Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltspolitik setzt Meilensteine für die Ausrichtung einer Politik. Der vorgelegte Regierungsentwurf für den Haushalt Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz liest sich wie eine Fortschreibung des laufenden Haushalts. Damit kann sich die Landesregierung zwar der Kontinuität rühmen.
Niedersachsen besteht nicht nur aus Metropolen, sondern ist durch einen dörflichen Charakter geprägt. Es gilt, dies in der Gesamtheit zu erhalten. Der Ausrichtung auf Expansion, indem einige Landwirte zur Vergrößerung bis hin zur Agrarindustrie ermuntert und dabei gefördert werden, wohingegen andere Betriebe aufgeben müssen, ist Einhalt zu gebieten.
Wir begrüßen natürlich Programme wie Grünlandschutz, Schutz von Wiesenbrütern und Zwischenfruchtanbau. Aber der Klimawandel wird mit diesem Regierungsentwurf nicht verhindert, solange die Landesregierung auf eine expandierende Agrarwirtschaft mit Massentierhaltung hinarbeitet. Im Gegenteil: Damit wird der Klimawandel gefördert und werden Lobbyisten bedient.
Meine Damen und Herren, 2009 war und ist das Jahr der Krise: Banken-, Finanz-, Wirtschaftskrise, egal wie man es nennt. Im Agrarausschuss hätte man es auch Milchkrise nennen können. Da kann Politik nicht einfach so weiter gemacht werden. Da muss die Ausrichtung überdacht und auch einmal gegengesteuert werden. Deshalb hat diese Haushaltsdebatte einen so hohen Stellenwert.
Eines ist sicher: Die EU setzt neue agrarpolitische Ziele. Ab 2013 wird es zu einem anderen Modell der Direktzahlungen kommen, und die Milchquote wird auslaufen. Jetzt setzt die Regierungspolitik auf den Ausbau und die Förderung von landwirtschaftlichen Betrieben, um sie auf den freien Wettbewerb vorzubereiten. Natürlich ergreifen Betriebsleiter die Chance, durch größere Betriebe kostengünstiger zu produzieren. Aber dies zwingt kleinere oder mittlere Betriebe zur Hofaufgabe.
Wissen Sie, meine Damen und Herren, woran mich das erinnert? - Einige von Ihnen, eher die Älteren, können sich sicherlich noch an eine Quizsendung aus den 60er-Jahren mit Hans-Joachim Kuhlenkampf erinnern. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus allen Staaten der Europäi
schen Gemeinschaft. Der Titel war „Einer wird gewinnen“. Wenn einer gewinnt, gehen die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer leer aus. Und das ist nicht die Vorstellung von linker Politik.
Deshalb haben wir den Abbau von Überschuss durch Aufkauf von Milchquoten auf Bundesebene gefordert. Marktentlastung würde allen Milcherzeugern etwas bringen und ist wesentlich besser als Prämien oder vorgezogene Liquiditätshilfen geeignet, Verluste in Milliardenhöhe auszugleichen. Das 50-Millionen-Euro-Programm wird wieder kleckerweise verschwinden und allenfalls kurzfristig die Probleme von niedersächsischen Milchbauern lindern. Aber es geht nicht an die Wurzel des Übels.
Es stellt sich die Frage: Wie können wir in Niedersachsen den Milchbauern wirklich helfen, ohne langfristig die Kassen der öffentlichen Haushalte zu belasten? - Wir haben deshalb den Ansatz zur Förderung der Milchwirtschaft verdoppelt. Diese Mittel sollen vorrangig genutzt werden, um ein Konzept, das in drei Bundesländern schon besteht, nämlich „Die faire Milch kommt in den Handel“, auf Niedersachsen zu übertragen und umzusetzen. Dieses Programm ist bereits bei 1 500 Discountern angelaufen. Bei einem Verkaufspreis von 99 Cent pro Liter Milch rechnet es sich. 40 Cent davon gehen an die Milchbauern.
Damit sind Betriebe gesichert, und es werden Arbeitsplätze in der Region erhalten. Sicher ist: Auch das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Damit allein können die Probleme auf dem Milchmarkt nicht gelöst werden. Aber es ist ein Anfang. Dieses Projekt ist gut. Wir müssen es nur in Gang setzen. Es trägt sich später selber, es fördert die regionale Wirtschaft, und es wird den Verbrauchern gerecht. Dies haben die Umfragen beim Milchstreik gezeigt: Die Verbraucher sind bereit, mehr zu zahlen, wenn sie denn wissen, dass das Geld auch wirklich bei den Milchbauern ankommt. Deshalb erwarte ich hier volle Zustimmung.
Die Landesregierung will sich dabei auch nicht gern stören lassen. Aber wir wecken sie mit einem Paukenschlag aus dieser Ruhe auf
und fordern ein Schulobstprogramm, das in jedem Kindergarten, in jeder Schule bis zur Sekundarstufe I umgesetzt wird.
Es ist uns wichtig, dass alle Kinder in Niedersachsen täglich frisches Obst und Gemüse überwiegend aus der Region und dem Ökolandbau erhalten. Nicht jedes Kind besucht eine Schule, das über einen guten Förderverein verfügt, der solche Projekte ins Leben ruft, Sponsoren wirbt und die Umsetzung dann auch wirklich leitet. Da gibt es große Unterschiede. Hören Sie sich einfach einmal um! Gerade die Kinder dieser benachteiligten Schulen - Frau Stief-Kreihe hat es schon erwähnt - kennen oftmals nicht mehr den Wert und den Geschmack von gesundem, frischem Obst und Gemüse. Wir können uns dabei nicht auf einzelne Projekte wie im Alten Land verlassen. Nicht jedes Kind wohnt in einem Obstanbaugebiet wie dem Alten Land oder zufällig an einer Streuobstwiese, wie es Herr Ministerpräsident Wulf neulich erwähnt hat. Deswegen gehört dieses Schulobstprogramm in jeden Kindergarten, in jede Schule.
Ich weiß, dass dieses Programm Geld kosten wird und dass es auch große Anforderungen bei der Umsetzung stellt. Aber das ist es wert. Wir können uns wirklich nicht darauf verlassen, dass einmal jemand mit einem Obstkorb an einer Bushaltestelle vorbeigeht und den Kindern Obst schenkt. Nein, keine Verteilung mildtätiger Gaben an unsere Kinder, sondern die Vermittlung des Wertes von gesunder Ernährung durch ein gezieltes Programm, und zwar nicht einfach so nebenbei, sondern im Kindergarten und in der Schule, wohin eine vitaminreiche Zwischenmahlzeit auch gehört!
Natürlich gibt es andere Meinungen zu diesem Programm, etwa die: Für Ernährung ist das Elternhaus zuständig. - Aber wollen wir wirklich die Augen zumachen, wenn dies nicht klappt? - Wir wissen doch, dass es teilweise nicht klappt. Also ein klares Nein!
Vor allem aber geht dieses Programm über die einfache Nahrungsaufnahme oder Sättigung hinaus; denn es muss in seiner Gesamtheit gesehen werden. Verbraucherbewusste Ernährung wird vermittelt, Gesundheitsvorsorge wird betrieben, der Ökolandbau wird gefördert, und die Wirtschaftskreisläufe in der Region werden gestärkt. Also: Es gibt insgesamt fünf gute Gründe, um diesem Programm zuzustimmen.
Meine Damen und Herren, wir haben uns natürlich auch den Haushalt darauf angeschaut, wo eingespart werden kann. Als kostenneutral haben wir den Punkt der Lebensmittelüberwachung gerechnet. Wir haben nicht so sehr nachgerechnet wie Frau Stief-Kreihe, was alles an Gewinn erzielt werden könnte. Wir sind für eine Verstärkung der Lebensmittelkontrollen und für eine Gegenfinanzierung durch Bußgelder bei Verstößen. Das Ganze soll sich kostenneutral rechnen.
Zum Schluss wende ich mich bewusst an die rechte Seite dieses Hauses, wobei ich hoffe, dass die Debatte nicht wieder so laut werden wird, wie es im letzten Jahr bei diesem Thema der Fall war. Wir haben unsere Meinung nicht geändert und fordern erneut eine Reduzierung des Zuschusses bei der Gestütsverwaltung ein. Ich weiß, dass dieses Thema überdacht und auch bei CDU und FDP gesehen wird und dass die Landesregierung Überlegungen anstellt, dort Lebensmittelveredlung anzusiedeln. Eine solche Planung begrüße ich. Für uns kommt sie, gerade weil es jetzt um Haushaltskonsolidierung geht, etwas spät. Auch in diesem Jahr muss darauf geachtet werden, dass der Zuschuss dort gekürzt wird. Ich wiederhole meine Worte vom letzten Jahr: Wir müssen auf die Wirtschaftlichkeit achten. Anderenfalls müssen wir irgendwann unsere wertvolle Pferdezucht an einen externen Investor verkaufen, was wie im letzten Jahr verhindert werden muss.
Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Große Macke das Wort. - Das Verfahren ist bekannt, Herr Kollege?
gen meinerseits zur Gestütsverwaltung in Celle: Wir stehen zu Celle und vor allen Dingen zu den Mitarbeitern. Wir lassen hier niemanden im Stich.
Ich komme noch auf das von Ihnen so intensiv bearbeitete Thema Schulobst zurück. Wie würden Sie, Frau Kollegin, denn die Aussage bewerten, wenn nicht genug Geld für Schulobst da ist, kriegen die Kinder nur alle zwei Wochen einen Apfel? Dann kann man nicht mehr von gesunder Ernährung sprechen. Was würden Sie diesen Leuten sagen? Ist das reell?
Ich nehme dazu Stellung: Auf diese Frage werde ich nicht antworten. Wir fordern: jeden Tag Schulobst für jedes Kind in Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir bieten mit unseren Anträgen zum Agrarhaushalt eine klare Alternative zum „Weiter so“ der Landesregierung. Bündnis 90/Die Grünen setzen auf eine Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft, faire Milchpreise, den Tier- und Verbraucherschutz sowie den ökologischen Landbau.