Trotzdem möchte ich in Bezug auf dieses Gesetz noch einige Aspekte ansprechen, die für die Menschen schädlich sind: Mehr als jede zweite Beschäftigte in Deutschland arbeitet mittlerweile nachts, in Wechselschicht und am Wochenende. Am stärksten betroffen sind die Belegschaften im Handel und im Gastgewerbe. Zwei von drei Beschäftigten gehen außerhalb der Standardzeiten ihrem Beruf nach. Der Trend zur Rund-um-die-UhrArbeit hat aber gewaltige gesellschaftliche Folgen.
Immer mehr Tätigkeiten, die eigentlich rein werktäglicher Natur sind und damit an Sonn- und Feiertagen vom Grundsatz her nicht erlaubt sind, werden durch dieses Gesetz ausdrücklich zugelassen. Der Sonntag verkörpert aber traditionell die Freiheit des Menschen von einer rein ökonomisch orientierten Lebensweise. Darauf legen wir sehr großen Wert. Ein wirksamer Sonn- und Feiertagsschutz dient der humanen Qualität unserer Gesellschaft. Dafür sind wir als Linke angetreten. In diesem Punkt werden wir auch kämpfen.
Der arbeitsfreie Sonntag - übrigens ein jahrtausendealtes kulturelles Erbe - ist kein Tag wie jeder andere. Das wurde hier schon gesagt. Er schützt u. a. vor dem Ausverkauf der Zeit und schafft eine Zeitkultur, um den gemeinsamen Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe zu erhalten. Außerdem gewährt er gemeinsame Zeit für das Leben in Beziehungen, Partnerschaften und Familien. Ferner garantiert er zeitlichen Rhythmus und ermöglicht gesellschaftliches und kulturelles Leben. Der ar
beitsfreie Sonntag setzt auch ein Zeichen gegen die alleinige Ausrichtung auf Produktion und Kapital.
Angesichts des wachsenden Wirtschaftsdrucks ist der Sonntag als ein Tag der Ruhe und des Bewussten für die Menschen nötiger denn je. Flexible Arbeitszeitformen haben das Alltagsleben der Beschäftigten und deren Familien nämlich bereits jetzt nachhaltig verändert. Viele Betriebe fordern von ihren Beschäftigten zwar zeitliche Flexibilität, honorieren sie aber immer weniger. Der Wegfall von Nacht-, Sonntags- und Feiertagszuschlägen ist mittlerweile die Regel. Tarifverträge werden dahin gehend gekündigt, und Betriebe ohne Tarifverträge setzen diese Zahlungen erst gar nicht ein.
Eine Verlängerung oder Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten hat aber weitere Folgen. Sie führen zu weiterem Personalabbau und zur Verdrängung von Vollzeit- und sozial abgesicherter Teilzeitarbeit durch Minijobs.
Sie verschärfen den Verdrängungswettbewerb im Handel und vernichten kleine und mittelständische Betriebe. Gerade Sie von der CDU und von der FDP legen ja sehr großen Wert darauf, für mittelständische Betriebe zuständig zu sein.
Danke schön. - Ich versuche, es zusammenzufassen. Aus den von mir genannten Gründen und weiteren Gründen, die ich aufgrund der Zeit jetzt nicht mehr nennen kann, lehnen wir eine Aushöhlung des grundgesetzlich garantierten Sonn- und Feiertagsschutzes ab.
Daher unterstützen wir grundsätzlich den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des § 4 des Niedersächsischen Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten.
Dort steht, dass örtliche Behörden ganz allgemein für alle Geschäfte vier verkaufsoffene Sonntage zulassen müssen. Diese verkaufsoffenen Sonntage mussten nach früherem Recht begründet werden. Jetzt ist das nicht mehr nötig. Von daher muss auch dieser Paragraf verändert werden.
Für uns gilt nämlich im Gegensatz zu der sich christlich nennenden CDU: Am siebten Tag sollst du ruhen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die Reden von Frau Helmhold und der Kollegin der Linken gehört hat, könnte man denken, dass es jetzt entweder um eine Armutsdiskussion oder vielleicht auch um Mindestlöhne geht.
Das Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten haben wir 2007 hier verabschiedet. Vorausgegangen war die Föderalismusreform, die es den Ländern ermöglicht hat, zum Ladenschluss, wie es vorher hieß, eigene Gesetze zu erlassen.
Bei unserer Gesetzesberatung haben wir ganz bewusst sehr ausführlich alle Stellungnahmen gegeneinander abgewogen. Danach haben wir das Ihnen bekannte Gesetz in der vorliegenden Form verabschiedet.
Unser Ziel war u. a., auf die geänderten gesellschaftlichen Wünsche und Gegebenheiten - auch Wünsche von Familien, die z. B. flexiblere Arbeitszeiten wollten - einzugehen. Das haben wir getan.
durch erreicht worden, dass wir jetzt nur noch ein Gesetz mit sieben Paragrafen haben, während vorher sehr viele, teilweise schwer abstimmbare Regelungen vorlagen.
Wir wollten auch Klarheit bei den Definitionen haben. Vorher konnte man sonntags zwar beispielsweise Schnittblumen kaufen, aber keine Topfblumen. Das haben wir ebenfalls geändert.
Unser Ziel war es auch, dass es teilweise gar keine Regelungen mehr gibt, nämlich dass die Geschäfte an den Werktagen sechsmal 24 Stunden geöffnet sein dürfen. Schließlich können die Menschen allein entscheiden, ob sie verkaufen und einkaufen wollen; das regelt sich von selbst.
Wir wollten den Sonntagsschutz beibehalten. Das haben wir auch getan. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnen, dass wir den ersten Advent nicht freigegeben haben, obwohl von sehr vielen Handelsverbänden die Möglichkeit gefordert wurde, am ersten Advent einkaufen zu können.
Unser Ziel war außerdem eine Wettbewerbsstärkung für den niedersächsischen Tourismus, u. a. für unsere Nordseebäder.
Wir wollten dem Einzelhandel die Möglichkeit geben, auf die Konkurrenz durch Internet und E-Commerce reagieren zu können.
Ferner war uns die Beibehaltung des Arbeitsschutzes ganz wichtig. Dieser Vorgabe haben wir ebenfalls entsprochen.
Da wir unsere Gesetze auch überprüfen, haben wir festgelegt, bis zum 31. März 2010 eine Evaluierung vorzunehmen.
Seitdem ist nicht das passiert, was Frau Helmhold uns jetzt glauben machen will, sondern das, was Frau Mundlos schon beschrieben hat. Es gibt viele positive touristische Effekte. Die Zunahme von Tagesgästen an Ausflugsorten belief sich auf über 70 %. Laut einer Umfrage der IHK herrscht auch beim Einzelhandel große Zufriedenheit. Nur gelegentlich, bei 7 %, gibt es Probleme. Generell sind die Menschen in Niedersachsen mit den flexiblen und unbürokratischen Handhabungsmöglichkeiten der Öffnungszeiten sehr zufrieden.
Nein, das möchte ich jetzt nicht. - Die Möglichkeit, sechsmal 24 Stunden zu öffnen, wird nur dort genutzt, wo es sinnvoll ist. Das ist genau das, was wir wollten. Frau Helmhold, auch wenn Sie sich das vielleicht nicht vorstellen können: Es geht tatsächlich auch ohne Zwang. Freiwillig wird so gehandelt, wie es im Moment gemacht wird. Wir brauchen gar nicht immer Vorschriften für die Menschen.
Das Schreckgespenst „Kaufen rund um die Uhr“ ist überhaupt nicht eingetreten. Weder in der Woche noch am Wochenende wird rund um die Uhr gekauft. Sonn- und Feiertagsöffnungen werden von 51 % der Städte, die die Möglichkeit dazu haben, gar nicht genutzt - und das freiwillig, betone ich noch einmal. 47 % derjenigen, die diese Möglichkeit wahrnehmen, nutzen die vollen acht Stunden nicht aus.
Weil die Kollegin der Linken sinngemäß gesagt hat, Nacht- und Wochenendarbeit verstoße gegen das Grundgesetz, gehe ich davon aus, dass die Linken am Wochenende weder ins Restaurant noch ins Kino noch ins Theater gehen und sich vielleicht nachts auch nicht ins Krankenhaus einliefern lassen. Was Sie da gesagt haben, ist doch wirklich realitätsfremd!
Nun komme ich speziell zu Wolfsburg, das natürlich ein Problem für die Region Braunschweig darstellt. Wolfsburg ist vom Sozialministerium schon 2002 als Ausflugsort anerkannt worden. Die Autostadt und das Phaeno sind nun wirklich touristische Highlights für Niedersachsen.
Vorher hat man Wolfsburg immer vorgeworfen, von VW abhängig und eine Satellitenstadt zu sein. Dort wurden dann viele neue Arbeitsplätze geschaffen. Das ist gut für die Menschen in dieser Region.