich!)

Dabei handelt es sich um einen Erfolg der FDP unter dem Namen VIPSS. VIPSS steht aber nicht für Besserverdienende, sondern für das Vitaminprojekt der FDP als Ersatz für das Schulobstprogramm. Damit soll allerdings kein einziger Apfel für bedürftige Kinder gekauft werden, wie Herr Dürr einräumen musste. Nein, ganz im Gegenteil sollen die Eltern für kommerzielles Schulobst zwangsweise zur Kasse gebeten werden.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Quatsch! - Björn Thümler [CDU]: „Kommerzielles Schulobst“, was ist denn das?)

20 bis 40 Euro pro Kind sollen im Jahr gezahlt werden, damit Obsthändler die Schulen beliefern. Das ist Ihr Modell, das Sie mit bunten Broschüren propagieren wollen: Schulobst nur für den, der es sich leisten kann,

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Quatsch! Dummes Zeug! - Glocke des Präsidenten)

kein kostenloses Schulobst, wie es die Opposition will, sondern Schulobst, das man bezahlen muss.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Zumindest mitbezahlen!)

Das ist Schulobstpolitik im Sinne der FDP.

Wir setzen daher auf GRIPS statt VIPSS, auf ein grünes Investitionsprogramm für gesundes Schulobst. Das ist, glaube ich, vielen Schülerinnen und Schülern im Lande eine größere Hilfe als die Vitamintabletten der FDP.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Oetjen von der FDPFraktion das Wort.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ganz zu Beginn der Beratungen sehr herzlich beim Landwirtschaftsministerium für die gute Zuarbeit bedanken, insbesondere bei Herrn Schickedanz. Ich denke, die Mitglieder des Haushaltsausschusses werden bestätigen, dass das Landwirtschaftsministerium uns als Abgeordnete vorbildlich informiert. Dafür sagen wir ganz herzlichen Dank.