Protokoll der Sitzung vom 08.05.2008

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Helmhold. - Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Mundlos zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beleuchtet einen einzigen Punkt des geltenden Ladenöffnungsgesetzes. Bevor ich darauf eingehe, möchte ich einige grundsätzliche Anmerkungen machen.

Seit April 2007 ist das heute auf der Tagesordnung stehende Ladenöffnungsgesetz in Kraft. Wir haben dem Einzelhandel damit die Möglichkeit eröffnet, maximal sechsmal 24 Stunden werktags zu öffnen. Anbieter und Verbraucher können selbst entscheiden, wann und wie lange sie öffnen und wann sie einkaufen wollen. Dabei wurde gleichzeitig das größte Anliegen, das wir gemeinsam haben, nämlich den Sonn- und Feiertagsschutz zu stärken, deutlich abgesichert. Der Sonntag ist ein Tag der Erbauung und der Erholung. Er steht unter dem besonderen Schutz des Staates.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der LINKEN: Aber nicht in Niedersach- sen!)

Auch diesem besonderen Kulturgut wurde und wird Rechnung getragen, gerade in Niedersachsen.

Insgesamt ist das geltende Ladenöffnungsgesetz ein gutes Gesetz. Allerdings ist mir beim Nachlesen der Reden, die Sie damals gehalten haben - Sie haben Ihre Auffassung heute in ähnlicher Form wieder bestätigt -, klar geworden, mit wie viel Misstrauen die Oppositionsfraktionen sowohl dem Handel als auch dem Verbraucher begegnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was wurde nicht alles heraufbeschworen: Verödung der Innenstädte, Marktwirtschaft mit hässlichen Facetten, Frauenfeindlichkeit, Mittelstandsfeindlichkeit, Familienfeindlichkeit, mehr Opfer von Gewalttaten und eine Zunahme der Zahl von Ladendiebstählen. Auch heute haben Sie ähnlich argumentiert. Das ist eine absolut unsachliche Stimmungsmache, Frau Helmhold.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wenn Sie hier überraschend Braunschweig als Betätigungsfeld entdecken, sage ich Ihnen ganz klar: Weder Braunschweig noch ich bedürfen Ihrer Fürsprache. Wenn ich mir Ihre Aktivitäten in der Stadt ansehe, kann ich nur sagen: Es ist besser, Sie lassen das. Ohne Sie fahren wir in der Tat erheblich besser.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Außerdem steht fest: Von all den Dingen, die Sie immer heraufbeschworen haben, ist bis heute nichts eingetroffen. Einige Händler hatten zunächst ihre Öffnungszeiten erweitert, hier und da gab es Shoppingevents. Da es aber am Ende der Verbraucher selbst ist, der über sein Kaufverhalten die wahren Öffnungszeiten regelt, ist Normalität eingekehrt. Zum Teil sind Öffnungszeiten wieder zurückgenommen worden. Zum Teil haben sie sich nur innerhalb eines Tages verlagert. Und sonntags? - Von den vier möglichen Sonntagsöffnungen wurde im ganzen Lande verantwortungsvoll u. a. sogar unter Einbeziehung und mit Absprachen der örtlichen Kirchen Gebrauch gemacht. - So weit, so gut.

Es bleibt allerdings ein Punkt, der in der Tat zur Unruhe beigetragen hat. Das betrifft die Möglichkeit für Ausflugsorte, am Sonntag zu öffnen. Hier gibt es zurzeit einen konkreten Fall. Einige befürchten gar, dass dieser konkrete Fall in Niedersachsen nur deshalb so aufmerksam beobachtet wird, weil mögliche Nachahmer in Wartestellung sind. Es geht konkret um Wolfsburg. Wolfsburg war in Teilbereichen schon vor 2007 Ausflugsort. In diesen Ausflugsort hinein ist ein DOC gebaut worden, das Ende 2007 eröffnet hat und die Sonntagsregelung zum Teil für sich in Anspruch nimmt. Es hatte zunächst an zehn Sonntagen im Jahr geöffnet, allerdings - man merkt es, man weiß es - mit der Tendenz, den Warenkorb noch zu erweitern und an noch mehr Sonntagen mit noch mehr Verkaufsfläche zu öffnen. Das gleiche zeichnet sich für die Tourismusregion Lüneburger Heide ab. Ich nenne nur das FOC Bispingen oder das FOC Walsrode.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht verwunderlich, dass sich die Industrie- und Handelskammer, der Handelsverband Niedersachsen sowie die evangelische und die katholische Kirche einig sind: Das führt auf der einen Seite sicherlich zu Wettbewerbsverzerrungen, auf der anderen Seite wird aber auch der Sonntagsschutz gefährdet. - Sicherlich ist es richtig, hier Anfängen zu wehren. Weil niemand in Niedersachsen ein Interesse an einem Flächenbrand hat und nicht will, dass auch andere Ausflugsorte auf eine ähnliche Idee kommen, brauchen wir eine klare Lösung. Das sieht im Übrigen auch die FDP in Braunschweig so. Ich zitiere wörtlich:

„Aus der Sicht der FDP-Ratsfraktion ist eine Überarbeitung der Regelung der Sonntagsöffnung in Niedersachsen geboten.“

Andere Lösungen wie z. B. auch die von Bündnis 90/Die Grünen befinden sich in der Diskussion. Für die CDU aber gilt vor allem viererlei:

Erstens. Wir bekennen uns ganz klar zum Sonntagsschutz.

(Zustimmung bei der CDU)

Der Sonntag genießt einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Dazu bekennen wir uns ohne Wenn und Aber.

Zweitens. Sonntagsöffnungen müssen deshalb die Ausnahme bleiben. Eine Inflation von Ausnahmeregelungen oder Ausnahmestandorten nach Wolfsburgs Vorbild lehnen wir ab.

(Zustimmung bei der CDU)

Drittens. Wir sind - auch das muss man in diesem Zusammenhang sagen - stolz darauf, dass Niedersachsen ein sehr interessantes Land mit vielen touristischen Attraktionen, mit einer Geschichte und Kultur, einer wunderschönen Landschaft und interessanten touristischen Angeboten ist.

Viertens. Aber die Aspekte Kultur, Geschichte und Landschaft müssen und sollen bei der Anerkennung zum Ausflugsort den Ausschlag geben; denn Ausflugsort ist nicht gleich Einkaufsort. Ein DOC oder FOC ist kein Grund zur Anerkennung als Ausflugsort.

Die genannten touristischen Anreize sollen der wahre Grund sein, diese Standorte zu besuchen, nicht aber das Bestreben, am Sonntag möglichst viel und lange einkaufen zu können.

In diesem Sinne, liebe Kolleginnen und Kollegen, nimmt die CDU-Fraktion die aufgeworfene Fragestellung sehr ernst. Deshalb werden wir eine Lösung präsentieren zum Schutz des Sonntags, zum Wohle der Familie, zum Wohle der Beschäftigten im Einzelhandel und, wie ich die Lage sehe, auch in einem ausgesprochen guten Einvernehmen mit unserem Koalitionspartner FDP.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zunächst hat Frau Heinen-Kljajić von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Mundlos, das war eben eine durchaus beeindruckende Vorstellung. Sie stellen sich hier hin, schimpfen auf die Opposition und sagen, wir hätten hier unsachliche Stimmungsmache betrieben.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Dazu frage ich mich: Haben Sie all die Briefe, all die Pressemitteilungen und Ähnliches mehr aus Braunschweig nicht erhalten? - Es besteht ein historisch einmaliger Konsens. Die Gewerkschaften, der Einzelhandelsverband, der Arbeitsausschuss Innenstadt, die IHK, die Kirchen, die Stadtverwaltung und der Oberbürgermeister höchstpersönlich - alle weisen darauf hin, dass dieses Gesetz eine absurde Wettbewerbsdynamik auslöst. Alle schlagen zur Lösung übereinstimmend das vor, was wir in unseren Gesetzesantrag aufgenommen haben, nämlich eine Änderung der Sortimentenzulassung.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Frau Mundlos steht im Verteiler!)

Frau Mundlos, ich kann ja verstehen, dass es in Ihrer Situation schwierig ist, eine Rolle rückwärts verkaufen zu müssen. Sie haben überhaupt keinen konkreten Vorschlag dafür gemacht, wie Sie das Problem lösen wollen. Wenn Sie Ihre Bekenntnisse, die Sie eben unter erstens bis viertens aufgezählt haben, tatsächlich ernst meinen, bleibt Ihnen nur eine Möglichkeit: Stimmen Sie unserem Gesetzesantrag zu!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke schön. - Eine weitere Kurzintervention kommt von Herrn Dr. Sohn in Bezug auf Frau Kollegin Mundlos.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Rede von Frau Mundlos war so großartig, dass ich ernsthaft überlege, sie auf unsere Kosten massenhaft drucken und in Braunschweig verteilen zu lassen. Das dürfte die politische Lage dort klären.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich stelle hier fest, dass das nicht nur für Braunschweig gilt, sondern auch für Peine. Auch in Peine ist die Situation, wie sie Frau Helmhold eben

beschrieben hat, unerträglich. Auch dort schafft es die CDU-Fraktion inzwischen - ähnlich wie beim Kultusministerium -, wirklich unglaublich parteiübergreifende Bündnisse zwischen Kirchen, Gewerkschaften und anderen mehr zu schaffen. Ich bewundere das vorbehaltlos. Insgesamt kristallisiert sich die Regierung Wulff als eine Regierung heraus, die mittelstandsfeindlich und kirchenfeindlich durch die Zerstörung des Sonntags als Familientag ist.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Danke schön. - Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Kollegin Mundlos. Bitte schön! Anderthalb Minuten!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn manche Leute plötzlich eine Nähe zur Kirche entdecken und sich als Fürsprecher aufspielen, kann einem ja beinahe angst und bange werden.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das sollte Ihnen zu denken geben!)

Im Übrigen - um auf die Dinge zu reagieren, die die Kolleginnen hier angesprochen haben - stelle ich hier fest:

Erstens. Braunschweig hat einen sehr guten Oberbürgermeister.

Zweitens. Die Industrie- und Handelskammer, der Handelsverband und die Kirchen sind sich in der Tat einig. Auch darauf habe ich hingewiesen. Ich begrüße ausdrücklich, dass eine klare Linie gefahren wird und dass das Problem erkannt worden ist. Das teilen wir. Ich stehe auch mit denen in einem sehr engen Kontakt.

Drittens. Ich habe deutlich darauf hingewiesen, dass wir eine Lösung präsentieren werden. Diese Lösung mag aus Ihrer Sicht vielleicht etwas einseitig sein, weil Sie sich nicht vorstellen können, dass es auch noch andere Möglichkeiten gibt. Sie, Frau Heinen-Kljajić, setzen ja auch Presseerklärungen über Berichte und Unterrichtungen in Ausschusssitzungen ab, an denen Sie selbst noch nicht einmal teilgenommen haben.

(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Das hat sie von Ihnen abge- guckt! - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das war aber billig!)

Danke schön. - Die nächste Rednerin ist Frau Kollegen Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Vorredner und Vorrednerinnen haben schon sehr deutlich gemacht, wo das Problem liegt. Frau Mundlos, nach Ihren Ausführungen hätten wir es ja ganz leicht: Das Gesetz wird geändert, und die Forderungen, die die Grünen und wir jetzt stellen, werden eingearbeitet. Dann sind diese Vorstellungen ja im Gesetz vorhanden.

(Beifall bei der LINKEN)