(Karl-Heinz Klare [CDU]: Haben Sie keine anderen Redner mehr? Müssen Sie das alles alleine machen? - Ge- genruf von der SPD: Sie sind nur nei- disch!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Lieber Stefan Wenzel, ich glaube, es ist nicht zu erreichen, schon beim nächsten Plenum Klimaziele festzusetzen; denn alles, was bisher vorliegt, ist dieses dünne Blatt Papier. So wird man wohl keine Klimaziele verabschieden können.
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird von uns nicht in Gänze mitgetragen. Wir verfolgen einen leicht anderen Ansatz. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist in seinen Ausführungen etwas zu dirigistisch.
Wir stehen für den Aufbruch in ein neues Technologiezeitalter, wir stehen für den vollständigen Verzicht auf Kernkraft - das gilt natürlich auch für die Grünen -, und wir stehen für einen stetig abnehmenden Verbrauch fossiler Brennstoffe. Aber ganz besonders stehen wir für eine moderne, ökologische Industriepolitik bei gleichzeitiger Erreichung der Klimaziele.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, grundsätzlich unterstützen wir natürlich die Forderung der Grünen nach einem eigenen niedersächsischen Klimaschutzkonzept. Denn Niedersachsen ist - peinlicherweise - das einzige Bundesland in Deutschland, das konzeptionell überhaupt nicht vorankommt. Das ist bezeichnend für die allgemeine Arbeitsweise dieser Landesregierung. Seit Jahren wird geredet. Aber jetzt hat Herr Minister Sander ein Konzept angekündigt, und zwar für 2012. Herr Minister Sander, 2012 ist deutlich zu spät.
- Das scheint Sie nicht weiter zu interessieren. - Wenn in Kopenhagen nichts erreicht wurde, so liegt dies sicher an der Blockade durch einige wichtige Staaten. Warum aber Niedersachsen nicht in der Lage sein sollte, für ein überschaubar großes Bundesland ein halbwegs passables Konzept zu erarbeiten, wird wohl für immer Ihr Geheimnis bleiben.
Kolleginnen und Kollegen, es ist doch erstaunlich, dass in der Kurzstudie des Energieforschungszentrums, die ich gerade gezeigt habe, steht, dass die Datenbasis nicht ausreiche, um sinnvolle Vorschläge zu unterbreiten. Keine Datenbasis? Herr Minister Sander, was machen Sie da überhaupt? Vielleicht beschäftigen Sie sich allgemein zu viel mit Dingen, die Sie nichts angehen, oder aber mit der Umweltzone in Hannover.
Kolleginnen und Kollegen, wir von der SPD-Fraktion wollen mit einem integralen Ansatz die wirtschaftlichen Vorteile eines Energie- und Klimaprogramms für Niedersachsen deutlich machen. Wir wollen mit alternativen und verbesserten Technologien die Wirtschaft des Landes stärken. Wir wollen, dass die Forschung der Motor in allen Zukunftsfragen ist. Wir wollen, dass mit neuen Prozessen und Produkten der Export aus Niedersachsen heraus weiter deutlich gestärkt wird. Wir wollen mit einer ökologischen Industriepolitik die Modernisierung der niedersächsischen Wirtschaft maßgeblich positiv begleiten und die Unternehmen dabei unterstützen, langfristig zukunftsfähig und wetterfest zu sein.
Neue Ressourcen schonende und energieeffiziente Produktionsverfahren sind weltweit gefragt. Die Verbesserung der Wirkungsgrade bei der Energieerzeugung, die Energiespeicherung, effiziente dezentrale Anlagen, mobile Brennstoffzellen, Energieumwandlung - all das sind Themen, die wichtig sind. Das sind Themen, mit denen man zudem noch viel Geld verdienen kann. Gleiches gilt für die Sanierung des Gebäudebestandes und der Heizungsanlagen in privaten und öffentlichen Gebäuden. Die Entwicklung und Anwendung neuer Bau- und Dämmstoffe ist immer noch hochaktuell. Auch muss der Strom- und Energieverbrauch deutlich gesenkt werden. Im Gebäudebestand
Kolleginnen und Kollegen, hier liegt auch eine große Chance für unser Handwerk. Hier ist ein großer Markt auch für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe. Auch die Energie- und Rohstoffeinsparpotenziale, die in der mittelständischen Wirtschaft noch vorhanden sind, sollten ermittelt und genutzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Einsatz von Wasserstofftechnologien ist noch lange nicht zufriedenstellend. Auch hier können die Hochschulen des Landes Großes leisten, wenn man sie dabei mit ernst zu nehmend ausgestatteten Forschungsprogrammen unterstützt.
Verbundforschung ist auch wünschenswert für die Bereiche Verkehr und Mobilität der Zukunft. Die Arbeit an alternativen Antrieben und Kraftstoffen in der Entwicklung von Verkehrsmanagementsystemen ist noch lange nicht abgeschlossen. Wir wollen die weitere Erforschung und Anwendung der erneuerbaren Energien fördern. Denn das ist eine Daueraufgabe, die dringend Unterstützung braucht, genauso wie es die Windkraft zu unserer Regierungszeit erfahren hat. Sie ernten jetzt quasi das, was wir - auch unter Minister Jüttner - angelegt haben.
- Gut, dass Sie das jetzt verstehen, Herr Langspecht. - Dies und vieles andere muss allerspätestens jetzt in einem Gesamtkonzept verabschiedet werden, damit Niedersachsen ganz weit vorn dabei ist, wenn es um die Bewältigung der Zukunftsaufgaben der Menschheit und der Welt geht. Mit einer sinnvollen Zusammenarbeit von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft kann man die Potenziale, die die Klimafrage bietet, auch wirtschaftlich optimal nutzen. Wir müssen nur endlich die Ziele formulieren und die angemessenen Rahmenbedingungen schaffen. Mit Ihrem Umweltminister ist bei Zukunftsthemen leider nicht viel Staat zu machen. Aber vielleicht kommt im Umweltausschuss etwas dabei heraus.
Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE hat sich jetzt Herr Kollege Herzog gemeldet. Bitte!
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf: Er hat doch noch gar nichts gesagt! - Ge- genruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Wir wissen, dass er gut ist!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Weltklimagipfel in Kopenhagen war noch nicht einmal ein Hügel. Er hat schlichtweg versagt.
Dabei ging es nicht nur um Klimawandel, nicht nur um CO2, sondern es ging und geht um mehr, es geht um Gerechtigkeit. Kopenhagen war die Chance, Gerechtigkeit zu definieren, wovon Klimagerechtigkeit lediglich ein Teil ist. Grundlegende Veränderungen sind unumgänglich beim Kampf gegen den Klimawandel. Unumgänglich sind die erforderlichen Lern- und Suchprozesse ohne Scheuklappen. Da müssen Ziele definiert werden; solidarisch statt besitzstandswahrend. Da müssen Regeln vereinbart werden; integrierend statt ausgrenzend. Da müssen Rahmen gesetzt werden, die dem Ernst der Lage Rechnung tragen und den historischen Verursachern selbige offen präsentieren. Die wichtigsten von ihnen würden sogar auf den berühmten Bierdeckel passen - das Effizienzsymbol deutscher Ordnungspolitik.
Vor mehr als einer Generation, vor 38 Jahren, 1972, veröffentlichte der Club of Rome sein berühmtes Werk über die Grenzen des Wachstums. Die realen Fakten haben sich seitdem erheblich verschärft; und mit ihnen die sozialen Folgen.
Ungeachtet dessen üben sich Regierungschefs in unverbindlichen Wortklaubereien, und die Industrieländer weigern sich, ihre historische Grundschuld anzuerkennen. Sie muss zurückgezahlt werden, darf aber nicht mit Taschenspielertricks aufgerechnet und kleingehalten werden.
„Selbstbestimmte Teilhabe statt Almosen“ - das passt auch auf einen niedersächsischen Bierdeckel, Herr Sander.
Insbesondere in Zeiten wie diesen, in Zeiten der Wirtschaftssystemkrise, passt das simple Extrapolieren Ressourcen verschlingender Wirtschafts- und Lebensweise unter Beschwörung einlullender Wachstumsmantren nicht mehr. Wer glaubt, Wachstum als Voraussetzung für das Abschöpfen hoher Profitraten sei mit einem fröhlichen „Weiter so“ auf den Lippen handhabbar und mit Gerechtigkeit und nachhaltiger Ressourcensicherung für kommende Generationen vereinbar, der irrt.
Ja, in der Tat: Das ist eine Systemfrage. Es reicht eben nicht: ein Tripel-A für Hightechherde bei uns und für Afrika die Kochkiste, von der ich übrigens sehr viel halte.
CDU und FDP haben allerdings das strukturgebende politische Handeln längst aufgegeben, wie andere Regierungen vor ihnen auch schon. Indem sie zuließen, dass eine dezentrale, kleingliedrige demokratisch kontrollierte Energieversorgungsstruktur in Form von Stadtwerken von großen Energiekonzernen geschluckt wurde, bereiteten sie die Grundlage für Großkraftwerke, für die nur die großen Vier die entsprechenden Mittel aufbringen können. Je größer, je zentralisierter, desto stärker wurden deren Macht und deren Einfluss auf politische Entscheidungen.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen verschanzt sich die Regierung erst einmal hinter dem gering anmutenden 0,3-%-Anteil am weltweiten CO2- Ausstoß und hinter einer sogenannten Regierungskommission ohne Zieldefinition. Der PrimaKlima-Minister kippt gerade Hannovers Umweltzone und peitscht hanebüchene Umweltgesetze durch den Landtag, ein klientelbedienender Rückfall in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Gleichzeitig kündigt er bei der Hohnstorfer Eiswette launig ein neues Kapitel seiner Kettensägenorgie an.
In Sonntagsreden brüstet er sich mit Niedersachsens Vorreiterstellung in Energiefragen. Dabei ist er hellwach und lässt den atomfossilen Minister gern zu Hause. Aber, Herr Sander, der Niedersachsen-Gaul lahmt schon ziemlich. Pro Einwohner gerechnet haben Sie nicht einmal bei der Windkraft die hoch getragene Nase vorn. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung erreichen Sie nur ein Drittel der Quote von Brandenburg, bei Solarthermie nur die Hälfte von Bayern, bei Wärmedämmung nur
die Hälfte von Schleswig-Holstein, bei Passivhäusern nur ein Drittel Bayerns, beim ÖPNV sind Sie im Ländervergleich Drittletzter.
Diese miesen Kennzahlen sollten Ihnen die Schamesröte ins Gesicht treiben. Geothermie und systematisches, flächendeckendes Stoffstrommanagement will ich nur als Stichworte für weitere elementare Versäumnisse dieser Regierung erwähnen.
Die Ursache der jetzigen Krise ist also nicht nur der Einbruch des Kapitalwachstums, sondern auch das Wachstum selbst mit all seinen ungerechten Facetten global wie lokal. Deshalb muss eine solidarische Ökonomie die Profitwirtschaft ersetzen. Dazu reicht ein Green New Deal eben nicht. Dazu brauchen wir den demokratischen Umbau der Wirtschaft.
Diese solidarische Ökonomie auf- und auszubauen ist nicht nur eine historische Chance, sondern schlichtweg eine Überlebensfrage.