Ich bin gespannt auf Ihre Einlassungen zu diesem Thema. In der abschließenden Beratung dieses Antrages werden wir dann ja sehen, wie CDU und FDP dazu stehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung hat sehr wohl registriert, dass in den letzten Monaten die Zahl unserer Bündnispartner dort, wo man uns hätte helfen können, abgenommen hat, insbesondere durch die Koalitionsbildung der Grünen in Hamburg mit der dortigen CDU. Umso mehr liegt mir außerordentlich am Herzen, dass man dieses Thema jetzt nicht zur parteipolitischen Profilierung zu nutzen versucht, sondern die Sache, wie Sie es gerade gefordert haben, in den Mittelpunkt stellt.
Ich möchte hier nur in die Debatte einbringen, dass es ein rechtsförmliches Verfahren ist. Es geht also nicht darum, dass man hier sagt - aus welchen guten Gründen auch immer -, was man auf gar keinen Fall oder auf jeden Fall will, sondern in diesem rechtsförmlichen Verfahren geht es darum, ob Niedersachsen sein Einvernehmen verweigern darf oder verweigern muss oder ob es anstelle unserer Entscheidung zu einer gerichtlichen Entscheidung kommen kann, weil wir Fehler im Verfahren gemacht haben. Würden wir Parlamentarier jetzt beispielsweise eine bestimmte Petition zur Berücksichtigung an die Regierung überweisen, könnte das ein entscheidender Punkt sein, der in einem späteren Gerichtsverfahren gegen uns verwendet wird, weil wir eben nicht die Sache geprüft hätten, sondern weil wir etwas unabhängig von der Sache - Deichschutz, Küstensicherheit und Umwelt- und Naturwerte - per se abgelehnt hätten.
Wir in Niedersachsen sind als Nachbarn von Hamburg und als Anrainer der Elbe wegen der Fragen der Deichsicherheit, des Küstenschutzes und der Umwelt- und Naturwerte an diesem Verfahren beteiligt. Wir sind dazu fachlich und sachlich gefordert und werden dieser Forderung nachkommen. Wir vertreten die gleiche Position, die damals die SPD-Landesregierung vertreten hat, die mehrfach das Einvernehmen für Elbvertiefungen hergestellt hat. Zur jetzt angedachten nächsten Elbvertiefung vertreten wir die Position, die mein Vorgänger Sigmar Gabriel in den entsprechenden Vereinbarungen mit Hamburg formuliert hat.
Lassen Sie uns die Interessen Niedersachsens vertreten. Wir freuen uns über jeden, der mitkämpft, und wir sind enttäuscht über jeden, der so
getan hat, als sei er der größte Kämpfer für die Sache, sich dann aber als Erster sozusagen hat kaufen lassen, um für 40 Millionen Euro in Hamburg der Elbvertiefung doch zuzustimmen. Wir sind nicht käuflich, sondern wir vertreten die Interessen der Bürgerinnen und Bürger an der Elbe, damit sie nicht in Unruhe leben müssen, weil die Deichsicherheit nicht gewährleistet ist.
(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ralf Briese [GRÜNE]: Ir- gendjemand hat uns aber geschmiert, nicht wahr?)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Elbvertiefung hat den Landtag in der Vergangenheit wahrlich schon sehr häufig und auch sehr intensiv beschäftigt. Jetzt ist anscheinend das Motto der SPD: „Neues Spiel, neues Glück“. Ein neuer Landtag ist im Amt, also muss auch dieses Thema wieder auf die Tagesordnung.
Beim Lesen des Antrages habe ich mich gefragt, Herr Jüttner: Warum muss dieser Antrag heute hier erneut beraten werden? Welchen Anlass gibt es oder welcher Bedarf besteht in Bezug auf das Handeln unserer niedersächsischen Landesregierung, um heute diesen Antrag zu stellen? Als ich darüber nachdachte, gingen meine Gedanken ein bisschen in die Richtung - so ging es mir eben auch bei den Worten von Frau Somfleth -, es könnte sich vielleicht um ein kleines parteipolitisches Spielchen handeln.
Ich frage mich: Hat die SPD hier vielleicht Luft gewittert und möchte nach den Koalitionsverhandlungen in Hamburg jetzt den Grünen einmal richtig eines auswischen? Das könnte ich fast nachvollziehen; denn es ist schon erschreckend, wie die Grünen in Hamburg ihr Vertrauen verschenkt haben.
Aber weshalb regen wir uns darüber auf? Das, was wir jetzt in Hamburg zwischen CDU und Grünen erlebt haben, kennen wir ja schon aus anderen
Bundesländern. Schauen wir nach Bremen! Auch dort haben die Grünen ihr Gewissen verkauft und - damals allerdings unter dem Druck der SPD - den Forderungen nach einer Weservertiefung nachgegeben und wurden damit in die wirtschaftliche Realität zurückgeholt.
(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE] - David McAllister [CDU]: Die Grünen bewegen sich in beide Richtungen!)
Aber der Ministerpräsident hat eben richtig gesagt: Dieses Thema eignet sich nicht für parteipolitische Spielchen.
Es geht hier um Gefühle, um Ängste und Emotionen der Menschen, die hinter dem Elbdeich leben, und um die haben wir uns zu kümmern. Ich selbst lebe dort und weiß, wie die Menschen vor Ort fühlen.
Zurück zu meiner Eingangsfrage: Warum jetzt dieser Antrag? In vielen Protokollen ist festgehalten, dass alle Sichtweisen zur Elbvertiefung in diesem Hohen Haus bereits diskutiert und besprochen worden sind. Ein Kabinettsbeschluss vom 7. September 2004 sowie eine Ergänzung vom April des letzten Jahres haben eine ganz klare Linie für das Land Niedersachsen aufgezeigt. Es gibt in meinen Augen nichts Neues, an diesen Erkenntnissen ist nicht zu rütteln. Die Landesregierung hat hier immer eine ganz klare Linie gefahren.
Alles ist klar dargestellt, ein Forderungskatalog ist formuliert. Ganz oben steht natürlich die Forderung: Die Deichsicherheit und Sicherheit der dort lebenden Menschen müssen gewährleistet sein. Dies ist nicht verhandelbar und war noch nie verhandelbar.
Ich kann aus den Begründungen im Antrag nicht erkennen, wodurch die bisherigen Beschlüsse gefährdet sein sollen, sodass heute dieser Antrag gestellt werden muss. Sie greifen in Ihrer Begründung unseren Ministerpräsidenten Christian Wulff an, der sich laut HAZ - so ist es dort zitiert - in der Weise geäußert hat, dass er auch zukünftig weiterhin exzellent mit Hamburg zusammenarbeiten möchte. Ich frage Sie: Ist das denn nicht selbstverständlich? Ich lebe in der Elberegion, ich lebe in der Region Stade, und wir sind die Metropolregion
Hamburg. Auch wenn wir der Elbvertiefung unter den aktuellen Bedingungen eine klare Absage erteilen, so ist es doch immens wichtig, mit Hamburg in vielen anderen Themen vernünftig zusammenzuarbeiten.
Diese Zusammenarbeit ist nicht nur wichtig für die Metropolregion, sie ist wichtig für Gesamtniedersachsen. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung mit dem Ministerpräsidenten nahe an den Menschen ist und sich um die Sicherheit und die Ängste dieser Menschen kümmert. Ich trage das mit.
Diese Landesregierung macht sich die Entscheidung in Bezug auf die Elbvertiefung im Gegensatz zu früheren Landesregierung mit Sicherheit nicht leicht. Ich weiß, dass darüber in diesem Haus schon sehr häufig diskutiert worden ist. Die damalige Landesregierung hat im Jahr 1999 der Elbvertiefung über das Wochenende zugestimmt und, wie ich aus vielen Protokollen lesen konnte, an das Einvernehmen gerade einmal vier Bedingungen geknüpft. Jetzt frage ich einmal, was verantwortungsbewusstes Handeln ist.
Sie, Herr Jüttner, haben den heute vorliegenden Antrag unterschrieben. Sie haben aber damals als Umweltminister Verantwortung für die dort lebenden Menschen getragen. Nach meiner Meinung machen Sie es sich etwas einfach, wenn Sie nun in Punkt 4 Ihres Antrages schreiben: 1999 konnte man nicht prognostizieren, welche Folgen diese Elbvertiefung haben wird. - Das glaube ich Ihnen einfach nicht. Genau wie heute ist auch damals vor den Folgen einer Elbvertiefung gewarnt worden. Auch damals haben die Interessenverbände, die Opposition und selbst die Bezirksregierung davor gewarnt. Sie haben damals die Verantwortung dafür übernommen.
In Ihrem Antrag werden keine neuen Gesichtspunkte genannt. Wir haben es eben durch Zwischenrufe immer wieder gehört. Deshalb zurück zu meiner Eingangsfrage: Warum dieser Antrag? - Es gibt aber neue Umstände. Ich bin Frau Somfleth dankbar dafür, dass sie sie gerade genannt hat, allerdings etwas verwischt; denn hier handelt es sich um eine Bundesaufgabe, die wir in Stade gerade so heiß zu diskutieren haben.
Wir in Stade haben das, was sich dort abspielt, für einen Aprilscherz gehalten. In der Zeitung hat am 3. April nämlich gestanden, dass die Hamburg Port Authority eine Schlickfalle für Hamburg plane. Eine Schlickfalle ist eine im Elbbett befindliche Wanne mit einer Tiefe von 2 m und einer Länge von 2 km. Die Hamburg Port Authority behauptet dann auch noch, dies wäre eine reine Unterhaltungsmaßnahme. Dahinter mache ich mal ein riesiges Fragezeichen.
Die Höhe aber ist, dass die Hamburg Port Authority in dieser Woche mit der Maßnahme begonnen hätte, wenn sie einen Bagger zur Verfügung gehabt hätte - und das alles ohne eine vorherige öffentliche Beteiligung, ohne Planfeststellungsverfahren und ohne die betroffenen Kommunen vor Ort zu beteiligen. Wir mussten es, wie gesagt, aus der Presse erfahren. Das hat in meinen Augen nichts damit zu tun, dass man Vertrauen bei den Menschen dort erreichen wird.
Ich sage zur SPD-Fraktion: Da müssten Sie reagieren. Sie müssten nämlich auf Ihren SPDBundesverkehrsminister Tiefensee einwirken. Ihm müssen Sie sagen, dass er sich um das Vertrauen zu kümmern hat.
Genau über diese Punkte - darum geht es - müssen wir aktuell reden. Mein Kollege Helmut Dammann-Tamke und ich haben das getan. Wir haben dem Bundesverkehrsminister einen Brief geschrieben und haben darin unser Befremden über dieses komische Vorgehen zum Ausdruck gebracht. Ich habe noch die Worte des Ministers im Ohr, der letztes Jahr im März bei uns in Stade gewesen ist und in einer Diskussion gesagt hat: Wir wollen alles tun, um das Vertrauen der Menschen an der Elbe wiederzugewinnen. - Wie das so funktionieren soll, ist mir ein Rätsel, ebenso wie Ihr Antrag.
An dem Antrag ist nichts neu, außer der Drucksachennummer und dem Papier, auf dem er gedruckt worden ist.
Ich als Bewohner der Elberegion bin froh darüber, dass wir ein Kabinett und insbesondere einen Umweltminister haben, der sich gerade gestern im Stader Tageblatt in einer ganz klaren Positionierung zur Elbvertiefung geäußert hat, dass wir einen
Ministerpräsidenten und eine Landesregierung haben, die nah an den Menschen sind und die sich um die Sicherheit dieser Menschen kümmern. Für mich gibt es keinen Grund, daran zu zweifeln.