Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies ist ein sehr dunkler Tag in der Geschichte Niedersachsens, jedenfalls für die Kommunen, nachdem dieser Haushalt 2010 beschlossen worden ist;
denn er hat für die Kommunen ganz schreckliche Auswirkungen. Sie sind in mehrfacher Hinsicht schlechter gestellt als vorher.
Die Kommunen haben die Wirtschaftskrise nicht herbeigeführt, leiden aber unter ihren Folgen in Form von Steuermindereinnahmen. Der kommunale Finanzausgleich wird zurückgeführt. Die Gewerbesteuereinnahmen werden sinken. Nun kommt auch noch das sogenannte Schuldenbeschleunigungsgesetz hinzu, das am Freitag im Bundesrat verabschiedet werden soll. Auch das wird die Finanzausstattung der Kommunen weiter verschlechtern.
Das alles geht an die Substanz der kommunalen Selbstverwaltung. Das führt dazu, dass Investitionen in den Kommunen zurückgehen werden. Das geht auch zulasten des Mittelstandes. Das geht zulasten der Handwerksbetriebe, die dringend auf kommunale Aufträge angewiesen sind.
Der Stabilisierungsfonds, der von der SPD vorgeschlagen wird, enthält durchaus einen richtigen Gedanken. Der richtige Gedanke ist, dass es eine Garantiesumme für die Kommunen geben muss, dass es einfach irgendwann einen Betrag geben muss, den man nicht unterschreiten darf, weil sonst von kommunalem Selbstverwaltungsrecht überhaupt nicht mehr die Rede sein kann.
Dieser Stabilisierungsfonds ist allerdings nicht ausreichend; denn wir brauchen eine grundlegende Neuordnung der kommunalen Finanzen. Da möchte ich an etwas anknüpfen, was ich in der Debatte, ich glaube vorgestern, von der Regierungsseite gehört habe, als es um die Gewerbesteuer ging. Da habe ich eine Äußerung gehört, die ein bisschen allgemein und blumig war. Da hieß es, es müsste Strukturveränderungen bei der Gewerbesteuer geben. Aber es ist dann nicht weiter ausgeführt worden, in welche Richtung. Das finde ich ganz interessant. Darüber sollten wir nachdenken. Ist es eigentlich mit dem Gerechtigkeitsprinzip zu vereinbaren, dass bestimmte Unternehmen Gewerbesteuer zahlen - nämlich solche, die als Gewerbe eingestuft sind - und andere, die nicht unter die Definition des Gewerbes fallen, von dieser Steuer nicht betroffen sind? Da besteht doch eine große Ungerechtigkeit.
Nun kommen Sie mir nicht mit dem Einwand, dass das dann auch das kleine Rechtsanwaltsbüro betrifft; denn die Gewerbesteuer ist strukturell so angelegt, dass es für die ganz Kleinen einen Frei
betrag gibt. Diejenigen, denen es finanziell schlecht geht, zahlen auch keine Gewerbesteuer; denn die Gewerbesteuer ist im Wesentlichen eine Gewinnsteuer. Angesichts dessen ist es dringend notwendig, durch eine Änderung des Bundesgesetzes die Grundlagen für die Gewerbesteuer so zu verbreitern, dass auch die Kommunen mehr Geld bekommen und dass das Gerechtigkeitsprinzip eingehalten wird.
Meine Damen und Herren, ebenfalls zu diesem Tagesordnungspunkt hat sich Herr Minister Schünemann gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Aller, ich finde es schon mutig, dass Sie nach den Ausschussberatungen diesen Antrag in dieser Breite vertreten und versuchen, Mehrheiten hierfür zu bekommen; denn wenn ich es richtig nachgelesen habe, gab es im Ausschuss und auch von den kommunalen Spitzenverbänden dafür keine Zustimmung. Insofern ist es schon schwierig, es hier so darzustellen, als hätte man eine Möglichkeit gefunden, um den Kommunen nachhaltig zu helfen. Das ist mitnichten der Fall. Ich will nicht wiederholen, was die Vorredner - bis auf eine Ausnahme, nämlich Sie selbst - alle gesagt haben. Der Stabilisierungsfonds ist nicht der richtige Ansatz, weil das Verfahren einfach zu bürokratisch ist.
Vor allem habe ich den Eindruck, dass Sie Ihren Antrag selbst nicht so ganz ernst nehmen; denn Sie müssten ja, wenn Sie im nächsten Jahr damit loslegen wollen - das wollten Sie ja erreichen -, erst einmal eine Einlage finanzieren, und zwar in einer Größenordnung von 300 Millionen Euro. Der Haushalt ist gerade eben verabschiedet worden, und ich habe weder einen Antrag noch irgendetwas anderes gesehen. Das heißt, wenn Sie jetzt in Ihren Räten bei den Haushaltsberatungen sagen, Sie wollten ihnen auf jeden Fall Stabilität geben, dann kann ich Ihnen nur entgegenhalten: Ernst haben Sie es nicht gemeint, denn einen Antrag haben Sie hier nicht eingebracht.
Herr Minister, wenn Sie den Antrag gelesen und genau auf die Stelle gesehen hätten, an der die Forderungen stehen, dann hätten Sie festgestellt, dass wir für zwei Jahre in einer Art Sofortprogramm klar definierte Summen gefordert haben. Dann heißt es: Diese Zeit soll genutzt werden, damit Sie als Kommunalminister, als Vertreter der kommunalen Interessen im Kabinett, mit uns und anderen eine vernünftige Lösung - möglicherweise eine bessere Lösung als in Rheinland-Pfalz - entwickeln können. Wichtig ist: zwei Jahre lang definierte Beträge als Sofortprogramm, Nutzung dieser Zeit für die Einrichtung eines Stabilitätsprogramms, nicht umgekehrt, Herr Kollege.
Sehr geehrter Herr Kollege Aller, wir haben Ihnen im Ausschuss Folgendes dargestellt: Wenn Sie dort eine Einlage machen - das müssen Sie ja machen, um überhaupt mit dem Fonds beginnen zu können -, dann müssen Sie 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das ist weder für den Haushalt 2010 noch in der mittelfristigen Finanzplanung noch irgendwo sonst dargestellt worden. Insofern bleibt es schlicht unseriös, wenn Sie den Kommunen vorgaukeln wollen, dass sie damit mehr Stabilität und eine bessere Ausstattung hätten.
Frau Modder hat mich eben gebeten, nicht mehr aus der Stellungnahme des Landkreistages Rheinland-Pfalz zu zitieren. Deshalb will ich das auch nicht tun, zumal es wirklich wehtut, was da drinsteht; ich tue es auch deshalb nicht, weil bald Weihnachten ist.
Daher gehe ich nur auf das ein, was Herr Briese hier gesagt hat. Sie haben völlig recht, die kommunale Ebene ist in einer schwierigen Situation, auch wenn sie in Niedersachsen Gott sei Dank nicht ganz so sehr wie in allen anderen Bundes
ländern betroffen ist. Wenn Sie sich die Gewerbesteuer anschauen, dann stellen Sie fest, dass es bundesweit einen Rückgang von weit über 10 % gibt, in Niedersachsen dagegen zurzeit nur von 6 bis 8 %. Trotzdem ist es eine schwierige Situation.
Ich habe schon an anderer Stelle dargestellt, dass es absolut notwendig ist, jetzt auf der Bundesebene zu erreichen, dass man über eine Stabilisierung der Gewerbesteuer, aber auch über andere Dinge nachdenkt. Dazu ist es wichtig, dass die kommunalen Spitzenverbände auch auf Bundesebene möglichst mit einer Stimme sprechen.
Bei diesem wichtigen Punkt haben Sie die Bundesländer und insbesondere die Ministerpräsidenten an Ihrer Seite, weil wir wissen, dass wir, wenn wir die kommunale Ebene nicht stärken, mit dem Aufschwung und anderen Dingen große Probleme haben werden.
Wir müssen eine Wachstumsstrategie erreichen. Wenn Sie sich einmal bei den IHKs, gerade hier in Hannover, erkundigen, dann werden Sie sehen, dass wir durchaus Grund zum Optimismus haben, dass es schon im nächsten Jahr mit einem Wachstum sogar über das hinaus, was auf Bundesebene prognostiziert wird, wieder weiter nach oben gehen wird.
Das ist ein wichtiges Signal: Wachstum zu organisieren, die Kommunen zu unterstützen. Dann wird es in unserem Land weiter vorangehen, nicht aber mit bürokratischen Dingen, die die Kommunen im Prinzip selber bezahlen müssen.
Meine Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Dr. Sohn, zwei Minuten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, zwei Korrekturen: Die erste betrifft Ihren Verweis auf die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände. Der war nämlich nicht richtig. Ich habe im Ohr, dass die kommunalen Spitzenverbände gesagt haben, dass dies die zweitbeste Lösung sei.
mentation beigetreten. Die beste Lösung wäre natürlich eine bessere Ausstattung der Kommunen und ihrer Finanzgrundlagen, die dringend nötig ist. Aber so zu tun, als sei die zweitbeste Lösung immer noch schlechter als das, was die Landesregierung tut, nämlich nichts, das ist voll daneben, Herr Schünemann.
Meine zweite Bemerkung geht in die gleiche Richtung. Man darf die beiden Dinge in der Argumentation nicht gegeneinander stellen, nach dem Motto, es sei keine dauerhafte Lösung. Das hat Herr Aller - so habe ich es jedenfalls verstanden - auch nicht gesagt. Natürlich ist das keine dauerhafte Lösung. Was sich aber in diesem Jahr 2010 und - freuen Sie sich auf die Kommunalwahlen - noch gravierender im Jahr 2011 entfalten wird, ist doch Folgendes: Den Kommunen steht jetzt schon das Wasser bis zum Hals. Man kann die Pyrmonter Erklärung des Niedersächsischen Städtetages als nichts anderes als einen Brandbrief lesen. Die Kommunen brauchen zweierlei: eine strukturelle Lösung, die Sie jetzt in Angriff nehmen müssten, und eine vorübergehende Lösung, damit sie nicht absaufen. Darauf zielt der Antrag, und deshalb ist er vernünftig.
Meine Damen und Herren, jetzt hat sich noch einmal der Minister zu Wort gemeldet. Herr Schünemann, bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Modder hatte ausdrücklich darum gebeten, ich möge die kommunalen Spitzenverbände hier nicht zitieren. Nun bin ich aber von Herrn Dr. Sohn darum gebeten worden. Es ist jetzt für mich schwer, eine Entscheidung zu treffen; aber ich glaube, es ist sinnvoll, dass wir uns dies noch einmal genau anschauen. Ich zitiere:
„Sollte dem Entschließungsantrag Folge geleistet werden, so würde den kommunalen Gebietskörperschaften anstelle eines tatsächlich erhöhten kommunalen Finanzausgleichs quasi
eine Art Kredit zur Verfügung gestellt. Dies kann aus kommunaler Sicht allenfalls als zweitbeste Lösung angesehen werden.
Zu den kommunalen Schulden aus Investitionskrediten und Liquiditätskrediten würde eine zusätzliche Verschuldung im kommunalen Finanzausgleich entstehen.“
„Die in dem Entschließungsantrag vorgesehene garantierte Finanzausgleichsmasse könnte allenfalls in Krisenzeiten nützlich sein, in konjunkturell besseren Zeiten aber auch negative Auswirkungen für die kommunalen Gebietskörperschaften haben.“
Herr Minister, ich muss Sie noch einmal unterbrechen. Herr Aller möchte Ihnen eine weitere Frage stellen. - Entschuldigung, das habe ich falsch verstanden. Herr Aller wollte sich zu Wort melden. Das macht man aber mit einem Zettel, Herr Aller.
Nun muss ich leider Gottes doch die kommunalen Spitzenverbände aus Rheinland-Pfalz zitieren, weil hier auch auf Rheinland-Pfalz Bezug genommen wurde: