Keine Fraktion, keine Partei - weder im Landtag noch im Bundestag - kann sich bei diesem Thema in Ruhm suhlen. Wir wollen nicht vergessen - schauen wir einmal in die Vergangenheit -, dass noch vor drei Jahren ein namhafter CDU-Bundespolitiker über die Asse gesagt hat: Klappe zu, Affe tot. - Diese Politik können wir nicht mehr gebrauchen. Das gelbe Asse-A steht für Anfang. Nun hat es eine noch größere Bedeutung: A wie Aufpassen und Anfangen, und zwar jetzt, meine Damen und Herren. Auf Kosten des Steuerzahlers wurde im Interesse der Atomindustrie geforscht. Im Interesse der Atomindustrie wurde billig eingelagert. Nun sollen auch noch die Rückholung und die Endlagerung auf Staatskosten erfolgen. Diesem Treiben, meine Damen und Herren, muss ein Ende gesetzt werden. Dazu wird Frau EmmerichKopatsch noch erläuternde Worte finden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am vergangenen Freitag hat das Bundesamt für Strahlenschutz den Menschen in der Region um die Asse aus dem Herzen gesprochen und verkündet, dass diejenige Option aus dem Optionenvergleich, die nun weiterverfolgt werden soll, die Rückholung ist. Zu Beginn war durchaus viel Euphorie zu spüren, da sich viele in ihren grundsätzlichen Auffassungen bestätigt sahen. Doch aus meiner Sicht sind noch viele Fragen offen. Man sollte sich davor hüten, sich den klaren Blick durch Euphorie vernebeln zu lassen.
„Wie in Kapitel 4 diskutiert, stellt die vollständige Rückholung auf der Basis des heutigen Wissensstandes die beste Stilllegungsoption dar. Allerdings zeigen die Ergebnisse der Sensitivitätsanalyse, dass auch diese Option mit relevanten Unsicherheiten behaftet ist, die ihre Realisierbarkeit kritisch beeinflussen können. Ein schlechterer Zustand der eingelagerten Abfälle oder höhere Inventare der Schadstoffe können sowohl den erforderlichen Zeitbedarf als auch die Strahlenexposition der Beschäftigten in einem solchen Ausmaß negativ beeinflussen, dass schlechtestenfalls eine Verwirklichung der Option Rückholung infrage gestellt werden könnte.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das klingt alles andere als optimistisch. In der Sitzung der Asse-II-Begleitgruppe wurde aus meiner Sicht auch recht deutlich, warum man nicht allzu optimistisch ist. Man stützt sich bisher nämlich nur auf rein theoretische Überlegungen, hat aber überhaupt keine spezifizierten technischen Vorstellungen darüber, wie man die Rückholung realisieren möchte und wie man dabei insbesondere den Strahlenschutz der Beschäftigten, aber auch die Stabilität des Grubengebäudes gewährleisten soll.
Je detaillierter die Fragen in der Begleitgruppe geworden sind, desto vager wurden die Antworten des Bundesamtes für Strahlenschutz, z. B. hinsichtlich der Notwendigkeit eines abgestuften Vorgehens.
sollte man auch an dieser Stelle einmal kritisch hinterfragen, zumal es schwierig sein dürfte, an die wirklich relevanten Fässer heranzukommen. Jeder, der sich mit der Asse beschäftigt hat, weiß, dass in den Kammern, in denen verstürzt worden ist, immer eine Schicht Fässer eingestürzt worden ist, dann eine Salzschicht darauf gegeben wurde und das Ganze dann mit Radladern verdichtet worden ist, bevor die nächste Fassschicht aufgebracht wurde. Wenn es um die wirklich interessanten, die relevanten Fässer und deren Zustand geht, muss man an die Fässer ganz unten heran. Bei einer Unsicherheit von ca. 10 %, wie in dem TÜVGutachten beschrieben, das Grundlage des Statusberichts gewesen ist, hinsichtlich der eingelagerten Abfälle ist es fragwürdig, ob eine Probenahme bei einer vierstelligen Zahl von Fässern ausreicht oder ob man nicht eher eine fünfstellige Zahl von Fässern beproben müsste, um herauszufinden, wie es um das Inventar tatsächlich bestellt ist.
Schon heute ist bekannt, dass man für die technisch größte Herausforderung bei der Rückholung eine Lösung benötigt. Die Fässer in Kammer 12 sind durchlaugt, sind defekt, sind instabil. Das umgebende Salz ist kontaminiert. Das ist die größte Herausforderung bei einer Rückholung. Dafür muss man technische Lösungen entwickeln.
Deswegen macht es aus meiner Sicht durchaus Sinn und ist auch nachvollziehbar, dass der Betriebsrat gesagt hat: Lasst uns doch mit der Rückholung beginnen. Wenn wir die Kammern sowieso für die Beprobung öffnen, dann können wir die Fässer schon heute herausholen.
Von daher sollte man dort keine Zeit verlieren, es sei denn, man meint es nicht ernst mit der Rückholung. Daran bleiben zumindest aus meiner Sicht derzeit Zweifel.
Ich habe schon ausgeführt, dass man noch weit von technischen Lösungen entfernt ist. Gleichzeitig wird vonseiten des Bundesamtes für Strahlenschutz immer wieder betont, dass man noch gar nicht wisse, ob man die Sicherheit in der Betriebsphase der Rückholung gewährleisten kann. Das Bundesamt für Strahlenschutz spricht beim Kriterium „Langzeitsicherheitseinschätzung“ nur von einer Vorläufigkeit, die für die Rückholung spreche. Das ist aber das einzige Kriterium, bei dem die Rückholung vorne liegt. Darüber hinaus sagt der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz,
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Morsleben wird verfüllt. Für mich erschließt sich noch nicht, wie man schon derzeit vor dem Hintergrund unterschiedlicher Schließungsverfahren Kostenvergleiche anstellen kann.
Ich möchte nicht erleben, dass es jetzt eine Euphorie gibt, die dann in ein oder zwei Jahren gedämpft wird, indem man sagt: Das tut uns wirklich leid. Wir können die Rückholung nicht durchführen. Aber wir haben es ehrlich versucht. - Ich glaube, dann würde bei jedem von uns ein Geschmäckle bleiben.
Wenn wir eines aus der Asse gelernt haben, dann ist es doch Folgendes: Die Bürger müssen weiterhin kritisch bleiben und dürfen sich nicht blenden lassen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich ist die SPDFraktion der Auffassung, dass allein die Atomwirtschaft für die Kosten der Sanierung der Asse aufkommen muss.
Ich frage Sie: Wer denn sonst? - Schließlich ist die Atomindustrie der einzige Profiteur dieser ungeheuerlichen Ablagerung in der Asse gewesen. Nur sie hatte Vorteile, sonst niemand. Die geradezu kostenfreie Ablieferung hat diesem Industriezweig Milliarden gespart. Jetzt, so finde ich, ist es an der Zeit, dass die alten Schulden bei den Bürgerinnen und Bürgern dieses Staates beglichen werden.
Dies darf allerdings - hier warnt die SPD-Fraktion CDU und FDP eindringlich - nicht unter dem Zugeständnis der Verlängerung von Laufzeiten für die Atomkraftwerke in der Bundesrepublik geschehen. Die SPD ist strikt dagegen. Ein solcher Ablasshandel ist mit uns nicht durchsetzbar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU und der FDP - insbesondere von der FDP! Manches Mal kann man sich nur wundern, wie Sie einzelne Wirtschaftszweige besonders schonen; zuletzt zu sehen bei Ihrer steuerlichen Begünstigung von Hotelketten. Eventuell sollte man Ihre Motivation zur Verlängerung von Laufzeiten einmal mit dem Spendenbericht des Bundestagspräsidenten abgleichen,
(Christian Dürr [FDP]: Ich kann aus dem Spendenbericht über Sie vorle- sen! Da kommt Freude auf! - Weitere Zurufe)
Herr Dürr, keine Aufregung! Wir wollen keinen Ablasshandel. Wir sind für eine saubere Finanzierung und für ein klares Verursacherprinzip.
Herr Försterling hat gesagt, Sie hätten Ihre Lektion aus der Asse gelernt. Wir hoffen, dass das stimmt. Wir zumindest haben unsere Lektion gelernt. Aktuell bezahlt der Steuerzahler gerade laufende Projekte im Wert von 4 Milliarden Euro: Morsleben, Geesthacht, Greifswald, Jülich, Hamm-Uentrop. - Die Dekontamination in Karlsruhe ist noch nicht dabei. Die Verglasung der verstrahlten Flüssigkeit in Karlsruhe, für die ebenfalls mindestens 2 Milliarden Euro fällig werden, ist auch noch nicht dabei. Die Asse ist noch nicht dabei.
Wie Herr Stefan Wenzel sagte: Rund 12 Milliarden Euro geschätzte Kosten, die auf den Steuerzahler zukommen. Meine Damen und Herren, das sind ungerechtfertigte Subventionen, und vor allem geht es in keiner Weise um staatliche Aufgaben.
Technologien für saubere und effiziente Energie zu sorgen. Mit Ihrem ideologisch motivierten Schritt in die finstere Vergangenheit der Atomgläubigkeit verhindern Sie alle Innovationen. Sie gefährden die Zukunftsfähigkeit des Landes, und vor allem verhindern Sie zukunftsfähige Arbeitsplätze. Andererseits wollen Sie mit der Verlängerung der Laufzeiten dafür sorgen, dass einzelne Wirtschaftszweige die Lizenz zum Gelddrucken erhalten. Wir sind strikt dagegen. Hinzu kommt die Verlogenheit, die Risiken und Folgekosten dem Steuerzahler aufzubürden. Sie sind die wahren Steuererhöhungsparteien. Allerdings erfolgen die Steuererhöhungen verdeckt.
Die Endlagerfrage ist völlig ungeklärt. Ihr Verhalten ist völlig unverantwortlich. Auch Sie besitzen keine hellseherischen Fähigkeiten, wenn es darum geht, eine Million Jahre Langzeitsicherheit zu garantieren. Gorleben und Konrad gesundzubeten, hilft hier nicht weiter. Ihr Konzept funktioniert nicht. Die Zwischenläger sind überall mit Atommüll voll, und tagtäglich wird neuer radioaktiver Abfall produziert. Niemand weiß, wohin mit diesen strahlenden Rückständen.
Kolleginnen und Kollegen, wir setzen uns dafür ein, dass schnell gesetzlich geregelt wird, wie die Verursacher des Desasters in der Asse endlich zur Kasse gebeten werden können. Wir fordern, möglichst schnell eine Rechtsgrundlage für die Kostenbeteiligung der Atomindustrie zu schaffen.
Kolleginnen und Kollegen, für welches Staatsverständnis spräche es, wenn man die Facharbeiter und Angestellten mit Unsummen belasten würde, die weder ihnen noch der Gesellschaft gedient haben?
Frau Kollegin, Sie haben das Wort „Verlogenheit“ benutzt. Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen, dass wir uns eigentlich einig waren, dass wir bei der Wortwahl zurückhaltend sein wollen. Insofern kritisiere ich das nachdrücklich. Ich habe Sie nicht unterbrechen wollen, gehe aber davon aus, dass Sie dieses Wort zurücknehmen.