Protokoll der Sitzung vom 20.01.2010

Das betrifft auch andere Punkte in dem Antrag. Wenn es konkret wird, nämlich bei den Haushaltsverhandlungen, kommt von Ihnen dazu nichts. Deshalb wiederhole ich hier die Punkte, die notwendig sind, um die Polizeiarbeit in unserem Land zu stärken: Niedersachsen braucht ein Stellenhebungsprogramm, welches den Namen verdient. Wir brauchen ein Personalkonzept, welches auf die demografische Entwicklung in unserem Land reagiert und dafür Sorge trägt, dass wir kluge Köpfe für den Polizeiberuf gewinnen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang zudem an den Haushaltsantrag meiner Fraktion aus dem letzten Jahr, in dem wir uns für die Stellenanhebung und für die Erhöhung der Erschwerniszulage um 5 Euro pro

Stunde aussprechen. Leider stießen wir bei der Regierungskoalition auf eine Wand der Ablehnung.

Meine Damen und Herren, es ist ganz schlecht, erst zu zündeln und dann die Feuerwehr zu rufen. Und eines möchte Ihnen auch noch einmal sagen: Sie versuchen, in jedem Antrag und immer da, wo es möglich ist, Links- und Rechtsextremismus gleichzumachen. Es geht nicht, dass man Ungleiches als gleich darstellt. Sie tun das aufgrund Ihrer ideologischen Ausrichtung. Ich finde, Sie sollten einmal darüber nachdenken und sich die Begriffe „Rechtsextremismus“ und „Linksextremismus“ und das, worauf sie gerichtet sind, erklären lassen.

(Glocke des Präsidenten)

- Okay. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Modder von der SPD-Fraktion zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung, weil mir das schon am Herzen liegt. Frau Zimmermann, wir müssen schon ein bisschen differenzierter argumentieren, wenn wir uns einem so wichtigen Thema widmen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] und Frank Oesterhelweg [CDU])

Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu: Für eine bessere Bezahlung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind auch wir. Aber es ist ein Trugschluss, dass wir bei einer besseren Bezahlung diese Gewalt gegen Polizeibeamte verhindern. Bitte argumentieren Sie ein bisschen differenzierter.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] und Frank Oesterhelweg [CDU])

Meine Damen und Herren, „Gewalt gegen Polizeibeamte konsequent entgegentreten“ - ein dringlicher Appell an Politik und Öffentlichkeit, wer will da widersprechen? Mit diesem Entschließungsantrag greifen CDU und FDP zweifelsfrei ein sehr wichtiges Thema auf, ein Thema, das hier im Plenum auch gar nicht strittig diskutiert werden muss. Die Zahlen über den Anstieg der Taten sprechen eine deutliche Sprache. Die Bilder wie z. B. die Übergriffe auf die Polizeistationen in Hamburg oder

Berlin oder auch die Maidemonstrationen, wo Molotowcocktails gegen Polizeibeamtinnen und -beamte geworfen werden, sind erschreckend. Oder erinnern wir uns an den Fall in Verden, wo ein 19-Jähriger ohne Vorwarnung zum Messer greift und einen Polizisten lebensgefährlich am Hals verletzt. Der 30 Jahre alte Polizist wurde nach fünfstündiger Notoperation ins künstliche Koma versetzt.

Herr Innenminister Schünemann, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, wenn Sie sagen: Wer eine brennende, mit Benzin gefüllte Flasche auf Beamte wirft, macht sich des Mordversuchs schuldig.

Meine Damen und Herren, ich stelle für meine Fraktion eindeutig klar, dass wir jede Art von Gewalt, ob es tätliche Angriffe sind, aber auch Beleidigungen oder Beschimpfungen gegen unsere Polizeibeamtinnen und -beamte aufs Schärfste zurückweisen und verurteilen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] und Frank Oesterhelweg [CDU])

Unsere Polizeibeamtinnen und -beamten leisten Tag für Tag, 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr eine hervorragende Arbeit. Wir haben großen Respekt vor dieser nicht ungefährlichen Arbeit und dem Engagement und sprechen der niedersächsischen Polizei ausdrücklich unseren Dank und unsere Anerkennung aus.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] und Frank Oesterhelweg [CDU])

Es ist unsere Verantwortung und Verpflichtung zugleich, sich schützend vor unsere Polizei zu stellen. Meine Damen und Herren, unsere Polizeibeamtinnen und -beamten erwarten auch von uns, von der Politik, dort klar Stellung zu beziehen.

Das Thema an sich ist, wie bereits gesagt, völlig unstrittig. Allerdings - das finde ich sehr ärgerlich - waren wir uns im zuständigen Innenausschuss einig - und zwar parteiübergreifend; auch mit CDU und FDP -, dass wir diesen Antrag erst dann abschließend beraten, wenn die ersten Ergebnisse der von Herrn Innenminister Schünemann initiierten Studie über Gewalt gegen Polizeibeamte des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen vorliegen.

(Beifall bei der SPD)

Auch das zur Klarstellung: Die SPD-Fraktion begrüßt ausdrücklich die in Auftrag gegebene Studie,

an der sich die meisten Bundesländer beteiligen, weil diese Thematik bundesweit für Aufsehen sorgt und ein weiterer Anstieg von Gewalttaten nicht länger hinnehmbar ist. Wir müssen hier massiv gegensteuern.

Meine Damen und Herren, wir sind uns darin einig, das Thema seriös zu bearbeiten und vielleicht auch zu einem fraktionsübergreifenden Antrag zu kommen, um auch als Parlament ein Signal zu senden. Leider wurde dieser Konsens von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, aufgekündigt, weil man offensichtlich der Meinung war, dieses Thema für sich beanspruchen zu müssen. Schade.

Wenn man sich dann aber den uns vorliegenden Entschließungsantrag genauer ansieht, wird deutlich, dass Ihr Antrag lediglich eine Beschreibung des Istzustandes darstellt und die Landesregierung gebeten wird, das, was sie ohnehin schon macht, bitte weiterzumachen. Ihr Antrag bleibt unkonkret und oberflächlich. Die eingegangenen Stellungnahmen - Herr Kollege Ahlers, Sie haben sie angesprochen - bleiben völlig außen vor. Auf keine einzige Anregung wird eingegangen. Keine einzige Forderung oder Maßnahme, kein Wort zu präventiven Maßnahmen im Bereich Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Weil in Ihrem Antrag nur Selbstverständlichkeiten formuliert sind, hat sich die SPD-Fraktion entschlossen, einen Änderungsantrag einzubringen, der deutlich macht, dass dieses Thema nicht nur oberflächlich behandelt werden darf. Es genügt nicht, das Thema nur belegen zu wollen. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, damit wird man diesem Thema nicht gerecht und unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten schon lange nicht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion ist nach wie vor der Meinung, dass eine ernsthafte Bearbeitung dieses Themas erst dann wirklich Sinn macht, wenn die Ergebnisse der Untersuchung des KFN vorliegen.

In unseren Änderungsantrag haben wir dennoch einige Forderungen aus den uns zugegangenen Stellungnahmen aufgenommen. Wir fordern, dass in der Kriminalstatistik in Zukunft generell alle Taten gegen Vollzugsbeamte erfasst werden. Ein Mal im Jahr soll hierüber berichtet werden, damit auch die Öffentlichkeit für dieses Thema sensibilisiert wird; denn jeder Angriff gegenüber unseren Poli

zeibeamtinnen und -beamten sowie allen Vollstreckungsbeamten ist auch ein Angriff gegen unsere rechtsstaatliche Ordnung.

Des Weiteren fordern wir die Landesregierung auf, den dienstlichen Rechtsschutz zu reformieren. Insbesondere die Gewerkschaft der Polizei hat auf dieses Defizit des Dienstherrn hingewiesen.

Etwas unscharf bleiben wir allerdings auch bei der Forderung nach einer Verschärfung des Strafrechts. Dabei haben insbesondere unsere Rechtspolitiker Bedenken angemeldet.

(Glocke des Präsidenten)

Dennoch sind wir der Überzeugung, dass im Wege einer Bundesratsinitiative eine Überprüfung erforderlich ist. Heute Mittag wird in diesem Hause übrigens eine Pressekonferenz der GdP durchgeführt. Dort wird der § 115 gefordert.

In Ihrem Antrag gehen Sie überhaupt nicht darauf ein, dass in 72,11 % der Fälle Alkohol eine Rolle spielt. Es ist völlig unstrittig, dass sowohl Alkohol- als auch Drogenkonsum die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft und Respektlosigkeit enorm sinken lassen.

(Astrid Vockert [CDU]: Das stimmt!)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, das Thema ist zu wichtig, um es mit Ihrem nichtssagenden Antrag abhandeln zu können. Wenn Ihnen das Thema so wichtig ist, wie Sie es zu vermitteln versuchen - weshalb sind Sie dann nicht auf eine Forderung bzw. eine Stellungnahme eingegangen? Weshalb haben Sie die verabredete Linie ohne Not verlassen?

(Glocke des Präsidenten)

Ich kann daraus nur schließen, dass Sie das Thema zwar besetzen, aber nicht wirklich ernsthaft abarbeiten wollen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

- Letzter Satz, Herr Präsident. - Deshalb bitte ich Sie, dem Änderungsantrag, der etwas konkreter wird, zuzustimmen, damit wir aus diesem Parlament ein Signal senden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile jetzt Herrn Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte ist bereits deutlich geworden, dass Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten durch nichts zu rechtfertigen ist. Gewalt gegen öffentliche Bedienstete insgesamt ist überhaupt nicht zu rechtfertigen. Darüber besteht in diesem Haus fraktionsübergreifend überhaupt kein Dissens. Gewalt gegen Polizei gehört gesellschaftlich geächtet sowie analytisch aufgearbeitet und juristisch bestraft. Polizistinnen und Polizisten, die Opfer von Gewalt werden, gilt natürlich unsere Solidarität. Hierzu gehört auch die Fürsorge des Dienstherrn. Dabei gibt es überhaupt kein Vertun.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist auch klar geworden, dass der Polizeijob in den vergangenen Jahren nicht unbedingt einfacher geworden ist. Die Polizei hält für sehr viele gesellschaftliche Missstände den Kopf hin. Dies gilt für alltägliche Konflikte, aber auch für die Gefahrenabwehr und die Aufklärung von Straftaten. Es wäre ziemlich billig, wenn man es einfach als Berufsrisiko abtun würde, was Polizistinnen und Polizisten in dieser Gesellschaft erdulden müssen. Das ist gar keine Frage.

Deshalb waren sich alle Fraktionen im Ausschuss einig darüber, dass wir das Thema aufarbeiten und sehr genau analysieren wollen. Es war absolut richtig, diese Studie des KFN auf den Weg zu bringen. Dann wurde es sehr misslich. Der ganze Konflikt wurde bereits dargestellt, Herr Ahlers. Sie konnten überhaupt nicht vermitteln, weshalb Sie diesen Antrag unbedingt heute abschließend beraten wollen. Weshalb können wir nicht warten, bis die Ergebnisse des KFN vorliegen? Weshalb können wir das Thema nicht wissenschaftlichanalytisch durchdringen und dann die entsprechenden Schlüsse daraus ziehen?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Das wäre eine saubere und sorgfältige Politik gewesen. Sie konnten aber einfach nicht abwarten. Sie müssen heute unbedingt diesen Antrag abschließend beraten. Sie können aber nicht begründen, weshalb Sie das wollen.