Staatssekretär Otto Ripke scheint Verständnis für die Befürchtungen von Bürgerinnen und Bürgern zu haben. Laut einem HAZ-Artikel aus dieser Woche räumte er ein: Gemeinwohl geht dem Einzelwohl vor. - Das wirft die Frage auf: Was ist Gemeinwohl? Die Antwort kann doch wohl nicht lauten: Export auf jeden Fall, egal auf wessen Kosten, etwa auf Kosten heimischer Märkte, auf Kosten von Bürgerinnen und Bürgern oder auf Kosten der Umwelt und des Tierschutzes. Es ist auch zu fragen, ob die Geflügelwirtschaft nicht zulasten von Landwirten geht, denn mehr Überproduktion bedeutet auch Preisverfall. Das kennen wir aus der Milchkrise.
Ein Drittel der Hähnchenmastbetriebe schreibt schon jetzt rote Zahlen. Landwirte werden zu Lohnmästern bzw. zu Subunternehmern. Heute bleiben noch viele Fragen offen: Ist ein Tierschutzlabel, wie es der Staatssekretär in dem HAZ-Artikel vorschlägt, für diese Geflügelställe mit der jetzigen Hähnchenhaltungsvorschrift vereinbar? Wie kann gewährleistet werden, dass keine Tierquälereien in der Geflügelwirtschaft stattfinden? Für mich ist auch dies eine wesentliche Frage: Führt der Umgang mit Tieren bei dieser Massentierhaltung nicht auch dazu, dass sich Menschen immer häufiger brutal gegenüber Tieren verhalten?
In Berlin findet jetzt die Grüne Woche statt. Damit waren zahlreiche Protestaktionen verbunden. Am Abend der Eröffnung säumten Bürgerinnen und Bürger den Vorplatz, um gegen den Bau von Mastställen in ihrer Gemeinde mit Ortsschildern zu demonstrieren. Wir konnten dort wirklich sehen, wie viele Bürgerinnen und Bürger aus Niedersachsen dort hingefahren sind, dort gestanden und demonstriert haben. Ich habe das gesehen. Ich habe nicht weggeschaut. Ich habe mit den Bürgerinnen und Bürgern gesprochen.
Über die vielen offenen Fragen zu diesem Thema muss im Ausschuss diskutiert werden. Wir werden das tun. Ich freue mich darauf.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen! Meine Herren! Die Wortwahl des grünen Kollegen bei der Einbringung dieses Tagesordnungspunktes hat deutlich gemacht, worum es geht. Er hat zwar am Ende gesagt, wir wollen uns sachlich darüber unterhalten, aber die Wortwahl hatte mit Sachlichkeit nichts zu tun.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Der ganze erste Absatz ist von Herrn Hogrefe!)
Genauso wenig hat die Überschrift dieses Themas etwas mit Sachlichkeit zu tun. Bäuerliche Landwirtschaft gegen industrielle Tierquälerei - diese Feststellung ist vor allen Dingen unsachlich. Industrielle Tierquälerei gibt es nicht, weder in der Geflügelhaltung noch in der Schweinehaltung oder in der Rinderhaltung.
Meine Damen, meine Herren, es geht hier darum, dass im Bereich Celle, in Wietze, ein neuer Geflügelschlachthof gebaut werden soll und dass das Geflügel für diesen Schlachthof auch in der Region produziert werden soll, um kurze Wege zu haben.
Wir haben Ihre Kritik angehört. Sie kritisieren vor allem, dass es eine hohe Konzentration im Westen Niedersachsens gibt. Wer diese kritisiert, müsste eigentlich Beifall klatschen, wenn dafür im Osten Niedersachsens, wo die Viehdichte zurzeit sehr gering ist, die Möglichkeit gegeben wird, durch diese Investition in eine Schlachtstätte und gleichzeitige Investitionen in Ställe eine Geflügelzucht und -mast aufzubauen. Das würde genau Ihre Ziele unterstützen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Christian Meyer [GRÜNE]: Sie wollen ganz Niedersachsen vollstellen!)
Sie jedoch laufen blind gegen alle Entwicklungen in diesem Bereich und sorgen damit dafür, dass der Friede auf den Dörfern zum Unfrieden wird, dass die Arbeitsplätze gefährdet werden und dass landwirtschaftliche Betriebe in Gefahr kommen.
Die Geflügelhaltung, die hier geplant wird, ist eine bäuerliche Geflügelhaltung und hat mit industriellen Machenschaften nichts zu tun. Die Produktion in Ostniedersachsen ist deswegen richtig, weil die Viehdichte in dem gesamten Bereich an der Autobahn 7 sehr niedrig ist, vor allen Dingen weil dort das Futter wächst, das in den Ställen verfüttert werden kann, und weil der Mist aus den Ställen dort recycelt werden kann, ganz im Sinne einer modernen Landwirtschaft. Kreislaufwirtschaft ist das.
Wir brauchen diese Entwicklung, um die landwirtschaftlichen Betriebe, die nicht mehr allein vom Ackerbau leben können, und die dortigen Arbeitsplätze zu erhalten. Wir wissen auch, dass wir in Niedersachsen in dieser Krisenzeit deswegen so gut dastehen, weil die Agrarwirtschaft in Niedersachsen bei Umsatz- und Arbeitsmöglichkeiten an zweiter Stelle steht. Dies kann mit dieser Entwicklung im Osten Niedersachsens stabilisiert werden.
Wenn Sie hier die Geflügelhaltung pauschal kritisieren, dann halte ich Ihnen gerade an dieser Stelle entgegen, dass Tiere in neuen Ställen in der Regel besser gehalten werden können, als es in alten Ställen in früheren Situationen der Fall war.
Ein weiteres Argument ist, dass es einfach nur Träume sind, wenn man glaubt, mit den alten Haltungsformen die Viehhaltung und -produktion hier im Land erhalten zu können.
Wir haben nun gerade erlebt, was passiert, wenn man in Sachen Eierproduktion Gesetze macht, mit denen man anschließend nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Der Selbstversorgungsgrad ist von 70 % auf 50 % zurückgegangen.
Die Eier werden in Osteuropa, in der UdSSR produziert, und zwar zu Bedingungen, die schlechter sind, als sie hier bei uns zuvor waren.
Herr Kollege Deppmeyer, ich muss Sie einfach einmal unterbrechen, weil ein Kollege von der SPD-Fraktion, Herr Borngräber, Ihnen eine Zwischenfrage stellen möchte.
Vielen Dank, Herr Kollege, Frau Präsidentin. - Ich möchte Sie gerne fragen, Herr Kollege Deppmeyer, ob Sie in der Tat noch Eier aus der UdSSR essen.
Sie essen die nämlich auch, in allen Fertigprodukten, die Sie kaufen. Das werden Sie ständig tun, z. B. hier im Landtag. Da sind diese Eier drin, und sie haben Ihnen anscheinend immer gut geschmeckt.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - David McAllister [CDU] und Björn Thümler [CDU]: Otto, das sind russische Eier!)
Herr Deppmeyer, ich höre Ihren Ausführungen ausgesprochen gerne zu, aber ich möchte sie auch wirklich voll verstehen können.